Montag, 10. Januar 2011
Sarrazins Buch lesen oder nicht
Ines Kappert argumentiert in der taz, dass mensch Sarrazins Buch lesen solle:

"Wenn ein Buch so hohe Wellen schlägt, gibt es für jeden kritischen Geist eine Informationspflicht, und nichts ist informativer als das Original."

Das sehe ich anders. Ich muss nicht jeden Müll, der publiziert und diskutiert werden, lesen, um darüber ein Urteil fällen zu können. Wenn ich Sarrazins Buch nicht gelesen habe, kann ich natürlich nicht über Details eine Meinung äußern. Wenn ich aber Auszüge lese, seine öffentlichen Aussagen verfolge und Analysen von Anderen lese, kann ich mir durchaus eine Meinung darüber bilden, ob Sarrazin in der Tendenz rassistisch argumentiert und ob ich meine Zeit dafür nutzen will, den Müll zu lesen oder nicht. Aus dem, was ich gelesen (dazu gehört das Interview in der Lettre Interenational) oder gehört habe, ist für mich klar, dass Sarrazin rassistisch argumentiert und ein fragwürdiges Wissenschaftskonzept hat. Mehr Zeit muss ich seinen selbstgefälligen und rassitischen Ergüssen nicht widmen. Meine Zeit nutze ich lieber um etwas zu lesen, was mir produktive Denkanregungen gibt.

Eine Kopie des Buches hätte ich aber durchaus gerne, um mal Dinge nachschlagen zu können. Aber nur ein Exemplar, dass nicht dazu führt, dass Sarrazin noch mehr Geld verdient.

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Perspektiven auf Integrationsgesetz
In Berlin gilt jetzt ein Integrationsgesetz. Die taz berichtet über Reaktionen darauf. Wie üblich kritisiert Buschkowsky:

"Auch aus der SPD selbst kam Kritik an dem Gesetz: Etwa von den dem rechten Flügel der Berliner SPD angehörenden Bezirksbürgermeistern Christian Hanke (Mitte) und Heinz Buschkowsky (Neukölln): Es sei "bürokratisches Pillepalle, das uns nicht weiterbringt", so Buschkowsky."

und natürlich auch die CDU:

"Es sei eine "Beleidigung für Zuwanderer", sagte etwa der integrationspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Kurt Wansner, denn es solle "eine Bevorzugung der Migranten bei Bewerbungen sicherstellen, selbst wenn sie schlechter qualifiziert sein sollten als Bewerber ohne Migrationshintergrund". Dies bedeute, "dass man den Migranten nicht zutraut, sich gegen andere Bewerber durchzusetzen", und sei damit "kontraproduktiv", hieß es in einer gemeinsamen Presserklärung von Wansner und dem Berliner CDU-Fraktions- und Landesvorsitzenden Frank Henkel."

Dem gegenüber steht die Einschätzung der Migrant_innenverbände:

"Migrantenvertreter äußern sich überwiegend zufrieden mit dem Berliner Gesetz, auch wenn es keine tatsächliche Quote enthält."

Auch wenn Wanser meint, dass Quoten die 'Migrant_innen' beleidigen würden, fordern diese Quoten. Auch wenn Buschkowsky das Gesetz für Pillepalle hält, scheinen die 'Migrant_innenvertreter_innen' ein solches für sinnvoll zu halten. Nur hätten sie gerne noch viel weitreichendere Massnahmen.

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Brandanschläge auf Berliner Moscheen
Mindestens sechs Brandanschläge auf Berliner Moscheen hat es im letzten halben Jahr gegeben. Bis jetzt sind sie ohne größere Schäden erfolgt - und ohne größere öffentliche Aufmerksamkeit. Die taz spricht von einer "rätselhaften Serie von Brandanschlägen". Wobei mir nicht klar wird, warum sie rätselhaft ist.

"Handelt es sich um Rechtsextreme? Durch die Sarrazin-Debatte und das islamfeindliche Klima Aufgestachelte? Das vermuten Politiker von Grünen und der Linken, doch auch ein ganz anderer Hintergrund ist denkbar. So könnten die Zündler Verwirrte oder Trittbrettfahrer sein - oder gar innerislamische Gegner der betroffenen Gemeinden."

Interessant, dass hier ganz viele Gründe vermutet werden können. (Bei Anschlägen, die wir Muslim_innen zuschreiben, ist immer ganz klar, dass die auf Grund von Islamismus erfolgt sind.) Noch interessanter, dass wieder Muslim_innen als Täter_innen in Frage kommen. Hier meldet auch die taz Widersprüche an:

"Dagegen spricht, dass die angegriffenen Moscheen einen völlig unterschiedlichen Hintergrund haben. Viermal wurde versucht, die größte Berliner Moschee anzuzünden: die Sehitlik-Moschee des eng mit dem türkischen Staat verbandelten Dachverbands Ditib. Aber auch die salafistisch-fundamentalistisch geprägte Al-Nur-Moschee in Neukölln und die "Islamische Kulturgemeinde der Iraner" wurden attackiert; schließlich die Moschee der Ahmadiyya"

Nachtrag 26.01.11: Ein mutmasslicher Täter wurde nun festgenommen. Reflexhaft wird jeglicher rassistischer Hintergrund geleugnet. Die taz berlin berichtet:

"Bei dem mutmaßlichen Moscheen-Brandstifter von Berlin schließen die Ermittler ausländerfeindliche Motive aus. Es sei bislang eher davon auszugehen, dass der 30-Jährige die Taten beging, weil er nach Aufmerksamkeit suchte, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch"

Warum aber schliesst das rassistische Motive aus? Warum sucht sich der Täter gerade Moscheen aus? Er könnte ja auch Kirchen, Kitas, Schulen, Rathäuser, den Bundestag, etc. anzünden und würde Aufmerksamkeit erzielen. Wieso kann ausgeschlossen werden, dass der in den letzten Jahren immer offener artikultierte antimuslimische Rassismus in unserer Gesellschaft den Täter motiviert hat?

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