Samstag, 2. Oktober 2010
Demokratie statt Integration
Als Reaktion auf die 'Sarrazin-Debatte' gibt es jetzt das Statement Demokratie statt Integration.

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Warum ich nicht unterschreibe
Schön, dass Sie das hier reinstellen. Denn auf den "offiziösen" Seiten, kann man nicht kommentieren, sondern nur unterschreiben. Insofern unterscheidet sich diese Aktion nicht allzu sehr von anderen herkömmlichen Anwerbeaktionen.

Der Aufruf kommt spät, doch immerhin. Es ist dringend an der Zeit, dass im "Zuwanderungs- und Integrationsdiskurs" eine deutliche Alternative zu biologistischen und rassistischen Denkmustern formuliert wird. Zumal die medial popularisierten Thesen mittlerweile weit über die politische Mitte hinaus Wirkung zeigen.

Und doch werde ich den Aufruf nicht unterschreiben, wenngleich ich mit Vielem darin sympathisiere und auf der Unterzeichnerliste zahlreiche mir bekannte und teils auch mit mir befreundete Namen finde. Ich halte folgenden Absatz im Aufruf nicht nur für falsch, sondern geradezu für gefährlich:

"Wenn wir über die Verhältnisse und das Zusammenleben in dieser Gesellschaft sprechen wollen, dann müssen wir
aufhören, von Integration zu reden. Integration heißt, dass man Menschen, die in diesem Land arbeiten, Kinder bekommen, alt werden und sterben, einen Verhaltenskodex aufnötigt, bevor sie gleichberechtigt dazugehören.
Aber Demokratie ist kein Golfclub. Demokratie heißt, dass alle Menschen das Recht haben, für sich und gemeinsam zu befinden, wie sie miteinander leben wollen. Die Rede von der Integration ist eine Feindin der Demokratie."

Der letzte Satz ist so ziemlich das Abstruseste, was ich (von vernünftiger Seite) zu diesem Thema gelesen habe. Erstens stellen Demokratie und Integration schon rein semantisch keinen Gegensatz dar. Im Gegenteil, das fortwährende Integrieren, verstanden als die gemeinschaftliche Herstellung einer Verständigungsbasis, ist das tägliche Brot der Demokratie. Integration ist der Mechanismus, der Demokratie überhaupt erst möglich macht. Zweitens, es führt kein Weg daran vorbei, ist der Rechtsstaat das formale Fundament unserer Demokratie. Man kann sich an einzelnen Teilen dieses Rechtsstaates reiben, oder Korrekturen anstreben, aber ohne die Anerkennung des normativen Gerüsts dieses Rechtsstaates verlässt man eben auch den Boden unserer Demokratie. Ich weiss nicht, ob es Sinn macht hierbei von Integration zu sprechen, doch ohne die Anerkennung des normativen Rahmens unseres Rechtsstaates, scheint mir ein Leben in unserer Demokratie unmöglich. Drittens, der Multikulturalismus, wie er sich in der Praxis bewährt hat, verknüpft natürlich Elemente von Selbstbestimmung und freier Entfaltung einerseits mit klar und transparent definierten Integrationszumutungen. Ich sehe hier überhaupt kein Widerspruch, wenn man dem Integrationsgedanken nicht unterstellt, im Grunde auf Assimilation abzielt. Integration meint doch nicht, dass "der Andere" sein Selbst erzwungenermaßen auslöschen muss, sondern vielmehr, dass er sein Selbst / seine Orientierung / Identitäten mit seiner Umgebung abstimmt und harmonisiert. Wenn beide Seiten ernsthaft daran arbeiten, ist der erfolgreiche Abschluss dieser Suche nach einer gemeinsamen Orientierung möglich.

Nach meinem Verständnis rückt der Aufruf den Gedanken der Integration ohne Not zu nahe an den Gedanken der Assimilation heran. Und das sind doch historisch, begrifflich und konzeptionell zwei paar Schuhe.

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Warum ich Integration ablehne
habe ich mit zwei der anderen Unterzeichnerinnen in einem Artikel dargelegt, der als pdf herunterzuladen ist. Der Integrationsgedanke, wie er derzeit diskutiert wird, ist ein rassistischer und unmöglicher.

Auch wenn ich nicht alle Formulierungen im Aufruf so formulieren würde, stehe ich hinter der politischen Aussage.

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