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Montag, 12. März 2007
Diktat der Normen
urmila, 20:30h
In meiner Forschung setze ich mich kritisch mit Machtverhältnissen und Ausgrenzungsmechanismen auseinander. Ich betone die soziale Konstruktion von Kategorien wie 'Ethnien', 'Kulturen' oder 'Nationen'. Ich schreibe darüber - in Deutsch und Englisch - und muss dafür mit den Sprachen umgehen, mit ihnen kämpfen und Lösungen für mich finden. Denn beide Sprachen spiegeln genau die Machtverhältnisse und Ausgrenzungsmechanismen, die ich diskutieren will, wider und engen mich im Bezeichnen ein. Wenn ich mich an die Standard-Sprache halte, dann kann ich das, was ich sagen möchte, häufig nicht ausdrücken. So nutze ich im Deutschen das Binnen-I, um auf die patriarchale Prägung der Sprache hinzuweisen. In beiden Sprachen benutze ich Anführungsstriche, um mit Begriffen wie 'Deutsche' und 'InderInnen der zweiten Generation' überhaupt umgehen zu können. Häufig muss ich auch auf kompliziertere Konstruktionen wie "Menschen, die als InderInnen markiert sind" ausweichen, um das auszudrücken, was ich ausdrücken will. (Und in all dem bin ich noch nicht sehr radikal. Es gibt viele, die sehr viel konsequenter als ich sind.)
Als Wissenschaftlerin muss ich publizieren. Und das nicht nur auf meiner Webseite sondern vor allem in anerkannten Zeitschriften und wissenschaftlichen Büchern. Und da mache ich immer wieder augenöffnende Erfahrungen. Die schockierendste war sicher als mein Text unauthorisiert inhaltlich verändert wurde. Seitdem bestehe ich darauf, dass ich die Druckversion authorisiere. Und bekomme immer wieder interessante Versionen meiner Texte wieder.
Das wichtigste bei einer Veröffentlichung scheint die Normierung zu sein. Der Verlag oder die HerausgeberInnen entscheiden, wie ein Text auszusehen hat und damit hat sich das. Da wird dann vorgegeben, dass in amerikanischen Englisch zu schreiben ist, obwohl es in dem Sammelband gerade gegen die US-amerikanische Standardisierung von Wissenschaft geht. Oder das Wort 'belongingness' wird abgelehnt, weil es das im Standard-Englisch nicht gibt. Aus 'ethnisiert' wird 'ethnisch'. Und die ganzen vielen Anführungsstriche müssen sowieso weg, weil die den Text so unschön machen.
Was glauben denn all die LektorInnen? Dass ich den Text mal eben so hingeschmiert habe und jedes zufällig vorbeikommende Wort genommen habe? Warum ist es so schwer verständlich, dass meine Sprachwahl durchaus bewusst ist? Dass ich Irritationen bei den LeserInnen bewusst provoziere? Und das ihre Sprachwahl die objektiv richtige und schöne ist?
Als Wissenschaftlerin muss ich publizieren. Und das nicht nur auf meiner Webseite sondern vor allem in anerkannten Zeitschriften und wissenschaftlichen Büchern. Und da mache ich immer wieder augenöffnende Erfahrungen. Die schockierendste war sicher als mein Text unauthorisiert inhaltlich verändert wurde. Seitdem bestehe ich darauf, dass ich die Druckversion authorisiere. Und bekomme immer wieder interessante Versionen meiner Texte wieder.
Das wichtigste bei einer Veröffentlichung scheint die Normierung zu sein. Der Verlag oder die HerausgeberInnen entscheiden, wie ein Text auszusehen hat und damit hat sich das. Da wird dann vorgegeben, dass in amerikanischen Englisch zu schreiben ist, obwohl es in dem Sammelband gerade gegen die US-amerikanische Standardisierung von Wissenschaft geht. Oder das Wort 'belongingness' wird abgelehnt, weil es das im Standard-Englisch nicht gibt. Aus 'ethnisiert' wird 'ethnisch'. Und die ganzen vielen Anführungsstriche müssen sowieso weg, weil die den Text so unschön machen.
Was glauben denn all die LektorInnen? Dass ich den Text mal eben so hingeschmiert habe und jedes zufällig vorbeikommende Wort genommen habe? Warum ist es so schwer verständlich, dass meine Sprachwahl durchaus bewusst ist? Dass ich Irritationen bei den LeserInnen bewusst provoziere? Und das ihre Sprachwahl die objektiv richtige und schöne ist?
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