Dienstag, 23. Juni 2015
Internationaler Yoga Tag
Die Medien sind voll. Auch die sozialen Medien. Alle Welt macht Yoga. Zusammen an einem Tag. Durchgesetzt hat das der Premierminister Indiens, Narendra Modi. Der hat auch mitgemacht am Yoga Tag. Und eine Ansprache gehalten. Die wurde unter anderem am Brandenburger Tor übertragen. Mit Yoga-Matten davor.

Wissen die ganzen Yoga-Machenden eigentlich, wer da zu ihnen spricht? Wer Yoga zum Teil seines hindu-nationalistischen Indiens macht? Wie geht die ganze friedfertige Rhetorik des Yoga(-Tages) zusammen mit der Politik der Hindu-Nationalist_innen rund um Modi? Mit Pogromen gegen Muslim_innen und andere Marginalisierte? Mit Heterosexismus und Chauvinismus in jeglicher Form?

Meine aktivistischen FB-Freund_innen aus Indien haben alle nicht zum Yoga-Tag aufgerufen. Ganz im Gegenteil, sie haben zum Boykott aufgerufen, um die nationalistische Vereinnahmung von Yoga zu verhindern. In deutschen Medien habe ich davon nichts mitbekommen. Wie allgemein Kritik an Modi kaum geäußert wird.

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Sonntag, 21. Juni 2015
Coming in
In einem Videoregal eines großen Technik-Geschäfts.


Kürzlich schaute ich mir die Videoauswahl in einem der großen Technik-Geschäfte an. Gleich zwei Filme mit dem Titel "Coming in" waren im Angebot. Und beide beschäftigten sich damit, dass Schwule Hetero werden. Kann es natürlich geben. Spannend ist aber doch, dass gleich mehrere Filmemacher_innen das Bedürfnis haben, auf diese Weise die Hetero-Welt wieder zurecht zu rücken.

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Mittwoch, 10. Juni 2015
Veranstaltung in Braunschweig: Integration
Der AStA der TU Braunschweig hat mich diesen Freitag um 20.00 Uhr zum Vortrag eingeladen:

Was heißt eigentlich Integration?
Rassismuskritische Überlegungen zu einer gesellschaftlichen Debatte

Integration ist ein vieldiskutiertes Thema in Deutschland. Menschen mit dem sogenannten Migrationshintergrund werden dazu aufgefordert, sich zu integrieren. Ihre Integration in die Gesellschaft wird in Frage gestellt oder gar für unmöglich gehalten. Im Vortrag wird diese Debatte aus einer rassismuskritischen Perspektive betrachtet und gefragt, was nötig wäre, um eine Gesellschaft zu gestalten, an der alle gleichberechtigt teilhaben können.

Mehr Informationen zur Veranstaltung auf Facebook.

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Samstag, 6. Juni 2015
Leseempfehlung: Havarie von Merle Kröger


Das Mittelmeer. Männer versuchen es in einem Schlauchboot zu überqueren. Auf der Suche nach einem besseren Leben. Das ist ein Erzählstrang von Merle Krögers neuem Roman „Havarie“ (ariadne kriminalroman).

Es geht aber nicht nur darum. Vielmehr bringt Merle Kröger in ihrem Roman verschiedene (Lebens)Geschichten zusammen. Es gibt kein einfaches Gut und Böse. Auch die Menschen auf dem Kreuzfahrtschiff, das auf das treibstofflose Schlauchboot trifft, die Besatzung eines Frachters, der in der Nähe fährt, und die Besatzung des Seenotrettungsschiffs, das die Schlauchbootfahrenden aufnehmen soll, sind komplexe Personen und haben ihre eigene Geschichten. Sie sind mehr als nur einfach reiche Reisende, proletarische Touristen oder privilegierte Schiffsoffiziere. Ihre Geschichten werden von Merle Kröger in den verschiedenen Erzählsträngen entwickelt und verwickelt. Die historischen Bezüge gehen dabei vom Halbmondlager (zu dem Philip Scheffner und Merle Kröger den Film Halfmoon Files gemacht haben) bis zu den kriegerischen Konflikten in der Ukraine und Syrien heute. Dabei entwickeln sich diese Geschichten organisch. Trotz ihrer Vielzahl werden es nicht zu viele.

Die meisten Charaktere haben dabei auch sympathische Züge. Nur Nike, der Sicherheitschef an Bord des Kreuzfahrtschiffs, wirkt durch und durch unsympathisch. Ein Vertreter der indischen Mittelklasse, ein BJP-Anhänger und in die Pogrome gegen Muslime in Gujarat 2002 verwickelt. Und mit Urmila verheiratet, die sich um Haus und Kinder kümmert. (Das hat durchaus Anklänge an die mythologische Urmila.)

Eine spannende Lektüre. Sehr zu empfehlen.

Und ich bin schon gespannt auf den Dokumentarfilm zum Thema. Denn ‚Havarie‘ ist wie ‚Grenzfall‘ die fiktive Verarbeitung von einem realen Fall, zu dem Philip Scheffner und Merle Kröger einen Dokumentarfilm gemacht haben (der Film „Revision“) bzw. machen.

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Sonntag, 31. Mai 2015
Veranstaltung in München: Vor dem Migrationshintergrund
Sonntag, 7. Juni 2015, 19.00 Uhr
Pasinger Fabrik, August-Exter-Str.1, 81245 München
Tickets: EUR 12/EUR 10 (erm.)

Der Musiker Roman Chowdhury, die Choreographin/Wissenschaftlerin Sandra Chatterjee und die Wissenschaftlerin Urmila Goel setzen sich in ihrer Arbeit u.a. damit auseinander, dass ihnen ein sog. “Migrationshintergrund” – irgendwo in Südasien verortet – zugeschrieben wird. Sie stellen ihre unterschiedlichen aber miteinander verbundenen Perspektiven vor. Zusammen mit der Kulturwissenschaftlerin Simone Egger, die sich u.a. mit dem Thema Heimat befasst, diskutieren sie mit dem Publikum.

Urmila spricht über das Buch InderKinder. Über das Aufwachsen und Leben in Deutschland, das autobiographische Erzählungen und wissenschaftliche Essays von “InderKindern” versammelt.

Roman zeigt Musikvideos aus seinem Album You and Me in dem er seine bikulturelle Herkunft (Bangladesh/Deutschland) reflektiert. Er greift persönliche und politische Erfahrungen auf – aus der Perspektive einer ”Person Of Color – made in Germany.“

Sandra zeigt Ausschnitte aus ihrer choreographischen Arbeit, in der sie – inspiriert von GrenzgängerInnen der 1920er und 30er Jahre – exotifizierende Blicke erwidert.

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Samstag, 23. Mai 2015
Gleichstellung von Homo-Ehe
Es ist sicher ein wichtiger symbolischer Schritt, dass in Irland der Volksentscheid für die Gleichstellung der Homo-Ehe wohl erfolgreich war (siehe tagesschau.de). Das mag die Akzeptanz von nicht-heteronormativen Lebensentwürfen stärken und Härten aus manchen Leben nehmen.

Wobei es wohl eher Härten aus dem Leben von eher privilegierten Personen nimmt und eher Lebensentwürfe, die recht nah an heteronormativen Vorstellungen dran sind, in der Akzeptanz stärkt.

Mit der Stärkung der Institution Ehe wird gleichzeitig auch deren ausgrenzende und patriarchale Wirkung gestärkt. Ehe ist nicht so mein Ding und Homo-Ehe nicht gerade der Schritt zur Gleichstellung, den ich sehr wichtig finde. Aber ist schon ok, wenn dafür gekämpft wird.

Wenn ich an Irland denke, schockte mich allerdings weniger die fehlende Gleichstellung der Homo-Ehe. Viel schlimmer finde ich das fehlende Recht auf Abtreibung. Das führt nicht nur dazu, dass Frauen nicht autonom über ihren Körper und ihren Lebensentwurf entscheiden können. Es führt auch immer wieder zu Todesfällen, weil eine für die Mutter lebensrettende Abtreibung nicht eingeleitet wird, solange das Kinder noch (etwas) lebt.

Wenn Irland jetzt so furchtbar liberal geworden ist, sollte das Abtreibungsrecht auch schnell geändert werden. Es wäre klasse, wenn sich all die Homo-Ehe-Befürwortenden auch dafür einsetzen würden.

Nachtrag 28.05.15: Laut taz steht nun tatsächlich das Abtreibungsverbot auf der politischen Agenda:

"Die stellvertretende Premierministerin Joan Burton sagte gestern, ihre Labour Party werde ab sofort dafür kämpfen, dass das Abtreibungsverbot aus der Verfassung gestrichen wird."

Das hört sich gut an.

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Montag, 18. Mai 2015
Machtkämpfe an Unis
Professor_innen sind frei in ihrer Lehre und Forschung. Und das ist auch wichtig. So können unterschiedliche Forschungs- und Lehrmeinungen koexistieren. So können auch widerständige Positionen eingenommen werden (wenn der Professor_innenstatus erreicht ist). Es ist ein wichtiges Recht, dass nicht eingeschränkt werden darf.

Professor_innen sind mächtig. Sie können fast nicht kontrolliert werden (die Kehrseite der Freiheit der Lehre und Forschung). Sie produzieren Wissen. Und haben dabei viel Autorität.

Die Professor_innenschaft reproduziert sich tendentiell aus eher privilegierten gesellschaftlichen Positionen (dominanzdeutsch, Mittel- und Oberschicht, Cis-männlich, heterosexuell, innerhalb der Körper- und Gesundheitsnormen, etc.). Wissenschaftler_innen aus marginalisierteren Positionen haben es schwerer in diese Machtposition zu kommen (da die Ausgangspositionen schlechter sind und die Rekrutierungsmechanismen sie eher nicht fördern). Daher kann vermutet werden, dass unter Professor_innen der Anteil derer, die gesellschaftliche Ungleichheitsverhältnisse nicht in Frage stellen wollen bzw. sich selbst nicht hinterfragen wollen, eher überdurchschnittlich ist. So werden auch aus professoralen Positionen u.a. Rassismen, Heterosexismen, Klassismen, Behindertenfeindlichkeiten, etc. reproduziert.

Dagegen vorzugehen ist nicht einfach. Wegen der zu schützenden Freiheit der Forschung und Lehre. Und wegen des Abhängigkeitsverhältnisses in dem Studierende zu Professor_innen stehen. Ein Dilemma. Nicht leicht zu lösen.

Es gibt Initiativen, die meinen sie können es lösen, in dem sie Öffentlichkeitsarbeit machen. Professor_innen öffentlich (auch anonym) anklagen. Da steht dann häufig Aussage gegen Aussage und es ist schwer dahinter zu steigen, was genau passiert ist. Insbesondere da auch die Einschätzungen darüber, wann Rassismen, Heterosexismen, etc. beginnen unterschiedlich ist. Und weil es manche Interventionen gibt, die eher auf Aktionismus als genaues Abwägen wert legen.

Als Lehrende an einer Universität finde ich das ein wichtiges Thema. Wie können Lehrende und Studierende mit den Machtungleichheiten, Hierarchien, Reproduktionen von Machtungleichheiten produktiv umgehen, ohne in Zensur oder Beliebigkeit zu verfallen? Es gibt Arbeitsgruppen an Unis, die sich mit solchen Fragen beschäftigen, sich den Ambivalenzen und Schwierigkeiten stellen.

Und es gibt die Frankfurter Allgemeine, die Praktiken, die kritisch hinterfragt werden können und sollten, dazu nutzen, die professoralen Eliten zu stützen. Die sie als Rechtfertigung nehmen, Rassismuskritik und Feminismus zu verunglimpfen. Spannend wie der FAS-Artikel von der Unterstützung der männlicher Professor_innen zur Ablehnung einer Person mit Professor_innenstatus wechselt, die sich der Zweigeschlechtlichkeit widersetzt. Ein ganz und gar nicht ausgewogener Artikel, der nichts zur Lösung des Problems beiträgt. Ich kann mich einer Zwischenüberschrift des Artikels nur anschliessen: "Eigentlich geht es um Macht". Auch der FAZ.

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