Montag, 6. April 2009
Post/kolonial
Die Komoreninsel Mayotte hat letzte Woche dafür gestimmt, das 101. Department Frankreichs zu werden. Dazu könnte frau nun einen Bericht schreiben, der diskutiert, warum sich die Menschen auf Mayotte dafür entscheiden, Teil des Landes zu werden, dass sie kolonalisiert und unterdrückt hat. Frau könnte die Zuwendung zu Frankreich und zur EU als Strategie interpretieren, an dem aus dem Kolonialismus erraubten Reichtum Europas Anteil zu haben. Frau könnte auch diskutieren, wie sich aus der Kolonialgeschichte Frankreichs (und auch Europas) eine Verantwortung für die ausgeplünderten Regionen der Welt ergibt und vorallem eine Verantwortung, vom eigenen Reichtum abzugeben.

Der eurozentrische und exotisierende taz-Artikel wählt einen anderen Ansatz:

Mayotte profitiert von der französischen Kolonialmacht: "im Café Caribou gibt es sogar französische Croissants" und nicht wie in den Inseln drumrum "ein Kreis von stinkendem Müll, in dem die Hunde wühlen".

Die Tatsache, dass: "Während auf den Nachbarinseln die schwere Malaria tropica endemisch wütet, wurde sie auf Mayotte fast völlig ausgerottet. " wird als Verdienst Frankreichs angesehen und nicht als Frage danach, warum von der 'Weltgemeinschaft' nur auf Mayotte dafür gesorgt wird.

Dafür werden die eigennützigen und militärischen französische Interessen in den Mittelpunkt des Interesses gerückt (als ob sie legitim werden):

"Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich war sich zunächst durchaus nicht sicher, dieses Armenhaus von einer Insel behalten zu wollen - schließlich besitzt es mit La Réunion bereits einen Stützpunkt in der Region."

Und auch Europa muss sich vor den Armen schützen (und nicht seiner Verantwortung stellen und die Menschenrechte schützen):

"Mit der neuen Außengrenze wird sich die EU also ein neues Migrationsproblem einhandeln."

Der Artikel endet dann - wie könnte es anders sein bei einem Artikel über einen Ort mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung - mit einem unmotivierten Verweis auf Polygamie (und dass sich die Muslime sicher nicht an die europäischen Gesetze halten werden).

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