Dienstag, 6. Juni 2006
Zu Gast bei Freunden
Wen man sich zu Gast einlädt, bestimmt man immer noch selbst. Insofern ist es ganz konsequent, dass auch für die WM strikte Visaregelungen gelten und diese nicht etwa für irgendwelche dahergelaufenen Fans gelockert werden. Überraschend ist nur, dass die deutsche Botschaft in Ghana, darüber überrascht ist, dass sie so wenige Visaanträge bekommt (mehr dazu bei tagesschau.de). Vielleicht sollten sie sich mal ihre Vergabekritierien anschauen sowie die Lebensverhältnisse der GhanerInnen und das dann miteinander vergleichen. Dann würden sie vielleicht eine Antwort finden.

"Das Auswärtige Amt befürchtet, dass "falsche" Fans die WM als Mittel nutzen könnten, um nach dem Abpfiff illegal in Deutschland zu bleiben. Vor allem aus Hamburg und Düsseldorf, den Zentren ghanaischer Immigranten, bringt ein Team der Bundespolizei regelmäßig illegale Einwanderer zurück nach Accra.

Das Zauberwort heißt daher Rückkehrwilligkeit. "Die Antragsteller müssen glaubhaft machen, dass es etwas gibt, das eine Rückkehr nach Ghana plausibel macht", erklärt die Botschaftssprecherin in Accra. Wer von Gelegenheitsjobs lebt oder auf dem Land Vieh hütet, fällt durch das Raster - auch wenn er ein echter Fan ist ..."


Das hört sich doch ganz so an, als ob man von FreundInnen herzlich eingeladen ist.

Nachtrag 29.06.06: Auch Aserbaidschaner können nicht einfach so kommen. StraßenfußballerInnen sowieso nicht.

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Samstag, 3. Juni 2006
Racism Helpline
Menschen, die als Fremde angesehen werden, sind immer wieder in der Gefahr Opfer rassistischer Gewalt zu werden. Während der WM werden viele internationale TouristInnen erwartet, die sich in Deutschland nicht auskennen. Auch sie sind von rassistischer Gewalt gefährdet, daher haben mehrere Inititiativen und Privatpersonen für die Zeit der WM ein Notruftelefon für rassistische Überfälle geplant: Racism Helpline. Es werden noch UnterstützerInnen gesucht.

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Donnerstag, 1. Juni 2006
Ausländerfreundlich
In der heutigen taz:

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte gestern, Deutschland werde unter Beweis stellen, "dass unser Land ein ausländerfreundliches Land ist".

Was genau meint Schäuble damit? Das weiss ich natürlich nicht, aber ein bisschen analysieren kann ich ja mal.

Vorallem betont er mit diesem Ausspruch die Konstruktion des Anderen. Er betont die Kategorie des 'Ausländers'. Ob er damit wirklich Menschen aus dem Ausland oder auch InländerInnen meint bleibt unklar. Im 'deutschen' Recht werden mit 'AusländerInnen' Menschen bezeichnet, die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Im öffentlichen Diskurs geht die Definition der 'AusländerInnen' weiter und umfasst alle die, die nicht als 'Deutsche' identifiziert werden sollen, egal welche Staatsbürgerschaft sie haben. Der Begriff 'AusländerIn' betont Differenz, betont dass diese Menschen nicht 'Deutsche' sind, legitimiert eine Unterscheidung auf dieser Ebene. Er ist dadurch ausgrenzend, feindlich gegenüber den Anderen. 'Ausländerfreundlich' ist damit ein Widerspruch in sich. Oder soll damit betont werden, dass 'unser' Land Differenzen und Ausgrenzungen begrüßt?

Zur Konstruktion des Anderen durch Begriffe und die damit verbundenen Ausgrenzungsmechanismen empfehle ich als Lektüre Paul Mecheril (2004), Einführung in die Migrationspädagogik.

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Donnerstag, 1. Juni 2006
Rassistische Politiker
Diesmal sind es nicht Schönbohm oder Schäuble, die sich mit rassistischen Äußerungen profilieren. Es meldet sich mal wieder Koch zu Wort. Wir erinnern uns, dass ist der mit der Unterschriftenaktion gegen die 'Türken', Entschuldigung, gegen den Doppelpaß.

tagesschau.de berichtet:

Laut "Frankfurter Rundschau" hatte Koch beim CDU-Landesparteitag vor anderthalb Wochen gesagt, Deutschland sei kein Einwanderungsland wie die USA, wo von der ursprünglichen Kultur der Indianer nichts mehr übrig geblieben sei. Dem Blatt zufolge fügte Koch hinzu: "Wir sind mehr als die Indianer".

Das ist gleich doppelt rassistisch: Einmal stellt Koch eine Hierarchie auf, in der die 'Deutschen' über den 'Indianern' stehen. Zum anderen verharmlost er den Genozid an den BewohnerInnen Nordamerikas durch die 'Weißen' KolonisatorInnen. Glücklicherweise sehen das auch andere so.

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Zu rassistischer und sexistischer Werbung schaut mal bei annabexis vorbei.

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Dienstag, 30. Mai 2006
Homophobie
Homophob sind immer die anderen. So schreibt zum Beispiel Klaus-Helge Donath in der taz:

"Angst vor Veränderungen, das Fehlen elementarer Sachkenntnisse und anhaltende Vorurteile bilden den Nährboden für Homophobie - Teil eines postsozialistischen Phänomens in vielen Ländern Osteuropas."

Da 'wir' keine Veränderungen hatten, natürlich über die elementaren Sachkenntnisse verfügen (welche wären das nochmal genau?) und keine anhaltenden Vorurteile haben, da wir nicht postsozialistisch sind, ist Deutschland vermutlich nicht homophob strukturiert. Deswegen brauchen 'wir' auch in den Berichten über Moskau nicht auf die Verankerung von Homophobie in heteronormativen Gesellschaften sprechen. 'Wir' können Homosexuelle mal eben mit Schwulen gleich setzen und damit alle anderen Formen ignorieren. 'Wir' können so tun, als ob Homophobie was mit Sachkenntnissen zu tun hat. Es ist immer gut mit dem Finger auf die anderen zu zeigen. 'Wir' sind schliesslich die Guten und die Experten zur Lage Homosexueller in Osteuropa.

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Wir sind Papst
und können daher nun auch die Absolution erhalten. Bei einem Besuch in Auschwitz hat der 'Deutsche' Ratzinger (jetzt Benedikt XVI.) laut taz gesagt:

er sei "Sohn eben dieses Volkes, von dem eine Gruppe von Verbrechern die Führungsgewalt durch falsche Versprechen erhalten hat, im Namen des Größenwahns".

Es waren nur die bösen Nazis, die 'Deutschen' waren und sind gut. Sie wurden halt nur verführt, und konnten dafür nichts. Gut, dass das mal wieder gesagt wurde. Und die katholische Kirche war während des Nationalsozialismus natürlich auch im Widerstand. Über deren Täterschaft muss nicht gesprochen werden.

So wie sie auch heute immer wieder für Toleranz und Offenheit eintritt. Sie kann ja nichts dafür, dass im Umfeld des Papstbesuches in Polen im Namen des Katholizismus wieder Homophobes und Sexistisches propagiert wurde. Mehr dazu gibt es zum Beispiel bei katunia.

Wenn in anderen Ländern Homophobie tobt, dann können das auch 'deutsche' konservative Politiker gut verstehen. Es müssen sich hier nur die einbürgerungswilligen 'Muslime' gegen Homophobie aussprechen, alle andere sollten es besser nicht und schon gar nicht aktiv.

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Samstag, 27. Mai 2006
Nicht dasselbe
Rassistische Überfälle. Angst vor islamistischen Terror. Islamophobie. Alles zusammen mischen, von sich selber wegschieben und vergleichen was nicht vergleichbar ist. Das scheint gerade in. Nicht nur Eberhard Seidel setzt rechte Schläger und kriminelle Jugendliche, die 'türkisch' markiert sind, gleich. Eine geschickte Strategie. 'Wir' können uns distanzieren von dem Problem. Denn nicht 'wir' sind es sondern die - die jungen Männer. Verwischen können wir so, dass rassistische Taten aus der Mitte der Gesellschaft kommen. Sexistisches und homophobes Verhalten sowie Antisemitismus können 'wir' den 'Muslimen' zuschreiben. Und die armen jungen Männer bedauern (und davon ausgehen, dass sich das schon auswachsen wird). Rassismus und Kriminalität sind aber nicht das Gleiche! Da stecken unterschiedliche Strukturen dahinter, und das darf nicht verwischt werden.

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Freitag, 26. Mai 2006
Heimat
"Gehen Sie doch in Ihre Heimat und bewerben Sie sich von dort für einen Studienplatz in Deutschland", hat man ihr gesagt. "Meine Heimat ist hier", hat sie geantwortet. Sie wissen schon, was wir meinen", kam zurück.

Erzählt Adela der taz. Die Zuweisung einer 'Heimat' ausserhalb Deutschlands ist eine alltägliche Erfahrung von 'Anderen Deutschen'. Für Adela ist sie mehr als nur eine weitere Ausgrenzungserfahrung. Für sie ist sie bedrohlich, denn Adela ist in Deutschland nur geduldet und kann jederzeit abgeschoben werden.

Der Hinweis, sich aus der 'Heimat' zu bewerben, ist absurd: Aber wer würde ihr garantieren, dass sie ein Visum für Deutschland bekäme? "Das mache ich auf keinen Fall", meint Adela. Lieber kämpft sie, damit man ihr hier eine Chance gibt.

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Unwürdige Deutsche
Die taz berichtet: "... bundesweit zwischen 2002 und 2004 insgesamt 84 Einbürgerungen wegen Täuschungen rückgängig gemacht wurden."

taz-Karrikatur

Einer der Ausgebürgerten klagte dagegen und verlor: "Die Pforzheimer Behörden hielten dem entgegen, der Schutz vor Ausbürgerung gelte nur für die "redlich erworbene" Staatsbürgerschaft. Dem schloss sich jetzt das Bundesverfassungsgericht an. Verboten sei der Entzug der Staatsangehörigkeit nur, wenn der Staat vermeintlich unwürdige Deutsche aus dem Staatsverbund aussortieren wolle."

Das Grundgesetz schützt also davor, als 'unwürdig' aussortiert zu werden. Dann müsste es doch eigentlich die Ausbürgerungen verbieten. Denn offensichtlich gibt es hier eine Einteilung in 'würdige' und 'unwürdige' Deutsche. 'Würdig' sind jene, die per Geburt 'Deutsche' sind, sie können nicht ausgebürgert werden, egal welche Straftaten sie begehen. Jene, die eingebürgert wurden, aber sind verdächtig und damit schnell 'undwürdig', die deutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten:

"Meist täuschten die Eingebürgerten dabei über die eigene Identität oder über Verwandtschaftsverhältnisse. Andere Ausländer hatten Strafverfahren verschwiegen oder die Tätigkeit bei extremistischen Gruppen."

In dem verhandelten Fall, hatte der Eingebürgerte ein Arbeitsverhältnis vorgetäuscht. Aber warum musste er das überhaupt? Warum kann 'Deutscher' nur werden, wer eine Arbeit hat?

Der Kultur- und Sozialanthropologe Werner Schiffauer berichtet darüber, dass Menschen ausgebürgert werden, weil sie mit der Mili Görüs verbunden waren und dies bei der Einbürgerung nicht als verfassungsfeindliche Tätigkeit angegen haben. Die Mili Görüs wird zwar vom Verfassungsschutz überwacht, dass macht sie aber nach deutschem Gesetz noch lange nicht zur verfassungsfeindlichen Organisation. Pauschal zu unterstellen, dass Menschen, die mit ihr zu tun haben, verfassungsfeindlich sind, ist rechtsstaatlich eigentlich nicht haltbar. Aber so werden Ausbürgerungen begründet.

Es scheint sich also, bei der Ausbürgerungspraxis um eine Einteilung in 'würdige' und 'unwürdige' Deutsche zu handeln. Die Einführung von Einbürgerungstests wird dies noch verschärfen. Eingebürgerte sind dann immer nur 'Deutsche auf Widerruf'.

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