Sonntag, 6. März 2022
Kennzeichen des Rassismus
Es gibt sehr verschiedene Vorstellungen davon, was Rassismus ist. Auch hier im Blog wird meiner Analyse, dass eine rassistische Aussage vorliegt, immer mal wieder widersprochen. Daher dieser Beitrag, der mein Verständnis von Rassismus explizit macht.

Meine Analysen sind in der kritischen Rassismusforschung verankert. Besonders beeinflusst bin ich von den Theorien Paul Mecherils. Ihm folge ich auch in der Definition von Rassismus (vergleiche Paul Mecheril, Einführung in die Migrationspädagogik, Weinheim, 2004, 193-194). Danach ist Rassismus, wie er hier im Blog analysiert wird, durch folgende vier Punkte gekennzeichnet:

Erstens, werden Menschen aufgrund bestimmter physiognomischer und/oder sozialer Merkmale differenziert und diese einer bestimmten natio-ethno-kulturellen Herkunft zugeschrieben (Prozess der Rassifizierung).

Zweitens, werden die als anders definierten Merkmale mit einer unterstellten kollektiven Mentalität der als anders definierten Menschen verbunden.

Drittens, werden die als Anders definierten abgewertet und das Eigene als überlegene Norm definiert.

Viertens, besteht die Macht diese Ausgrenzungspraxen gesellschaftlich durchzusetzen und als legitime (und natürliche) Form der Differenzierung anzusehen.

Die (Re)Produktion von Rassismen bedarf daher keiner intentionalen bewußten Handlung. Rassismen werden von uns allen permanent und immer wieder - und zumeist unbewusst und ungewollt - (re)produziert. Aber auch die unbewusste und ungewollte (Re)Produktion ist gewalttätig und muss als solche erkannt und bekämpft werden.

Wenn in diesem Blog Aussagen oder Handlungen als rassistisch bezeichnet werden, geht es darum eine solche Analyse vorzunehmen und nicht der handelnden Person eine bewusste intentionale (Re)Produktion von Rassismus zu unterstellen.

PS: Dieser Beitrag wurde zuerst am 09.09.2009 veröffentlicht. Den Originalbeitrag habe ich gelöscht, da er auf einer rechten Seite verlinkt wurde.

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Geschichte der Migration aus Indien nach Deutschland
Vor sechs Jahren habe ich einen Überblicksartikel über die Migration aus Indien nach Deutschland geschrieben, in dem ich vor allem auch auf die bereits bestehende Literatur zum Thema verwiesen habe. So wollte ich den aktuellen Forschungsstand zugänglich machen. Die Herausgebenden des Buchprojektes gefielen aber die vielen Verweise nicht, so dass der Artikel nicht veröffentlicht wurde. Seitdem überlege, wo ich ihn stattdessen veröffentlichen kann und weiss, dass ich ihn aktualisieren muss, um neuere Literatur miteinzubeziehen. Da ich aber beides bisher nicht geschafft habe, habe ich ich den Artikel (mit Stand 2016) jetzt auf meiner Webseite hochgeladen:

A History of Indian migration to Germany


Viel Spaß beim Lesen!

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Montag, 29. November 2021
Podcast: Is the fall of the Berlin Wall still relevant to the students?
Can the fall of the Wall still be relevant as a research topic, especially among students, who were born after this historic event?

Dr. Stefan Karsch, CENTRAL Network coordinator from the Humboldt-Universität zu Berlin talks to Urmila Goel, who has offered a seminar on this topic in the field of European Ethnology and found out that a lot can be learned from the students.

Dr. Stefan Karsch, CENTRAL Network coordinator from the Humboldt-Universität zu Berlin talks to Prof. Urmila Goel, who has offered a seminar on this topic in the field of European Ethnology and found out that a lot can be learned from the students.

>>Zum Podcast.

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Montag, 15. November 2021
Die fünfte Wand
Navina Sundaram war eine der ersten nicht-weißen Journalist_innen des bundesdeutschen Fernsehens. Eine Journalistin, die aus Indien stammte und in Hamburg sesshaft wurde. Die über Indien, postkoloniale Verflechtungen in den verschiedensten Ecken der Welt und über Deutschland berichtete. Eine schlaue, mutige Frau, die mit so manchen Hürden zu kämpfen hatte. Eine Journalistin, die für viele sehr wichtig war.

Merle Kröger und Mareike Barnien haben nun zusammen mit Navina Sundaram ein Online-Archiv rund um ihre Arbeiten kuratiert: Die fünfte Wand.

Spannende Einblicke in die (Fernseh)Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

PS 14.01.22: In Berlin startet dieses Wochenende eine Veranstaltungsreihe zu Filmen von Navina Sundaram.

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Dienstag, 26. Oktober 2021
Kolonialismus in Papua-Neuguinea
Ich habe gerade Katharina Döblers Roman Dein ist das Reich gelesen und dabei viel gelernt. Es geht dabei um Missionare (und ihre Frauen) in Kaiser-Wilhelms-Land, wie die deutschen Kolonisator_innen den von ihnen besetzten Teil dessen was später Papua-Neuguinea werden sollte, nannten. Döbler erzählt dabei eine verflochtene Geschichte nicht nur zwischen Papua-Neuguinea und Deutschland. Im Zentrum stehen die jungen Missionare und wie sie zu Missionaren werden, wie sie Familien gründen, was die Mission mit ihren Frauen und Kindern macht. Es geht um Kolonialismus, aber auch um Nationalsozialismus. Und um Kriege und Familiengeschichten/-geheimnisse. Sehr spannend.

Als Kulturanthropologin fand ich das Buch auch spannend, weil zur gleichen Zeit wie die Hauptfiguren in Kaiser-Wilhelms-Land ankommen, Bronislaw Malinowski nicht weit davon in Britisch-Neuguinea ankommt und die Grundlage für seinen Ruhm als Ethnologe legt. In Döblers Buch gibt es ab und zu auch kurze Verweise auf Forscher, die vorbeikommen. So ergänzen sich der Roman und Malinowskis Ethnografie auf spannende Weise.

Katharina Döbler hat unter anderem mit dem Deutschlandfunk und der taz über ihr Buch und die Bezüge zu ihrer eigenen Familiengeschichte gesprochen.

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Montag, 20. September 2021
Anton-Wilhelm-Amo-Strasse
NPD-Plakat gegen die Umbenennung der Möhrenstrasse


Die letzten sechs Jahre habe ich in der Möhrenstrasse gearbeitet. Und nicht immer konnte ich aus dem O ein Ö machen. So musste ich einen rassistischen Straßennamen in die Welt schicken. Nicht nur mir war das unangenehm und so gibt es schon seit vielen, vielen Jahren (weit mehr als sechs) Engagement von vielen unterschiedlichen Gruppen und Personen, um den Straßennamen zu ändern. Auf der Seite des Instituts für Europäische Ethnologie gibt es dazu ein paar Informationen. Mittlerweile hat die Bezirksverordnetenversammlung Mitte beschlossen, die Strasse in Anton-Wilhelm-Amo-Strasse umzubenennen. Anstatt Rassismus zu reproduzieren lässt sich damit in Zukunft mit dem Straßennamen an einen versklavten Menschen, der es in die Wissenschaft geschafft hat, erinnern.

Bis dahin wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Denn es mit Widersprüchen zu rechnen, die den Prozess aufhalten. Mit dabei die NPD (siehe Foto oben).

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Sonntag, 12. September 2021
Autonormativität und Rassismus
AFD-Plakat "Weniger abschleppen. Mehr Abschieben"


Man könnte meinen Verkehrspolitik und Abschieberegelungen haben nichts miteinander zu tun. Dieses AfD-Plakat mit dem Slogan "Weniger abschleppen. Mehr Abschieben" zeigt aber deutlich, dass ökologische Verkehrspolitik und Rassismuskritik miteinander verbunden sind. Sie sind beide menschenfreundlich und unterstützen die strukturell Schwächeren. Und das ist etwas was die AfD nicht möchte. Sie ist immer auf der Seite der strukturell Stärkeren und versucht mit aller Macht, deren Vorteile zu sichern.

Auch andere sogenannte konservative und liberale Parteien (und in Berlin auch die sozialdemokratische) tun sich im Wahlkampf gerade damit hervor, Autointeressen zu vertreten. Zum Teil behaupten sie, damit die Interessen des "kleinen Mannes" zu schützen. Da gilt es genauer hinzuschauen, wessen Interessen tatsächlich gefördert werden und wessen völlig ausgeblendet werden.

Rassismus und Autonormativität sind durchaus miteinander verknüpft. Je weniger Chancen mensch auf dem Wohnungsmarkt hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass mensch unter Verkehrslärm, -verschmutzung und -gefahr leiden muss. Und je peripherer die Arbeitsplätze sind (zeitlich und geographisch) desto schlechter ist die Anbindung an den ÖPNV.

Hinweis: Ich bin aktiv im VCD Nordost.

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Freitag, 10. September 2021
Identitti
Mithu Sanyals Buch "Identiti" vor Kali-Plakat


Von allen Seiten wurde ich auf das Buch hingewiesen. Im Radio wurde es besprochen, in der Zeitung auch. Eine Kollegin wies mich drauf hin, Studierende fragten, ob ich das Buch gelesen habe, und meine Mutter erzählte von der Lesung im Radio. Ein Buch eines InderKindes über InderKinder. Das musste ich wohl lesen. Auch wenn ich eigentlich keine Lust drauf hatte. Identitätspolitik ist nicht so mein Ding. Also begann ich mit großen Vorbehalten Mithu Sanyals Buch "Identitti" und las mit immer größerer Begeisterung. Von wegen Identitätspolitik. Aber auch nicht Bashen von Identitätspolitik. Anstatt dessen eine kluge, differenzierte Auseinandersetzung mit Identitätspolitiken, antirassistischen Politiken, universitärer Lehre, aktivistischen Zusammenhängen, usw. So viele Andockpunkte zum meinem Leben und Denken. Die InderKinder-Welten natürlich auch, aber nicht vor allem.
Lest "Identitti"!

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