Samstag, 4. März 2006
Anders oder nicht?
Es ist schon ein paar Jahre her. Ich hatte eine Veranstaltung organisiert. Stand im Business Outfit da, hatte ein Namenschild. Eine ältere Teilnehmerin stellt sich vor mich und will wissen, wo ich her bin. Ich denke mir, was will die, das geht die doch gar nichts an. Ausserdem ist das nun wahrlich nicht der Ort für einen Herkunftsdialog, schliesslich muss ich die Veranstaltung organisieren. Aber die Frau lässt nicht locker, lässt sich nicht Abschütteln. Sie insistiert, ich muss irgendwo anders herkommen, denn 1. mein Name zeigt das, 2. mein Aussehen zeigt das, 3. ist es an meiner Sprache zu erkennen. Ok, mein Name ist tatsächlich ein durch und durch 'indischer'. Ich mag vielleicht auch etwas 'indisch' aussehen. Aber meine Sprache? Ich bin in Karlsruhe aufgewachsen, hatte mal den Badischen Singsang, den habe ich aber schon lange abgelegt. Was nur ist an meiner Sprache so anders?

Vor ein paar Tagen dann sass ich mit FreundInnen in einer Kneipe. Wir unterhielten uns über dies und über das. Ich erzählte von meinem Forschungsprojekt, was ich daran so spannend finde. Es ging um Ausgrenzungserfahrungen. Da nahm ich dann Bezug auf meinen 'indischen' Vater. Die FreundInnen waren ganz überrascht. Einen 'indischen' Vater? So sehe ich gar nicht aus. Maximal 'Spanisch'.

Was nun? Bin ich so eindeutig anders oder nicht? Wer empfindet mich wann als anders? Wer nicht? Was passiert da? Und was hat das alles mit mir zu tun? Ein wahrlich spannendes Forschungsfeld.

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Donnerstag, 2. März 2006
Politischer Aschermittwoch
Aus Edmund Stoibers Rede zum politischen Aschermittwoch (als pdf) hier ein paar Höhepunkte:

Zu den Menschenrechtsverletzungen an deutschen Schulen:

"Dieser Herr Muñoz ist auf seiner Tour direkt aus dem schwarz-afrikanischen Botswana zu uns nach Deutschland gekommen. Ich sage ganz deutlich: Verwechseln Sie bitte Deutschland nicht mit Botswana. Und ich füge hinzu: Bayern ist nicht Botswana. Damit das hier ganz klar ist!"

Zur deutschen Sprache an deutschen Schulen:

"Wir sagen daher ganz klar: Das Erlernen der deutschen Sprache ist eine Bringschuld der Zuwanderer: Wer nicht Deutsch kann, gehört nicht auf eine deutsche Schule!"

"... machen die linke Multi-Kulti-Clique und der Bundesvorsitzende der türkischen Gemeinde in Detuschland eine angebliche Diskriminierung geltend. Das ist Unsinn!"

"Diskriminierend ist es aber für die deutschen Kinder, wenn an einer deutschen Schule alle Sprachen gesprochen werden, aber kein Deutsch!"


Zur Einbürgerung:

"Die deutsche Staatsangehörigkeit gbit einem Eingebürgerten eine Fülle von Rechten und unserem Land eine zusätzliche Verantwortung."

"Wir entscheiden, wer Deutscher wird. Und wir lassen nicht jeden herein."

"Hier gilt das Grundgesetz, nicht die Scharia. Hier gibt es die Gleichberechtigung der Frauen, und keine Zwangsheirat. Hier gilt das Strafgesetzbuch, nicht die Blutrache. Wer das nicht akzeptiert, braucht gar nicht erst zu kommen."

"Wir wollen keine Parallelwelten mitten in Deutschland, in denen alle Sprachen gesprochen werden, nur nicht Deutsch."

"Wer Einbürgerungen erleichtert und nicht einmal hier unsere Grundwerte durchsetzt, ist mitverantwortlich am Leid und Elend ausländischer Frauen und Mädchen in Deutschland!"

"Die Einbürgerung darf nicht der Anfang eines Integrationsprozesses sein, sondern sein erfolgreicher Abschluss!"

"So wie der Führerschein erst nach Fahrschule und Fahrprüfung ausgehändigt wird, so darf auch der deutsche Pass erst nach Integrationskurs und Prüfungen ausgehändigt werden."


Zum Protest gegen die Mohammed-Karrikaturen (hier macht Stoiber eine Ausnahme zur Regel und unterstützt Forderungen der 'Muslime'):

"Ich wünsche mir manchmal auch mehr Respekt gegenüber unseren christlichen Symbolen. .... Deshalb muss der Respekt vor der Religion auch eine verantwortungsvollen Umgang mit der Pressefreiheit prägen."

"Toleranz ist keine Einbahnstraße. ... Ich würde mich sehr freuen, wenn die in Deutschland gelebte Toleranz gegenüber anderen Religionen auch dort Wirklichkeit wäre, wo der Islam die beherrschende Religion ist."

"Wer den Ruf des Muezzins in Berlin verlangt, sollte auch in Riad und Teheran das Glocken-Läuten zulassen."


Zum Film 'Tal der Wölfe':

"Der Islam dagegen wird als Religion des Friedens dargestellt. Dieser Film unterstützt den Hass auf unsere westliche Zivilisation. Hier wird bewusst Hass gegen den Westen geschürt und die Integration torpediert."

"Es ist in einer freiheitlichen Gesellschaft nich hinnehmbar, wenn sich amerikanische Staatsbürger aus Angst vor Gewalt nicht mehr in die Nähe deutscher Kinos wagen."

"Es geht hier nicht um Zensur, sondern darum, dass so ein Film die von uns allen angestrebte Integration nicht erleichtert, sondern massiv erschwert."

"Europa und die Türkei trennen eben mehr als nur ein paar Kilometer Luftlinie am Bosporus."


Zu Bayern:

"Bayern - das sind die Berge mit den Gipfelkreuzen, die Kruzifixe in den Schulen, die Schlösser, die Burgen und Kirchen, die Weinberge, die Biergärten und das Brauchtum im ganzen Land."

"Hier sind wir zu Hause. Hier sind wir daheim."


Na, dann.

Nachtrag: In der taz von heute:

"Stoiber habe den Menschen aus dem Herzen gesprochen, ist hinterher das Urteil der CSU-Anhänger."

Das war zu befürchten.

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Mittwoch, 1. März 2006
Die Würde des Menschen
ist unantastbar. Steht im Grundgesetz. In Deutschland scheinen aber nicht alle, als Menschen zu gelten.

Es gibt mal wieder Kritik von internationaler Seite. Diesmal kritisiert das Anti-Folter-Komitee des Europarats die Haftbedingungen in Abschiebegefängnissen. Auf tagesschau.de ist zu lesen:

"Das "Hamburger Abendblatt" berichtet unter Berufung auf einen vorläufigen Bericht des CPT, dass keine der besuchten deutschen Haftanstalten "über die personelle oder materielle Ausstattung zur Schaffung von Haftbedingungen, wie sie dem rechtlichen Status von Abschiebehäftlingen angemessen" wäre."

Und die taz berlin berichtet über die menschenunwürdigen Lebens- und Wohnbedingungen von AsylbewerberInnen in Brandenburg, unter anderem:

"Die räumliche und soziale Ausgrenzung der Flüchtlinge fördere den Rassismus, heißt es in der Broschüre; die soziale Integration kann umgekehrt als Beitrag zum Abbau von fremdenfeindlichen Einstellungen in der Bevölkerung beitragen.
...
Die Broschüre "UnHEIMliches Brandenburg" kann über den Brandenburger Flüchtlingsrat bestellt werden. Mehr Infos gibt es unter www.fluechtlingsrat-brandenburg.de"


Nachtrag 17.05.06:: Auch das Abschiebegefängnis Grünau in Berlin wurde genauer betrachtet.

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Dienstag, 28. Februar 2006
Im Zoo
Kürzlich war ich blind essen. Eine interessante Erfahrung, wenn frau so gar nichts mehr sieht. Ich bin schon froh, dass ich nicht ständig im Dunkeln bin.

Irritiert hat mich aber vor dem Essen ein Gespräch in der Lounge. Aufgeregt waren die Gäste, ob der ungewöhnlichen Erfahrung, die vor ihnen stand. Besonders interessant schien zu sein, das 'Blinde' bedienen würden. Echte 'Blinde'. Je mehr ich zuhörte, desto mehr hatte ich das Gefühl, sie sprechen von einer exotischen Spezies. Nur dumm, dass sie beim Bedienen nicht bestaunt werden konnten. Es fehlte das Licht.

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Montag, 27. Februar 2006
Straßenschlachten in Dublin
Aus Dublin berichtet die taz:

"Eine Parade des protestantischen nordirischen Oranier-Ordens in Dublin endete am Samstag mit Krawallen, bei denen mehr als 40 Menschen verletzt wurden. Der Orden hatte mit der Organisation "Fair" ("Familien handeln für unschuldige Verwandte") zu einem Gedenkmarsch für die Opfer des nordirischen Terrorismus aufgerufen. Allerdings erkennen Fair und der Orden lediglich Protestanten als Opfer an, beide Organisationen unterhalten enge Verbindungen zu protestantischen Terroristen.

Im Gegensatz zum 'Islam' ist das 'Christentum' eine durch und durch friedliche Relgion. In seinem Namen wird nicht zu Gewalt aufgerufen. Das ist abendländische Tradition.

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Diskriminierung von Frauen
Nach Pisa und dem Besuch des UN-Sonderberichterstatter für Bildung Venor Muñoz nun der nächste Schock (zumindest hoffentlich) für Deutschland:

"Der Abstand zwischen dem Verdienst von Frauen und Männern hat sich in Deutschland entgegen dem europäischen Trend weiter vergrößert.", schreibt die taz.

Gut, dass die 'Deutschen' jetzt etwas gegen die Benachteilung von Frauen tun: Muslimtest in Baden-Württemberg, Heraufsetzung des Zuzugsalters für Ehefrauen, etc.

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Sonntag, 26. Februar 2006
Überfremdung
Sie wollen sich nicht anpassen, nicht 'unsere' Werte und Kultur annehmen. Nein, sie akzeptieren sie noch nicht einmal. Sie wollen 'uns' auch noch ihre Kultur aufstülpen. Meinen, dass 'wir' zu spröde sind. Lassen sich nicht durch 'unseren' Widerstand beeindrucken. Eine Millionen Menschen wollen heute mitten in 'unserer' Stadt für ihre 'rheinische' Kultur demonstrieren. Eine der ihren haben sie sogar in 'unseren' Senat eingeschleust, und die steht auch noch offen dazu, dass sie hier eine neue Kultur einschleusen will.

Nachtrag am Abend: Da wollte ich mir doch noch kurz das jecke Treiben anschauen, bevor ich ins Kino gehe. Aber um 15.30 Uhr war schon nichts mehr zu sehen. Auf dem Festplatz mühte sich lediglich ein lustiger DJ, eine Handvoll bemützte Narren reagierte mal mehr und mal weniger. Die Narren haben Berlin wohl doch noch nicht übernommen.

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Samstag, 25. Februar 2006
Integration
Geht es um 'MigrantInnen', 'AusländerInnen' oder wie immer diese 'Fremden' unter 'uns' bezeichnet werden sollen, fällt immer wieder das Wort 'Integration'. Es ist in. Die 'Ausländerbeauftragte' heisst schon länger 'Integrationsbeauftragte'. Im Zuwanderungsgesetz und im Staatsbügerschaftsgesetz geht es um 'Integration'. 'Integrationskurse' werden angeboten, zumindest theoretisch. Die Medien und PolitikerInnen fordern 'Integration'. Es wird debattiert, wer dabei wie viel machen muss, warum die 'Integration' gescheitert ist oder auch nicht, etc.

Und ich verstehe mal wieder nicht warum. Warum ist 'Integration' so wichtig? Worum geht es dabei eigentlich? Mal abgesehen davon, dass die meisten die 'Integration' sagen, 'Assimilation' meinen.

Die Menschen, um die es geht, die leben überwiegend schon den größten Teil oder aber ihr ganzes Leben in Deutschland. Damit sind sie hier doch integriert, oder? Sie sind doch Teil des Ganzen? Auch wenn viele das nicht mögen. Auch wenn sie einen viel schlechteren Zugang zu Chancen haben als andere.

Wer Teil einer Gesellschaft ist, ist Teil einer Gesellschaft, oder? Der Unterschied liegt darin, das manche anerkanntermassen dazu gehören und andere nicht. Aber das ist nicht eine Frage der Integration, sondern es geht darum, Ausgrenzungen zu vermeiden.

Ich sehe viele Felder, auf denen Handlungsbedarf besteht, damit alle Menschen, die in Deutschland leben, sich hier auch als zugehörig verstehen können und als Zugehörige akzeptiert werden. Der Begriff 'Integration' hilft mir dabei nicht. Was verstehe ich da wieder nicht?

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