Montag, 28. September 2009
Skandal?
Eine Person gesteht eine Straftat, flieht vor dem Verfahren aus dem Land und meidet über 30 Jahre lang dieses Land, um nicht in die Fänge der Justiz zu kommen. Bei dem Land handelt es sich nach allgemeiner Überzeugung um einen Rechtsstaat. Bei der Tat handelt es sich um sexuellen Missbrauch an einer Minderjährigen.

Nach meinem Rechtsempfinden ist der Skandal in diesem Fall, dass der Mann, der sich für schuldig erklärt hat, sich über 30 Jahre lang nicht einem Verfahren stellt, dass die Staaten in denen er sich bewegt, den Mann nicht festnehmen und ausliefern, und dass der Mann weiter Karriere macht, ohne dass seine Flucht vor einem Verfahren zum Skandal wird. Zum Skandal (laut z.B. der taz) wird aber das Gegenteil: dass er nach über 30 Jahren doch noch festgenommen wird.

Nachtrag 03.10.09: In einer Mail hat eine Freundin diesem Blogbeitrag widersprochen. Sie hat darauf hingewiesen, dass hier auch noch andere Differenzlinien als die von Mann-Frau eine Rolle spielen. Insbesondere die Frage, wie ein polnischer Jude vor einem Gericht in den USA behandelt wird.

Das würde ich auch sofort vermuten. Mir ging es aber weniger darum, ob Polanski schuldig ist oder nicht. Auch nicht darum, wie das Gerichtsverfahren gegen ihn verlaufen ist und verlaufen wird (das ist sicher kritisch zu verfolgen). Mir geht es darum, dass in der Öffentlichkeit sexueller Missbrauch immer wieder als Kavaliersdelikt abgetan wird. Insbesondere dann wenn die vermutlichen Täter prominent sind. Das finde ich skandalös.

Die taz hat vor ein paar Tagen einen differenzierenden Artikel veröffentlicht.

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