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Donnerstag, 9. Februar 2023
Masala Tea
urmila, 06:22h
Als ich nach Indien aufgebrochen bin, habe ich mich auf den Tee gefreut. Tschai heisst in Hindi Tee. Der wird traditionellerweise mit Milch und Wasser gekocht. Dann kommt massenweise Zucker rein. Ich bevorzuge weniger. Im Winter kommt auch Ingwer und Kardamom rein. Seit ich meine eigene Küche habe, koche ich ihn mir täglich.
Vor Weihnachten habe ich dann in einem Teeladen um die Ecke eine Masala Tea-Mischung gefunden. Masala heisst Gewürze. Da ist mehr drin als nur Kardamom und Ingwer. Im Gegensatz zu deutschen Mischungen ist aber auch hier der Hauptbestandteil Assam-Tee. Diese Mischung ist ganz lecker.
Im Spice Market von Old Delhi hat der Guide am Montag behauptet, diese Mischung würde auch gegen Covid helfen. Das bezweifele ich sehr. Bei Erkältung ist es aber nicht schlecht.
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Dienstag, 7. Februar 2023
Old Delhi
urmila, 15:16h
Schlechtes Timing. Zum erstenmal nach vier Monaten hatte ich etwas Magen-Darm-Probleme. Und eine Street Food Tour durch Alt-Delhi gebucht. Gegessen habe ich dann nicht so viel. Die Freundin aber. Und die war begeistert.
Mir war alles zu viel. Zu viele Menschen. Zu viel Lärm. Zu wenig Platz. Damit kann ich nicht gut umgehen. Eine Migräne kam hinzu. Und ich erinnerte mich, vor zehn Jahren war es auch ein Besuch in Alt-Delhi, der mir zu anstrengend war. Als junge Frau bin ich damit noch besser klar gekommen. Da bin ich alleine durch den Stadtteil gezogen und habe das Haus meiner Tante Mittendrin im Durcheinander besucht. Die anderen Touris der Tour schienen auch viel weniger unter dem Sinneseindrücken zu leiden. Die meisten waren den ersten oder zweiten Tag in Indien und hatten sich gleich ins Gedrängel begeben. Interessant.
Was sehr gut war (neben dem Essen, was ich nicht wirklich beurteilen kann), waren die beiden Führer von Reality Tours. Die Tour war sehr gut organisiert, sie haben sich sehr gut gekümmert und waren sehr angenehm. Ganz anders als die andere Alt-Delhi-Tour, die wir im letzten Jahr hatten. Da war ein Bus gemietet worden und der Führer kam kostenlos dazu. Das haben wir teuer bezahlt. An jeder Stelle gab es Extra-Kosten, dafür war es schlecht organisiert. Schon beim ersten Stopp habe ich mich daher mit einigen Ko-Fellows von der Tour verabschiedet. Es lohnt sich, eine ordentliche Tour zu buchen.
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Samstag, 4. Februar 2023
Massaker von 1984
urmila, 18:58h
1984 wurde Indira Gandhi umgebracht. Von einem Sikh. Vorausgegangen war die Operation Blue Star und eine längere Geschichte der separatistischen Bewegung von Sikhs und deren staatlicher Unterdrückung. Dies alles kulminierte im Herbst 1984 in Massakern von Sikhs in Nord-Indien. Laut Wikipedia wurden alleine in Delhi 2800 Sikhs umgebracht. Mukundans Roman "Delhi. A Soliloquy" beschreibt die Grauen eindrücklich.
Als ich letztes mit meinen drei Nichten (Jahrgänge 1969, 1977 und 1979) zusammen sass, kamen wir darauf zu sprechen. Sie lebten damals im Zentrum Delhis, in der Nähe des Bengali Markets. Alle drei erinnerten sich an die Massaker, obwohl sie erst 5, 7 und 15 Jahre alt waren. Sie wussten wie grausam sie waren. Wie Sikhs auf offener Strasse umgebracht wurden. Sie erzählten wir in ihrer Nachbarschaft Patrouille gelaufen wurde, um die dort lebenden Sikhs zu schützen. In ihrer Erinnerung ist dort auch nichts passiert. In ihrem Haus wohnte ein Sikh. Bis zu den Massakern trug er Bart, wie dies für Sikhs üblich war und was sie erkennbar machte. Meine Nichten erinnerten sich, wie er dann auf einmal glatt rassiert war.
Als ich Mukundans Roman gelesen hatte, war mir bewusst geworden, wie stark die Massaker in Delhi Spuren hinterlassen haben müssen. Mein Vermieter ist Sikh, sein Vater hat Turban getragen. Sie müssen schlimmes durchgemacht haben. Das ist aber etwas, wonach ich nicht fragen kann. Um so überraschter war ich, als meine Nichten so eine klare Erinnerung daran hatten und darüber sprachen.
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Freitag, 3. Februar 2023
Eine neue Generation
urmila, 19:38h
Als ich im Oktober nach Delhi kam, hatte ich nicht wirklich Lust, meine Familie zu treffen. In der Vergangenheit fand ich Aufenthalte bei der Familie häufig sehr langweilig und anstrengend. Wir hatten keine gemeinsamen Themen und haben uns gegenseitig nicht wirklich verstanden.
Und so habe ich meine Familie erstmal nicht kontaktiert. Zwei Nichten (Töchter einer Cousine), mit denen ich auf Facebook befreundet bin, haben mitbekommen, dass ich da bin und haben mich angeschrieben. Bei der Familie war ich mittlerweile zweimal und es war ganz nett. Ich kann Spaß mit ihnen haben und offen mit ihnen reden, auch über meine Partnerin.
Und so habe ich dann auch noch eine andere Nichte (Tochter eines Cousins) kontaktiert (sie ist Mitte Zwanzig, die anderen über Vierzig). Vor zehn Jahren war sie ein netter Teenager und hat uns in Deutschland besucht. Und ist jetzt eine selbstbewusste junge Frau. Mit ihr und ihren Freundinnen konnte ich unter anderem über unterschiedlichste Genderfragen kritisch reden und hatte Spaß beim Kartenspielen. Das meine Freundin meine Partnerin ist, war ihnen klar. Auch wenn eine arrangierte Ehe für sie eine Option ist, stellen sie Anforderungen (sie wollen weiter berufstätig sein, nicht mit den Schwiegereltern zusammenleben, sich trennen können, etc.). Die Einstellungen und Reflektion hat sich sehr geändert. Und auch die Eltern gehen Teile mit, lassen sich auf die Anforderungen beim Arrangieren ein und würden auch eine Liebesheirat akzeptieren. Nur geheiratet muss werden, möglichst bald.
In den nächsten Tagen werde ich beide Familien mit meiner Partnerin besuchen. So was hätte ich vor zwanzig, dreissig Jahren in meiner Familie nicht gemacht.
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Donnerstag, 2. Februar 2023
Unlimited Girls
urmila, 20:01h
2004 bin ich durch das Queere Indien gereist und habe Interviews gemacht (und danach auch dazu geschrieben). Dabei habe ich Paromita Vohras Dokumentarfilm Unlimited Girls kennengelernt.
Heute haben wir den im Büro gemeinsam angeschaut. Einige kannten ihn schon, die meisten nicht. Manche kannten einzelne feministische Protagonistinnen*. Auch wenn er 20 Jahre alt war, hat er auch heute noch zu uns gesprochen. Aber er kam ganz offensichtlich auch aus einer anderen politischen Zeit, in der die Bundespolitik nicht so zum Fürchten war wie zur Zeit.
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Mittwoch, 1. Februar 2023
Metro fahren
urmila, 07:36h
Eine der besten Sachen, die Delhi in den letzten 20 Jahren verändert hat, ist die Metro. Damit kommt mensch gut und sicher an viele Orte in der Stadt. Im Ladies Coach ist es auch meistens nicht überfüllt.
Wir Berliner Fellows fahren damit in der Regel zu unserem Kolloquium in den Norden der Stadt. Und schwärmen davon. Das hat Auswirkungen. Die junge Kollegin, die die Metro für zu voll gehalten hat, fährt jetzt auch meist nach dem Kolloquium mit der Metro nach hause. Eine andere indische Fellow hat sich auch von uns mitziehen lassen und ist zum erstenmal seit 15 Jahren wieder Metro gefahren. Und sie war begeistert, über die Sauberkeit und Nutzbarkeit. Dass wir zu Fuß zur Metro gehen, und das auch bei Dunkelheit, fand sie erst überraschend, hat sich aber dann darauf eingelassen. Abends hat sie sich dann vom Fahrer ihrer Familie von der Metrostation abholen lassen.
Dass die Verkehrsmittelwahl mit Klassenstatus zusammenhängt, ist auch in Deutschland nicht anders. Will mensch hier Mitglieder der Mittelklasse in die Metro holen, muss wohl aber noch mehr als in Deutschland Überzeugungsarbeit gemacht werden.
Und natürlich ist die Verkehrsmittelwahl auch gegendert. Frauen* sind hier weniger mobil als Männer*. Der öffentliche Raum gilt als unsicher und ist es teilweise auch. Wenn frau es sich da leisten kann, nimmt sie daher eher das Auto als die Metro. Um das zu ändern, müssen auch die Wege von und zur Metro sicherer werden.
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Montag, 30. Januar 2023
Kochen
urmila, 11:08h
Ich habe mir nun endlich auch indische Gewürze gekauft. Und ein Nudelholz. Und Atta, das lokale Mehl. So konnte ich nun auch beginnen, indisches Essen zu kochen. Das Weißkohlgericht habe ich schon unzählige Male in Deutschland gekocht. Chapatis habe ich aber (fast) erstmalig versucht. Und sie waren essbar! wenn auch noch verbeserungsfähig.
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