Freitag, 29. Februar 2008
Integration wichtiger als Schutz der Ehe
urmila, 00:13h
Das Berliner Verwaltungsgericht hat geurteilt, dass für die Familienzusammenführung ausreichende Sprachkenntnisse nachzuweisen sind (via MuB). Wenn ich das Urteil (pdf) richtig verstehe, dann ist das öffentliche Interesse an Integration höher zu bewerten als das individuelle Recht auf Schutz der Familie:
"Das Grundgesetz gewährt den Ehegatten die Freiheit, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu führen, indes nicht uneingeschränkt. Die Grundrechtsträger können Eingriffe in ihre Freiheitssphäre nicht abwehren, die zum Schutze öffentlicher Interessen unerlässlich sind und die das Maß der Freiheitsbeschränkung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit durch die Regelung erwachsenden Vorteile halten."
Die RichterInnen übernehmen in ihre Argumentation (ohne Einzelfallprüfung) den allgemeinen rassistischen Tenor der Integrationsdebatte:
"Es liegt auf der Hand, dass rechtzeitig erworbene Kenntnisse der Sprache des neuen Gastlandes die wünschenswerte schnelle Integration des zuziehenden Ausländers erleichtern können. ... Wer für sich die Entscheidung trifft, künftig in einem anderen Lande zu leben, muss sich darüber im Klaren sein, dass auf ihn gewisse Anpassungs- und Integrationsleistungen zukommen."
Zudem argumentieren sie, dass aus übergeordneten Gründen die Ungleichbehandlung unterschiedlicher Gruppen von AusländerInnen (keine Sprachkentnisse nötig für US AmerikanerInnen, AustralierInnen, KanadierInnen, etc.) gerechtfertigt ist:
"Außenpolitische Rücksichtsnahmen sind geeignet, eine Bevorzugung von Ausländern zu rechtfertigen, auch wenn bei Betrachtungen lediglich der einzelnen Personen eine unterschiedliche Handhabung nicht einleuchtend wäre."
In dieser Betonung von vage formuliertem (rassistisch und heteronormativ geprägtem) öffentlichen Interesse, das wichtiger ist als die grundgesetzlich festgeschriebenen Rechte der Einzelnen, erinnert mich dieses Urteil sehr an den Einbürgerungsprozess, den ich analysiert habe. Auch damals waren die individuellen Interessen unerheblich gegenüber den öffentlichen. Diese Rechtsauffassung lässt mich an der Grundgesetztreue des Rechtsstaats zweifeln.
Das Urteil (pdf) ist durchaus lesenswert, um ein Gefühl für die Argumentationen in diesem Rechtsstaat zu bekommen.
"Das Grundgesetz gewährt den Ehegatten die Freiheit, die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet zu führen, indes nicht uneingeschränkt. Die Grundrechtsträger können Eingriffe in ihre Freiheitssphäre nicht abwehren, die zum Schutze öffentlicher Interessen unerlässlich sind und die das Maß der Freiheitsbeschränkung noch in einem vernünftigen Verhältnis zu den der Allgemeinheit durch die Regelung erwachsenden Vorteile halten."
Die RichterInnen übernehmen in ihre Argumentation (ohne Einzelfallprüfung) den allgemeinen rassistischen Tenor der Integrationsdebatte:
"Es liegt auf der Hand, dass rechtzeitig erworbene Kenntnisse der Sprache des neuen Gastlandes die wünschenswerte schnelle Integration des zuziehenden Ausländers erleichtern können. ... Wer für sich die Entscheidung trifft, künftig in einem anderen Lande zu leben, muss sich darüber im Klaren sein, dass auf ihn gewisse Anpassungs- und Integrationsleistungen zukommen."
Zudem argumentieren sie, dass aus übergeordneten Gründen die Ungleichbehandlung unterschiedlicher Gruppen von AusländerInnen (keine Sprachkentnisse nötig für US AmerikanerInnen, AustralierInnen, KanadierInnen, etc.) gerechtfertigt ist:
"Außenpolitische Rücksichtsnahmen sind geeignet, eine Bevorzugung von Ausländern zu rechtfertigen, auch wenn bei Betrachtungen lediglich der einzelnen Personen eine unterschiedliche Handhabung nicht einleuchtend wäre."
In dieser Betonung von vage formuliertem (rassistisch und heteronormativ geprägtem) öffentlichen Interesse, das wichtiger ist als die grundgesetzlich festgeschriebenen Rechte der Einzelnen, erinnert mich dieses Urteil sehr an den Einbürgerungsprozess, den ich analysiert habe. Auch damals waren die individuellen Interessen unerheblich gegenüber den öffentlichen. Diese Rechtsauffassung lässt mich an der Grundgesetztreue des Rechtsstaats zweifeln.
Das Urteil (pdf) ist durchaus lesenswert, um ein Gefühl für die Argumentationen in diesem Rechtsstaat zu bekommen.
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