Freitag, 8. September 2006
Jugend im Dialog
""Sie haben über uns gelacht, als ob wir anders sind", sagt Hussein F. "Ich habe mich kritisiert und beleidigt gefühlt. Jetzt will ich sagen, was ich dazu denke!" Der 15-Jährige hat gerade den Film "Was glaubst du?" über muslimische Jugendliche gesehen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung hat im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Jugend im Dialog" dazu eingeladen. Jetzt soll darüber diskutiert werden. Aber die Jugendlichen, die zu der Veranstaltung gekommen sind, fühlen sich nicht gefragt. ...

Hussein ist nicht hier, um über die Säkularisierung zu reden. Er ist gekommen, um über sein Leben zu reden. Und über seine Religion. Nur will ihn keiner hören.

Die Gesprächspartner der Experten sollen "Jugendliche aus dem Publikum" sein, so steht es im Programm. Die Jugendlichen diskutieren aber woanders. Draußen vor dem Gebäude stehen die 15- und 16-jährigen Mädchen und Jungen aus Neukölln. "Die da drinnen reden nur über sich. Niemand will wissen, wie wir das finden", empört sich Hussein. Seine Mitschüler pflichten ihm bei. "Jetzt reden sie über den 11. September. Was hat das mit uns zu tun?" Wenn sie ihn gefragt hätten, sagt Hussein, hätte er ihnen gesagt: "Ich bin Moslem und ich will mich nicht ändern lassen. Meine Religion hat nichts mit Gewalt zu tun."


berichtet die taz über eine Veranstaltung.

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Freitag, 18. August 2006
Alltägliche Rassismuserfahrungen
Aus einem taz-Interview mit der Soul-Sängerin Joy Denalane:

taz: "Gab es keine Ausgrenzung?"

Denalane: "Die gab es immer, aber ich würde das nicht überbewerten. Klar, ich wurde auch diskriminiert, mir wurden komische Sachen nachgesagt, aber es hat mich nicht gebrochen. Natürlich ist das schlimm für ein Kind, aber es hat nicht mein Leben bestimmt. Das liegt auch daran, dass meine Eltern absolut hinter mir standen: Wenn ich erzählt habe, was mir in der Schule passiert ist, dann war meine Mutter sofort beim Direktor und hat dem die Hölle heiß gemacht. Sie war nicht sehr beliebt in der Schule (lacht). ..."

taz: "Begegnen Sie auch positivem Rassismus - also, dass sie aufgrund Ihrer Hautfarbe bevorzugt werden?"

Denalane: "Ja, ständig. Da ist ein einziger Platz im Restaurant frei, die Schlange ist riesengroß und gerade ich werde herausgepickt. Da denke ich mir dann auch: Na danke schön. Es gibt halt immer auch die, die zeigen wollen, dass sie total offen sind und politisch korrekt. Das kann auch nerven, ist aber natürlich besser als umgekehrt."

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Mittwoch, 5. Juli 2006
'Asiatenjunge'
Aus der Reihe ''Andere Deutsche' und ihre Ausgrenzungserfahrungen' ein Auszug aus der aktuellen taz über Martin Jondo:

Seine Mutter stammt aus Südkorea, der Vater ist Deutscher. Der "Asiatenjunge", wie er sich selbst nennt, sei ein Außenseiter in seiner Reinickendorfer Schule gewesen, habe kaum Ausländer, vor allem keine anderen Asiaten gekannt - aber dann kam der Reggae: "Ich habe mich wirklich geliebt und als Mensch akzeptiert gefühlt, die ganze Diskriminierung war wie weggeblasen."

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Montag, 3. Juli 2006
Mehr
Lucry im taz-Interview:

taz: Fühlst du dich mehr als Deutscher oder als Kubaner?

Lucry: Ich sage immer: "Ich bin halb und halb."


Typische Frage. Habe ich auch schon gestellt. Ist aber keine gute Frage. Warum soll er sich zwischen den beiden entscheiden, warum soll er seine Gefühle der Zugehörigkeit hierarchisch anordnen, warum kann er sich nicht einfach als 'Deutscher' und als 'Kubaner' fühlen? Und nicht immer danach gefragt werden?

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Mittwoch, 28. Juni 2006
Die Deutschen und die Anderen
In der Berichterstattung über den Nationalpreis an die Herbert Hoover-Realschule beschreibt Alke Wierth in der taz ihre drei Interviewpartner:

"Tufan ist Türke, Cebrail Kurde und Asad, der von Geburt an Deutscher ist, spricht Urdu, die Sprache der pakistanischen Heimat seiner Eltern."

Das wären dann drei unterschiedliche 'Kulturen' zu denen sich diese drei Jungen zuordnen bzw. zugeordnet werden. Die drei sind verbunden mit drei unterschiedlichen Sprachen (Türkisch, Kurdisch, Urdu), drei unterschiedlichen Formen des Islams (die Ahmadiyas aus Pakistan werden zum Beispiel von den meisten Muslimen als häretisch abgelehnt und zum Teil auch gewaltsam verfolgt), drei unterschiedliche 'Traditionen', etc. Die einzige gemeinsame Sprache, die diese drei haben ist Deutsch. In keiner anderen werden sie sich verständigen können.

Trotz all dieser Unterschiede und der letzten Gemeinsamkeit werden sie als eine Einheit im Gegensatz zu den 'Deutschen' gesehen. Wierth schreibt:

"Deutsche Freunde haben die drei kaum: "Es gibt hier ja kaum Deutsche", sagt Cebrail."

Damit ist dann schon mal klar gemacht, dass die drei (selbst der deutsche Staatsbürger Asad) keine 'Deutschen' sind. Und weiter zitiert Wierth:

" Mit dem Begriff Parallelgesellschaft können sie etwas anfangen: "Man lebt schon in zwei verschiedenen Welten", meint Asad."

Auch wenn Asad, da wahrscheinlich von seinen zwei Welten spricht, also der pakistanisch-ahmadiya-migrations- und ausgrenzungsgeprägten Welt in seinem Elternhaus und der ausserhalb, suggeriert Wierths Artikel das die eine Welt die 'deutsche' ist und die andere die der 'AusländerInnen' allgemein. Sie sagt:

"Ihre Welt - damit verbinden die drei Dinge: ...Die Welt der Deutschen dagegen ..."

Aber was ist den "ihre Welt" jenseits der gemeinsam erlebten Ausgrenzungen? 'Ihre Welten' sind voneinander so unterschiedlich wie die der 'Deutschen', was immer die auch sein soll(en).

Durch solche dichotomen Darstellungen werden erst die homogene Welt der 'Deutschen' und die der 'AusländerInnen' geschaffen, und damit wird die Abgrenzung und Ausgrenzung zementiert.

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Mittwoch, 21. Juni 2006
No-Go-Realität
Ein Junge, der 'Äthiopier' genannt wird, wird zusammen geschlagen. Er hat sich offensichtlich nicht daran gehalten, bestimmte Ecken und Tageszeiten zu vermeiden, denn da wo er war, wurden gerade NPD-Aufkleber geklebt. Die Fussballerin Navina Omilade versucht, vorsichtiger zu sein:

taz: Kurz vor der WM wurde heftig über No-Go-Areas diskutiert, also Orte, die Menschen mit dunkler Hautfarbe wegen rechter Schläger besser meiden sollten. Was denken Sie darüber?

Omilade: Die Diskussion ist berechtigt. Es gibt Regionen, die ausländisch aussehende Menschen meiden, weil sie Angst haben. Für Menschen mit anderer Hautfarbe wie mich ist das aber keine neue Erkenntnis. Man erzählt sich eben, du, geh da besser nicht hin.

taz: Es gibt für Sie also in Potsdam Orte, an denen Sie zu bestimmten Zeiten nicht hingehen?

Omilade: Meistens bin ich mit dem Auto unterwegs, entsprechend muss ich mir weniger Sorgen machen. Aber zu Fuß würde ich nachts schon einige Viertel meiden. Ich muss es ja auch nicht provozieren.


Hoffentlich gelingt es ihr auch weiterhin. Der Engländer Noel Martin zahlt mit seinem Leben für einen Aufenthalt in Deutschland. Allein im April gab es nach offziellen Angaben 55 rechts motivierte Gewalttaten.

Rassismus gibt es natürlich auch woanders, z.B. in Ecuador. Und auch im Berliner Ethnologischen Museum:

Sogar eine programmatische Brücke zum WM-Konzept des Ethnologischen Museums findet sie noch:. "Eigentlich sind die Brasilianer auch mal Afrikaner gewesen."

Die 'Deutschen' auch?

Nachtrag 22.06.06: "Auf einer Podiumsdiskussion in der Akademie der Künste über rechte Gewalt in Deutschland herrschte gar keine patriotische WM-Laune."

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Dienstag, 20. Juni 2006
Alltägliches
"hallo liebe leute,
hier drei schöne rassismusanekdoten aus der letzten woche:

1. eignungsprüfung an einer hochschule:
begrüßung durch die sekretärin an die 12 köpfige gruppe (alles deutsche): "herzlich willkommen auch an die drei exotinnen unter uns"
gemeint waren eine deutsch-iranerin, eine deutsch-asiatin (weiß leider kein genaues land) und ich.

2. auswahlworkshop einer politischen stiftung:
es gab vier gruppen a 9 leute, in denen die berühmten gruppendiskussionen unter beobachtung stattfinden sollten. ich fand mich auf der liste der
gruppe, in der nur menschen mit ausländischem namen waren. einige "wirkliche ausländer" (austauschstudenten aus lateinamerika) und mehrere mit migrationshintergrund: eine deutsch-iranerin, ein deutsch-iraker, eine deutsch-polin, eine frau mit serbischem namane (ihr opa war serbe...) und
ich. auf meine frage hin wieso es eine gruppe gäbe, in der nur menschen mit ausländischem namen seien:
- 1. antwort: zufall, 2. antwort: interkulturelle erfahrung als auswahlkriterium.
das thema der gruppendiskussion war: wie mit der hamas-regierung umgehen. es sollte wohl beobachtet werden, wie wir über ein so brisantes emotional
aufgeladenes thema diskutieren. in meinem feedback wurde mir gesagt, ich wäre ja sehr emotional in das thema involviert, hätte oft nonverbal kommuniziert und nicht sachbezogen argumentiert.
das wars dann wohl mit dieser stiftung

3. mein argentinischer freund und ich fahren am grunewaldsee fahrrad. es ist sehr voll mit hunden und hundebesitzerinnen. mein freund muss einem
hundebsitzer haarscharf ausweichen, der schreit uns hinterher: "du zigeuner, kannst nicht richtig fahrrad fahren"

wollte euch an diesen schönen erlebnissen teilhaben lassen. frage mich, ob es zufall ist oder einfach durch erhöhte sensibilität wahrgenommen."


Soweit die mail einer Freundin, die ich anonymisiert habe für diesen Eintrag.

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Mittwoch, 7. Juni 2006
Andere Nationalspieler
Die StatistikerInnen haben festgestellt (auch wenn das keine besonders neue Erkenntnis ist), Deutschland ist ein Zuwanderungsland. Die taz stellt fest:

"Jürgen Klinsmann hat für die WM übrigens eine durchaus repräsentative Mannschaft nominiert: Mit Gerald Asamoah, Miroslav Klose, Oliver Neuville, David Odonkor und Lukas Podolski sind fünf Spieler mit Migrationshintergrund im Kader - eine Quote von 20 Prozent."

Bei den Spielern auf abruf ist der Anteil sogar noch höher.

Nicht repräsentativ ist allerdings, dass unter all diesen kein einziger mit 'türkischen' Migrationshintergrund ist. Die werden in der Vereinsarbeit systematisch ausgesiebt, kommen erst gar nicht so weit. Und die, die es bis in die Bundesliga schaffen, sind nicht eingebürgert und spielen daher eher für die türkische Nationalmannschaft, oder verleugnen wie Mehmet Scholl ihren Migrationshintergrund. Die Auslese funktioniert.

Der Rassismus ist alltäglich auf dem Fussballfeld, auch wenn die Verantwortlichen dazu keine Antworten haben.

Nachtrag 28.06.06: Zum Rassismus im Vereinsfussball sagt der Filmemacher Neco Celik im taz-Interview:

"Viele geben auf, weil sie auf Typen und Strukturen treffen, die reaktionär und rassistisch sind. Sie fühlen sich verloren und ausgegrenzt. Das kenne ich selbst von meiner eigenen Karriere."

Nachtrag 30.08.06 Und wieder ein 'Anderer Deutscher', der für eine andere Nationalmannschaft spielt. Die taz berichtet:

"Dann schlägt der Teenager einen gesellschaftspolitischen Querpass. "Eigentlich bin ich ja gut integriert", so der Gymnasiast von der Ernst-Reuter-Oberschule im Wedding.

Aus Cakins Worten meint man einen Unterton des Bedauerns zu hören. Der 17-Jährige hat sich sportlich für das Heimatland seiner Eltern entschieden, obwohl er in Berlin aufgewachsen ist."


Wieso meint die taz, dass Cakin sich für das Heimatland seiner Eltern entschieden hat? Hatte er eine Wahl? Die taz zitiert ihn mit: "Ich habe von Deutschland nie ein Angebot bekommen"

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Freitag, 26. Mai 2006
Heimat
"Gehen Sie doch in Ihre Heimat und bewerben Sie sich von dort für einen Studienplatz in Deutschland", hat man ihr gesagt. "Meine Heimat ist hier", hat sie geantwortet. Sie wissen schon, was wir meinen", kam zurück.

Erzählt Adela der taz. Die Zuweisung einer 'Heimat' ausserhalb Deutschlands ist eine alltägliche Erfahrung von 'Anderen Deutschen'. Für Adela ist sie mehr als nur eine weitere Ausgrenzungserfahrung. Für sie ist sie bedrohlich, denn Adela ist in Deutschland nur geduldet und kann jederzeit abgeschoben werden.

Der Hinweis, sich aus der 'Heimat' zu bewerben, ist absurd: Aber wer würde ihr garantieren, dass sie ein Visum für Deutschland bekäme? "Das mache ich auf keinen Fall", meint Adela. Lieber kämpft sie, damit man ihr hier eine Chance gibt.

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Montag, 22. Mai 2006
Pech gehabt
Wie konnten meine Eltern mir das nur antun? Einen 'ausländischen' Vornamen. Da kann ich mich doch gar nicht mehr integrieren, sagt das Institut für Wirtschaftsforschung.

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