Sonntag, 28. Januar 2007
Keine Fehler
"Steinmeier hat sich für einen anderen Weg entschieden. Der SPD-Politiker weist alle Vorwürfe strikt zurück, Fehler streitet er ab. Auf die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, sich bei dem 24-jährigen Kurnaz zu entschuldigen, der vier Jahre unschuldig in Guantánamo saß, sagte Steinmeier der Bild: "Wir haben damals im Kanzleramt nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt - und haben uns heute nichts vorzuwerfen."" schreibt die taz

Das ist schon sehr erschreckend, wenn wir einen Aussenminister haben, der meint keine Fehler gemacht zu haben. Noch erschreckender als einen Aussenminister zu haben, der 'Anderen Deutschen' nicht die fundamentalsten Menschenrechte zuspricht.

PS: Mehr zum 'Fall Kurnaz' im Beitrag Rechtsstaat?.

Nachtrag 22.05.08: Die taz berichtet, dass Kurnaz jetzt vor USamerikanischen Abgeordneten sprechen konnte und dass die sich sogar bei ihm entschuldigt haben. Außer ihnen hat das bisher wohl nur der bremische Bürgermeister gemacht, unser beliebter Außenminister bleibt dabei, dass er nichts falsch gemacht hat.

Übrigens: Die Anhörung Kurnaz durch die USamerikanische Abgeordnete hat in Deutschland wohl kaum jemanden interessiert.

Nachtrag 20.09.09: Laut taz verweigert der SPD-Kanzlerkandidat weiterhin die Übernahme von Verantwortung:

" Es gibt allerdings ein Wort, das den Kandidaten wie auf Knopfdruck aus der Fassung bringen kann: Kurnaz. Noch immer.

2002 hat Steinmeier, damals Kanzleramtschef, entschieden, dass Murat Kurnaz nicht nach Deutschland einreisen darf. Kurnaz stammt aus Bremen, geriet zufällig in die Fänge des US-Antiterrorkampfes und wurde in Guatanamo inhaftiert, gefoltert. 2002 hätten die US-Behörden ihn vielleicht freigelassen, hätte Deutschland ihn aufgenommen. Doch Steinmeier schien das Riskio zu groß, dass er doch ein Extremist sein könnte.

Das war ein Fehler, Kurnaz unschuldig. Es war Ausdruck eines übersteigerten Sicherheitsdenkens, aber, ein Jahr nach dem 11.9., nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist, was Steinmeier 2007 tat. Angela Merkel hatte Kurnaz inzwischen nach Deutschland geholt. Am 29. März 2007 sagte er, dass Kurnaz an "der Seite der Taliban kämpfen wollte" und verglich ihn mit Mohammed Atta, dem Attentäter des 11. September. "Blaming the victim" nennt Kurnaz' Anwalt Bernhard Docke diese Strategie.

Bis heute verändert sich Steinmeiers Tonfall bei dem Thema Kurnaz. Er bedauert gepresst, dass "Herr Kurnaz viele Jahre in Guantanamo gesessen hat" und erklärt, dass "er mit ihm nicht persönlich reden will". Punkt.

Eigentlich passt diese halsstarrige Uneinsichtigkeit nicht zu ihm. Eigentlich wäre die Steinmeier-Art, das Thema kühl und besonnen zu betrachten und dann das einzig Vernünftige zu tun: sich bei Kurnaz in aller Form zu entschuldigen. "Ich verstehe nicht", sagt einer seiner Vertrauten, "warum es bei ihm diese Verhärtung gibt."

Doch Steinmeier glaubt felsenfest, 2002 seine Pflicht getan zu haben. Das ist seine Verteidigungslinie, darin hat er sich eingegraben. Manchmal klingt es bei ihm so, als wäre eigentlich ihm Unrecht geschehen, nicht Kurnaz. Steinmeier, der nüchterne, kühle Analytiker, glaubt wirklich an diese bizarre Verdrehung. "

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Samstag, 27. Januar 2007
Nazis marschieren
Für heute hatte die NPD eine Demonstration in Frankfurt/Oder angemeldet. Ein breites Bündnis hatte zu Protesten dagegen aufgerufen (unter anderm auch auf dem Ostblog).

Der RBB berichtet von erfolgreichen Protesten. Und ja, es war gut, dass die die da waren, da waren und protestiert haben. Es war aber erschreckend, wieviele nicht da waren, gerade auch aus dem Umfeld der Universität. Und irgendwie war es auch etwas hilflos. Brav blieben die meisten von uns hinter den Polizeigittern. Zum Teil kam der Eindruck auf, dass wir auf einen Karnevalszug warten. Die Nazis konnten weitgehend ungestört durch Frankfurt ziehen. Da bleibt ein schlechter Nachgeschmack.

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Donnerstag, 25. Januar 2007
Norsk - Gender
Gestern haben wir gelernt, dass wir im Norwegischen nicht zwischen weiblichen und männlichen Substantiven unterscheiden müssen. Die weibliche Form gebe es zwar noch, werde aber nicht benutzt. Das ist praktisch für das Lernen.

Aber es illustriert auch die Schwierigkeiten sensibel eine Sprache zu lernen. Unsere Lektionen strotzen nur so von heteronormativen Bildern. 'Weißsein' ist auch die klare Norm. Die Dialoge und Personen sind Anschlussfähig für den 'Standard-Deutschen': Der Lehrer Jens und die Krankenschwester Katrin reisen mit ihren Kindern Thomas und Sabine. Die Ehefrau Gerda des Rentners Wilhelm bezeichnet sich als Hausfrau. Und dann ist da noch der Student Christian. Ayse und Cem kommen nicht vor. Eine schwarze Deutsche oder ein homosexuelles Paar sowieso nicht. Und Autofahren ist auch die Norm.

Wie kann ich eine differenzsensible Sprache lernen?
Ist es tatsächlich so, dass ich mir im Norwegischen keine Gedanken um Gender machen muss? Oder gibt es auch für die norwegische Sprache gendersensible Formulierungen?

Gerlernt habe ich das der lærer (LehrerIn), der bibliotekar (BibliothekarIn), der sykepleier (KrankenpflegerIn) jeweils beide Geschlechter umfasst (umfassen soll?). Die husmor (Hausfrau) hingegen ist immer weiblich. Gender scheint also doch noch da zu sein, oder nicht?

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Mittwoch, 24. Januar 2007
Keine gratuliert
Da habe ich mich letztes Jahr so bemüht, eigens ein Blog eröffnet und Besserung gelobt. Und dann habe ich dieses Jahr meine Menschwerdung wieder nicht gefeiert und auch keine Gratulationen erhalten. Ich bin einfach nicht gut genug integriert.

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Dienstag, 23. Januar 2007
Gewalt gegen Schwache
scheint Standard rund um die Welt: ob in Indien, Spanien oder in Deutschland.

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Sonntag, 21. Januar 2007
Mann gegen 'weiß'
Am Freitag titelte die taz: "Schwarz gegen Frau" über die Präsidentschaftskandidaturen von Barack Obama und Hillary Clinton. Vielleicht aber wäre die passendere Überschrift: Mann gegen 'weiß', denn dies beschreibt die jeweiligen Machtpositionen der KandidatInnen.

Nachtrag 02.02.07: Wie in den Kommentaren schon angemerkt wurde, liegt die hegemoniale Macht bei den 'weißen' Männern und ein solcher hat sich jetzt versucht mit rassistischen Äußerungen zu qualifizieren.

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Samstag, 20. Januar 2007
Unwort des Jahres
Freiwillige Ausreise

Nachtrag 21.01.07:

In der taz:

"Freiwillige Ausreise" bedeute, dass abgelehnte Asylbewerber "freiwillig" in ihre Heimat zurückkehren, um der Abschiebung mit Zwangsmitteln zu entgehen, sagte der Jurysprecher, Professor Horst Dieter Schlosser, im Ratssaal von Köthen (Sachsen-Anhalt). "Die Freiwilligkeit einer solchen Ausreise darf in vielen Fällen bezweifelt werden."

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