Samstag, 24. Mai 2014
Inhaftierung Unschuldiger
"seit 2013 erlaubt das europäische Recht die Internierung von Asylsuchenden – auch von Kindern, für bis zu 18 Monate zur „Feststellung der Identität“, zur „Beweissicherung“, zur „Prüfung des Einreiserechts“, wegen „verspäteter Asylantragstellung“, aus Gründen der „nationalen Sicherheit und Ordnung“ und zur Verhinderung des „Untertauchens“. Also immer. "

schreibt die taz in einem Artikel über (polnische) Lager für Asylbewerber_innen. In Deutschland soll dies auch gesetztlich verankert werden.

Wie ist es möglich, so unmenschlich zu handeln? Wie kann Empathie so ausgeschaltet werden, dass Asylbewerbende überhaupt nicht als Menschen gesehen werden?

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Mittwoch, 14. Mai 2014
Änderung Aufenthaltsgesetz
Gerade zirkuliert ein Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung. Darin soll (wirtschaftliche) Integration mit einem verbesserten Bleiberecht belohnt werden und gleichzeitig etliche andere leichter abgeschoben werden. In der taz gab es dazu eine Kurzmeldung, die darauf verweist, dass straffällig gewordene ausländische Staatsbürger_innen mehr abgeschoben werden sollen sowie

"Die Bekämpfung von extremistischen und terrorismusrelevanten Strömungen soll künftig auch mit den Mitteln des Ausländerrechts erfolgen."

Das Aufenthaltsrecht wird genutzt, um gesellschaftliche (in Deutschland entstandene) Problemen abzuschieben. Das kann nicht sein. Mit straffälligen und extremistischen deutschen Staatsbürger_innen wird auch innerhalb der Gesellschaft umgegangen . Das gleiche muss für ausländische Staatsbürger_innen gelten. Gleiches Recht für alle!

Nachtrag: Erst jetzt gesehen: Ein ausführlicherer Artikel in der Süddeutschen. Und auch in der Süddeutschen: Heribert Prantl kommentiert den Gesetzentwurf :

"Dieser Gesetzentwurf verschärft die ohnehin scharfe EU-Aufenthaltsrichtlinie in einer Weise, die man nicht glauben möchte, wenn es nicht schwarz auf weiß da stünde. Das neue Recht (das nicht Recht werden darf) läuft darauf hinaus, dass künftig fast jeder Flüchtling, der nach Deutschland kommt, inhaftiert werden kann."

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Dienstag, 13. Mai 2014
Aufenthalt nach Studium (zur Ausweisung von Simran Sodhi)
Nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet § 16 Absatz 4 gilt:

"(4) Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums kann die Aufenthaltserlaubnis bis zu 18 Monaten zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes, sofern er nach den Bestimmungen der §§ 18, 19, 19a und 21 von Ausländern besetzt werden darf, verlängert werden. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt während dieses Zeitraums zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. § 9 findet keine Anwendung."

Die Universität Frankfur/Main führt in einem rechtlichen Leitfaden für ausländische Studierende aus, unter welchen Umständen nach diesen 18 Monaten ein Aufenthalt in Deutschland möglich ist. Dies geht mit der Blauen Karte EU, § 19a AufenthG. Dafür muss ein konkreter Arbeitsplatz mit ausreichendem Gehalt nachgewiesen werden:

"Das Mindesteinkommen beträgt Zwei Drittel der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (für 2012 West: 5.600 Euro, Ost: 4.800 Euro), derzeit sind also 3.733 Euro in den westlichen Bundesländern und 3.200 Euro in den östlichen Bundesländern als Einkommensschwelle vorgesehen (§ 41a BeschV)."

Weiter für die Uni Frankfurt aus, dass es noch eine Möglichkeit nach § 18 AufenthG (Sonstige Beschäftigung) gibt:

"Für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis in einem (an der Hochschule) erlernten Beruf bedarf es der Zustimmung der Arbeitsagentur (§ 39 AufenthG). Sie wird ohne die Prüfung des Vorrangs sonstiger Arbeitskräfte erteilt (§ 27 Nr. 3 BeschV), allerdings darf weiter geprüft werden, ob die Arbeitsbedingungen (in sbesondere das Gehalt) den branchen- und ortsüblichen Standards entsprechen."

Das sind ganz eindeutig ausschliessende Regelungen, die verhindern sollen, dass ausländische Studierende nach ihrem Studium in Deutschland bleiben. Erwünscht sind nur jene, die ein hohes Einstiegsgehalt bekommen. Etwas das für Absolvent_innen von vielen gesellschafts- oder geisteswissenschaftlichen Studien illusorisch ist (ganz unabhängig von der Staatsbürger_innenschaft). Was aber selten skandalisiert wird.

Gerade aber hat es ein Einzelfall in die Medien geschafft. Das Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick hat öffentlich gemacht, dass die in Treptow-Köpenick angestellte Integrationslotsin Simran Sodhi keine Aufenthatls- und Arbeitsgenehmigung bekommt, da ihre Stelle als Integrationslotsin zu schlecht bezahlt wird (darüber berichtet haben unter anderem RBB, taz und Spiegel Online).

Ich bin mir sicher, dass die Integrationslots_innen zu schlecht bezahlt werden. Das ist ein Skandal und sollte geändert werden. Das betrifft aber nicht nur Simran Sodhi, sondern alle, die unter dem Programm angestellt werden. Es ist sicher kein Grund, warum Sodhi der Aufenthalt in Deutschland nicht verlängert werden soll. Immerhin hat sie eine Stelle gefunden und bekommen, die ihre Qualifikationen (aus)nutzt.

Jetzt versuchen verschiedene Inititiativen (unter anderem eine Petition) die Ausländerbehörde umzustimmen. Denn diese hat natürlich einen Ermessensspielraum und könnte argumentieren, dass es im öffentlichen Interesse ist, dass Sodhi in Deutschland bleibt. All die Inititiativen betonen daher, dass Sodhi eine wichtige Arbeit für die Integration in Deutschland macht und deswegen ihr Verbleib in Deutschland von öffentlichem Interesse ist.

Das ist eine strategisch sinnvolle Argumentation. Sie verbleibt aber leider im Einzelfall und kritisiert nicht grundsätzlich die ausgrenzende Gesetzeslage.

Vom Institut für europäische Ethnologie, an dem Sodhi studiert hat, wird immerhin darauf hingewiesen, dass das geforderte Mindesteinkommen für Absolvent_innen dieses Faches zu hoch angesetzt ist.

Die Forderung muss aber noch weitergehen: Aufenthaltsrecht ohne nachgewiesenen Arbeitsplatz und Mindesteinkommen!

Nachtrag: Aufgrund des großen öffentlichen Protests hat der Innensenator Henkel angkündigt, dass die Ausländerbehörde den Fall nochmal prüfen soll. Für Simran Sodhi ist das eine gute Nachricht. Henkels Pochen auf die rechtliche Lage bleibt aber ein schlechtes Zeichen.

Nachtrag 22.05.14: Im Tagesspiegel berichtet heute Mohamed Amjahid, dass auch ein Volontariatsgehalt nicht ausreichend für einen Aufenthalt ist. Durch Hartnäckigkeit hat er immerhin 18 Monate Aufenthalt bekommen, aber das reicht auch nicht für das gesamte Volontariat.

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Sonntag, 4. Mai 2014
Mal wieder ein deutscher Verstoss gegen EU-Recht
"Mit der Deutschkenntnispflicht für nachziehende Ehegatten aus der Türkei verstößt Deutschland gegen EU-Recht, sagt ein Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof und setzt ein Signal"

fasst die taz den Schlussantrag des Generalanwalt am EuGH Paolo Mengazozzi.

"Geklagt hatte das türkische Ehepaar Dogan, das seit 1993 verheiratet ist und vier Kinder hat. Während der Mann seit 1998 in Deutschland lebt und inzwischen als Geschäftsführer einer Berliner GmbH arbeitet, blieb die Frau in der Türkei und zog die Kinder auf. Erst 2011 stellte sie einen Antrag auf Ehegattennachzug, der aber abgelehnt wurde, weil sie Analphabetin ist."

Das wirkt doch wie ein klarer Fall von Zwangsheirat, die auf diesem Weg verhindert werden kann.

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Mittwoch, 23. April 2014
Eingeschränkte medizinische Hilfe
Nicht alle in Deutschland haben Zugang zum Gesundheitssystem. Menschen im Asylverfahren bekommen nur akut notwendige Behandlung. Menschen ohne Aufenthaltsstaus riskieren bei Ärzt_innenbesuchen erfasst und dann abgeschoben zu werden (siehe Flüchtlingsrat Berlin). Und selbst in akuten lebensbedrohlichen Situationen können Menschen im Asylverfahren / ohne festen Aufenthalt / ohne Versicherung nicht darauf vertrauen, medizinische Hilfe zu bekommen. Mitarbeitende des Aufnahmelagers Zirndorf wurden laut taz verurteilt, weil sie für ein lebensgefährlich erkranktens Kind keinen Notarzt riefen. Mit Glück überlebte das Kind. Ein Säugling in Hannover überlebte hingegen nicht, wie der NDR und taz berichteten. Die Mutter sagte aus, dass sie im Krankenhaus angewiesen wurde, dass sie erst eine Bescheinigung ihrer Ärztin brauche, bevor das Kind behandelt werden kann.

Die Würde des Menschen ist offensichtlich nicht bei allen unantastbar.

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Sonntag, 6. April 2014
Sprachtest als Barriere
Die taz berichtet:

"Auch im Jahr 2013 fiel fast ein Drittel aller nachzugswilligen Ehegatten durch den Sprachtest, von knapp 40.000 Prüflingen waren das 12.828."

und fügt hinzu:

"Die Bundesregierung räumte in ihrer Antwort zwar ein, dass es sich bei der Sprachanforderung beim Ehegattennachzug "in besonderen Einzelfällen um ein tatsächliches Zuzugshindernis handeln kann". Die integrationspolitische Sprecherin der Linkspartei, Sevim Dagdelen, hält das aber für "eine euphemistische Formulierung". "

So scheint die Sprachtest-Regelung ihren Zweck, also Zuwanderung zu verhindern, zu erfüllen.

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Donnerstag, 3. April 2014
Frontex hat keine Verantwortung
In der taz kommentiert Christian Jakob die "Europäische Geschlossenheit":

"Das Schöne am freien Meer ist, dass dort jeder machen kann, was er will. Das jedenfalls scheint sich die EU zu denken. Nur so ist zu erklären, dass ihre Grenzschützer in Zukunft schon auf Hoher See in Aktion treten sollen. Flüchtlingsboote stoppen, kontrollieren, durchsuchen, die Insassen festsetzen und an Orte bringen, an die sie nicht wollen - dazu wird Frontex in wenigen Wochen ermächtigt: ganz so, als befinde man sich auf dem eigenen Territorium."

Dazu interviewt die taz auch den Frontex-Vizedirektor Gil Arias-Fernandez. Ein interessantes Interview, nicht weil mensch Antworten auf Fragen bekommt, sondern weil sich Arias weigert, Fragen zu beantworten. Ganz unschuldig ist Frontex. Die EU entscheidet, kann Sachen einschätzen, etc., Frontex setzt nur um. Und in die Zukunft gucken kann er auch nicht, daher kann er natürlich nicht die anstehenden Änderungen kommentieren. Ein gruseliges Interview.

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Montag, 31. März 2014
Visapolitik torpediert Kulturpolitik
Die taz berlin berichtet, dass ein steuerfinanziertes Kulturprojekt durch restriktive Visapolitik teilweise verunmöglicht wird. Der deutsche Staat will einen Kulturaustausch mit Künstler_innen aus afrikanischen Ländern, aber er ist gleichzeitig nicht gewillt all diesen Künstler_innen Visa auszustellen. So was passiert immer wieder (zum Beispiel 2006: Straßenfußball und 2010: Discover Football).

Diese restriktive Visapolitik verursacht unnötige Kosten, im aktuellen Fall laut taz berlin:

"Die Hotelkosten für die Wartezeit auf das Visum, die Kosten für verschobene und letztendlich nicht angetretene Flüge etc. (der Arbeitsaufwand der Projektmanager an deutschen Theatern nicht eingerechnet) beliefen sich allein für die zwei kongolesischen Künstler auf etwa 6000 Euro. Gedeckt durch großenteils von der KdB verwaltete Steuergelder, die zur Kulturförderung vorgesehen waren."

Aber das ist nicht das Hauptproblem. Es ist eine grundlegende politische Frage, die zu stellen ist, wie die taz berlin formuliert:

"Wäre es nicht an der Zeit, dass KulturpolitikerInnen sich überlegen, wie sinnvoll ihre Arbeit bei entsprechenden außenpolitischen Tendenzen ist und anfangen, effektiv gegenzusteuern statt den Theatern die Arbeit zu überlassen? "

Abschottung (restriktive Visapolitik) und Austausch passen nicht zusammen.

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Mittwoch, 26. März 2014
Mehr Ausgrenzungen
"Absolut gesehen ist das Problem des Missbrauchs durchaus kleiner als häufig dargestellt" sagt Innenminister Thomas de Maizière laut taz. Trotzdem soll das Aufenthaltsrecht für EU-Bürger_innen und ihr Recht auf Freizügigkeit weiter begrenzt werden. Rassistischer Populismus, der wenig mit realen wirtschaftlichen Problemen zu tun hat wie der Mediendienst Integration argumentiert.

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Sonntag, 23. März 2014
Verschiedene Geschwindigkeiten
bei der Umsetzung von Koalitionsvereinbarungen stellt Christian Jakob in der taz:

"So gibt es für Flüchtlinge eine Politik der zwei Geschwindigkeiten: Was sie fernhält, geht schnell – was ihnen nützt, dauert oder kommt gar nicht."

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