Sonntag, 11. März 2012
Alltagsrassismus
Barbara John setzt sich engagiert für die Angehörigen der NSU-Morde ein. Dabei thematisiert sie löblicherweise auch Rassismus wie die taz berichtet:

"Als Vorbild verwies sie auf Irland, wo es eine Beschwerdestelle für rassistisches Fehlverhalten bei der Polizei gebe. Auch Alltagsrassismsus sei ein Problem: So hätten sich Betroffene aus Köln darüber beschwert, dass sie an ihrer Berufsschule regelmäßig mit rechten Sprüchen und "Heil Hitler"-Grüßen belästigt würden. "

Ob für diesen offenen Rassismus, der eher am rechten Rand der Gesellschaft angesiedelt ist, der Begriff Alltagsrassismus allerdings sinnvoll ist, ist zu hinterfragen. Die Rassismustheoretikerin Philomena Essed definiert Alltagsrassismus gerade nicht als das Extreme am Rande, sondern als das alltäglich Anerkannte:

"Everyday racism is a process in which (a) socialized racist notions are integrated into meanings that make practices immediately definable and manageable, (b) practices with racist implications become in themselves familiar and repetitive, and (c) underlying racial and ethnic relations are actualized and reinforced through these routine or familiar practices in everyday situations."

Dabei geht es um die ganz alltäglichen Praktiken, die aufgrund ihrer Alltäglich und Normalität von den im Rassismus Privilegierten nicht als Rassismus wahrgenommen werden.

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Donnerstag, 8. März 2012
Wer wird verurteilt?
Es gibt einen Konflikt: Ein Schwarzer sagt, Polizist_innen haben ihm gegenüber Rassismen reproduziert (in Wort und Handlung). Die Polizist_innen sagen, er habe sie beleidigt (als 'Rassist' bezeichnet).

Die Frage: Wer wird angeklagt? Wer wird wegen was verurteilt?

Alle, die sich mit Rassismus in Deutschland und den Verleugnungsstrukturen beschäftigen, können es sich vorstellen.

Die taz berlin berichtet unter der Überschrift "Opfer auf der Anklagebank":

"Am Ende wird Abasi O. wegen Beleidigung zu 20 Tagessätzen à 30 Euro verurteilt."

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Samstag, 3. März 2012
Rassismusreproduzierender Kalender
Über Fremdwörterbuch habe ich gerade gesehen, dass die Berliner Morgenpost die rassismusreproduzierenden (sowie heterosexistische) Kartoons eines Kalenders der bayrischen Polizei (siehe taz-Artikel) veröffentlicht (oder handelt es sich um einen anderen Kalender - aus der Bildstrecke wird mir das nicht klar). Die Kartoons sind furchtbar und müssen skandalisiert werden (insbesondere wenn sie für Polizist_innen gemacht sind). Aber bei diesem Link zur Berliner Morgenpost bin ich mir gar nicht so sicher, ob die skandalisiert werden sollen (der Titel ist "zweifelhafter Kalender") oder ob auf diesem Weg rassismusreproduzierende und heterosexistische Bilder verbreitet werden sollen. Zumindest komme ich von den Bildern nicht auf einfachen Wegen zu einem Artikel, der zu ihnen Hintergrundinformationen bietet (oder bin ich da nur zu doof für?).

Nachtrag 03.03.12: Von einem Leser habe ich den Link zum Morgenpost-Artikel bekommen. Da werden die Bilder scharf kritisiert. Für mich bleibt aber die Frage, ob wirklich alle so veröffentlicht werden sollten.

Nachtrag 05.03.12: Die taz berichtet, dass es unklar ist, worauf die Berichterstattung der Berliner Morgenpost (und Welt online) beruhte und dass die Beiträge entfernt wurden. Umso mehr die Frage, warum die rassistischen und heterosexistischen Bilder veröffentlicht wurden.

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Samstag, 18. Februar 2012
Wulff und die Migrant_innen
Im allgemeinen Wulff-Bashing, das in den letzten Wochen und Monaten die Medien viel mehr dominiert hat als etwa die NSU-Mordserie, war kaum etwas darüber zu lesen, dass viele (organisierte) Migrant_innen Wulff sehr positiv aufgenommen haben (siehe dazu einen aktuellen Beitrag auf tagesschau.de). Nun bin ich nicht davon überzeugt, dass Wulff wirklich so ein Integrations-Superstar war, da er immer nach guten und schlechten 'Migrant_innen' unterschieden hat (siehe auch hier), relativiert hat und überhaupt nicht rassismuskritisch war. Aber interessant ist es schon, dass seine Bedeutung für die Integrationsdebatte gerade kaum Beachtung findet. Und es ist zu befürchten, dass die nächste Bundespräsident_in wieder weit hinter das Wenige zurückfällt, was Wulff gesagt hat.

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Freitag, 17. Februar 2012
Zuschreibungen
Laut taz kritisiert die SPD-Bundestagsabgeordnete Angelika Graf die neue "Nationale Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik":

"Angelika Graf, Drogenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, kritisierte, dass sich der neue Plan vor allem auf Risikogruppen konzentriere: "Süchte entstehen auch, ohne dass man einer Risikogruppe angehört." Übel aufgestoßen sei ihr der Abschnitt über MigrantInnen. Darin heißt es: "Junge russischstämmige Aussiedler wenden sich eher den Opiaten zu, Muslime weisen eher cannabisbezogene als alkoholbezogene Störungen auf." Graf sagte zur taz: "Ich halte das für unerhört. Hier werden ganze Bevölkerungsgruppen diskriminiert." "

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Mittwoch, 15. Februar 2012
Barbara John zum Umgang mit Rassismus in Deutschland
Barbara John ist die Ombudsfrau für die Angehörigen der Opfer der NSU. Im taz-Interview letzte Woche hat sie für eine rassismuskritische Aufklärung plädiert:

taz: "Im Bundestag gibt es nun einen Untersuchungsausschuss, am Mittwoch soll außerdem noch eine Bund-Länder-Kommission eingesetzt werden. Was erwarten Sie von diesen Gremien?"

John: "Ich würde eine andere Form der Aufklärung bevorzugen, die auch die gesellschaftlichen Hintergründe beleuchtet."

taz: "Wie würde das aussehen?"

John: "In England wurde 1993 ein junger dunkelhäutiger Mann erstochen, Stephen Lawrence. Fünf Jahre später wurde die Macpherson-Kommission ins Leben gerufen, die vollkommen unabhängig von parteipolitischen Färbungen einen Bericht erarbeitete. Darin wurde festgestellt, dass Scotland Yard bei den Ermittlungen auf dem rechten Auge blind war. Und es wurden Empfehlungen abgegeben, wie institutioneller Rassismus nicht nur in den Sicherheitsbehörden bekämpft werden kann, sondern in der Gesellschaft insgesamt. Auch für Deutschland wäre ein solches unabhängiges Gremium besser, das nicht nur Pannen im Getriebe untersucht, sondern den Blick schärft, wie weit wir noch zurückliegen bei den Mindesstandards für eine moderne Einwanderungsgesellschaft."

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Montag, 13. Februar 2012
Berlinale: Revision
Auf den Film Revision bei der Berlinale war ich schon sehr gespannt, da ich zum einen eine große Fan von Filmen von Pong bin (z.B. die Halfmoon Files und Tag des Spatzen) und zum anderen das Glück hatte, den Entstehungsprozess des Filmes über die letzten zwei Jahre am Rande mitverfolgen zu dürfen. Heute habe ich ihn endlich gesehen und der Film ist beeindruckend.

Revision folgt den Spuren, die der Tod von zwei Roma aus Rumänien in Mecklenburg-Vorpommern im Sommer 1992 hinterlassen hat. Er zeichnet nach, wie deutsche Behörden den Erschossenen und ihren Angehörigen wenig aufmerksam gewidmet haben, wie die Tode nie wirklich aufgeklärt wurden und die wahrscheinlichen Schützen ungestraft davon gekommen sind. Vorallem gibt er aber den Angehörigen in Rumänien viel Raum, ohne dabei paternalistisch zu agieren.



Und auch bei der Fragerunde nach der Filmvorführung bekommen die Angehörigen den Raum selber zu sprechen.

Ein wichtiger politischer Film über deutsche Zustände, der auch filmisch beeindruckend ist.

Nachtrag 14.02.12: Die taz widmet heute dem Film eine ganze Seite: Ein Morgen, der nicht zu Ende ist über den Film und Der ungeklärte Tod im Grenzgebiet über den Fall.

Nachtrag 15.02.12: und noch ein Interview mit Philip Scheffner im Deutschlandradio Kultur.

Nachtrag 16.02.12: Der Roma-Aktivist Romeo Tiberiade, der ein Protagonist des Filmes ist, hat in Neukölln über seine Arbeit berichtet wie die taz berichtet.

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Sonntag, 5. Februar 2012
Nicht nur der Name
Rassistische Namen für Apotheken und Cafes etc. finden sich in Deutschland häufiger. In Bayreuth hat eine zentrale Apotheke allerdings nicht nur einen rassistischen Namen sondern bebildert diesen auch noch auf jedem ihrer Fenster.

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Dienstag, 31. Januar 2012
Rassismus- statt Integrationsgipfel
Die taz berichtet, dass Migrant_innenverbände und Gewerkschaften mehr Engagement gegen Rassismus fordern:

"Kenan Kolat sieht den Integrationsgipfel indes kritisch. "Wir wollen nicht mehr über Integration, sondern über den Kampf gegen Rassismus und über mehr gesellschaftliche Partizipation sprechen", sagte Kolat der taz. "Das hat für uns Priorität"."

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Mittwoch, 18. Januar 2012
Wieso Unwort des Jahres 2011?
Auf Wikipedia heisst es: "Die Mordserie wurde ab etwa 2006 in der Presse weit verbreitet als Döner-Morde bezeichnet"

Warum wird der Begriff erst 2011 zum Unwort des Jahres gewählt? Der Begriff war doch schon 2006 rassistisch. Warum wurde er nicht schon damals so kritisch betrachtet? Was hat er mit dem Jahr 2011 zu tun?

Nachtrag 18.01.12: Dazu auch ein Kommentar von Uli Hannemann in der taz.

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