Freitag, 15. Oktober 2010
Mythos: fehlendes Wissen
Immer wieder wird argumentiert, dass fehlendes Wissen über die 'Anderen' dazu führt, dass diese ausgegrenzt werden. Im Blog habe ich da z.B. hier darauf verwiesen. Heute in der taz kommt es gleich zweimal vor. Einmal argumentiert Beate Küpper vom Forschungsprojekt 'Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit' im taz-Interview:

"Menschen haben oft Angst vor dem, was sie nicht kennen. In vielen ländlichen Regionen in Deutschland gibt es so gut wie keine Muslime. Aber gerade dort ist die Angst vor ihnen am größten. Das vermeintliche Wissen über diese Gruppe basiert dann allein auf Stereotypen."

Und in einem Kommentar zu Antiziganismus, den ich in weiten Teilen sehr gut finde, argumentiert Wofgang Wippermann von der FU Berlin: "Wissen wäre aber nötig, um die Vorurteile bekämpfen und überwinden zu können."

Durch seinen Kommentar zieht sich die These, dass Wissen gegen Antiziganismus hilft, auch wenn er selber schreibt: "Nun weiß ich aus eigener leidvoller und seit dreißig Jahren betriebener Praxis, dass Wissen allein nicht hilft und Aufklärung auf unüberwindbar scheinende Grenzen stößt. Doch man sollte es zumindest versuchen."

In der kritischen Rassismustheorie (z.B. hier) wird Rassismus (und dazu zähle ich auch antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus) als Machtsystem verstanden. Die rassistische Ausgrenzung sichert den einen Zugang zu Rechten und Ressourcen und grenzt die als 'Andere' Konstruierten davon aus. Diese Ungleichbehandlung muss gerechtfertigt werden und dazu wird Wissen über die 'Anderen' generiert, dass deren Minderwertigkeit nachweist und die Ungleichbehandlung als normal erscheinen lässt. Das heisst, das Wissen über die als 'Andere' Konstruierten ist das Ergebnis von Rassismus und nicht die Ursache. Die 'Anderen' werden erst durch dieses Wissen konstruiert. Es geht also nicht darum, anderes Wissen über die 'Anderen' zu produzieren, sondern den Konstruktionscharakter und den Zweck des Wissens über die 'Anderen' zu problematisieren und überhaupt die Konstruktion der Anderen zu hinterfragen.

Wir brauchen, um gegen antimuslimsichen Rassimsus oder Antiziganismus vorzugehen, nicht mehr Wissen über die 'Muslime' oder 'Roma und Sinti' sondern darüber wie 'wir' Privilegien für 'uns' sichern, in dem wir Wissen über die 'Anderen' produzieren. Die Machtverhältnisse müssen in Frage gestellt.

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Für die Statistikfans
hat die Friedrich-Ebert-Stiftung jetzt eine Studie herausgegeben, die aufzeigt, wie rassistisch die deutsche Gesellschaft ist (siehe auch taz). Im Gegensatz zu dem Volkswirten Sarrazin stehe ich ja nicht so auf Statistiken. In meinem Volkswirtschaftsstudium (mit Schwerpunkt Statistik und Ökonometrie) habe ich zu viel über Statistiken gelernt, um diesen auch nur im entferntesten zu glauben. Aber für alle die, die zur Zahlen glauben, hier ein paar Zitate aus dem taz-Artikel:

"Nach der Befragung diagnostizieren die Forscher für das Jahr 2010 einen "Anstieg von dezidiert antidemokratischen und und rassistischen Einstellungen" gegenüber dem Jahr 2008."

"Mit ihrer Studie verweisen die Forscher darauf, dass "rechtsextreme Einstellungen kein Phänomen der extremen Ränder, sondern in allen Teilen der Bevölkerung anzutreffen sind", wie Oliver Decker am Mittwoch sagte. Elmar Brähler ergänzte: "Wir finden rechtsextreme Einstellungen auch quer durch die großen Parteien. Bei Anhängern der SPD, der Union und der Linkspartei sind sie am stärksten anzutreffen, aber auch innerhalb der Grünen und der FDP.""

"Fast durchgängig findet sich unter Kirchenmitgliedern christlicher Konfessionen eine höhere Zustimmung zu rechtsextemen Einstellungen als unter Konfessionslosen."

"Frauen tendenziell weniger Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen als Männer äußerten."

"So stimmen Befragte, die über 60 Jahre alt sind, rechtsextremen Äußerungen deutlich häufiger zu als jüngere Menschen."


Nach Sarrazinscher Logik müsen wir jetzt also einen Generalverdacht gegen Christen_innen, Männer und alte Menschen aussprechen. Denn das ist ja statistisch bewiesen, dass alle Christ_innen, Männer und alte Leute rassistisch sind. (Mal sehen wie Sarrazin so in die Kategorien passt ...)

Wichtig ist es, die Studie zu kontextualisieren:

"Befragt worden waren die Menschen im April 2010, also noch vor Thilo Sarrazins Thesen zur Integration. "Hätten wird die Befragung heute durchgeführt, wären die Befunde sicher noch extremer", sagte Brähler."

Nachtrag 10.01.11: Statistiken zu Sarrazins Aussagen und Käufer_innen bei der taz oder auch direkt vom Forschungsprojekt Heymat (pdf).

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Freitag, 8. Oktober 2010
Struktureller Rassismus in der Schule
Suraj ist in Deutschland geboren, hat die deutsche Staatsbürger_innenschaft, wächst mit der deutschen Sprache zuhause auf, beide seine Eltern sind in Deutschland geboren und zur Schule gegangen. Da die Eltern seiner Mutter aber aus Indien zugewandert sind, scheint er von seinem Umfeld nicht als Deutsch anerkannt zu werden. Seine Mutter hat mir folgendes berichtet:

Suraj kommt vor ein paar Tagen nachhause und sagt: Mama heute war es lustig für mich in der Schule, ich bin mit zwei anderen aus dem Unterricht rausgenommen worden und dann haben wir zusammen Deutsch gelernt...dabei grinste er...ich dachte also, es sei ein Scherz...schön dass Suraj gerne redet...dann habe ich ihn gefragt was die anderen in der Zeit gemacht hätten, die hätten Unterricht gemacht. Ich habe ihn dann gefragt was die Frau denn sonst so gefragt hätte: Die hat gefragt woher wir kommen,wo ich geboren bin... ich habe gesagt in Deutschland.
Mir wurde ganz anders. Ich dachte da immer noch, es wäre vielleicht irgendwas anderes und Suraj hätte was missverstanden. Als sein Vater abends nachhause kam, habe ich es ihm erzählt. Er war stinksauer und sagte, warum er als Elternteil überhaupt nicht gefragt oder informiert würde und er würde am nächsten Morgen auf jeden Fall mit der Lehrerin das Gespräch suchen wollen. Wir sind also am nächsten Morgen in die Klasse. Ich war zuerst im Klassenraum und bin auf die Beiden zu, die ahnten glaube ich schon was. Ich habe dann gesagt: Suraj hat mir gestern erzählt, dass er mit zwei anderen Kindern aus dem Unterricht rausgenommen wurde, um Deutsch zu lernen. Sehen Sie da einen Förderbedarf? (Innerlich war ich natürlich superwütend; äußerlich ganz ruhig. Die Lehrerin stammelte so ein bisschen rum und die zweite Lehrkraft ist ja eine Sozialpädagogin, sagte doch dann allen Ernstes: Ja also wissen Sie, Sie müssen uns verstehen er hat ja einen Anspruch drauf in Rheinland-Pfalz. Und wenn wir es ihm nicht anbieten dann könnten wir Ärger kriegen.....oh Gott oh Gott...wie verblödet sind eigentlich manche Leute.... Surajs Vater ist ihr fast an die Gurgel gesprungen...er sagte, sie unterrichten dieses Kind seit fünf Wochen und stecken ihn dann in einen Förderunterricht, um Deutsch zu lernen, obwohl sie wissen das er den Bedarf nicht hat? Ich werde das nicht dulden-...es war wirklich ein absurde Situation ,... Surajs Vater hat dann auf einem Blatt Papier einen Brief an unsere Direktorin geschrieben mit der ausdrücklichen Aussage, das wir keinen Förderbedarf sehen und Suraj an diesem Förderunterricht nicht mehr teilnehmen soll.... nennt man das strukturelle Diskriminierung?
Ich kenne unsere Direktorin ja durch meine Elternbeiratsarbeit sehr gut und ich wurde ja auch wiedergewählt...bei der Wahl kam sie dann auf mich zu und entschuldigte sich bei mir, es war ihr total peinlich, dass diese Sonderpädagogin mit so wenig Verstand gehandelt hatte. Die Klassenlehrerin ist total neu und jung, hätte das nicht befürwortet, aber die dienstältere Sonderpädagogin hätte darauf bestanden....Suraj habe ich jetzt erzählt , dass es ein Versehen war..... ich sag Dir ..eigentlich wollte ich mich aus der Elternarbeit rausziehen, aber nach dem Ereignis habe ich mir gesagt...es gibt noch einiges zu tun auch bei den Lehrern....

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Donnerstag, 7. Oktober 2010
Christlich-jüdisch
Politiker_innen aus den Parteien mit dem C ereifern sich laut tagesschau.de über Wulffs Rede. Dabei berufen sie sich auf unsere christlich-jüdisch-abendländische Wurzeln/Traditionen/Kultur oder so. Auch die Kanzlerin macht bei letzterem mit (nach tagesschau.de): "Auch Kanzlerin Angela Merkel griff gestern wieder in die Debatte ein: Sie unterstrich zwar erneut die Bedeutung der Rede Wulffs, betonte aber zugleich die christlich-jüdischen Wurzeln Deutschlands."

Auf welche Wurzeln und Traditionen berufen sich die C-Politiker_innen? Auf den Holocaust? Auf die jahundertelange Verfolgung von Jüd_innen durch Christ_innen? Auf Antisemitismus und Antijudaismus?

Vor dem Hintergrund der Ausgrenzung und Vernichtung von Jüd_innen (durchaus mit christlicher Rechtfertigung) ist es eine Unverschämtheit den eigenen antimuslimischen Rassismus mit Bezug auf das Judentum zu legitimieren.

Nachtrag: Dazu auch eine Kurzmeldung der taz, die die Kanzlerin zitiert:

"Die prägende Kraft unser Kultur (ist) das Christlich-Jüdische, über Jahrhunderte, um nicht zu sagen Jahrtausende."

Jahrtausende Prägung durch christliche Kultur in Deutschland, das ist imposant. Dabei ist die Religion noch gar keine 2000 Jahre alt. Und bis sie in Deutschland angekommen ist, hat das noch einiges gebraucht (während sie zum Beispiel in der Türkei schon war).

Und dann geht es auch wieder um die deutsche Leidkultur, was immer die sein soll. Wahrscheinlich das Parteiprogramm der C-Parteien.

Mehr dazu auch im taz-Artikel Ein Wullf unter Schafen.

Nachtrag 17.10.10: Riem Spielhaus argumentiert in der taz:

"Die christliche Tradition sei ohne ihre jüdischen Wurzeln schließlich nicht denkbar, wurde ein bayerischer Bundestagsabgeordneter in den vergangenen Tagen nicht müde zu betonen. Hier entblößt die Rede von der christlich-jüdischen Geschichte eine perfide Doppelbödigkeit. Unter dem Vorwand, es in das deutsche Nationenkonzept einzubeziehen und anzuerkennen, wird das deutsche Judentum schlichtweg negiert. "

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Mittwoch, 6. Oktober 2010
Lachen oder nicht
Die taz berichtet über die Auftritte der afrodeutschen Theatergruppe Label Noir:

"Bei der letzen Vorstellung der Tour im Potsdamer Kabarett Obelisk am vergangenen Freitag sei ziemlich viel gelacht worden, sind sich die Schauspieler einig."

"Explizit lustig sei das Stück auch nicht gemeint, betont Milagro, "es ist auch nicht wirklich überspitzt." Deutlich wurde das bei einem der ersten Auftritte in der Berliner Werkstatt der Kulturen: Im überwiegend afrodeutschen Publikum lachte fast niemand. "Die fanden das nicht komisch, sondern wurden richtig wütend, weil sie die Szenen, die wir darstellen, selbst so oft erlebt hatten", erzählt Milagro."

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Montag, 4. Oktober 2010
Debatte um sogenannte Deutschenfeindlichkeit
In der GEW-Zeitschrift blz Nr. 11/2009 wurde ein Artikel zu Deutschenfeindlichkeit in Schulen veröffentlicht. Der Artikel zeichnete sich durch antimuslimischen Rassismus und die Verharmlosung von rassistischen Strukturen aus, was zu kontroversen Debatten und einer Veranstaltung der GEW letzten Samstag unter dem Titel Der Streit um die sogenannte Deutschenfeindlichkeit führte. Hauptreferentin war Iman Attia, die eine Definition von Rassismus vorlegte und die Bedeutung von Machtasymmetrien dabei betonte. Danach hätte klar sein müssen, dass Diskriminierungserfahrungen, die dominanzdeutsche Schüler_innen in einigen Schulen erfahren, nicht rassistische Ausgrenzungen sind. Dass die Debatte um die sogenannte Deutschenfeindlichkeit Rassismen reproduziert, indem sie die angeblich Deutschenfeindlichen aus dem Zugehörigkeitskontext Deutschland verweisen und die von Rassismus negativ Betroffenen zu Täter_innen macht, wurde durch andere Redebeiträge von nicht-dominanzdeutschen Referent_innen und Teilnehmenden immer wieder argumentiert. Es schien aber nicht zu einem wirklich Austausch von Perspektiven zu kommen. Die dominanzdeutschen Lehrer_innen liessen sich auf keine rassismuskritische Diskussion ein, sie blieben bei ihrer Deutungshoheit, reflektierten ihre eigene Verstrickung nicht und reproduzierten immer wieder Rassisemen (und andere Dominanzen). Während bei der Veranstaltung rassismuskritische Perspektiven recht viel Raum hatten, repräsentierte die Medienberichterstattung die Perspektive der dominandeutschen Lehrer_innen (so bei der Ankündigung auf Radio 1, in der Bild und im Bericht des Tagesspiegels).

So werden die rassistischen Strukturen aufrecht gehalten und das Problem von Mobbing in Schulen nicht angegangen.

Nachtrag 06.10.10: In der taz berlin heute ein Artikel zu Deutschenfeindlichkeit, der den Rassismen der Lehrer_innen zu viel Raum gibt, und ein klar pointiertes Interview mit Iman Attia.

Nachtrag 08.10.10: Heute ein Kommentar von Yasemin Schooman, die die Veranstaltung maßgeblich mit organisiert hat, und Evelin Lubig-Fohsel in der taz.

Nachtrag 11.10.10: Yasemin Schooman hatte schon auf der Veranstaltung gesagt, dass Familien- und konservative Werte-Ministerin Schröder eine der Verfechter_innen des Begriffs Detuschenfeindlichkeit ist. Laut taz berlin hat sie das jetzt auch nochmal gemacht und diese mit Rassismus gleichgesetzt. Das passt in ihr generelles Handeln, in dem ungleiche Macht nicht anerkannt wird und die privilegierte Seite gestärkt wird.

Nachtrag 13.10.10: Auch Die Zeit beteiligt sich aktiv an der Opferumkehr. Wie schon in anderen Zeitungen berichtet Autor Jörg Lau nur von den Berichten der Lehrer_innen (ohne allerdings den von ihnen reproduzierten Rassismus zu erwähnen). Zum Vortrag von Prof. Dr. Iman Attia schreibt er nur

"Eine Professorin für Rassismusforschung versucht nachzuweisen, dass die »strukturell benachteiligten Schüler« türkischer oder arabischer Herkunft per definitionem nicht zum Rassismus fähig seien, weil sie ja eine machtlose Minderheit darstellten. Nach dem Bericht von Mechthild Unverzagt wirkt das einigermaßen bizarr."

Die Rassismusforscherin hat keinen Namen, die Lehrer_innen schon. Interessant.

Den Bericht von Unverzagt, den Lau so eindrücklich fand, zitiert er auch:

"»Diese Kinder ´[die die deutschenfeindlich sein sollen, ug] waren noch nie in einer Minderheitensituation«, erwidert die Lehrerin."

Diese vollkommen an den Realitäten vorbeigehende Behauptung wurde bei der Veranstaltung dekonstuiert. Aber Lau wie die anderen Journalist_innen hört nur, was ihm gefällt, und tut so, als ob die kritische Rassismusforschung nichts zu sagen hätte.

Nachtrag 17.10.10: Die FAZ steigt in die Hetze mit ein und sieht Rassismus gegen Dominanzdeutsche. In einem taz-Leser_innenbrief unterstützt hingegen eine Lehrerin aus Northeim den Kommentar von Schooman und Lubig-Fohsel mit Beispielen aus ihrer Praxis.

Nachtrag 20.10.10: Auch Cem Özdemir scheint keinen klaren Rassismusbegriff zu haben. Im taz-Interview antwortet er auf die Frage:

"Gilt das auch für Familienministerin Schröder, die über "Deutschenfeindlichkeit" unter Jugendlichen klagt?"

Özdemir: "Natürlich muss man diese Dinge ansprechen. Es gibt ja keinen Rassismus erster und zweiter Klasse."

Da steht meine Vorstellung von 'Natürlichkeit' dagegen: Rassismus ist immer kontext- und zeitabhängig. Insofern gibt es durchaus unterschiedliche Rassismen. Auch Rassismen die unterschiedlich existentiell ausgrenzen. Wenngleich ich Özdemir zustimme, dass eine Hierarchisierung nicht sinnvoll ist.

Das wesentliche ist aber, dass die sogenannte Deutschenfeindlichkeit kein Rassismus ist, weil dieser Ausgrenzungsmechanismus (soweit es ihn überhaupt gibt) keine Macht zur gesellschaftlichen Umsetzung hat.

Nachtrag 12.11.10: Die Süddeutsche Zeitung hat am Jahrestag der Reichsprogromnacht unter dem Titel "Die Schweinefresser" einen Artikel von Thorsten Schmitz zur Diskriminierung von Deutschen (sprich Bluts-/Volksdeutschen mit ordentlichen Genen) veröffentlicht, der von krudesten Rassismen strotzt. Ich bin entsetzt.

Nachtrag 18.11.10: Die taz hat sich auf die Suche nach Belegen für die sogenannte Deutschenfeindlichkeit gemacht und war nicht erfolgreich. In einem Kommentar kritisiert Daniel Bax:

"Besonders bigott ist Familienministerin Kristina Schröder, die sich neuerdings lautstark über eine angeblich "zunehmende Deutschenfeindlichkeit" unter Migranten empört. Mobbing scheint für sie offenbar so lange kein Problem zu sein, wie es Nichtdeutsche trifft. Und auch zu den rassistischen Sprüchen eines Thilo Sarrazin oder zu rechter Gewalt hat man von ihr auffällig wenig gehört."

Nachtrag 06.12.10: Kristina Schröder und Hilal Sezgin bei 2+Leif zu Deutschenfeindlichkeit: Der Anfang ist furchtbar, Schröder auch und Sezgin ist mal wieder sehr gut.

Nachtrag 08.12.10:Die taz spricht mit Schüler_innen unter anderem über die sogenannte 'Deutschenfeindlichkeit'.

Nachtrag 17.12.10: Die taz scheint fasziniert von dem Thema Deutschenfeindlichkeit. In der letzten Woche hatte sie gleich zwei ganzseitige Artikel dazu. Einmal hat sie ein Interview mit Ahmet Toprak geführt, der behaupten durfte, dass Minderheiten immer diskrimiert werden und damit auch bestätigt hat, dass sogenannte 'deutsche' Schüler_innen in der Minderheit seien. Dabei benutzt er folgende Formulierung: "Für uns Wissenschaftler ist das etwas ganz Triviales". Da distanziere ich als Wissenschaftlerin mich ganz klar von. Der naive Minderheitenbegriff ohne Bezug auf gesellschaftliche Machtverhältnisse, den Toprak benutzt, ist für mich alles andere als trivial.

Im anderen taz-Artikel über Hamburger Schüler_innen wird die Dichotomie von 'deutschen' und 'nicht-deutschen' Schüler_innen weiter reproduziert. So bleibt das Sprechen über die sogenannte Deutschenfeindlichkeit permanent in der rassistischen Logik verfangen.

Nachtrag 10.01.11: Lehrer_innen der Hecotr-Peterson-SChule waren auch an der Deutschenfeindlichkeitsdiskussion beteiligt. Nun berichtet die taz über ein Theaterprojekt der Schule, worin auch der Schulleiter zitiert wird:

"Im vergangenen Sommer haben sie eine Umfrage zur Schule unter den Schülern durchgeführt. Die meisten fanden die Hector-Peterson-Schule gut, sie mochten die Lehrer, fühlten sich aufgehoben. Ihre kleinen Geschwister aber würden sie, wenn sie darüber entscheiden könnten, trotzdem nicht hierher schicken. "Hier sind zu viele Ausländer", lautete die Begründung. "Das ist absurd", sagt Schulleiter Dietmar Pagel. "Die Kinder kommen meist aus türkischen oder arabischen Einwandererfamilien, aber sie sind doch keine Ausländer. Aber sie verstehen sich so, und sie empfinden das selbst als etwas Negatives.""

Absurd ist, dass der Schulleiter so tut, als ob sich die Schüler_innen das Etikett 'Ausländer_in' selber verpassen und es negativ belegen. Die ganze Deutschenfeindlichkeitsdebatte lebt davon, diese Schüler_innen als Nicht-Deutsche, als Ausländer_innen zu kategorisieren und das klar mit einer negativen Bewertung. Er sollte sich lieber fragen, warum die Schüler_innen diese Kategorisierungen übernehmen, welche Erfahrungen sie da verarbeiten und was die Schule vielleicht damit zu tun hat.

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Samstag, 2. Oktober 2010
Demokratie statt Integration
Als Reaktion auf die 'Sarrazin-Debatte' gibt es jetzt das Statement Demokratie statt Integration.

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Mittwoch, 29. September 2010
Rassistische Gesetzesverschärfungen
Die taz berichtet darüber, wie Frankreich immer ausgrenzendere und rassistischere Einwanderungs- und Aufenthaltsbestimmungen beschliesst. Im taz-Kommentar weist Rudolf Balmer daraufhin, dass diese Verschärfungen nicht nur Frankreich betreffen:

"Dadurch drohen in Europa politische und moralische Hemmschwellen zu fallen. In anderen Hauptstädten könnte man sich in Zukunft auf sein "Vorbild" berufen. Was Paris recht ist, könnte auch Rom, Den Haag oder - warum nicht? - Berlin billig sein. "

Wobei Rom, Den Haag und Berlin auch schon jetzt ein durch und durch rassistische Politik vertreten und sich dabei immer wieder gegenseitig legitimieren.

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Montag, 27. September 2010
Rassismus und Meinungsfreiheit
In einem taz-Kommentar stellt Robert Misik dar, warum die Kritik an Sarrazin keine Einschränkung seiner Meinungsfreiheit ist:

"Es gibt wohl nur wenige, die in den vergangenen Jahren ihre Meinung mit derartiger medialer Unterstützung unters Volk bringen konnten wie Thilo Sarrazin. Niemand will ihm dieses Recht nehmen. Nun aber lautet der Einwand: Wer so rede wie er, der sei "öffentlicher Stigmatisierung" ausgesetzt. Öffentliche Stigmatisierung? Worin genau soll die bestehen? Darin, dass ein Teil der Bevölkerung seine Thesen scharf ablehnt - während sie von einem ebenso großen Teil unterstützt werden? Nun ist mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung keineswegs die Verpflichtung verbunden, jemanden deshalb lieben zu müssen. Zur Meinungsfreiheit gehört auch das Recht, eine ausgesprochen schlechte Meinung von Herrn Sarrazin zu haben."

Nachtrag 01.10.10: Und noch ein taz-Kommentar von Daniel Bax dazu.

Nachtrag 05.10.10: antropologi.info berichtet über eine Veranstaltung mit Sarrazin in München, die Kritik daran und die Frage: "Soll man einem Rassisten ein Podium bieten?"

Nachtrag 14.10.10: Auch Ilija Trojanow beschäftigt sich im taz-Schlagloch mit dem Argument Meinungsfreiheit:

"Sarrazin wird nicht mundtot gemacht, sondern in den Rang eines epochalen Ereignisses erhöht, medial inthronisiert. Wenn das eine Einschränkung der Meinungsfreiheit ist, dann soll auch meine Meinungsfreiheit beschnitten werden."

Nachtrag 17.10.10: Kazim Erdogan in der taz:

taz: "Schürt Sarrazin Hass gegen Ausländer - oder spricht er unangenehme Wahrheiten aus?"

taz: "Er macht beides. Aus Sicht meiner deutschen Landsleute ist die Debatte übrigens nicht unangenehm. Sie fühlen sich jetzt dazu berechtigt, sagen zu können, was sie schon immer mal loswerden wollten - heute halt unter dem Deckmantel Sarrazins. Aus meiner persönlichen Sicht sind seine Thesen menschenverachtend und rassistisch - ich schäme mich für ihn."

Nachtrag 20.10.10: Die taz berichtet:

"Gleich nach der Verurteilung hatte Pastörs Anwalt Berufung angekündigt. Mit dem Verweis auf aktuelle Aussagen von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zur "Überfremdung", wie Thilo Sarrazin, fordert die NPD-Fraktion nun erneut "Freispruch". Auch der Satz des CSU-Bundestagsabgeordneten Hans-Peter Uhl zur Einwanderung "Die Dosis macht das Gift" wird zitiert. "Dagegen sind die inkriminierten Äußerungen des NPD-Fraktionsvorsitzenden geradezu harmlos" meint die NPD."

Der Vergleich zwischen NPD, Sarrazin und Uhl macht an dieser Stelle durchaus Sinn.

Nachtrag 22.10.10: Dazu: Hilal Sezgins Schlagloch Hau den Muslim! in der taz.

Nachtrag 12.11.10: Robert Misik kommentiert in der taz wieder die Frage von Meinungsfreiheit und Rassismus. Diesmal bezieht er sich darauf, wie der türkische Botschafter in Wien in seiner Meinungsfreiheit beschränkt wird, weil diese den (Rassismus reproduzierenden) Österreicher_innen nicht passt.

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Freitag, 24. September 2010
Integrationsverweiger_innen
Sarrazins öffentliches Aussprechen von Rassismus hat seine Folgen. Die SPD folgt ihrem Parteimitglied, Parteichef Sigmar Gabriel bläst ins gleiche Horn, wenn er "Integrationsverweigerer" abschieben will. Die taz dazu:

"In tausenden Mails und Briefen an die SPD-Zentrale haben sich BürgerInnen mit Sarrazin solidarisiert und Meinungsfreiheit eingefordert. Gabriel reagiert auf seine Weise: In einem Interview auf Spiegel Online sagte Gabriel zu Beginn der Woche, wer auf Dauer alle Integrationsangebote ablehne, könne "ebenso wenig in Deutschland bleiben wie vom Ausland bezahlte Hassprediger in Moscheen". Starker Tobak."

SPD-Hardliner in Sachen Integration Buschkowsky sitzt am Sonntag beim SPD-Parteitag auf dem Podium. (Alles Gute an Naika Forouta beim Gegenhalten!)

Derweil hat laut taz der Grünen-Bundestagsabgeordnete Mehmet Kilic mal angefragt, wie die Bundesregierung auf ihre Zahlen zu angeblichen Integrationsverweiger_innen kommt. Kaum verwunderlich sind die Zahlen alles andere als belastbar.

Die Ausgrenzungen aus der Gesellschaft erfolgen durch Rassismus, zu dem auch der Integrationsdiskurs (siehe pdf) gehört. Die Integrationsverweiger_innen sind die Vertreter_innen der Dominanzgesellschaft, zu denen die Bundesregierung, der SPD-Parteichef und auch die meisten Medien gehören. Ein paar willkürliche und nicht-repräsentative aktuelle Eindrücke der Ausgrenzungspraxen: Datensammlung über Nicht-EU-Bürger mittels Aufenthaltskarte (siehe taz), Nicht-Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland (siehe taz) und Abschiebung eines afghanischen Deserteurs nach Afghanistan (siehe taz).

Nachtrag 29.09.10: Aus der taz zum Thema Deutschkurse:

" Landespolitiker der Union forderten mehr Mittel für die Kurse, mit dem Argument, der Bund könne nur härter gegen "Integrationsverweigerer" vorgehen, wenn das Angebot an Integrationskursen ausreiche."

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