Samstag, 17. Oktober 2009
Kettenregelung
Laut taz plant die neue Regierung eine Kettenregelung für die Bleiberechtsregeung:

"Die Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete soll wohl um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2010 verlängert werden - zu gleichen Bedingungen."

Und wird dafür klar kritisiert:

""So wird das Elend nur aufgeschoben", kritisierte Pro Asyl. Würden die Konditionen nicht vereinfacht, sei eine Verbesserung der Lage für über 60.000 langjährig Geduldete ausgeschlossen."

Auch die Ausnahmeregelungen für die 'Elite-Ausländer_innen' ist mehr als kritikwürdig:

"Die migrationspolitische Sprecherin der Linken, Sevim Dagdelem, nannte die Beschränkung der geplanten Verbesserungen auf wirtschaftlich leistungsfähige Migranten eine "Fortsetzung des Nützlichkeitsrassismus""

Nachtrag 03.12.09: Bayerns Innenminister betont in der taz, dass die Menschenwürde hinter angeblichen staatlichen Interessen zurücktreten muss:

"Wir wollen keine Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem. Deshalb muss man den Druck aufrechterhalten. "

Wahrlich christlich.

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Black Face
Seit Jahrzehnten (wenn nicht schon seit Jahrhunderten) weisen schwarze Menschen auf Alltagsrassismus hin. Sie analysieren die alltäglichen Ausgrenzungspraxen, publizieren dazu und machen Filme. Ein Beispiel dafür ist der Schwarze Blog.

Wieso nutzen die Medien nicht diese Ressource? Warum stürzen sie sich (wie heute z.B. Funkhaus Europa) auf Günter Wallraffs Black Face-Recherche? Muss erst ein weißer Mann kommen, um qualifiziert über Rassismus gegen Schwarze sprechen zu können? Sind Schwarze zu betroffen? Könnnen nur Weiße universell sprechen?

Nachtrag 20.10.09: Noah Sow vom Braunen Mob hat tagesschau.de ein sehr pointiertes Interview zum Thema gegeben.


Nachtrag 23.10.09:Auch Spiegel-Online hat einen kritischen Artikel, in dem schwarze Expert_innen zu Wort kommen.

Die taz hingegen scheint das Problem nicht zu erkennen oder nicht thematisieren zu wollen:
David Denk durfte gestern in der taz eine ziemlich unkritische Filmrezension veröffentlichen. Online wirkt sie weniger unkritisch, da sie durch die kleine Wortkunde Black Face ergänzt ist, die in der Printversion aber erst heute erschienen ist. Die Berichterstattung fällt aber auch mit dieser Ergänzung weit hinter die beeindruckend kritische tagesschau.de-Berichterstattung zurück. Schwach von der taz.

Denk scheint das Problem mit Wallraffs Anmassung entweder nicht zu sehen oder nicht sehen zu wollen. Seine eigenen Rassismen und Sexismen hat er in der gestrigen Kolumne Der Blonde hört mit illustriert. Eine kleine Kostprobe:

... sagt die Rotblonde vom Nebentisch, die ohne ihre ambitionierte Brille wesentlich besser aussieht als mit. Ihre beiden Freundinnen, die Brünette im Minirock und die kleine Inderin ..."

Nachtrag 24.10.09: Noch immer kann sich die taz nicht dazu entschliessen schwarze Expert_innen zu Wort kommen zu lassen. Aber immerhin dürfen zwei weiße Redakteur_innen Pro und Contra austauschen. Dabei verharrt Daniel Bax im Ignorieren des Problems:

"Dass er vor allem für ein weißes Publikum in eine Rolle schlüpft und die Reflexe der Medien so gut zu bedienen weiß, ist so lange kein Problem, wie er damit wirklichen Problemen mehr Aufmerksamkeit verschafft."

Das grundlegende Problem ist, dass sich der weiße Wallraff zum Sprecher für schwarze Menschen erklärt und damit weiße Dominanz reproduziert. Und das völlig unreflektiert wie Christina Nord argumentiert:

"Aufklärung schlägt in Gegenaufklärung um, solange sie kein Bewusstsein von ihren Voraussetzungen entwickelt. ...

In Wallraffs Film findet sich von alldem kein Wort; genauso wenig denkt er darüber nach, warum er sich überhaupt verkleiden musste. Er hätte in Deutschland lebende Afrikaner und Afrodeutsche bitten können, die Reise durch Deutschland anzutreten, er hätte sie interviewen können, er hätte ihre Erfahrungen sichtbar machen können, anstatt diese Erfahrung als verkleideter Somalier nachzuholen und sie sich dabei anzueignen. ...."


Nord zeigt so, dass Wallraff seine 'Fähigkeit die Medien zu bedienen' auch anders nutzen hätte können. Ausserdem zeigt sie noch ein anderes Problem von Wallraffs Film auf:

"Das gibt demjenigen, der sich für aufgeschlossen hält, einen "Anderen", von dem er sich nur abgrenzen muss, um sich der eigenen Liberalität zu vergewissern."

Wenn frau sich die Kommentare zu diversen Artikeln ansieht, merkt sie zudem, dass Wallraff nicht dazu beiträgt, dass Rassismus ernster genommen wird. Viele nutzen Wallraffs unglaubwürdige Inszenierung dazu, zu behaupten er hätte die Ablehnung provoziert.

Nachtrag kurz später: In der sonntaz gibt es etwas versteckter doch noch mit Sheila Mysorekars Kommentar eine schwarze Stimme in der taz.

Noch ein Nachtrag: Im Zeit magazin schreibt Günter Wallraff selbst über seine Recherchen.

Nachtrag 10.11.09: Noah Sow kontert mit White Face und berichtet gerne (gegen Honorar natürlich) über die Erfahrungen weißer männlicher Journalist_innen.

Nachtrag 16.11.09: Wallraffs Anmassung wird honoriert. In einem Beitrag auf Schule ohne Rassismus wird er als Experte zu Rassismus gegen Schwarze genannt, der von seinen Erlebnissen berichten darf. Die anwesende Schwarze wird dann noch ergänzend erwähnt:

"Auch wenn Mamadee, eine der Sprecherinnen der Künstlergruppe "Brothers Keepers", in Köln solche Erfahrungen bislang noch nicht gemacht hat, hat sie doch aufgrund ihrer eigenen Biografie ebenfalls schmerzhafte Erfahrungen mit Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit gemacht."

Aufgrund der Biografie also auch. Aber die eigentlich richtige Erfahrung ist natürlich die von Wallraff.

Nachtrag 17.11.09: Die taz setzt Wallraffs Black Face heute nochmal in eine längere Tradition mit einem Artikel über rassistische Darstellungen und schwarze Schauspieler_innen im Weimarer Kino.

Nachtrag 26.01.11: Der Film lief gestern im Fernsehen und die taz hat nichts dazu gelernt. Sie hat wieder Denks völlig unkritische Filmbeschreibung veröffentlicht.

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Studie stellt fest, es gibt Rassismus, benennt ihn aber lieber nicht
Mal wieder hat eine Studie festgestellt, dass es rassistische Ausgrenzungen gibt. Die taz zitiert in ihrem Bericht Thomas Liebig, einen der Autor_innen. Ohne rassimuskritischen Ansatz windet dieser sich, Ausgrenzungen zu benennen und zu erklären:

""Das Ergebnis muss überraschen, schließlich erwerben beide Gruppen ihre Bildungsabschlüsse in der Regel im Inland", sagt OECD-Migrationsexperte Thomas Liebig, einer der Autoren der Studie. Doch besonders junge Männer aus Einwandererfamilien träfen trotz guter Abschlüsse auf "konsistente Barrieren": "Die statistische Diskriminierung wird in Deutschland immer noch unterschätzt", erklärt Liebig."

Was ist "statistische Diskriminierung"?

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