Sonntag, 27. Januar 2008
Argumentative Glanzleistungen
Die taz gibt der "Islamkritikerin" Necla Kelek mal wieder drei Seiten, ihre Meinung zu verkünden (online ist nur ein kurzer Ausschnitt). Diesmal argumentiert sie aber so offensichtlich kraus und unfundiert, dass sogar die taz-Interviewer Jan Feddersen und Daniel Bax immer wieder kritisch nachfragen und sie auf Widersprüche ansprechen. (Ihre Antworten wären als Parodie wunderbar lustig, aber ich befürchte, sie sind ernst gemeint.)

Ihre Grundthese ist, wenn ich es recht verstehe, dass die Gewalt von einigen Jugendlichen eindeutig auf den Islam zurückzuführen ist, denn es kann keine Frage der sozialen Unterschichtung und Marginalisierung sein, da: "Aber die Migrantenfamilien sind für mich nicht arm." Sie führt dann aus, dass es Familien gibt, die viel Geld für Hochzeiten ausgeben oder "ihre Familien in der Türkei mit Geld und mit Gold" unterstützen.

Interessant auch ihre Definition von religiös. Die taz fragt: "Aber Gewalt hat nichts mit dem Glauben zu tun, wie der Münchner U-Bahn-Schläger Serkan beweist. Der war nicht religiös." und Kelek widerspricht: "Natürlich war er das. "Religiös" bedeutet in der islamischen Kultur eine Haltung des Dienens und Gehorchens. Was ein Älterer mir sagt, habe ich zu tun! Wenn ein Junge früh auf die Straße geschickt wird, weil er zu Hause nichts zu suchen hat, dann ist das Teil der islamischen Erziehung." Später behauptet sie dann noch: "Und für mich ist das keine Religion, die da in den Moscheen betrieben wird, sondern eine Ideologie." und "Die Moscheevereine sind keine Kirchen, sie bilden keine einheitliche Religion."

So widersprüchlich und unfundiert ihre Aussagen über die 'Muslime' und 'uns' (damit meint sie wohl die 'weißen' christlichen Deutschen und sich selbst) auch sind, ist die Grundaussage doch konsistent und klar: Die 'Muslime' sind böse und 'wir' sind gut. Und alle, die was anderes sagen, sind doof.

Nun gibt es viele Leute, die krause Theorien von sich geben und diese nicht wirklich argumentativ untermauern können. Das ist nun mal so. Die Frage ist, warum wird einigen von diesen soviel Öffentlichkeit zuteil? Warum bringt die taz in einer Woche einen ganzseitigen Artikel von Kelek, in dem sie Vorurteile über die AlevitInnen bestärkt (siehe hier), und dann noch dieses dreiseitige Interview?

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Samstag, 26. Januar 2008
Schutz vor Ausweisung gefordert
Christian Semler kommentiert die Forderung und Praxis inländische StraftäterInnen auszuweisen in der taz:

"... unabhängige Süssmuth-Kommission ... kam einhellig zu dem Ergebnis, dass ein vollständiger Schutz vor Ausweisung für ausländische Kinder, Jugendliche und Heranwachsende unabdingbar sei. Die Kommission war der Meinung, dass sich die deutsche Gesellschaft zu ihrer Verantwortung bekennen müsse und sie keinesfalls an andere Länder delegieren dürfe. Schließlich seien die jugendlichen Ausländer in ihrer großen Mehrheit de facto Inländer."

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Freitag, 25. Januar 2008
In aller Verschwiegenheit
werden in Berlin Abschiebungen vorbereitet.

Die taz berlin berichtet, dass die Behörden aktiv versuchen, RechtsanwältInnen nichts von der anstehenden Abschiebung ihrer MandantInnen wissen zu lassen:

""Wir haben schon länger den Eindruck, dass die Ausländerbehörde die Anwälte eher als störend empfindet", sagte Jens-Uwe Thomas, Sprecher des Flüchtlingsrats. "Jetzt haben wir es zum ersten Mal schwarz auf weiß". Der Vermerk, um den es geht, datiert vom 11. Januar. Zum Zwecke der Abschiebung werde für die Armenierin Silwia S. Sicherungshaft beantragt, schreibt die Ausländerbehörde an das Amtsgericht Schöneberg, das im Abschiebeknast Köpenick über die Haftanträge entscheidet. In dem Schreiben weist die Ausländerbehörde darauf hin, dass bei Silwia S. "trotz intensiver Gespräche keine Ausreisebereitschaft erkennbar war". Dann folgt der entscheidende Satz: "Ich bitte Sie, von der Benachrichtigung der Verfahrensbevollmächtigten abzusehen, weil sonst die Maßnahme gefährdet ist.""

Im Abschiebegewahrsam gab es übrigens einen weiteren Suizidversuch.

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Donnerstag, 24. Januar 2008
Auf nach Marzahn
Ich Marzahn! Du Jane!

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Erinnern behindern
Die taz berichtet, dass die Deutsche Bahn nach wie vor den "Zug der Erinnerung" (an die Deportation per Bahn in die Vernichtungslager während des Nationalsozialismus) behindert:

"Während einfache Bahn-Mitarbeiter seit Monaten alles Mögliche versuchten, um die Fahrt des Gedenkzuges sicherzustellen, versuchten die Bahn-Oberen auf kaltem, meist finanziellem Wege, das Projekt zu torpedieren."

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Fröhlich erinnern
"Er verwies zudem darauf, dass der Bundespräsident damals gesagt habe, man solle diesen Gedenktag "im Herzen feiern". Der Tag erinnere ja an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz am 27. Januar 1945. Und da sei es an diesem Tag gar nicht so verkehrt, "dass man froh ist und ein bisschen feiert"."

zitiert die taz den Sprecher der OrganisatorInnen des Müncher Faschingsumzugs, der trotz Protests am Holocaust-Gedenktag stattfinden soll. Das da niemand vorher drauf gekommen ist ...

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Temporäres Erinnern
Erinnerungsplakette am Finanzamt Treptow-Köpenick

am Finanzamt Treptow-Köpenick

Was wohl vor dem Jahr 1945 in dieser "ehmaligen Polizeikaserne" passiert ist? Sicher nichts böses.

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Dienstag, 22. Januar 2008
Offiziell: Ausländer raus
In Berlin gibt es eine Intensivtäterabteilung. Deren Aufgabe ist es, sich mit Intensivtätern zu beschäftigen. Der bisherige Leiter Reusch hat sich durch rassistische Aussagen profiliert wie die taz berichtet:

"Dort schilderte er den Christsozialen den Kampf gegen jugendliche Kriminelle. Diese stammten überwiegend aus dem Lager der Orientalen, sagte er, die zum Teil "von Kindesbeinen an von ihren Müttern bereits zum Stehlen angehalten werden". Reusch: "Jugendliche aus solchen Familien dazu anzuhalten, zu lernen und zu arbeiten, kommt dem Versuch gleich, Wasser mit einem Sieb aufzufangen.""

Siehe auch Christian Raths Kommentar zum "Justiz-Rambo".

Jetzt ist der ehemalige stellvertretende Landesvorsitzende der Republikaner von Niewitecki in die Abteilung versetzt worden. Dort kann er dann wohl das Wahlprogramm der Republikaner (in etwa: "Ausländer raus") umsetzen.

Mehr dazu in der taz berlin.

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Dienstag, 22. Januar 2008
Im Supermarkt
in einem Supermarkt in Deutschland

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Sonntag, 20. Januar 2008
Freiheit und Disziplinierung
Überall (fast täglich in der taz, wenn ich mit FreundInnen/Bekannten ausgehe, in beruflichen Zusammenhängen) höre ich gerade, wie unmöglich es ist, dass der Staat die Freiheit (der RaucherIn) einschränken will und das alleine, um die RaucherIn zu disziplinieren/ sie zu erziehen. Ich kann es nicht mehr hören. Von mir aus können die RaucherInnen so viel rauchen, wie sie wollen - solange sie dabei nicht die Freiheit, derer die gerne rauchfreie Luft atmen möchten, einschränken.

Ich bin es (seit ich ausgehe) gewohnt, abzuwägen, ob mir das Ausgehen so wichtig ist, dass ich Kopfschmerzen und verrauchte Kleidung in Kauf nehme. Ich bin es gewohnt, dass RaucherInnen es nicht als Angriff auf meine Freiheit verstehen, wenn sie mir den Aufenthalt an einem öffentlichen Ort unmöglich machen.

Gerne gehe ich dort aus, wo das Rauchverbot umgesetzt wird (in Norwegen und an manchen Orten in Berlin). Da fühle ich mich wohl - auch wenn ich mir das Geschimpfe anwesender RaucherInnen ausgesetzt bin. Dort wo das Rauchverbot nicht umgesetzt wird (wie gestern Abend bei einer öffentlichen Party), traue ich mich nach wie vor nicht, was zu sagen. Ich bekomme wieder Kopfschmerzen, gehe früh nach hause und packe meine Kleidung in die Wäsche.

Warum ist es so vielen RaucherInnen nicht verständlich zu machen, dass es beim Rauchverbot nicht primär, um eine Disziplinierung ihres Rauchens geht, sondern um eine Interessenabwägung zwischen jenen, die gerne rauchen wollen, und jenen, die keinen Rauch einatmen wollen? Da diese Interessen nicht beide gleichzeitig erfüllt werden können, muss die Interessenabwägung notwendigerweise zur Freiheitsbeschränkung bei einer der beiden Gruppen führen.

Nachtrag 25.01.08: Es ist gar nicht so einfach, in Kreuzberg 36 eine Kneipe zu finden, die qualmfrei ist. Dabei wäre ich gerne etwas Trinken gegangen.

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