Dienstag, 26. Oktober 2021
Kolonialismus in Papua-Neuguinea
Ich habe gerade Katharina Döblers Roman Dein ist das Reich gelesen und dabei viel gelernt. Es geht dabei um Missionare (und ihre Frauen) in Kaiser-Wilhelms-Land, wie die deutschen Kolonisator_innen den von ihnen besetzten Teil dessen was später Papua-Neuguinea werden sollte, nannten. Döbler erzählt dabei eine verflochtene Geschichte nicht nur zwischen Papua-Neuguinea und Deutschland. Im Zentrum stehen die jungen Missionare und wie sie zu Missionaren werden, wie sie Familien gründen, was die Mission mit ihren Frauen und Kindern macht. Es geht um Kolonialismus, aber auch um Nationalsozialismus. Und um Kriege und Familiengeschichten/-geheimnisse. Sehr spannend.

Als Kulturanthropologin fand ich das Buch auch spannend, weil zur gleichen Zeit wie die Hauptfiguren in Kaiser-Wilhelms-Land ankommen, Bronislaw Malinowski nicht weit davon in Britisch-Neuguinea ankommt und die Grundlage für seinen Ruhm als Ethnologe legt. In Döblers Buch gibt es ab und zu auch kurze Verweise auf Forscher, die vorbeikommen. So ergänzen sich der Roman und Malinowskis Ethnografie auf spannende Weise.

Katharina Döbler hat unter anderem mit dem Deutschlandfunk und der taz über ihr Buch und die Bezüge zu ihrer eigenen Familiengeschichte gesprochen.

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Montag, 20. September 2021
Anton-Wilhelm-Amo-Strasse
NPD-Plakat gegen die Umbenennung der Möhrenstrasse


Die letzten sechs Jahre habe ich in der Möhrenstrasse gearbeitet. Und nicht immer konnte ich aus dem O ein Ö machen. So musste ich einen rassistischen Straßennamen in die Welt schicken. Nicht nur mir war das unangenehm und so gibt es schon seit vielen, vielen Jahren (weit mehr als sechs) Engagement von vielen unterschiedlichen Gruppen und Personen, um den Straßennamen zu ändern. Auf der Seite des Instituts für Europäische Ethnologie gibt es dazu ein paar Informationen. Mittlerweile hat die Bezirksverordnetenversammlung Mitte beschlossen, die Strasse in Anton-Wilhelm-Amo-Strasse umzubenennen. Anstatt Rassismus zu reproduzieren lässt sich damit in Zukunft mit dem Straßennamen an einen versklavten Menschen, der es in die Wissenschaft geschafft hat, erinnern.

Bis dahin wird wohl noch etwas Zeit vergehen. Denn es mit Widersprüchen zu rechnen, die den Prozess aufhalten. Mit dabei die NPD (siehe Foto oben).

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Sonntag, 12. September 2021
Autonormativität und Rassismus
AFD-Plakat "Weniger abschleppen. Mehr Abschieben"


Man könnte meinen Verkehrspolitik und Abschieberegelungen haben nichts miteinander zu tun. Dieses AfD-Plakat mit dem Slogan "Weniger abschleppen. Mehr Abschieben" zeigt aber deutlich, dass ökologische Verkehrspolitik und Rassismuskritik miteinander verbunden sind. Sie sind beide menschenfreundlich und unterstützen die strukturell Schwächeren. Und das ist etwas was die AfD nicht möchte. Sie ist immer auf der Seite der strukturell Stärkeren und versucht mit aller Macht, deren Vorteile zu sichern.

Auch andere sogenannte konservative und liberale Parteien (und in Berlin auch die sozialdemokratische) tun sich im Wahlkampf gerade damit hervor, Autointeressen zu vertreten. Zum Teil behaupten sie, damit die Interessen des "kleinen Mannes" zu schützen. Da gilt es genauer hinzuschauen, wessen Interessen tatsächlich gefördert werden und wessen völlig ausgeblendet werden.

Rassismus und Autonormativität sind durchaus miteinander verknüpft. Je weniger Chancen mensch auf dem Wohnungsmarkt hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass mensch unter Verkehrslärm, -verschmutzung und -gefahr leiden muss. Und je peripherer die Arbeitsplätze sind (zeitlich und geographisch) desto schlechter ist die Anbindung an den ÖPNV.

Hinweis: Ich bin aktiv im VCD Nordost.

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Freitag, 10. September 2021
Identitti
Mithu Sanyals Buch "Identiti" vor Kali-Plakat


Von allen Seiten wurde ich auf das Buch hingewiesen. Im Radio wurde es besprochen, in der Zeitung auch. Eine Kollegin wies mich drauf hin, Studierende fragten, ob ich das Buch gelesen habe, und meine Mutter erzählte von der Lesung im Radio. Ein Buch eines InderKindes über InderKinder. Das musste ich wohl lesen. Auch wenn ich eigentlich keine Lust drauf hatte. Identitätspolitik ist nicht so mein Ding. Also begann ich mit großen Vorbehalten Mithu Sanyals Buch "Identitti" und las mit immer größerer Begeisterung. Von wegen Identitätspolitik. Aber auch nicht Bashen von Identitätspolitik. Anstatt dessen eine kluge, differenzierte Auseinandersetzung mit Identitätspolitiken, antirassistischen Politiken, universitärer Lehre, aktivistischen Zusammenhängen, usw. So viele Andockpunkte zum meinem Leben und Denken. Die InderKinder-Welten natürlich auch, aber nicht vor allem.
Lest "Identitti"!

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Montag, 9. August 2021
"Die Experten" von Merle Kröger
Das Sommersemester war so turbulent, dass ich jetzt erst dazu komme, zu meiner Frühjahrslektüre zu schreiben:



Eine meiner liebsten Autorinnen, Merle Kröger, hat im Frühjahr nach gründlichen Recherchen einen neuen Roman veröffentlicht. In "Die Experten" erzählt sie die Geschichte von deutschen Flugzeug- und Raketenexperten, die in den 1960ern in Kairo an der Entwicklung von Kriegswaffen arbeiten. Die Hauptfigur des Thrillers ist die Tochter eines der Experten. Wir begleiten Rita dabei, wie sie Kairo erforscht, langsam erwachsen wird und sich zunehmend kritisch mit der Arbeit ihres Vaters und seiner Kollegen auseinandersetzt.

Das Buch ist nicht nur toll recherchiert, sondern auch toll geschrieben und zieht die Leser_in in diese Welt rein. Sehr zu empfehlen.

PS: Es gibt auch schon eine ganze Menge begeisterter Rezensionen.

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Freitag, 19. Februar 2021
Veranstaltung: Die Generation Indernet
Flyer für die Veranstaltung


Ende der Neunzigerjahre begannen die Kinder indischer/südasiatischer Migrant_innen in Deutschland sich zu vernetzen. Unter anderem organisierten sie Partys, Seminare und schufen Internetprojekte. Anlässlich des 20jährigen Bestehens des Online Portals theinder.net wollen wir mit Akteur_innen von früher und heute darüber sprechen, was damals passiert ist, was es angestoßen hat, wie oder ob wir davon heute noch geprägt sind und wie sich eine kreative Szene gegenwärtig entwickelt hat.

Moderation: Nisa Punnamparambil-Wolf (M.A. Soziologin)

Panelists : Urmila Goel (Humboldt Universität zu Berlin), Bijon Chatterji (theinder.net), Latha Mani (Sandhikta), Manoj Kurian Kallupurackal (Masala Movement)

Offene Diskussion für alle Teilnehmer_innen.

Eine virtuelle Veranstaltung von theinder.net in Kooperation mit Urmila Goel, Institut für Europäische Ethnologie, Humboldt Universität zu Berlin.

Bitte bis zum 14.03.2021 per E-Mail an indernet@urmila.de anmelden. Bitte vollständigen Namen angeben. Der Teilnahmelink wird nach Registrierung kurz vor der Veranstaltung per E-Mail versendet.

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Mittwoch, 2. Dezember 2020
Das Indernet
Nach 20 Jahren Arbeit ist mein Buch endlich erschienen:

Das Indernet


Das Indernet

Eine rassismuskritische Internet-Ethnografie


Im Jahr 2000 gründeten drei junge Männer das Internetportal »Indernet« ? einen deutschsprachigen Raum von »Indern der zweiten Generation« für »Inder der zweiten Generation«. Aufbauend auf Material, das sie über 17 Jahre gesammelt hat, legt Urmila Goel in ihrer Ethnografie drei Mosaike dieses virtuellen Raums. Sie beschreibt, wie die unterschiedlichen Teile des Portals (Artikel, Forum, Gästebuch, etc.) genutzt wurden und zeichnet die Entwicklungsschritte des Community-Portals von seiner Gründung bis zum Umzug ins Web 2.0 nach. Dabei analysiert sie rassismuskritisch, wie das »Indernet« zu einem Raum der natio-ethno-kulturellen (Mehrfach-)Zugehörigkeit wurde und welche Ausschlüsse damit einhergingen.

Kostenloser Download

Nachtrag 26.03.21: Die erste Rezension des Buches ist auf H/Soz/Kult erschienen.

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