Dienstag, 15. November 2011
Ermittlungen in begrenzte Richtungen
Es kann vorkommen, dass Verbrechen nicht aufgeklärt werden. So geschehen im Fall des Nagelbomenanschlags im Jahr 2004 in Köln, im Fall der neun Männer, die in ihren Läden erschossen wurden, oder auch beim Anschlag auf Jüd_innen in Düsseldorf im Jahr 2000. Bei der Suche nach Täter_innen bilden die Ermittlungsbehörden Vermutungen über diese. In allen Fällen war eine der Vermutungen, dass es sich um 'Kriminalität unter Ausländern', um die 'Mafia' handelt. Hätte sein können.

Erschreckend ist allerdings, dass die Vermutung Rassismus bzw. Rechtsextremismus als Tatmotiv nicht besonders verfolgt wurde. Die taz berichtet, dass die Phantombilder der Kölner Täter große Ähnlichkeiten zu den Rechtsextremen Uwe M. und Uwe B. haben. Warum wurde das nicht schon 2004 festgestellt? Nach den beiden wurde doch seit 1998 gesucht.

Laut taz wenden sich die offiziellen Stellen schnell von Rassismus/ Rechtsextremismus weg. Im Falle von Köln:

"Die Polizei ermittelte nach der Tat "in alle Richtungen", befand jedoch, nichts weise auf ein fremdenfeindliches oder terroristisches Motiv hin. Einen Tag nach dem Anschlag verkündete Bundesinnenminister Otto Schily (SPD), die Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden deuteten "auf ein kriminelles Milieu" hin. "

Im Düsseldorfer Fall wurde erst im rechtsextremistischen Umfeld gesucht und dann doch zu einer rassistischen Erklärung gegriffen:

"Doch nachdem umfangreiche Ermittlungen in der Düsseldorfer Neonazi-Szene kein Ergebnis brachten, neigte sie später der Spekulation zu, die Russenmafia könnte dahinter stecken. Das sei "sicherlich eine Theorie, die man nicht einfach von der Hand weisen kann", sagte ein Jahr später der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken. Auch dem damaligen Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) lag die Mafiatheorie "gefühlsmäßig am nächsten"."

Die Phantombilder der Düsseldorfer Täter sollen jetzt laut taz auch mit Bilder von Uwe M. und Uwe B. verglichen werden.

Der Staat scheint sich zu sehr auf die Feindbilder 'Islamismus' und 'Linksterrorismus' zu konzentrieren, um noch Zeit zur Verfolgung von Rechtsterrorismus zu haben. Der NRW-Innenminister sagt im taz-Interview:

"Deshalb werde ich bei der nächsten Innenministerkonferenz fordern, dass rechtsextreme Strukturen künftig genauso überwacht werden wie der islamistische Terrorismus."

Warum werden brennende Autos als so viel gefährlicher für den Staat angesehen als getötete Menschen?

Nachtrag 19.11.11: Die taz dokumentiert die Berichterstattung zu den sogenannten 'Döner-Morden'. Die Kriminalisierung der rassifizierten Opfer durch Ermitler_innen und Medien ist erschrecken. Hier ein Beispiel:

"30. Mai 2006: Die Ermittler bekämen "vielleicht einen Tee mit Minze, aber keine Antworten auf ihre Fragen", schreibt das Hamburger Abendblatt über die türkische Community. Auch der Spiegel beklagt: "Die schwer durchdringbare Parallelwelt der Türken schützt die Killer." In der Süddeutschen äußert sich ein bayerischer Oberstaatsanwalt über die türkischen Bekanntenkreise der Opfer: Er habe den Eindruck, "da weiß einer mehr, aber er will es uns nicht sagen". Soko-Chef Geier sagt der Süddeutschen, er habe "angesichts der Mauer des Schweigens" den Eindruck, dass "die Türken noch nicht in dieser Gesellschaft angekommen sind"."

Die Dokumentation zeigt allerdings auch, dass schon früh ein Zusammenhang mit den Bankrauben hätte gesehen werden können - und dass ein Zusammenhang mit Kölner Bombenanschlag durchaus gesehen wurde (aufgrund es Bildes eines Täters), der dann aber wieder verdrängt wurde.

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Argumente gegen antimuslimischen Rassismus
Die Antirassistische Initiative und die Gruppe Soziale Kämpfe haben eine Broschüre 'Arguemente gegen antimuslimischen Rassismus' (als pdf) herausgegeben, in der sie überwiegend dekonstruierend argumentieren.

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weltwärts für die Karriere
Die taz berichtet, dass die Evaluierung des weltwärts-Programms (nicht besonders verwunderlich) zu einem vernichtenden Ergebnis kommt. Die deutschen Teilnehmenden profitieren von ihrem Auslandsjahr, ansonsten gibt es aber erhebliche Mängel: So halten sich Entsendeorganisationen nicht an rechtliche Regelungen. Freiwillige nehmen qualifzierten lokalen Arbeitskräften die Arbeit weg. Die taz berichtet:

"Manche der deutschen Entsendeorganisationen, die vom BMZ gefördert werden, nehmen es mit den rechtlichen Vorgaben offenbar nicht so genau. Auch wenn notwendige Visa und Arbeitsgenehmigungen fehlen, werden die jungen Erwachsenen in Entwicklungsländer geschickt. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Freiwillige in einigen Fällen lokale Arbeitskräfte ersetzen. Das gelte insbesondere für den Einsatz an Schulen. "

Auch in Deutschland setzt weltwärts seine Ziele nicht um:

"Als das BMZ im Jahr 2007 den Dienst ins Leben rief, formulierte es als wichtiges Ziel: Es sollten vermehrt diejenigen teilnehmen, die bisher eher nicht vertreten waren, sozial Schwache und Jugendliche ohne Abitur. Das Ziel wurde gründlich verfehlt. Nahezu alle Teilnehmer haben eine "sehr hohe soziale und bildungsaffine Herkunft", heißt es im Bericht. 97 Prozent haben die Hochschulreife."

Das kann ich aus meiner Erfahrung mit weltwärts-Vorbereitungen und -Nachbereitungen absolut bestätigen.

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Rassistische Behauptungen
"So sinkt in den letzten Jahren die Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben wieder, vor allem bei männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund." behauptet der FDP-Politiker Michael Kauch im taz-Interview zur Magnus-Hirschfeld-Stiftung. "Hier kann die Stiftung Projekte für Toleranz und Akzeptanz unterstützen und vernetzen."

Mit solcher rassistischen Ausgrenzung wird es kaum möglich sein, "Toleranz und Akzeptanz" zu unterstützen. Ich jedenfalls habe so nicht das Gefühl, dass meine Anliegen bei der Stiftung in guter Hand wären.

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