Donnerstag, 7. März 2013
Einfach überflüssig
In der taz schreibt Damian Zimmermann über eine Ausstelung von Wolfgang Tillmans. So weit so gut. Der Artikel ist interessant. Aber gleich am Ende des zweiten Absatzes habe ich eigentlich keine Lust mehr auf den Artikel, da Zimmermann mal so schreibt:

"Als diese ihn bemerkt, lächelt sie schüchtern-verlegen, wie es nur Asiatinnen können."

Was soll das? Das bereichert den Artikel in keinerweise? Und ich lächele so gar nicht schüchtern-verlegen.

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Dienstag, 19. Februar 2013
Für Studienliebhabende
Letzte Woche wurde eine Studie des Zentrums für Türkeistudien öffentlich vorgestellt (siehe taz), die zeigt, dass:

"Diskriminierungserfahrungen und Benachteiligungen von Menschen mit Migrationshintergrund beeinträchtigen deren gesellschaftliche Integration negativ. "

So eine Studie lässt sich gut nutzen, um zu argumentieren, dass Rassismus ein gesellschaftliches Problem in Deutschland ist. Auch wenn das Wort Rassismus im Artikel nicht vorkommt.

Mir behagt das Nutzen der Studie für diesen Zweck allerdings nicht. Den diese argumentiert (zumindest laut taz-Artikel) innerhalb des Integrationsdiskurses, nimmt Integration (die nicht näher definiert wird) als unhinterfragbares Ziel - und reprduziert so die Konstruktion des problematischen Anderen.

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Freitag, 8. Februar 2013
Nützlichkeitsrassismus
Eine Studie der OECD zeigte, dass Hochqualifizierte eher nicht nach Deutschland kommen (siehe taz). Christian Jakob schreibt dazu ein einem taz-Kommentar:

"Die wirtschaftliche und demografische Lage zwingt Deutschland mittlerweile, sich um Zuwanderer zu bemühen. Von der Leyens Ankündigung, die Verdienstgrenzen für „Mangelberufe“ abzusenken, ist ein richtiger Schritt. Aber solange es kein vorbehaltloses Bekenntnis der Bundesregierung zur Zuwanderung gibt, bleibt sie nur eine neue Form des alten deutschen Nützlichkeitsrassismus."

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Sonntag, 20. Januar 2013
Weniger Geld für 'Ausländer'
In einem taz berlin-Interview erzählt der Konrektor Raúl Herrera, dass Lehrer_innen, die "woanders studiert haben oder keine Deutschen sind" weniger verdienen als ihre Kolleg_innen, die nicht in diese Kategorie fallen. Als er sich über die geringere Bezahlung beschwert hat, bekomm er vom Oberschulrat die Antwort:

"Er hat sehr darauf abgehoben, dass ich in Chile studiert habe – kein Wort davon, dass ich hier promoviert habe und hier in Berlin ein voll anerkannter Lehrer bin."

Tolle Logik.

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Dienstag, 15. Januar 2013
Worte und Machtverhältnisse
In der erbitterten Debatte darüber, ob rassistische Begriffe in Kinderbüchern geändert werden dürfen, kommt immer wieder das (Pro-)Argument, dass die Begriffe beim Schreiben nicht rassistisch gewesen seien, sie es jetzt aber seien und daher eine Modernisierung notwendig sei. Diese Argumentationsschiene habe ich bisher nicht verstanden, weil die Worte in meinem Verständnis schon immer rassistisch waren. Ein Pro-Artikel des Schriftstellers Jakob Hein in der taz hilft mir dabei, diese Logik nachzuvollziehen. Hein schreibt:

"So ist „Neger“ 2013 zweifellos ein rassistisches Wort in der deutschen Sprache. Über das Wort ist viel zu sagen, insbesondere dass es vor einigen Jahrzehnten kein rassistisches Wort war. Die Kultur in Deutschland war damals rassistischer, sie war auch sexistischer und weniger demokratisch. Das kann dem Wort nicht angelastet werden. „Neger“ war damals so wenig rassistisch, wie „Fräulein“ nicht sexistisch war. Die Zeiten haben sich millimeterweise geändert, die fünf Buchstaben N-e-g-e-r konnten das nicht. Sie stehen zusammen als ein Wort, das aus der Zeit gefallen ist. "

Hein stellt fest, dass das N-Wort heute rassistisch ist und das Fräulein sexistisch (so verstehe ich ihn zumindest). Ausserdem stellt er fest, dass (die) Deutschland(e?) vor einigen Jahrzehnten rassistischer und sexistischer war(en) als heute (dem würde ich zustimmen). Er behauptet aber die beiden Worte waren damals nicht rassistisch und sexistisch. Wie kommt er zu der Schlussfolgerung?

Ich vermute, dass weil Kritik an den Begriffen (und den durch sie reproduzierten Machtverhältnisse) von der zeitgenössischen Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wurde, (fast) alle die Begriffe als selbstverständlich und normal wahrgenommen haben und daher kritiklos genutzt haben, die Begriffe deshalb noch heute von Hein und anderen als in der Zeit nicht rassisitisch oder sexistisch verstanden werden. Oder anders formuliert: Was normal war und von (fast) allen benutzt wurde, kann nicht rassistisch/ sexistisch/ etc. gewesen sein. Aus der machtkritischen Theorie kommend, argumentiere ich genau anders herum, die Normalität der Verwendung zeigt, dass die Begriffe die gesellschaftlich legitimierten Machtverhältnisse (re)produzieren. Die Begriffe sind nicht unschuldig, sondern bilden diese Machtverhältnisse ab und produzieren sie.

In der Argumentation die Begriffe seien nicht -istisch gewesen, steckt wahrscheinlich auch der Wunsch die Menschen, die damals die Begriffe benutzt haben, vor dem Vorwurf sie seien -Isten gewesen, zu bewahren. In diesem Wunsch scheint mir wieder das Missverständnis zu stecken, dass Menschen, die -istische Begriffe nutzen, deswegen böse willentlich handelnde -Isten seien. So würde ich aber nicht argumentieren. Preußler und Lindgren können durchaus überzeugte Anti-Rassist_innen gewesen sein (ich weiss über die beiden zu wenig, um das zu beurteilen) und trotzdem Rassismus reproduzierende Begriffe benutzt haben. Eben weil dies normal war und es eine besondere Offenheit brauchte, den rassistischen Gehalt zu erkennen und damit kritisch umzugehen.

Wir alle nutzen immer wieder -istische Begriffe. Häufig ohne das zu wollen, weil wir den -istischen Gehalt zu wenig wahrnehmen. Bei manchen -Ismen sind wir potentiell vorsichtiger als bei anderen. Ich nehme aber an, dass es kaum Personen gibt, die wirklich alle -Ismen immer auf dem Schirm haben und gar keine -istischen Begriffe oder Formulierungen benutzen.

Wenn ich dafür plädiere, dass -istische Begriffe aus Kinderbüchern verschwinden sollen, geht es mir nicht darum die Autor_innen dieser Bücher als -Isten zu kategoriseren. Mir geht es darum, dass Kinder möglichst wenige -Ismen lernen. Dazu nochmal ein Hein-Zitat:

"Die Kindheit ist eine prägende Zeit. Hier wird das Grundgerüst der Werte, Normen und auch der Worte angelegt. "

Und noch eine kurze Bemerkung zu Heins Artikel: Mir gefällt, dass er davon spricht, dass hier eine Abwägung von zwei Prinzipien (Rassismuskritik und Zensurkritik) vorzunehmen ist. Denn das nimmt beides ernst und zeigt, dass es keine einfachen Lösungen gibt und Entscheidungen notwendig sind.

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Samstag, 5. Januar 2013
Und es tut sich was
Die taz berichtet, dass rassismuskritische Intervention(en) dazu geführt haben, dass die neue Auflage von 'Die kleine Hexe' ohne rassistische Begriffe erscheinen soll.

Diese Änderung produziert natürlich viel Kritik. Vorallem scheint argumentiert zu werden, dass mensch literarische Klassiker nicht ändern sollte. Und grundsätzlich würde ich dem zustimmen. Rassismen in literarischen Klassikern sind ein Ausdruck ihrer Zeit und sollten als solche stehen bleiben. Aber nicht in Kinderbüchern. Kinder lernen unter anderem durch Bücher die Welt kennen und entwickeln Selbstentwürfe. Sie können das Gehörte noch nicht kritisch reflektieren, daher sollten sie mit möglichst wenigen Rassimus-, (Hetero)Sexismus-, etc.-Reproduktionen konfrontiert werden. Es ist nicht egal, mit welchen (Sprach)Bildern Kinder konfrontiert werden.

Eine andere Kritik behauptet, dass die rassistischen Begriffe zur Zeit des Schreibens neutral gewesen sein. Da scheint mir neutral mit normal verwechselt zu werden. Die Verwendung der rassistischen Begrife belegt sicher die Normalität dieser Rassismusreproduktionen zur Zeit des Schreibens, aber sicher nicht deren Neutralität. Europäischer Rassismus ist insbesondere durch die Aufklärung und im Laufe des Kolonialismus legitimiert und normalisiert worden - und hat sich auch in der Sprache niedergeschlagen. Das N-Wort war schon immer mit Abwertung und Ausgrenzung verbunden.

Warum in der Print-taz, das N-Wort im Titel des Artikels vorkommen muss und im Artikel so häufig ausgeschrieben werden muss, verstehe ich nicht. Ich finde es ok, es zu zitieren, damit auch Leser_innen, die nicht in den Debatten drin sind, verstehen worum es geht. Aber es muss nicht so häufig wiederholt werden.

Ausserdem ärgert es mich, dass in der Print-taz die Kritik an Rassismus in Kinderbüchern auf Wolfgang Benz zurückgeführt wird, obwohl es schon vor seiner Intervention eine intensive Auseinandersetzung dazu gab (vergleiche meinen älteren Blogeintrag).

Nachtrag kurz darauf: Die Kommentare zum taz-Artikel sind furchtbar. Warum regen sich die Leute so über die Änderung auf? Fühlen sie sich persönlich angegriffen? Fühlen sie sich in ihren Privilegien angegriffen? Es ist spannend, welche Themen zu welchen Gefühlsausbrüchen führen und welche nicht.

Nachtrag 12.01.13: Heute in der Print-taz eine ganze Seite Leser_innenbriefe zur 'Kleinen Hexe' (pro und contra), ein Artikel von Anna Klöpper "Zensur in Kinderüchern" (das ist der Titel des Online-Artikels und der ist contra) und ein Kommentar von Daniel Bax (pro).

Wahnsinn was für ein Aufreger (auch oder gerade unter taz-Leser_innen und -Redakteur_innen), das Streichen des N-Worts ist. Da zeigt sich, wie wichtig und schwierig die Debatte ist. In den Contra-Stimmen fehlt mir das Bewusstsein, dass Kinder durch Kinderbücher die Welt, die Sprache und sich kennenlernen. Es wird so getan, als ob Kinder schon kritisch-historisch reflektieren könenn. Klöpper behautptet gar, dass diskriminierende Sprache in Kinderbüchern zu einer Sensibilisierung für Diskriminierungen führen kann. Dem kann ich so gar nicht folgen. Was erstmal als normal gelernt wird, muss mit viel Aufwand wieder verlernt werden. Warum dann erst lernen.

Aber auch Bax Argumentation finde ich nicht sehr überzeugend. Bei ihm geht es um Modernisierung von Sprache und darum, dass Kinder die veraltete Sprache nicht mehr verstehen würden. Meine Kritik gilt aber nicht veralteter Sprache sondern diskriminierender Sprache. Die diskriminierenden Worte waren auch früher nicht unproblematisch.

Bax letzten Absatz kann ich mich aber anschliessen:

"Angesichts dessen erstaunt die Wut, die die bloße Ankündigung eines Verlags, ein paar Details in einem Kinderbuch zu verändern, ausgelöst hat. In der Verbissenheit, mit der mache an Begriffen wie "Neger" festhalten wollen, scheint eine seltsame Sehnsucht nach der vermeintlich "guten alten Zeit" durch, als man solche Worte noch ungehemmt verwenden durfte. Man sollte bei solch unkritischer Nostalgie aber nicht vergessen, dass unverheiratete Frauen damals auch noch "Fräulein" genannt wurden, Abtreibungen verboten und Altnazis noch überall in Amt und Würden waren."

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Samstag, 22. Dezember 2012
Ismen reproduzieren oder nicht
Die rechtskonservative Ministerin Schröder scheint der Zeit ein Interview zu Erziehungsfragen gegeben zu haben (siehe taz). Darin hat sie wohl gesagt, dass sie Sexismen und Rassismen, die in Kinderbüchern vorkommen, ihrer Tochter nicht unbedingt so vorliest, sondern beim Lesen Änderungen vornimmt. Die taz berichtet nun, dass es in der Union dagegen Widerstand gibt:

" „Dieser verkopfte Quatsch macht mich sprachlos“, stöhnte Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) in der Bild-Zeitung. Sie finde „es traurig, wenn unseren Kindern aus lauter Unsicherheit vor Political Correctness die starken Bilder genommen werden, die für ihre Fantasie so wichtig sind“. "

und dass der ISD Schröders Aussagen begrüßt:

"„Sehr begrüßenswert“ nannte Tahir Della, Vorstand der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD), die Äußerungen der Ministerin, „zumal sie aus einem politischen Lager kommen, aus dem man das nicht erwartet. Es ist wichtig, Sprache und Begriffe in historischen Texten kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu ersetzen.“ "

Im taz-Kommentar verweist Daniel Bax darauf:

"Auch linke und liberale Kulturschaffende tun sich hierzulande sehr schwer damit, die eigenen Traditionen kritisch zu hinterfragen, wie die anhaltenden Debatten um schwarze Figuren und „Blackfacing“ an deutschen Theatern gezeigt haben. "

Allerdings erwähnt er nicht, dass es vor wenigen Tagen einen Kommentar in der Print-taz gab, der Schröders Aussagen lächerlich gemacht hat und sich für das Beibehalten von Ismen in Kinderbüchern ausgesprochen hat. Da ich diesen Kommentar nicht online gefunden habe, habe ich noch nicht dazu geschrieben und erinnere mich jetzt auch nicht an den Namen der Autorin. Bax Kritik sollte sich aber auch explizit an die taz wenden.

Ansonsten stimme ich Bax zu:

"Wirklich überzeugend wäre ihr [Schröders] Sinneswandel aber erst, wenn sie sich von den ultrakonservativen Diskursen verabschieden würde, mit denen sie bisher aufgefallen ist. Dann wäre auch ihr Einsatz gegen Rassismus glaubwürdiger."

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Ein Rassismusproblem
Wer das taz-Interview mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei Bernhard Witthaut liest, kann klar erkennen, dass die Polizei ein strukturelles Problem mit Rassismus hat. Da wird dann auch klar warum Wissenschaftler_innen an Polizeiakademien , die sehen, dass es strukturelle Probleme gibt, diese nicht als Rassismus bezeichnen (können).

Witthaut weist im taz-Interview vehement von sich, dass es institutionellen Rassismus bei der Polizei gibt. Er sagt, dass vorsichtig mit dem Begriff Rassismus umzugehen sei, definiert aber nicht, was er darunter versteht. So kann ich nicht auf sein Verständnis eingehen und nur mit meinem arbeiten. Und da finde ich so einiges problematisches in dem Interview.

Vertrauen von 'Migrant_innen' will Witthaut durch interkulturelle Kompetenz erreichen. Das verschiebt das Problem nicht nur von rassistischer Ausgrenzung zu angeblichen kulturellen Missverständnissen sondern schreibt den 'Migrant_innen' auch eine andere Kultur zu.

Auf die Frage

"Im Rahmen der NSU-Affäre wurde bekannt, dass zwei Polizisten in Baden-Württemberg mal beim Ku-Klux-Klan waren. Muss die demokratische Einstellung von Bewerbern stärker kontrolliert werden?"

antwortet Witthaut mit:

"Bei der Polizei gibt es keine Gesinnungstests."

Das lässt mich doch sehr schlucken. In der Frage ging es um die demokratische Einstellung, nicht darum eine bestimmte politische Meinung zu haben. Eine demokratische 'Gesinnung' sollte doch Grundvorraussetzung für Polizist_innen in einem demokratischen Rechtsstaat sein, oder?

Dann führt Witthaut aus, warum er racial profiling für unproblematisch hält. Das käme aus dem Erfahrungswissen der Polizist_innen, die dies anwenden müssten (siehe dazu kritisch die Professorin der Polizeiakademie). Und kommt dann mit seinem ganz persönlichen Erfahrungswissen, das rassistische Bilder reproduziert, ganze Menschengruppen kriminalisiert und das in keinster Weise reflektiert:

"In der Region, aus der ich komme, gibt es zum Beispiel ein Asylbewerberheim, von dem die Polizei weiß, dass da mit Rauschgift gehandelt wird. Da leben viele Menschen aus afrikanischen Ländern, von ihnen bestimmen viele die Drogenszene. Wenn ein Polizist dann so jemanden am Bahnhof in Osnabrück sieht, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Stoff dabei hat, ziemlich hoch. Ob der Betroffene das als diskriminierend empfindet oder lediglich sauer ist, dass die Polizei seine Drogengeschäfte vereitelt hat, mag dahingestellt sein."

Und kommt dann noch mit dem scheinheilligen Totschlagargument:

"Wenn ich nichts zu verbergen habe, dann kann ich mich ja auch kontrollieren lassen, oder? "

Natürlich nicht. Wenn ich nichts zu verbergen haben, aber ständig so behandelt werde, als ob ich kriminell wäre, dann ist das überaus diskriminierend und ausgrenzend. Ausgrenzungen sieht aber Witthaut, wenn eine neutrale Stelle polizeiliches Fehlverhalten kontrollieren würde:

"Aber ich finde es falsch, die Polizei unter einen Pauschalverdacht zu stellen. Und das wird mit so einer Beschwerdestelle suggeriert."

Dabei, wenn die Polizei nichts zu verbergen hätte, dann wäre doch so eine Kontrolle ... oder gilt hier irgendwie eine andere Argumentation?

Im weiteren verschiebt Witthaut das Thema von institutionellen Rassismus in der Polizei zu Rechtsextremismus, der natürlich außerhalb der Polizei ist, und verweist auf die gewerkschaftliche Bildungsarbeit gegen Rechts. Ende der 1990er habe ich auch mal so ein Seminar angeleitet, das völlig in die Hose ging. Wir Teamer_innen habe ein Seminar über die eigenen Verstrickungen in Rassismus vorbereitet und die Gewerkschaft hat angekündigt, dass die Grenzschützer_innen was über Rechtsextremismus erfahren. Das konnte nur schief gehen.

Aber zurück zum Interview, dass Witthaut mit einem rassistischen Bild abschliesst. Auif die Frage, warum es so wenige Polizist_innen mit dem sogenannten Migrationshintergrund gibt, antwortet er doch tatsächlich:

"Unsere Anforderungen sind hoch, auch die gesundheitlichen. Aber wir sind dagegen, das Niveau der Einstellungstests abzusenken, denn wir wollen keine Polizisten zweiter Klasse schaffen. "

Auf die Frage bezogen, kann das nur heissen, dass Witthaut meint, dass die mit dem Migrationshintergrund weniger qualifiziert (auch gesundheitlich) sind als die ohne. Wie kommt er auf die Idee?

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Samstag, 8. Dezember 2012
Kein Rassismusproblem?
Im taz-Interview erklärt Astrid Jacobsen, Professorin an der Polizeiakademie:

"Die Polizei hat kein strukturelles Rassismusproblem."

Im ihren folgenden Ausführungen analysiert sie dann, wie Polizist_innen (als Teil der deutschen Gesellschaft) in ihrer Arbeit Rassismen reproduzieren (mit massiven Folgen):

"Leider werden dann immer wieder gängige Vorurteile und Klischees herangezogen, die auch an sichtbaren Merkmalen ethnischer Zugehörigkeit festgemacht werden. Bestimmtes kriminelles Verhalten wird mit bestimmten Gruppen verbunden. Beispielsweise Russen mit Gewalt, dunkle Hautfarbe mit Aufenthaltsdelikten etc."

Jacobsen bedauert explizit, dass die Debatte um die falschen (rassistischen) Verdächtigungen bei den NSU-Morden so schnell abgeklungen ist. In vielem kann ich ihrer Analyse zustimmen. Nur eben nicht in der Feststellung, dass es kein Rassismusproblem bei der Polizei gebe. Rassismus scheint sie anders als in der kritischen Rassismustheorie zu definieren. Weil sie letztere nicht kennt? Weil sie sie nicht gut findet? Oder weil sie die Polizei nicht als Rassismus reproduzierend bezeichnen darf?

Wenn das strukturelle Problem nicht als Rassismus benannt wird, dann kann das Problem auch nicht bekämpft werden.

Nachtrag 11.12.12: publikative.org hat das Interview auch analysiert:

"Kurzum: Ein eigentlich lesenswertes Interview – mit absurder Schlussfolgerung. Würde die Polizeiwissenschaftlerin statt von Klischees von Rassismus sprechen: Der Skandal wäre garantiert. Schade, dass die taz nicht noch eine Frage gestellt hat: Warum in aller Welt soll das von Jacobsen Geschilderte eigentlich kein Rassismus sein?!"

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Mittwoch, 21. November 2012
RAV kritisiert Buch des Neuköllner Bürgermeisters Buschkowsky


Der RAV schreibt in der Pressemitteilung zur Aktion:

"Das Problem heißt Rassismus! RAV kritisiert Buch des Neuköllner Bürgermeisters Buschkowsky

Das Problem heißt Rassismus!

Unter diesem Motto haben rund 30 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte am Samstag, dem 17. November 2012 im Buchladen Hugendubel am Hermannplatz eine Erklärung verlesen und das Buch des Neuköllner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky (SPD) mit Aufklebern verschönert.
Buschkowsky trägt mit seinem Buch zu einem Klima bei, in dem Rassismus gedeiht und die gesellschaftliche Spaltung vorangetrieben wird. Zahlreiche Kundinnen und Kunden sowie das Personal hörten interessiert zu, applaudierten und diskutierten anschließend mit den Kolleginnen und Kollegen, unter ihnen auch zahlreiche RAV-Mitglieder."

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