Montag, 18. Dezember 2006
Abschieben
Australische Behörden haben sich auch auf das Abschieben von allen Unerwünschten spezialisiert.

Gerade hat der Stadtrat von Tamworth beschlossen, dass die Stadt keine sudanesischen Flüchtlinge (es geht um ein paar Familien, nicht Tausende oder auch nur Hunderte) aufnehmen kann. Die bringen nur Probleme, weil sie sich nicht an die Gesetze halten und sie rassistische Übergriffe wie in Cronulla (siehe auch meinen Eintrag Ganz liberal) provozieren. Da werden in bester rassistischer Tradition mal wieder die Opfer zu TäterInnen gemacht und so der Ort 'reingehalten'. Da bleiben mir nachträglich noch die Witze von den Bigotbry Ladies im Halse stecken. Die gibt es tatsächlich in echt. Die Reaktion meiner KollegInnen leider auch.

Gute Informationen zu der Entscheidung in Tamworth habe ich auf einem Blog zum Sudan gefunden: Australian city rejects Sudanese refugees und Sudanese families welcome in Canberra: Stanhope.

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Stolen Land
Als Teil der Reconciliation (Aussöhnung) mit den Aborigines gehört es zum guten Ton, wenn am Anfang einer Veranstaltung die "traditional owners of the land" gewürdigt werden. Das wird nicht immer gemacht und wenn es gemacht wird, ist es sehr unterschiedlich in der Art und Weise. Manche sagen es nur als Floskeln, bei anderen merkt man, dass es mehr als das ist. Dazu gehört es dann auch das konkrete Volk, dass an dem Ort gelebt hat, zu benennen.

Bei der Konferenz Borderpolitics of Whitenesss war es vielen sehr Ernst mit der Würdigung. Und viele gingen über die Floskel hinaus. Immer wieder wurde betont, dass wir nicht einfach nur auf dem Land der "traditional owner" stehen, sondern das wir auf gestohlenem Land stehen, denn die "traditional owner" haben es uns nicht freiwillig zur Verfügung gestellt. Es wurde ihnen gewalttätig und brutal genommen und wird ihnen weiterhin genommen (auch von den nicht-'weißen' ImmigrantInnen und BesucherInnen wie mir).

In einem Gespräch mit KollegInnen ging es heute um Flüchtlinge aus dem Sudan. Die eine Kollegin meinte dann, sie hätte gehört: Im Ausgleich dafür, dass Tamworth (eine Stadt in der Nähe) sudanesische Flüchtlinge aufnimmt, nimmt Armidale 2500 Aborigines aus Redfern auf.

Der Kollege reagierte mit Skepsis. Es könne nicht sein, dass in eine kleine Stadt von 22.000 EinwohnerInnen 2500 Aborigines gebracht werden. Die Kollegin stimmte zu, dass würde nicht gut gehen.

Meine Reaktion war eine ganz andere: Warum sollten die Sydneyer Aborigines in die Provinz nach Armidale gebracht werden? Wer denkt sich so was aus? Die wohnen in Redfern schließlich auf ihrem eigenen Land. Warum soll ihnen das gestohlen werden? (Mal abgesehen davon, dass es sich nach einem unfundiertem Gerücht anhört - aber auch dann ist interessant, wie es entsteht.)

Die Antwort auf die Fragen ist wahrscheinlich einfach: Spätestens seit den sogenannten Redfern Riots (die allerdings von Aborigines nun gar nicht als Riots bezeichnet werden - vgl. auch die rassistischen Diskurse um die Pariser Bannlieues oder den Berliner Wrangelkiez) gilt Redfern und die dort lebenden Aborigines als 'gefährlich'. Da kann schon mal leicht der Wunsch aufkommen, dass sie im eigenen Land abgeschoben werden sollen (was in Australien auch Tradition hat).

Erschreckend ist, dass meine KollegInnen in ihrer Reaktion auf das Gerücht gar nicht auf diesen Rassismus eingegangen sind. Wir stehen hier tatsächlich auf "stolen land" und das muss immer wieder betont werden. Viele derer, die hier stehen, scheinen es immer noch nicht verstanden zu haben.

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