Sonntag, 11. Oktober 2009
Diese Menschen
Torsten Mandalka vom RBB hat auf tagesschau.de einen Kommentar genutzt, um noch mal klar zu machen, wer hier eigentlich hergehört und wer nicht:

"Diese Menschen [die mit den ausländischen Wurzel] haben besondere Probleme - mit unserer Sprache, unserem Bildungssystem, unserem Arbeitsmarkt, unseren Vorurteilen ihnen gegenüber."

Letzteres wäre hier schon gleich belegt.
Gut dass ich nochmal höre, dass ich ein Problem mit Eurer Sprache habe. Was sprechen Mandalkas eigentlich?

Aber nicht nur "diese Menschen" haben Probleme:

"Wir haben unsere Probleme mit ihnen - mit ihrer Lebensweise, ihrer Orientierungslosigkeit, im Extremfall ihrem Abdriften in Parallelwelten."

Ist mir schon klar, dass meine Lebensweise Herrn Mandalka nicht passt. So als selbständige Wissenschaftlerin fehlt mir manchmal schon die Orientierung.

"Andererseits: wir nützen ihnen, weil sie bei uns eine bessere Existenz finden als in ihren Heimatländern. "

Ach so? Bei Herrn Mandalka würde ich eine bessere Existenz finden als in Deutschland - wo ist das denn? Oder meint er, dass ich in Berlin eine bessere Existenz finde als in Baden-Württemberg?

"Und sie nützen uns, weil sie unsere Lebenswelt bereichern - nicht nur durch Kultur und Restaurants. Migranten kurbeln die Wirtschaft an und schaffen Arbeitsplätze, das hat gerade wieder ein UN-Bericht nachgewiesen. Und sie verhindern, dass wir eine Gesellschaft von Greisen werden."

Heisst das, ich soll besser nicht alt werden?

PS: Mandalkas Kommentar ist als Unterstützung für ein eigenes Integrationsministerium gedacht.

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Sonntag, 4. Oktober 2009
Wer vertritt wen?
Was will die taz mit ihrem Artikel Fünf Abgeordnete vertreten Deutschtürken ihren Leser_innen sagen?
Vertreten Abgeordnete nicht all ihre Wähler_innen?
Vertreten sie nur die Menschen, die ihnen in rassistischer Logik als ähnlich angesehen werden?

Und warum gibt es nicht mehr Informationen über die thematischen Schwerpunkte dieser fünf Abgeordeneten bzw. Informationen über die drei ausgeschiedenen Abgeordneten?

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Dienstag, 11. August 2009
Jedes Kind
Keine Frage, in Indiens Bildungssystem ist viel zu kritisieren. Es ist zu begrüßen, wenn es nun Bemühungen gibt, wirklich allen Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen, und dass die taz darüber berichtet.

Aber warum muss taz-Autor Sascha Zastiral seinen Artikel mit Vergleichen zu Europa garnieren, die zudem eher zweifelhaft sind:

"Von einem geregelten Schulalltag, wie ihn in Europa jedes Kind kennt, sind Delhis Straßenkinder unendlich weit entfernt."

Auch europäische Straßenkinder dürften entfernt von geregeltem Schulalltag sein. (Europa umschliesst übrigens nicht nur Deutschland, sondern auch Länder, die durchaus ärmer sind und in denen es mehr Straßenkinder als in Deutschland gibt.) Und auch andere Kinder werden vom geregelten Schullalltag ausgeschlossen. In Deutschland zum Beispiel illegalisierte Kinder. In anderen europäischen Ländern gibt es jeweils spezifische Ausgrenzungen.

Die taz hat verschiedentlich auch darüber berichtet, dass Kinder, die in Deutschland nicht den Gesundheitsnormen entsprechen, regelmäßig von den Normschulen ausgeschlossen werden. Da verwundert es, dass Zastiral für Indien nun gerade ein autistisches Kind aussucht, um seine Argumentation zu stützen. Dieses Kind würde in Deutschland auch seine Probleme bekommen, in eine Normschule aufgenommen zu werden.

Zastirals Kritik richtet sich vorallem gegen die staatlichen Schulen (und das sicher auch zurecht). Den privaten gesteht er zu:

"Während die Privatschulen in der Wissensvermittlung mit europäischen Schulen durchaus mithalten können ..."

Das dürfte durchaus eine Untertreibung sein. An Privatschulen in Indien kann viel kritisiert werden (z.B. Elitismus und problematische pädagogische Konzepte, unter Umständen auch Eurozentrismus in dem vermittelten Inhalten). In der Wissensvermittlung scheinen etliche aber ziemlich gut zu sein. Schüler_innen, die ich in der Schweiz interviewte, erzählten mir, dass die Rückmigration in die Schweiz nach einem Schulbesuch in Indien kein Problem war, da sie viel weiter im Stoff waren.

Aber es geht mir gar nicht so sehr darum, ob diese Bezüge zu Europa richtig oder falsch sind. Die Frage ist, warum macht der Autor sie überhaupt. Für die Argumentation seines Artikels sind sie überflüssig. Den einzigen Zweck, den ich sehen kann, ist Europa gegenüber Indien als die überlegene Norm zu (re)produzieren. Aber weshalb?

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Montag, 18. Mai 2009
Indisch und italienisch
In seiner Wahlberichterstattung über Indien fügt Sascha Zastiral natio-ethno-kulturelle Festschreibungen ein, deren Sinn mir schleierhaft bleiben.

Im Artikel über den Wahlsieg der Kongresspartei schreibt er von "indisch-lautstark"em Jubel. Wie unterscheidet sich lautstark sein auf indisch von anderem lautstark sein? Sind alle Inder_innen lautstark? Ist lautstark in Indien immer gleich? Was haben wir von dieser Wortkonstruktion ausser dass es die Bilder evoziert, dass Inder_innen grundsätzlich und besonders lautstark sind (was natürlich Blödsinn ist).

Im Artikel über den Gandhi-Clan weist Zastiral darauf hin, dass Sonia Ghandi "italienisch" sei und Indien ihr "Gastland" (auch wenn die taz beim zweiten Zitat statt Sonia Indira schreibt - schlecht lektoriert). Sonia Gandhi ist in Italien geboren, hat die indische Staatsbürgerschaft und lebt seit über 40 Jahren in Indien. Wieso muss Zastiral es den Hindu-Nationalist_innen gleich tun und sie des Landes verweisen, in dem sie den größten Teil ihres Lebens gelebt hat?

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Samstag, 29. November 2008
In meiner Mailbox
"Für diese Doku sind wir auf der Suche nach interessanten ausländischen Familien, die wir in ihrem Alltag begleiten und je nachdem, bei der Lösung eines Problems unterstützen dürfen. "

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Montag, 27. Oktober 2008
Veweigerte Integration
Migrant_innenverbände klagen in ihrer Zwischenbilanz zum Nationalen Integrationsplan diverse Verschlechterungen an (die taz berichtet):

""Mit Sorge beobachten wir die zunehmende Gefahr, dass in einigen Bundesländern Kinder mit Migrationshintergrund beim Zugang zu weiterführenden Schulen verstärkt benachteiligt werden" ...
"Bei der beruflichen Ausbildung ist eher eine rückläufige Beteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund festzustellen"...
Kritisch beurteilen die Migranten auch die Verschärfung des Zuwanderungsgesetzes...
Auch den neuen, bundesweit einheitlichen Einbürgerungstest lehnen die Migrantenverbände ab. "Wir betrachten diesen zweckfremden Test als weiteres Hindernis für die Einbürgerung", heißt es in dem Papier."


Nachtrag 28.10.08: Unsere Integrationsministerin findet die Kritik gar nicht gut, wie die taz berichtet. Alles andere hätte mich auch gewundert.

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Samstag, 9. August 2008
Überraschung: 'AusländerInnen' nicht homogen
In der NZZ sind überraschend viele Meldungen über Deutschland. Heute zum Beispiel ein Bericht über eine statistische Erhebung in Nordrhein-Westfalen. In dieser Erhebung wurde "in der Statistik erstmals in Deutschland zwischen gebürtigen Deutschen, eingebürgerten Zuwanderern und Immigranten mit ausländischem Pass" unterschieden. Die Ergebnisse scheinen überrascht zu haben, da die 'AusländerInnen' gar nicht so homogen sind, wie das allgemein vermutet wird:

"Die Ergebnisse fielen verblüffend aus und widerlegten landläufige Vorurteile, wonach Zuwanderer generell die schlechtesten Schulabschlüsse, die grössten Probleme bei der Ausbildung und die geringsten Chancen am Arbeitsmarkt haben. Zuwanderer mit deutschem Pass schafften höhere Schulabschlüsse als gebürtige Deutsche."

Und das dieser Überraschung erklärt werden muss, wird gefolgert:

"Ein deutscher Pass, so scheint es jedenfalls, fördert ihre beruflichen Karrieren."

Da mag schon was dran sein. Aber dieser simple Erklärungsansatz (wie auch die restlichen Ausführungen im Artikel) überraschen nun wiederum mich. Ich würde nicht nur danach fragen, welche Vorteile die Einbürgerung bringt sondern auch danach, wer sich überhaupt einbürgern lässt / einbürgern lassen kann. Denn vor der Einbürgerung sind hohe Hürden zu überwinden und das gelingt am ehesten jenen mit hohen Ressourcen (an Wissen, Finanzen, Netzwerken, etc.). Die Kategorie der eingebürgerten und jene der nicht eingebürgerten 'AusländerInnen' dürfte sich daher nach sozio-ökonomischen Kriterien signifikant unterscheiden.

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Sonntag, 6. Juli 2008
Woher kommen Sie?
Ich war kürzlich auf einer wissenschaftlichen Migrationstagung. Beim Abendessen fragte mich eine andere Teilnehmerin etwas über mich, die genaue Formulierung erinnere ich nicht mehr genau, aber sie muss etwas über meine 'Identität' bei Geburt gefragt haben und ich weiß noch, dass sie die Frage mit meinem Namen begründet hat. Denn auf meine Nachfrage, wie sie denn das was sie gefragt hat definiere, sagte sie Staatsbürgerschaft und ich antwortete, dass ich tatsächlich nicht mit deutscher Staatsbürgerschaft geboren wurde. Auf der Basis konnten wir dann über Staatsbürgerschaftsrecht anstatt über meine Herkunft reden.

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Sonntag, 20. April 2008
Lockende Quartiere
In Beelitz hat die Spargelsaison begonnen und die taz berichtet darüber:

"Weil Spargelstecher unter Deutschen aber kaum zu finden sind und der Hof vor allem auf polnische Arbeiter angewiesen ist, lockt man diese mit gut ausgestatteten Quartieren und besonderer Betreuung"

Zu den lockenden Angeboten wird dann später ausgeführt:

"Den in Mehrbettzimmern untergebrachten Arbeitern stehen neben der Krankenschwester auch Einkaufsmöglichkeiten auf dem Hof und ein warmes Mittagessen zur Verfügung."

Was daran besonders lockend ist, ist mir nicht klar: Krankenversorgung, Einkaufmöglichkeiten und warmes Mittagessen sollten Standard sein. Mehrbettzimmer sind in unserer Gesellschaft eine Einschränkung der Privatsphäre. Wenn das also schon lockend ist, müssen die Arbeitsbedingungen vorher sehr entwürdigend und ausbeuterisch gewesen sein.

Warum die taz mit "Weißer Spargel, schwarze Arbeit" titelt, ist mir auch nicht ganz klar, denn über Schwarzarbeit wird erst gegen Ende des Artikels kurz berichtet.

Nachtrag 28.04.08: Manchmal gibt es die Unterkünfte auch inklusive Molotowcocktails.

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Dienstag, 18. Dezember 2007
Die Bedeutung der ethnischen Herkunft an der Hauptschule
In der taz schreibt ein ehemaliger Hauptschullehrer über die Probleme im Bildungssystem und an der Hauptschule im Speziellen. Unter anderem schreibt er:

" Auch die ethnische Herkunft spielt eine entscheidende Rolle. Türkischstämmige Einwanderer stellen einen großen Teil der Unterschicht. ... Dann machten sich an den Hauptschulen schnell die Fehler der deutschen Einwanderungspolitik bemerkbar. Nach Berlin kamen viele bildungsferne, anatolische Bauern, wenig türkischer Mittelstand."

Wie kommt er dazu der ethnischen Herkunft eine entscheidende Rolle zuzuweisen? Er argumentiert doch eher, dass die Probleme an den Schulen das Ergebnis der sozialen, ökonomischen und rechtlichen Marginalisierung sind. Die erfolgt zwar auf ethnisierter Basis. Aber das heißt doch nicht, dass die ethnische Herkunft das Problem ist, sondern dass sie zu einem gemacht wird.

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