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Freitag, 1. März 2013
Kein genereller Boykott
urmila, 23:37h
Ich bin froh, dass ich die Einladung nach Israel angenommen habe. Ich habe meinen Horizont unheimlich erweitert. Vor der Reise wusste ich so gut wie nichts über das Land und habe mich (aus Angst mich angreifbar zu machen) auch kaum mit Israel beschäftigt und mich dazu positioniert. Für die Reise habe ich viel gelesen und so schon viel gelernt. Die Begegnungen in Israel haben mir dann Einblicke in viele Facetten Israels und auch in die Kritik an israelischer Politik, wie sie in Israel selbst formuliert wird, gegeben. Ahnung habe ich so noch immer sehr wenig, schliesslich war ich nur eine Woche da und habe nur wenig gesehen und mit wenigen gesprochen, aber ich habe etwas ein Gefühl für die Vielfalt Israels entwickeln können - und mich damit auseinandergesetzt was meine Position als Deutsche (mit Vorfahren, die in der Nazizeit mitgemacht haben) ist.
Vor meiner Reise hatte ich aber auch von Freund_innen gehört, dass sie nicht nach Israel fahren würden. So fragte ich dann in Tel Aviv bei einem gemeinsamen Abendessen zwei arabische Israelis (oder Palästinenser_innen mit israelischer Staatsbürger_innenschaft), was sie von einem Boykott Israels halten würde. Sie waren durchaus für einen Boykott Israels, aber nur mit genauem Blick auf den konkreten Kontext. Sie argumentierten, mensch müsse immer genau schauen, wer was mit welchem Zweck und welchen Leuten organisieren würde, und das dann dementsprechend entscheiden. So erzählten sie von einem arabischen Israel, der in Israel lebe und Israel boykottieren würde. Das hiess, dass er sich bei jeder Anfrage überlege, ob er diese boykottieren müsse oder ob es vertretbar sei, daran teilzunehmen.
Vor meiner Reise hatte ich aber auch von Freund_innen gehört, dass sie nicht nach Israel fahren würden. So fragte ich dann in Tel Aviv bei einem gemeinsamen Abendessen zwei arabische Israelis (oder Palästinenser_innen mit israelischer Staatsbürger_innenschaft), was sie von einem Boykott Israels halten würde. Sie waren durchaus für einen Boykott Israels, aber nur mit genauem Blick auf den konkreten Kontext. Sie argumentierten, mensch müsse immer genau schauen, wer was mit welchem Zweck und welchen Leuten organisieren würde, und das dann dementsprechend entscheiden. So erzählten sie von einem arabischen Israel, der in Israel lebe und Israel boykottieren würde. Das hiess, dass er sich bei jeder Anfrage überlege, ob er diese boykottieren müsse oder ob es vertretbar sei, daran teilzunehmen.
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Bezeichungspraxen (in Israel)
urmila, 23:19h
Die Frauen um uns herum, waren ständig mit ihren Handys beschäftigt. Ständig klingelten sie und die Frauen telefonierten. Dazu wollte ich eine (nicht sonderlich tiefschürfende) Bemerkung machen und sagte etwas wie "you Israeli women". Worauf mich die Palästinenserin freundlich aber entschieden darauf hinwies, dass sie so nicht bezeichnet werden wolle. So versuchte ich es mit "women in Israel", da ich sowohl die Mizrahi Frauen wie auch die Palästinenserinnen um mich rum meinte (und potentiell auch andere). Aber auch das war ihr nicht ausreichend, sie schlug vor, dass ich sagen würde "Jewish and Palestinian women in Israel" (vielleicht war es auch "Arab" und nicht "Palestinian", das habe ich vergessen, was wieder einiges über meine Auffassungsgabe in dem Kontext aussagt). Da hatte ich dann das Gefühl, dass mir die zwei Kategorien zu stark würden, denn eigentlich wollte ich alle Frauen in Israel bezeichnen (und da gibt es auch nicht-jüdisch nicht-palästinensische, auch auf der Konferenz).
Bezeichnungen sind wahrlich nicht unschuldig, sondern durch und durch politisch - nicht so leicht, wenn mensch noch gar nicht so genau weiss, welche politische Botschaft sie ausdrücken will.
Bezeichnungen sind wahrlich nicht unschuldig, sondern durch und durch politisch - nicht so leicht, wenn mensch noch gar nicht so genau weiss, welche politische Botschaft sie ausdrücken will.
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Racial Profiling in Israel
urmila, 23:10h
Meine Ein- und Ausreise nach und von Israel und auch mein Aufenthalt im Land verliefen ohne größere Probleme. Ich scheine nicht in die Kategorie zu gehören, die unter besonderer Beobachtung steht.
Bei der Einreise musste ich nur meinen Pass zeigen, sagen wie mein Vater heisst und was ich im Land will, dann war gut. Eine Freundin von mir (deutsche Staatsbürger_innenschaft, aber geboren in Indien) wurde schon die Einreise vermiest. Kaum war sie aus der Lufthansa-Maschine ausgestiegen, wurde sie als Einzige angesprochen und musste rechtfertigen, was sie in Israel will und warum sie einen deutschen Pass hat. Kein schönes Willkommen.
Unterwegs wurde ich immer mal wieder auf Hebräisch angesprochen, kam problemlos durch die Sicherheitskontrollen bei den Busbahnhöfen und hatte sonst auch keine Probleme (ausser dass mir die starke Präsenz von bewaffneten Soldat_innen im Straßenbild und auch in den Bussen doch unheimlich war).
Zum Flughafen wurde ich von einem Palästinenser gefahren. Kurz bevor wir am Flughafen ankamen, sagte er mir, dass er hoffe, gleich bei der Befragung nicht als Araber erkannt zu werden, sonst würde das Auto durchsucht werden. Er erzählte mir, dass er bei der Befragung bestes Hebräisch sprechen würde, damit wir durchkommen. Das reichte dann aber nicht ganz. Sein Ausweis wurde auch kontrolliert. Da er aber mittlerweile in Nord-Tel Aviv wohnt und sein Name nicht eindeutig muslimisch ist, wurde er nicht als Araber erkannt. Auch mein Pass wurde kontrolliert und ich musste sagen, wo ich war. Dann war die Zitterpartie vorbei und wir konnten weiterfahren.
In der ersten Schlange am Flughafen musste ich meinen Pass zeigen und sagen, was ich im Land gemacht hatte. Die Auskunft, einen Vortrag gehalten zu haben, reichte aus und ich wurde nicht weiter ausgefragt. Rund um mich mussten andere genaue Auskunft geben, bei wem sie wieso waren, woher sie die Personen kennen, was ihre Namen, die Namen der Kinder etc. sind.
Bei der Gepäckkontrolle wurde es dann anstrengender für mich. Viermal musste der Rucksack gescannt werden, bis ein ordentliches Bild da war. In der Schlange für die Handdurchsuchung des Gepäcks stand ich wie die anderen dumm rum und verstand nicht, warum wer rausgerufen wurde und wer stehen gelassen (der Willkür so ausgeliefert zu sein und nichts sagen zu können, ist ziemlich demütigend). Dann wurde mein Rucksack weitgehend ausgeräumt und es dauerte eine Weile bis ich ihn wieder gepackt hatte. Ich wurde zum Check-in begleitet und dann zur Oversize-Gepäckaufgabe (die ganze Zeit ohne zu wissen, warum ich Begleitung von der Security hatte - das war schon spooky).
Aber ich hatte großes Glück. Ich wurde nicht zu einer verstärkten Befragung ins Spezialzimmer genommen. Musste mich nicht ausziehen und in Unterwäsche warten, wie es einer Freundin mit deutscher Staatsbürger_innenschaft und palästinensischem Namen ergangen war, wie es wohl Standard für Palästinenser_innen ist, wie mir mein Fahrer zum Flughafen erzählte, was aber wohl auch anderen passieren kann. Ich hatte Glück bzw. kann falle nicht unter die im racial profiling Ausgesonderten.
Es musste dann nur noch nach einer weiteren Schlange das Handgepäck durchleuchtet werden und ich wirklich alles ablegen (inklusive Uhr und Gürtel), mehr noch als in Heathrow. Nach knapp zwei Stunden war ich dann auch durch die Sicherheitsüberprüfung durch und eingecheckt. Drei Stunden vorher muss mensch wirklich mindestens am Flughafen sein.
Bis dahin war auch alle Erholung und Entspannung, die ich morgens beim Spaziergang am Strand und Karmel Markt in Tel Aviv noch verpürt hatte, völlig vergangen. Ich wollte nur noch weg.
Hier in Deutschland meinte eine Bekannte, die Überüfungen seien doch nicht weiter schlimm, schliesslich wäre mensch so wenigstens sicher, dass kein Anschlag geschehe. Sicher bin ich froh, dass ich nicht in einen Anschlag gekommen bin. Aber ob so wirklich Sicherheit hergestellt werden kann, bezweifele ich. So wird immer wieder Ausgrenzung erlebt und Strategien entwickelt, sich durchzumoggeln.
Bei der Einreise musste ich nur meinen Pass zeigen, sagen wie mein Vater heisst und was ich im Land will, dann war gut. Eine Freundin von mir (deutsche Staatsbürger_innenschaft, aber geboren in Indien) wurde schon die Einreise vermiest. Kaum war sie aus der Lufthansa-Maschine ausgestiegen, wurde sie als Einzige angesprochen und musste rechtfertigen, was sie in Israel will und warum sie einen deutschen Pass hat. Kein schönes Willkommen.
Unterwegs wurde ich immer mal wieder auf Hebräisch angesprochen, kam problemlos durch die Sicherheitskontrollen bei den Busbahnhöfen und hatte sonst auch keine Probleme (ausser dass mir die starke Präsenz von bewaffneten Soldat_innen im Straßenbild und auch in den Bussen doch unheimlich war).
Zum Flughafen wurde ich von einem Palästinenser gefahren. Kurz bevor wir am Flughafen ankamen, sagte er mir, dass er hoffe, gleich bei der Befragung nicht als Araber erkannt zu werden, sonst würde das Auto durchsucht werden. Er erzählte mir, dass er bei der Befragung bestes Hebräisch sprechen würde, damit wir durchkommen. Das reichte dann aber nicht ganz. Sein Ausweis wurde auch kontrolliert. Da er aber mittlerweile in Nord-Tel Aviv wohnt und sein Name nicht eindeutig muslimisch ist, wurde er nicht als Araber erkannt. Auch mein Pass wurde kontrolliert und ich musste sagen, wo ich war. Dann war die Zitterpartie vorbei und wir konnten weiterfahren.
In der ersten Schlange am Flughafen musste ich meinen Pass zeigen und sagen, was ich im Land gemacht hatte. Die Auskunft, einen Vortrag gehalten zu haben, reichte aus und ich wurde nicht weiter ausgefragt. Rund um mich mussten andere genaue Auskunft geben, bei wem sie wieso waren, woher sie die Personen kennen, was ihre Namen, die Namen der Kinder etc. sind.
Bei der Gepäckkontrolle wurde es dann anstrengender für mich. Viermal musste der Rucksack gescannt werden, bis ein ordentliches Bild da war. In der Schlange für die Handdurchsuchung des Gepäcks stand ich wie die anderen dumm rum und verstand nicht, warum wer rausgerufen wurde und wer stehen gelassen (der Willkür so ausgeliefert zu sein und nichts sagen zu können, ist ziemlich demütigend). Dann wurde mein Rucksack weitgehend ausgeräumt und es dauerte eine Weile bis ich ihn wieder gepackt hatte. Ich wurde zum Check-in begleitet und dann zur Oversize-Gepäckaufgabe (die ganze Zeit ohne zu wissen, warum ich Begleitung von der Security hatte - das war schon spooky).
Aber ich hatte großes Glück. Ich wurde nicht zu einer verstärkten Befragung ins Spezialzimmer genommen. Musste mich nicht ausziehen und in Unterwäsche warten, wie es einer Freundin mit deutscher Staatsbürger_innenschaft und palästinensischem Namen ergangen war, wie es wohl Standard für Palästinenser_innen ist, wie mir mein Fahrer zum Flughafen erzählte, was aber wohl auch anderen passieren kann. Ich hatte Glück bzw. kann falle nicht unter die im racial profiling Ausgesonderten.
Es musste dann nur noch nach einer weiteren Schlange das Handgepäck durchleuchtet werden und ich wirklich alles ablegen (inklusive Uhr und Gürtel), mehr noch als in Heathrow. Nach knapp zwei Stunden war ich dann auch durch die Sicherheitsüberprüfung durch und eingecheckt. Drei Stunden vorher muss mensch wirklich mindestens am Flughafen sein.
Bis dahin war auch alle Erholung und Entspannung, die ich morgens beim Spaziergang am Strand und Karmel Markt in Tel Aviv noch verpürt hatte, völlig vergangen. Ich wollte nur noch weg.
Hier in Deutschland meinte eine Bekannte, die Überüfungen seien doch nicht weiter schlimm, schliesslich wäre mensch so wenigstens sicher, dass kein Anschlag geschehe. Sicher bin ich froh, dass ich nicht in einen Anschlag gekommen bin. Aber ob so wirklich Sicherheit hergestellt werden kann, bezweifele ich. So wird immer wieder Ausgrenzung erlebt und Strategien entwickelt, sich durchzumoggeln.
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Dienstag, 26. Februar 2013
Israelische Perspektiven
urmila, 18:02h
Beim Frühstück heute morgen im Hotel sprachen wir mit einer palästinensischen Knessetabgeordneten und einer palästinensischen Aktivistin und Wissenschaftlerin aus Nazareth.

Mittags spazierten wir über den Karmel Markt, sassen in einem Cafe und haben den in der Nähe des Rothschild Boulevards zu Mittag gegessen (mit einer Gruppe aus deutschen Staatsbürgerinnen verschiedener Herkunft und palästinensischen Israelis).

Danach haben wir eine Führung durch Süd-Tel Aviv bekommen und viel über die Situation der Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern dort erfahren.
Mein Aufenthalt in Isarel ist so kurz und ich habe schon so viele verschiedene Eindrücke bekommen. Sehr Horizont erweiternd.

Mittags spazierten wir über den Karmel Markt, sassen in einem Cafe und haben den in der Nähe des Rothschild Boulevards zu Mittag gegessen (mit einer Gruppe aus deutschen Staatsbürgerinnen verschiedener Herkunft und palästinensischen Israelis).

Danach haben wir eine Führung durch Süd-Tel Aviv bekommen und viel über die Situation der Flüchtlinge aus afrikanischen Ländern dort erfahren.
Mein Aufenthalt in Isarel ist so kurz und ich habe schon so viele verschiedene Eindrücke bekommen. Sehr Horizont erweiternd.
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Dienstag, 26. Februar 2013
Seminar: The Intersection of Sexism and Racism
urmila, 00:31h
Heute war der erste Tag des Rosa Luxemburg Seminars "The Intersection of Sexism and Racism - Developing Feminist Strategies" in Tel Aviv, das von der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Kooperation mit der Organisation Achoti - for Women in Israel durchgeführt wird.

Heute mit einem Vortrag der Mizrahi feministischen Rechtsanwältin Claris Harbon. Sie sprach über die Situation von Mizrahi Frauen in Israel und nutzte dafür das Konzept der 'Outsider wihin' - und ich habe ganz viel dazu gelernt. Soweit ich es verstanden habe, sind Mizrahi jene jüdischen Israeli, die nicht aus Europa stammen (mit einem möglichen Schwerpunkt auf 'orientalischen' Jüd_innen). Harbon sprach über die rassistische Ausgrenzung der Mizrahi sowie der Schwierigkeit als Mizrahi Frau rechtliche Anerkennung von Diskriminierung zu bekommen.
Über die Situation von arabischen jüdischen Israelis (oder so ähnlich) hatte ich auch schon in Eli Amirs Roman Jasmin gelesen. Dieser spielt nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 und hat als Hauptfiguren einen aus Bagdad zugewanderten Israeli und eine christliche Araberin aus Jerusalem.
Mein Bild des 'weißen' Israels, das ich vor dieser Reise hatte, wandelt sich so immer mehr. Auch auf der Straße sowohl in Tel Aviv wie in Jerusalem war ich überrascht wie vielfältig die Bewohner_innen Israels sind (sowohl die jüdischen wie die nicht-jüdischen). Mit Nivedita Prasad bin ich viel durch Tel Aviv spaziert und wir wurden immer wieder auf Hebräisch angesprochen, was wir erstmal als Anzeichen dafür nehmen, dass wir potentiell Israelis sein könnten.
Morgen wird bei der Konferenz auch die Palästinenserin Areen Hawari sprechen. Ich bin gespannt, welche Punkte sie da einbringt. Heute hat sie schon gute Nachfragen gestellt und dabei auch Arabsich gesprochen - und so die Konferenz wirklich dreisprachig (Englisch, Hebräisch, Arabisch) gemacht. Was dazu führte, dass einige noch schnell einen Kopfhörer für die Übersetzung holen mussten - was sie mit der Nachfrage kommentierte, dass wohl nicht mit einem arabischen Redebeitrag gerechnet worden sei.
Mein Vortrag über deutsche Debatten zu Rassismus und Heternormativität scheint bei einigen auch gut angedockt zu haben. Viele Probleme dieser Verflechtung scheinen ähnlich zu sein. Zum Konzept des Homonationalismus gab es interessierte Nachfragen.

Heute mit einem Vortrag der Mizrahi feministischen Rechtsanwältin Claris Harbon. Sie sprach über die Situation von Mizrahi Frauen in Israel und nutzte dafür das Konzept der 'Outsider wihin' - und ich habe ganz viel dazu gelernt. Soweit ich es verstanden habe, sind Mizrahi jene jüdischen Israeli, die nicht aus Europa stammen (mit einem möglichen Schwerpunkt auf 'orientalischen' Jüd_innen). Harbon sprach über die rassistische Ausgrenzung der Mizrahi sowie der Schwierigkeit als Mizrahi Frau rechtliche Anerkennung von Diskriminierung zu bekommen.
Über die Situation von arabischen jüdischen Israelis (oder so ähnlich) hatte ich auch schon in Eli Amirs Roman Jasmin gelesen. Dieser spielt nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 und hat als Hauptfiguren einen aus Bagdad zugewanderten Israeli und eine christliche Araberin aus Jerusalem.
Mein Bild des 'weißen' Israels, das ich vor dieser Reise hatte, wandelt sich so immer mehr. Auch auf der Straße sowohl in Tel Aviv wie in Jerusalem war ich überrascht wie vielfältig die Bewohner_innen Israels sind (sowohl die jüdischen wie die nicht-jüdischen). Mit Nivedita Prasad bin ich viel durch Tel Aviv spaziert und wir wurden immer wieder auf Hebräisch angesprochen, was wir erstmal als Anzeichen dafür nehmen, dass wir potentiell Israelis sein könnten.
Morgen wird bei der Konferenz auch die Palästinenserin Areen Hawari sprechen. Ich bin gespannt, welche Punkte sie da einbringt. Heute hat sie schon gute Nachfragen gestellt und dabei auch Arabsich gesprochen - und so die Konferenz wirklich dreisprachig (Englisch, Hebräisch, Arabisch) gemacht. Was dazu führte, dass einige noch schnell einen Kopfhörer für die Übersetzung holen mussten - was sie mit der Nachfrage kommentierte, dass wohl nicht mit einem arabischen Redebeitrag gerechnet worden sei.
Mein Vortrag über deutsche Debatten zu Rassismus und Heternormativität scheint bei einigen auch gut angedockt zu haben. Viele Probleme dieser Verflechtung scheinen ähnlich zu sein. Zum Konzept des Homonationalismus gab es interessierte Nachfragen.
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Montag, 25. Februar 2013
Entscheidungen
urmila, 00:06h
In Jerusalem war ich von Donnerstagnachmittag bis Sonntagmittag - zwei volle Tage und zwei Teiltage. Die Frage war, was mache ich mit dieser Zeit. Zu tun gibt es in Jerusalem viel. Natürlich die Altstadt ansehen, mit ihren verschiedenen religiösen Stätten. Ausserdem ist in Jerusalem Yad VaShem - die Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust. Und gleich ausserhalb von Jerusalem ist die Mauer zur Westbank, die zum Beispiel bei einem Ausflug nach Bethlehem zu durchqueren ist. Es war aber auch klar, dass ich die drei Programmpunkte nicht in der Zeit schaffen würde, da ich sowohl für Yad VaShem wie Bethlehem jeweils einen ganzen Tag brauchen würde - und die Altstadt in der restlichen Zeit kaum erkunden könnte.
Den Besuch in Yad VaShem musste ich dann streichen, da die Gedenkstätte am Samstag ganz geschlossen ist und Freitags nur bis mittags geöffnet ist (das hätte ich nicht geschafft).
So plante ich dann für Samstag nach Bethlehem zu fahren, da ich am Shabat im jüdischen Teil Jerusalems sowieso wenig machen können würde. Ein bisschen unwohl war mir bei der Überlegung, da mein Orientierungssinn noch nicht so ganz zufriedenstellend war und ich in Ost-Jerusalem einen Bus zur Mauer hätte finden müssen. Zudem hatte ich in der Zeitung gelesen, dass es in den letzten Tagen Konflikte zwischen Palästinenser_innen und Israelis gegeben habe. Ganz überzeugt von meinem Plan war ich also noch nicht, als ich am Samstagvormittag zur Altstadt lief, um diese zu durchqueren und zum Busbahnhof in Ost-Jerusalem zu kommen.

Und dann kam ich in die Altstadt nicht rein. Erst lief ich an den wartenden Autos einfach vorbei und bezog die Sperre gar nicht auf mich. Aber dann verstand ich, dass auch keine Zufußgehenden in die Altstadt gelassen wurden. Vor dem Jaffa Tor standen Polizist_innen und Soldat_innen und riegelten dieses ab. Ein paar Minuten später durften wir dann rein. Aber mir reichte das: irgendwas war und ich wusste nicht was. Das war mir zu viel Unsicherheit für einen Ausflug in die Westbank und ich blieb lieber in der Altstadt (ging in die Ausstellung "The Kaiser is coming"). Die Miltärpräsenz war da wie an den anderen Tagen hoch. In der Nähe der Via Dolorsa gab es dann am Nachmittag kurz noch einen Aufruhr. Ich sass in einem Imbiss und bekam die Einzelheiten nicht mit, sah aber viel Militär vorbeiziehen und Palästinenser_innen aufmerksam nach draussen schauen (und christliche Pilger_innen vorbeiziehen).
Heute nun lese ich in der Zeitung, dass es nach dem Tod eines inhaftierten Palästinensers gestern zu einigenen Zusammenstössen kam. Es war dann wohl doch gut, auf mein Bauchgefühl zu hören und nicht unbedingt in die Westbank zu fahren.
Den Besuch in Yad VaShem musste ich dann streichen, da die Gedenkstätte am Samstag ganz geschlossen ist und Freitags nur bis mittags geöffnet ist (das hätte ich nicht geschafft).
So plante ich dann für Samstag nach Bethlehem zu fahren, da ich am Shabat im jüdischen Teil Jerusalems sowieso wenig machen können würde. Ein bisschen unwohl war mir bei der Überlegung, da mein Orientierungssinn noch nicht so ganz zufriedenstellend war und ich in Ost-Jerusalem einen Bus zur Mauer hätte finden müssen. Zudem hatte ich in der Zeitung gelesen, dass es in den letzten Tagen Konflikte zwischen Palästinenser_innen und Israelis gegeben habe. Ganz überzeugt von meinem Plan war ich also noch nicht, als ich am Samstagvormittag zur Altstadt lief, um diese zu durchqueren und zum Busbahnhof in Ost-Jerusalem zu kommen.

Und dann kam ich in die Altstadt nicht rein. Erst lief ich an den wartenden Autos einfach vorbei und bezog die Sperre gar nicht auf mich. Aber dann verstand ich, dass auch keine Zufußgehenden in die Altstadt gelassen wurden. Vor dem Jaffa Tor standen Polizist_innen und Soldat_innen und riegelten dieses ab. Ein paar Minuten später durften wir dann rein. Aber mir reichte das: irgendwas war und ich wusste nicht was. Das war mir zu viel Unsicherheit für einen Ausflug in die Westbank und ich blieb lieber in der Altstadt (ging in die Ausstellung "The Kaiser is coming"). Die Miltärpräsenz war da wie an den anderen Tagen hoch. In der Nähe der Via Dolorsa gab es dann am Nachmittag kurz noch einen Aufruhr. Ich sass in einem Imbiss und bekam die Einzelheiten nicht mit, sah aber viel Militär vorbeiziehen und Palästinenser_innen aufmerksam nach draussen schauen (und christliche Pilger_innen vorbeiziehen).
Heute nun lese ich in der Zeitung, dass es nach dem Tod eines inhaftierten Palästinensers gestern zu einigenen Zusammenstössen kam. Es war dann wohl doch gut, auf mein Bauchgefühl zu hören und nicht unbedingt in die Westbank zu fahren.
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Mittwoch, 20. Februar 2013
Orientierungschwierigkeiten
urmila, 23:38h

Wie schon beim Young Media Summit in Kairo bin ich mal wieder praktische Analphabetin. Und hatte irgendwie nicht damit gerechnet bzw. nicht genug nachgedacht. Ich bin wohl davon ausgegangen, dass ich auch Beschriftungen in lateinischen Buchstaben finden würde, um mich so orientieren zu können. Aber vieles ist nur in Hebräisch geschrieben (bei den Lebensmitteln im Supermarkt zum Teil auch in Arabisch, aber das kann ich ja auch nicht lesen). So bin ich denn heute Abend durch Tel Aviv gelaufen und hatte etwas Schwierigkeiten, mir ein Abendessen zu besorgen. Dank Stadtplan und in lateinischer Schrift geschriebenen Straßenschildern konnte ich mich allerdings auf den Straßen ganz gut orientieren.
Mal sehen, welche Orientierungs- und Verständnisschwierigkeiten sich mir in der nächsten Woche noch auftuen werden - und welche Perspektiven sich mir neu eröffnen werden.
Nachtrag 23.02.13: Nach drei Tagen in Israel und zwei Tagen durch Jerusalem Gehen nimmt die Orientierung langsam zu. Zumindest gehend finde ich mich weitgehend zurecht und auch das Essen wird mir vertrauter. Meine fehlenden Sprachkenntnisse bleiben eine große Barriere und meine geringen Kenntnisse über die soziale und politische Lage hier behindern mich auch. Zu bloggen habe ich mittlerweile einiges, allerdings gerade keine Energie dafür. Mal sehen, wann ich dazu komme.
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Dienstag, 19. Februar 2013
Verpflichtungserklärung
urmila, 19:49h

Eine Freundin aus Indien will mich im Sommer besuchen. Dafür braucht sie ein Visum. Und dafür muss ich eine Verpflichtungserklärung abgeben, dass ich nicht nur all ihre Aufenthaltskosten trage, sondern auch alle Kosten, die von der Krankenversicherung nicht abgedeckt werden, sowie die Abschiebungskosten. Ganz schön abschreckend das Ganze. Die Abfertigung ist effizient: mensch muss einen Termin buchen, Unterlagen zusammensuchen, dann auf den Bildschirm starren und warten bis die Vorgangsnummer angezeigt wird. Dann prüft ein_e Sachbearbeiter_in die Unterlagen, weisst mich zurecht, dass ich meinen zweiten Vornamen nicht eingetragen habe, dass ich ihn dann nicht ausreichend gut leserlich nachgetragen habe, fragt, wo mein Vorname her sei. Und ich habe nur eine Option: freundlich bleiben, schliesslich will ich, dass sie meine Verpflichtungserklärung absegnet. Dafür muss mensch ausreichend Einkommen oder Vermögen nachweisen - und 25 € Gebühren zahlen.
Und jetzt hoffen, dass es mit dem Visum klappt.
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Für Studienliebhabende
urmila, 16:53h
Letzte Woche wurde eine Studie des Zentrums für Türkeistudien öffentlich vorgestellt (siehe taz), die zeigt, dass:
"Diskriminierungserfahrungen und Benachteiligungen von Menschen mit Migrationshintergrund beeinträchtigen deren gesellschaftliche Integration negativ. "
So eine Studie lässt sich gut nutzen, um zu argumentieren, dass Rassismus ein gesellschaftliches Problem in Deutschland ist. Auch wenn das Wort Rassismus im Artikel nicht vorkommt.
Mir behagt das Nutzen der Studie für diesen Zweck allerdings nicht. Den diese argumentiert (zumindest laut taz-Artikel) innerhalb des Integrationsdiskurses, nimmt Integration (die nicht näher definiert wird) als unhinterfragbares Ziel - und reprduziert so die Konstruktion des problematischen Anderen.
"Diskriminierungserfahrungen und Benachteiligungen von Menschen mit Migrationshintergrund beeinträchtigen deren gesellschaftliche Integration negativ. "
So eine Studie lässt sich gut nutzen, um zu argumentieren, dass Rassismus ein gesellschaftliches Problem in Deutschland ist. Auch wenn das Wort Rassismus im Artikel nicht vorkommt.
Mir behagt das Nutzen der Studie für diesen Zweck allerdings nicht. Den diese argumentiert (zumindest laut taz-Artikel) innerhalb des Integrationsdiskurses, nimmt Integration (die nicht näher definiert wird) als unhinterfragbares Ziel - und reprduziert so die Konstruktion des problematischen Anderen.
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Sonntag, 17. Februar 2013
Berlinale: Nachlese
urmila, 23:29h
Habi, La Extranjera: Die argentinische Filmemacherin Maria Florencia Alvarez erzählt in ihrem Spielfilm die Geschichte einer jungen Frau, die von den Praktiken der Muslim_innen angezogen ist, mitmacht und sich eine neue Identität aneignet. Schön erzählt, ohne antimuslimische Bilder zu reproduzieren.
Inch'Allah: Zur Illustration des Israel-Palästina-Konflikts stellt die Filmemacherin Anais Barbeu-Lavalette in den Mittelpunkt ihres Spielfilms eine französische Ärztin, die in Israel lebt und in der Westbank arbeitet, die auf beiden Seiten der Grenze Freund_innen hat und wie dies schwer miteinander vereinbar ist.
Kai Po Che: Ein Bollywood-Film von Abhishek Kapoor der eindrucksvoll zeigt, wie sich politisch uninteressierte Cricket-Fans in Pogrome gegen Muslime verstricken.
Powerless: Ein Dokumentarfilm von Fahad Mustafa und Deepti Kakar über die Probleme der Energieversorgung in Kanpur. In den Mittelpunkt stellen sie einen 'Strom-Dieb' und die Chefin der städtischen Energieversorger. Ein eindrucksvoller Film über die Ineffizienz der Energieversorgung, individuelle Strategien des Umgangs (und Scheiterns), der allerdings bei westlichen Publikum viel Raum für die Reproduktion von orientalistischen Bildern lässt und eine Tedenz dazu hat, den 'Strom-Dieb' als lächerlich vorzuführen. Mehr hätte ich gerne über den Abgeordneten erfahren, der mich sehr an den Kandidaten aus Kai Po Che erinnert hat.
Out in Ost-Berlin: Ein Dokumentarfilm über Schwule und wenige Lesben in der DDR mit interessanten Personen, mit filmisch wenig interessanter Umsetzung und verantwortungslosem Umgang mit den Protagonist_innen. Die haben den fertigen Film erst bei der Premiere gesehen, so dass einer, der sich verzerrt dargestellt fühlte (als Ostalgiker) dies vor dem kompletten Publikum sagen musste. Sehr mutig von ihm.
Epizoda u zivotu beraca zeljeza: Ein bosnischer Spielfilm über die Ausgrenzung von Roma auf der Basis eines realen Falles. Hat mich filmisch nicht überzeugt.
Inch'Allah: Zur Illustration des Israel-Palästina-Konflikts stellt die Filmemacherin Anais Barbeu-Lavalette in den Mittelpunkt ihres Spielfilms eine französische Ärztin, die in Israel lebt und in der Westbank arbeitet, die auf beiden Seiten der Grenze Freund_innen hat und wie dies schwer miteinander vereinbar ist.
Kai Po Che: Ein Bollywood-Film von Abhishek Kapoor der eindrucksvoll zeigt, wie sich politisch uninteressierte Cricket-Fans in Pogrome gegen Muslime verstricken.
Powerless: Ein Dokumentarfilm von Fahad Mustafa und Deepti Kakar über die Probleme der Energieversorgung in Kanpur. In den Mittelpunkt stellen sie einen 'Strom-Dieb' und die Chefin der städtischen Energieversorger. Ein eindrucksvoller Film über die Ineffizienz der Energieversorgung, individuelle Strategien des Umgangs (und Scheiterns), der allerdings bei westlichen Publikum viel Raum für die Reproduktion von orientalistischen Bildern lässt und eine Tedenz dazu hat, den 'Strom-Dieb' als lächerlich vorzuführen. Mehr hätte ich gerne über den Abgeordneten erfahren, der mich sehr an den Kandidaten aus Kai Po Che erinnert hat.
Out in Ost-Berlin: Ein Dokumentarfilm über Schwule und wenige Lesben in der DDR mit interessanten Personen, mit filmisch wenig interessanter Umsetzung und verantwortungslosem Umgang mit den Protagonist_innen. Die haben den fertigen Film erst bei der Premiere gesehen, so dass einer, der sich verzerrt dargestellt fühlte (als Ostalgiker) dies vor dem kompletten Publikum sagen musste. Sehr mutig von ihm.
Epizoda u zivotu beraca zeljeza: Ein bosnischer Spielfilm über die Ausgrenzung von Roma auf der Basis eines realen Falles. Hat mich filmisch nicht überzeugt.
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