Mittwoch, 13. Juni 2007
Ein häßliches Wort
Murat Ersen alias Muhabbet im Interview mit der taz:

taz: "Herr Ersen, was verstehen Sie unter "Integration"?"

Muhabbet: "Ich finde, das ist einfach ein hässliches Wort. Wir sind nun mal hier: hier geboren, hier aufgewachsen. Ich will hier bleiben und meine Kinder hier großziehen. Trotzdem besitze ich keinen deutschen Pass."

taz: "Warum nicht?"

Muhabbet: "Ich müsste ihn beantragen. Das verstehe ich nicht. Wenn man hier geboren wird, dann muss man einen kriegen, finde ich. Aber irgendwann hole ich das nach."

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Freitag, 30. März 2007
Rassismuserfahrungen
O-Töne aus der taz:

"Ali: Schule? Null Bock. Die sagen doch sowieso immer, du schaffst es nicht. Und wenn wir uns irgendwo bewerben und Mustafa heißen, werden wir erst gar nicht eingeladen. Wozu eigentlich Schule?

Elba: Lehrer? Die haben Vorurteile gegen Kanaken. Können uns sowieso nicht leiden. Wir sind der letzte Dreck.

Hussein: Eltern? Es ist die Schuld der Eltern, die kümmern sich doch nicht. Denken immer nur an später, an Auto, Haus und Türkei. Haben nie Zeit. Immer nur Geld, Geld.

Hamadi: Mann Alter, immer nur Ärger zu Hause. Aber wenn die schlagen, schlage ich zurück.

Majjid: Freizeit? In Diskos kommen wir nie rein. Die lassen jede Schlampe rein, aber bei uns finden sie immer einen Grund, uns wegzuschicken. Ich habe jetzt eine blonde Freundin. Mit der komme ich zum ersten Mal rein.

John: Was ist interkulturell? Ah, viele Kulturen zusammen. Hier gibt es doch nur eine Kultur. Wenn du schwarz bist wie ich, wirst du immer anders behandelt. Die haben doch Angst vorm schwarzen Mann.

Ali: Religion? Interessiert mich nicht. Aber Koran ist gut, weil gerecht.

Majjid: Kriminalität? Wir sind doch sowieso kriminell, auch wenn wir nur beim Schwarzfahren erwischt werden.

Elba: Gewalt? Ich hau dir in die Fresse, Alter, bevor du mir eine reinhaust."


Und Theoretisches hier.

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Montag, 26. März 2007
"Das Dazwischen ist ein eigener Ort"
Ein taz berlin-Interview mit Erci Ergün.

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Samstag, 24. März 2007
Lieber Parallelgesellschaft
Aus der taz:

"Leider muss man feststellen: Eine Mutter, die Angst um ihren Sohn hat, weil er grußlos verschwunden ist, sollte in Deutschland besser nicht zur Polizei gehen. Jedenfalls dann nicht, wenn Mutter und Sohn Muslime sind, die keine deutschen Pässe haben. Aus einer Vermisstenanzeige kann sonst schnell ein Anfangsverdacht entstehen, der drastische Maßnahmen gegen den vermissten Sohn nach sich zieht - und der ewig hängenbleibt."

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Mittwoch, 21. März 2007
Überraschend
In einer belgischen Stadt haben sich im Januar mehrere Paare geweigert, von einem 'schwarzen' Standesbeamten getraut zu werden. Jetzt berichtet die taz über ein symbolische Massenhochzeit.

"Persönlich kann der aus Ruanda stammende Flame die Zurückweisung durch die Heiratskandidaten als eine unter vielen verbuchen. Hänseleien und Demütigungen ist einer gewohnt, der seine Kindheit als schwarzer Junge in Flandern verbracht hat. Auch seine beiden Kinder bringen manchmal hässliche Spottlieder und Geschichten aus der Schule mit. "Aber wo in Europa ist das denn anders?", fragt er. "Bei Ihnen in Deutschland vielleicht?" Überrascht hat ihn allerdings die große Solidarität."

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Freitag, 2. März 2007
Alltagserfahrungen
Die taz berichtet:

"Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Gideon Joffe, ... empfahl, "Nichtjuden sollten sich einfach mal eine Kippa [runde Kopfbedeckung] auf den Kopf setzen oder einen Davidstern an die Kette hängen". Es werde nicht lange dauern, "und sie werden Erfahrungen gemacht haben mit Antisemitismus"."

Ähnliche Ergebnisse sind zu erreichen mit
  • Kopftuch aufsetzen
  • mit einer Person des gleichen Geschlechts Händchenhaltend gehen
  • im Rollstuhl fahren
  • ...
Und doch wird frau dann immer nur die Spitze des Eisbergs erahnen können. Es ist nur ein Experiment, es prägt nicht die Alltagserfahrung. Anders als bei jenen, die ständig als vom Ideal des 'Standard-Deutschen' abweichend angesehen werden (aufgrund von Kleidung, Aussehen, Verhalten, ...). Für sie sind Antisemitismus, Rassismus, Homophobie, etc. Alltagserfahrungen, auch wenn sie vom Mainstream-Diskurs geleugnet werden.

Nachtrag 02.03.07: taz berlin-Reporter Richard Rother hat den "Kippa-Test" gemacht. Allerdings nicht als Alltagstest, auf seinen normalen Wegen, an den Orten, die er kennt und wo ihm Änderungen im Verhalten der anderen aufgefallen wären.

Anstatt dessen: "Wir entscheiden, den Test zu machen - in Neukölln und Lichtenberg. In Neukölln vermuten wir arabisch-moslemischen Antisemitismus, in Lichtenberg deutsch-rechtsextremen."

Offensichtlich waren sie auf der Suche nach dem außerordentlichen, am Rande der Gesellschaft, außerhalb der Norm. Sie erwarteten Spektakuläres und gaben Rother einen Begleitschutz mit. Doch er wartete vergeblich auf das Spektakuläre.

Spannender wäre es gewesen, wenn Rother eine Woche die Kippa auf seinen ganz normalen Wegen aufgehabt hätte, so lange, dass er vergisst an sie zu denken und dann durch die Reaktionen der anderen an sie erinnert würde. In einem Umfeld, das er gut kennt und wo ihm die Unterschiede, die subtilen, kleinen, aber auf Dauer ausgrenzenden, schmerzenden auffallen würden. Ohne Begleitschutz und ohne immer auf die Reaktion der anderen zu warten.

Nachtrag 21.01.09: Jetzt hat die taz-Redakteur_in Kirsten Reinhardt einen ähnliches Experiment mit Bart gemacht. In ihrem Bericht bleibt sie ständig in der Position der Norm und versucht aus der heraus nachzuempfinden, was denn "Aussätzige" so erleben. Da greift sie nicht nur in ihrer Wortwahl immer wieder ziemlich daneben, sie kann auch die Situation von Frauen mit Bart nicht wirklich nachvollziehen. Siehe dazu auch einen kritischen Leser_innenbrief.

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Montag, 29. Januar 2007
Türkisch, nein deutsch, oder ausländisch?
Aus der taz berlin:

"Vor gut einer Woche ist der Türkische Ringerverein (TRV) Berlin in die erste Liga aufgestiegen. "Zum ersten Mal ist es einem türkischen Verein in Deutschland gelungen, erstklassig zu werden", sagt Halil Ibrahim Özcan, der Geschäftsführer des Clubs."

"... vollständig ignoriert von deutschen Medien.

Ganz anders fiel die Resonanz in der türkischsprachigen Presse in Deutschland aus. Die auflagenstärksten Zeitungen begeisterten sich für die Ringer aus dem Wedding. "

"Özcan räumt ein, sein Verein müsste künftig etwas tun, um auch von den Deutschen beachtet zu werden."

""Dabei sind wir eigentlich ein deutscher Verein", sagt Özcan. Die meisten Ringer des TRV sind in Berlin aufgewachsen und haben einen deutschen Pass. Fünf traten sogar schon für die deutsche Nationalmannschaft an ..."

"Seit geraumer Zeit klagt der Deutsche Ringerbund (DRB) darüber, dass die Teams zu viele ausländische Kämpfer engagieren und damit dem eigenen Nachwuchs die Entwicklungschancen nehmen würden. ...Deshalb hat der Verband die Erstligaclubs für kommende Saison verpflichtet, bei allen Kämpfen mit mindestens drei Deutschen anzutreten. "Für uns ist das kein Problem", sagt Geschäftsführer Özcan lächelnd.

Der Migrantenverein ist deutscher als viele seiner künftigen Mitkonkurrenten. Manfred Werner, Präsident des DRB, bezeichnet die Personalpolitik des TRV Berlin gar als "vorbildhaft". Allerdings wurde auch hier der Aufstieg erst durch Verstärkungen aus dem Ausland möglich. Vor der Saison verpflichtete der Club zwei Bulgaren und einen Schweden."

"Ich freue mich, dass Berlin nach über 40 Jahren wieder einen Ringer-Erstligisten hat."


Gar nicht so einfach mit den 'TürkInnen', 'Deutschen' und 'AusländerInnen'. Die taz betitelt diesen Artikel daher auch treffenderweise mit "Das Ringen mit der Nationalität".

Nachtrag 11.08.10: In einem Artikel zur Ölkatastrophe in den USA schafft die taz folgende Formulierung: "der vietnamesische Fischer Phuong Nguyen aus Louisiana ". Liegt Louisiana jetzt in Vietnam?

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Freitag, 24. November 2006
Umgang mit Rassismuserfahrungen
Mareile Paske hat ihre Bachelorabeit über "'Andere Deutsche’ – Strategien des Umgangs mit Rassismuserfahrungen" geschrieben. Sehr lesenswert als pdf. Was Mareile unter Rassismuserfahrungen versteht hier.

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Montag, 6. November 2006
Spam
Heute in meinem australischen Mail-Postfach:

"I am Mr.Martin Kelvin, The Auditor General, All Standard Securities Limited. In the course of my auditing, I discovered a floating fund in an account which was opened in 1990 belonging to a dead foreigner Late Mr. Tim Goel, a national of your country. I decided to track his last name over the Internet to locate any member of his family hence I got in contact with you. "

Das ist schon eine interessante Kombination: Tim und Goel. Aus welchem Land der wohl sein soll? Und wie kommt der nette Mr. Klein gerade auf mich? Goels gibt es eine ganze Menge in der Welt. Ok, in Deutschland nicht so viele. Vielleicht ist das ja das Land, dass er meinte. Aber wie kommt es da zu einem Tim?

Mr. Klein hat sich ja Mühe gegeben. Aber so richtig überzeugend ist er nicht. Ich werde also wohl keine 15,5 Millionen $ erben.

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Freitag, 6. Oktober 2006
Schweden und Rinkebyer
"Rinkeby. Der Stockholmer Vorort ist landesweit zu einem Symbol geworden, dass es ein Schweden gibt, das nicht zu Schweden gehört." schreibt die Ulrike Herman in der taz, weil in diesem Ort viele 'MigrantInnen' leben.

Was will sie damit sagen? Dass die 'MigrantInnen' nicht zu 'Schweden' gehören? - Sie hat sicher recht, dass sie aus 'Schweden' ausgegrenzt werden und sich in der Folge auch selber abgrenzen. Das ändert aber doch nichts daran, dass sie zu 'Schweden' gehören.

Einer ihrer Interviewpartner ironisiert das sehr schön: Deswegen hat er vor zwei Jahren Gringo gegründet, das sich selbst provokant "Schwedens schwedischstes Magazin" nennt. Zanyar Adami grinst: "Es zeigt, wie Schweden wirklich ist."

PS: Der Titel des Artikels 'Burka statt Ikea' ist ziemlich schwach. Wenn dann doch eher: Burka und Ikea.

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