Sonntag, 4. Januar 2009
Bei aller Liebe
Die taz hat den Werbeverantwortlichen für den CDU-Wahlkampf in Hessen Stephan Garbe interviewt. Vor rassistischer Werbung würde er wohl auch nicht zurückschrecken:

taz: " Aber dass die CDU das letzte Mal mit den Ängsten vor fremd klingenden Namen gearbeitet hat, fanden Sie kein Problem."

Garbe: "Na ja, die CDU hat mit dem Plakat genau vor dem Wortbruch gewarnt, den es dann ja gegeben hat, und bei aller Liebe: Frau Ypsilanti und Herr Al-Wazir heißen nun mal nicht Müller und Meier."

taz: "Das war ja gerade das Subtile, dass man sich darauf zurückziehen konnte. "Müller und die Kommunisten stoppen" - so wäre nicht getextet worden."

Garbe: "Weiß ich nicht. Für mich ist es Geschichte und man hat ja auch Lehren gezogen. Das ist ja unbestritten."

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Kochtopf
Am 30.12.08 hat die taz mal wieder eine Karrikatur abgedruckt, auf der afrikanische Menschen in rassistischer Weise dargestellt wurden (es ging um die 'Pirat_innen' im Golf von Aden). Meine Mutter verstand die Assoziationskette sofort (ohne je kritische Rassismustheorie studiert zu haben). Sie span sie weiter zu 'Kanibalen', die Leute in den Kochtopf stecken. Von wegen unschuldige Karrikaturen.

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Verdrängen
In Norwegen ist seit dem 1. Januar der Kauf von sexuellen Dienstleistungen kriminalisiert. Die taz arbeitet heraus, wie sich dieses Verbot vorallem gegen Sexarbeiterinnen aus osteuropäischen Ländern und Nigeria richtet:

"Als ob nicht norwegische Männer als Kunden für die Nachfrage stünden, sondern Prostitution ein aus Afrika oder Osteuropa importiertes Problem sei."

Dabei wird die Sorge um ausgebeutete Migrantinnen nur vorgeschoben:

"Dass das Verbot die Probleme für solche Frauen nicht lösen wird, bestreitet Asta Beate Håland von der Frauengruppe "Ottar", die seit 1991 für eine Kriminalisierung des Sexkaufs kämpfte, nicht: "Wir können den globalen Prostitutionsmarkt nicht steuern. Aber wir können bestimmen, welche Art von Gesellschaft wir in Norwegen haben wollen.""

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Freitag, 26. Dezember 2008
Australia
Die britische Adlige zusammen mit dem australischen Naturburschen (re)produzieren den 'weißen' australischen Mythos und generieren sich als die Beschützer_innen der Aborigines. Und 'Creamy' spricht in gebrochenem Ausländerdeutsch. Das ganze in Bollywood-Länge. Nicht zu empfehlen.

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Donnerstag, 25. Dezember 2008
Weihnachtsmeditation mit Macken
Die Geschichte des "Weihnachtsbaum mit Macken" sollte gestern bei der Weihnachtsmeditation wohl für Verständnis und Toleranz für 'Menschen mit Macken' produzieren. Ganz im Sinne der christlichen Nächstenliebe. Sowie auch die Ankündigung des Gastmusikers aus der "mongolischen Steppe", der so einen "schönen Namen" hat, den wir nicht ausprechen können, der aber mal ein paar Worte aus seiner "Heimat" sprechen soll, wohl die globale Nächstenliebe fördern sollte. Mir wurde immer übler. Da wurden "Macken" konstruiert, damit wir gut sein können. Da wurde die Fremde konstruiert, damit wir uns an der Exotik freuen können. Da wurde immer wieder darauf Bezug genommen, dass wir uns ja was leisten können (den Weihnachtsbaum ohne Macke, den Wein für unsere Feier, die fehlende Figur für die Krippe), es aber doch schön ist, wenn wir es uns nicht selber leisten müssen (sondern den Baum mit Macke nehmen, den Wein und die Figur geschenkt bekommen). Da wurde der väterliche Freund gelobt und die Frauen mal in einem Nebensatz auch noch erwähnt. So eine selbstgefällige Selbstzentrierung von 'weißen' heterosexuellen männlichen deutschen Christ_innen habe ich schon lange nicht mehr so nah erlebt. Es war zum Davonlaufen. Wenn nicht der Musiker mit dem mongolischen Instrument und dem mongolischen Ober- und Untertongesang gewesen wäre. Der war Klasse. Und konnte auch fliessend Deutsch.

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Dienstag, 23. Dezember 2008
Die Mitte duckt sich weg
Burkhard Schröders Kommentar in der taz über die Reaktionen auf den Passauer Mordanschlag finde ich durchaus zwiespältig. Mit folgender Analyse stimme ich aber weitgehend überein:

"Niemand [viel zu wenige, u.]in der sogenannten Mitte fühlt sich aufgerufen, das Notwendige zu denken und etwa die deutschen Gesetze gegen Einwanderung und Abschiebeknäste in einen Zusammenhang mit rassistischen Vorurteilen der Bevölkerung bringen. Wer staatlichen und gesetzlich legitimierten Rassismus thematisiert, gerät stattdessen automatisch unter den Generalverdacht des Linksextremismus [oder nicht klar denken zu können, u.]."

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Menschenrechte als Sonderrechte
Viel wird immer von der Universalität der Menschenrechte gesprochen. Ganz konkret wollen wir sie aber nur besonders ausgewählten gewähren. So spricht sich der Berliner Innensenator Erhart Körting im taz-Interview dagegen aus, den menschenrechtswidrig auf Guantanamo Gefangenen grundlegende Menschenrechte zu sichern. Da geht es nicht um Rechte sondern darum, dass Körting "keine Lust" hat, denn "Solche Menschen will ich mir nicht nach Deutschland holen". Und obwohl er weiss, dass eigentlich die Unschuldsvermutung gelten müsste, weiss er doch ganz genau (ohne rechtskräftige Beweise), dass diese Leute nicht unschuldig sind: "Das sind Sympathisanten der Taliban und der al-Qaida. Es sind dieselben Leute, die im Stadion von Kabul vor Begeisterung geklatscht haben, wenn Frauen zu Tode gesteinigt wurden." Damit wäre dann auch nochmal kurz erwähnt, dass Muslimen die Menschenrechte aberkannt werden müssen, da sie kollektiv die Frauenrechte missachten. Und überhaupt müssen wir uns nicht kümmern, denn das ist ja Aufgabe der USA und damit sind wir fein aus dem Schneider.

Dass ich keine Lust auf eine solche selbstzentrierte Abschottungspolitik habe, spielt leider so gar keine Rolle.

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Samstag, 20. Dezember 2008
Islamist_innen und Evangelikale sind nicht gleich
In unserer Gesellschaft ist es Standard Muslime kollektiv als Islamist_innen (und damit Terrorist_innen) zu bezeichnen. Es scheint deshalb ok, wenn der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung Thomas Krüger die Schüler_innenzeitung Q-Rage mit folgendem Begleitwort verschickt: "In der Zeitung finden sich interessante Informationen, wie islamistische [...] Gruppen, die wichtige Freiheitsrechte in Frage stellen, Jugendliche umwerben." (siehe Artikel der taz). Da macht es nichts weiter, das durchaus unterschiedliche Geschichten über junge Muslime/Muslima in der Zeitung beschrieben sind.

Krüger hat aber einen Fehler gemacht. Er schreibt nicht nur von islamistischen Gruppen sondern von "islamistische und evangelikale Gruppen" und das geht nun gar nicht. Der Aufruhr ist groß und "Krüger distanzierte sich von dem Text - und von seinem Begleitschreiben." wie die taz schreibt. Dass Evangelikale z.B. Homosexualität für eine heilbare Krankheit halten, ist wohl nichts weiter verwerfliches.

(Mich hatte die Q-Rage aus einem anderen Grund geärgert.)

Nachtrag 04.01.09: Die Evangelikalen fordern noch mehr und scheinen damit erfolgreich. Auch wenn einige von ihnen gegen die jugendlichen Redakteur_innen hetzen:

"Diese waren mit Anschriften und Fotos auf Internetseiten bibeltreuer Christen veröffentlicht und attackiert worden."

Nachtrag 11.01.09: Ein längerer Bericht zu den Evanglikalen im taz mag.

Nachtrag 31.01.09: Die Bundeszentrale bringt jetzt - wie von den Evangelikalen gefordert - eine Publikation über Christliche Verantwortung heraus, wie die taz berichtet.

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Donnerstag, 18. Dezember 2008
Islamophobie und Antisemitismus
Hilal Szegin hat in der taz wieder ein interessantes, differenziertes und zum Nachdenken anregendes Schlagloch: Ein anderer Koffer unterm Bett veröffentlicht.

Dabei weist sie zum einen darauf hin, dass es neben Islamophobie noch andere gewalttätige Rassismen im heutigen Deutschland gibt:

"Was die reale physische Bedrohung durch Neonazis angeht, geraten afrikanischstämmige Menschen viel häufiger in deren Visier."

Zum anderen verweist sie darauf, dass der deutsche Antisemitismus ein singulärer ist:

"Und doch ist der arabische Antisemitismus historisch und politisch ganz anders gelagert als der deutsche - gerade weil der Holocaust ein im schlimmsten Sinne einzigartiges Verbrechen und Kulminationspunkt einer bestimmten, deutschen (und europäischen) Geschichte ist."

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Montag, 15. Dezember 2008
Polizist_innen morden nicht
In Dessau ist keiner verantwortlich für den Tod von Oury Jalloh. In Bremen wird niemand verurteilt für den Tod durch Brechmitteleinsatz. Und in London verhindert der Richter eine Verurteilung wegen des Mordes an Jean Charles de Menenez.

Nicht nur in Deutschland: Der Staat und seine Gerichte als Freund und Helfer der Polizei.

Nachtrag 02.05.10: Der Freispruch für den Bremer Polizeiarzt ist laut taz vom BGH aufgehoben worden.

Nachtrag 18.02.12: Die taz berichtet:

"Das Magdeburger Landgericht hat am Donnerstag den Antrag der Nebenklage zurückgewiesen, ein neues Brandgutachten zur möglichen Todesursache Jallohs einzuholen. Damit wird die Frage, wie in seiner Polizeihaft in Dessau ein Feuer entstehen konnte, nicht neu untersucht."

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