Mittwoch, 22. September 2010
Es geht nicht um Islam
Bei einer Podiumdsdiskussion über antimuslimischen Rassismus hat Sabine Schiffer betont, dass es bei Rassismuskritik nicht um den Islam geht, sondern darum Rassismus zu kritisieren. Auch wenn sich Rassismus gerade sehr stark gegen Muslime wendet, darf nicht übersehen werden, dass Rassismus sich kontextspezifisch andere Andere sucht (sie hat das mit Verweis auf den Antisemitismus des 19. Jahrhunderts und dem gescheiterten Anti-Antisemitismus dieser Zeit erläutert). Die dominante Zielrichtung kann sich schon bald wieder ändern, die Ausgrenzungsmechanismen bleiben die gleichen. Gegen diese müssen wir uns engagieren.

3 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Verbot - oder nicht
"Zur Frage einer Verschärfung des Waffengesetzes sagte Mappus, man müsse alle Informationen zunächst einmal sammeln. Letztendlich sei auch die Politik machtlos. "Man kann nicht generell verhindern, dass so etwas passiert, man kann es nicht vollständig ausschließen." (Quelle: swr zum Amoklauf in Lörrach)

"Für einen Burka-Bann hatte sich indes die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin ausgesprochen. Und auch der bayerische Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) fände ein Verbot der Burka in Deutschland grundsätzlich richtig. Man sollte auch in Deutschland über ein solches Verbot diskutieren, sagte Söder dem "Münchner Merkur". "Es wäre ein wichtiges Signal, schließlich ist die Burka nicht gerade ein Zeichen von Integrationswilligkeit", fügte der CSU- Politiker hinzu." (Quelle: Spiegel Online)

Burkas sind eindeutig gefährlicher als Waffen.

0 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Sonntag, 1. August 2010
Deutungshohheit zur Milli Görüs
Im April erschien in der taz von Eberhard Seidel ein Verriß des neuen Buchs von Werner Schiffauer "Nach dem Islamismus - Eine Ethnographie der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs". Beim Lesen kam mir einiges seltsam vor, z.B. der Verweis auf Schiffauers Buch von 1983 und das Ignorieren der Weiterentwicklung von Schiffauers Denken in den letzten 30 Jahren oder das Anzweifeln der empirischen Grundlage Schiffauers und gleichzeitiges Behaupten von Dingen ohne sie selber zu belegen.

Inzwischen habe ich Schiffauers Buch gelesen und jetzt kommt mir noch viel mehr seltsam vor an der Rezension von Seidel. Ich lese bei Schiffauer eine differenzierte Darstellung der Milli Görüs und verschiedener Strömungen in ihr (und nicht die vereinfachten Darstellungen, die Seidel unterstellt). Eine gewisse Sympathie für die von ihm interviewten Vertreter der Milli Görüs ist bei Schiffauer schon zu merken, aber anders lässt sich eine so langfristige Ethnographie auch gar nicht machen. Schiffauer ermöglicht seinen Leser_innen aber immer auch kritische Perspektiven auf sein Protagonisten. Verhalten und Denken ist bei ihm immer komplex und auch ambivalent.

In Seidels Rezension fehlt allerdings, dass Schiffauer unter anderem Seidel scharf kritisiert (für unkritische, schlecht belegte Kritik an Milli Görüs). Kein Wunder, dass Seidel das Buch nicht gut finden kann und dafür andere Gründe benennt.

Ich bin natürlich auch parteiisch. An Schiffauers Lehrstuhl habe ich merhere Jahre gearbeitet und schätze seine Arbeit sehr (wenn sie mir auch z.B. zu wenig heteronormativitätskritisch ist). Seidels Artikel in der taz stören mich schon seit Jahren aufgrund ihrer Reproduktion von antimuslimischen Rassismus.

Nachtrag 15.08.10: antropologi.info hat noch weiteres Material rund um Schiffauers Buch zusammengetragen.

1 Kommentar in: islamophobie   ... comment ... link


Donnerstag, 8. Juli 2010
Verfassung schützen in Brandenburg
Die taz berichtet über "ganztägigen Anti-Islamismus-Training. "Integration, Radikalisierung und islamistischer Extremismus"" in der brandenburgischen Provinz. Der Verfassungsschutz will über die Gefahren des Islamismus aufklären.

"Der neue Feind, um den es hier geht, er ist ein Phantom. Niemand weiß, wie viele Muslime in der Uckermark leben. Es gibt keine Moschee im Landkreis, keinen islamischen Kulturverein. Der Verfassungsschutz zählte 2009 in Brandenburg 1.230 Rechtsextremisten, 600 Linksextremisten - und 50 Islamisten, aber von Letzteren vermutet die Behörde nicht einen in diesem Landkreis."

Das stellt sich doch die Frage, wohin die Ressourcen weshalb geleitet werden. Die Informationen, die die taz über Heiko Homburg, den "PR-Chef des brandenburgischen Verfassungsschutzes" lassen an der Verfassungstreue des Verfassungschutzes durchaus zweifeln:

"Homburg ist Quereinsteiger: Nach einer Karriere in der Jungen Union Hessen arbeitete er bis 2004 als Pressesprecher des brandenburgischen CDU-Innenministers Jörg Schönbohm. Über diese Zeit schweigt Homburg allerdings heute öffentlich lieber. Schließlich irritierte er damals selbst Konservative. Mal verstieg er sich zu der Formulierung, eine vietnamesische Familie sei "vom Steuerzahler durchgefüttert" worden, mal gratulierte er der Jungen Freiheit in einem Leserbrief zu deren neuem Layout. "

Nachtrag 28.09.10: Laut taz schützt der Verfassungsschutz auch in Bayern vor antirassistischer Arbeit, wurde jetzt aber gerichtlich zurückgepfiffen:

"Seit 20 Jahren kämpft der Münchner Verein gegen rechts, er dokumentiert und veröffentlicht Informationen über die Aktivitäten von Neonazis in Bayern. Seit diesem Wochenende darf ihn der bayerische Verfassungsschutz nicht mehr einfach so als linksextremistisch und demokratiefeindlich bezeichnen."

Die Verfassungsschutzeinschätzung hat(te) konkrete Auswirkungen auf die Arbeit des Vereins:

"Das Finanzamt strich dem Verein die Gemeinnützigkeit. Die Landeskoordinierungsstelle schloss Aida aus. Das Archiv musste einen Teilzeitmitarbeiter entlassen und um seinen guten Ruf fürchten."

Der Verfassungsschutz gefährdet immer wieder die Verfassung. Siehe auch hier.

0 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Dienstag, 8. Juni 2010
Respektlose Respect Gaymes
Der LSVD hat mal wieder die Respect Gaymes durchgeführt, bei denen er die Dichotomie deutsche Schwule (und Lesben) auf der einen Seite und homophobe Migrant_innen auf der anderen Seite behauptet. Johannes Kopp stützt diese Konstruktion in seinem taz-Artikel. Auch er unterstellt Migrant_innen pauschal Homophobie und stellt verwundert fest, das es auch Homphobie in der Dominanzgesellschaft gibt.

Ich habe es so satt, dass selbstgefällige dominanzdeutsche Schwule (und Lesben) versuchen, ihren (antimuslimischen) Rassismus mit dem pauschalen Vorwurf der Homophobie zu verdecken. Weder sind alle Migrant_innen homophob noch sind alle Schwulen und Lesben dominanzdeutsch.

Bei den Respect Gaymes mache ich nicht mit, weil ich nicht in einem rassistischen Kontext gegen Homophobie kämpfen will. Und weil ich weder homophobe Migrant_in noch dominanzdeutsche Lesbe bin.

0 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Donnerstag, 27. Mai 2010
Antimuslimischer Rassismus
Cigdem Akyol kategorisiert in der taz zumindest implizit Islamophobie als Rassismus gegen Muslime. Soweit gehe ich mit ihr mit. Allerdings sagt sie dann:

"gegenüber dem üblichen Rassismus hat die Islamophobie einen Vorteil: Sie lässt sich als Engagement für Demokratie und Emanzipation tarnen."

Das glaube ich unterscheidet diesen Rassismus nicht wirklich von anderen. Rassismen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gesellschaftlich anerkannt sind (zumindest wenn mensch folgender Rassismusdefinition folgt). Wo ich Akyol aber zustimme, ist dass gerade vorallem der antimuslimische Rassismus allgemein konsensfähig ist, während andere Formen des Rassismus, vorallem jene, die sich offensichtlich auf Biologie beziehen, weniger offen ausgesprochen werden dürfen.

Wenn Akyol aber später im Artikel von "Fremdenhass" spricht und die Vertreter_innen von antimuslimischen Rassismus als Leute abtut, die "nicht denken", dann verharmlost sie diesen Rassimus und das dahinter tatsächlich Gedankengebäude und Legitimierungen stehen.

"Denn die Islamfeindlichkeit ist nicht nur in den extremen Rechten verbreitet, sondern in größeren Teilen der Gesellschaft", sagt Häusler. "

0 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Mittwoch, 19. Mai 2010
Wieder Islamkonferenz
Die Islamkonferenz geht in neuer Besetzung weiter. Ein muslimischer Verband darf nicht teilnehmen, ein anderer möchte nicht. Die Kritik an der Islamkonferenz bleibt bestehen. So wird weiter der Fokus auf die 'Probleme' durch die 'Anderen' gelegt, wenn gleich vielleicht etwas vorsichtiger formuliert. Die taz berichtet:

"Die Islamkonferenz will zudem eine Studie in Auftrag geben, die beleuchten soll, welche Rolle der Islam bei der Vorstellung von Geschlechterrollen spielt, oder ob diese nicht eher kulturell oder schichtspezifisch geprägt sind. Zudem will die Islamkonferenz eine gemeinsame Grenze zwischen Islam und Islamismus ziehen."

Eine der neuen Teilnehmerinnen plädiert für einen Mittelweg:

"Die Theologin Hamideh Mohagheghi, die aus dem Iran stammt und als unabhängige Muslima an der Islamkonferenz teilnimmt, warnte davor, soziale Probleme entweder religiös zu überfrachten oder zu behaupten, sie hätten nichts mit der Religion zu tun: "Wir müssen einen Mittelweg finden.""

Das lässt sich so erstmal unterschreiben. Fraglich aber, ob die Islamkonferenz der richtige Weg dafür ist.

0 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Dienstag, 18. Mai 2010
Zwang zur Ärmellosigkeit
Mit Ärmeln lässt sich nicht regelkonform Basketballspielen. Daher darf ein Mädchen in Schweden nicht mehr mit ihrer Mannschaft spielen wie die taz berichtet.

"Das sei eine Bestimmung, die nicht etwa etwas mit der Sicherheit der Spieler zu tun habe oder wegen von solcher Bekleidung möglicherweise ausgehender Behinderung für andere Spieler oder Schiedsrichter erlassen worden sei, erläutert Lena Wallin-Kantzy vom "Svenska Basketbollförbundet" (SBBF) das Verbot. Sondern es gehe um Ästhetik: "Ich finde es nicht komisch, wenn Regeln fordern, dass alle Spieler während eines Basketballmatchs gleiche Kleidung tragen müssen." Es gehe ums Prinzip, meint Waldo Teppans, Spielverantwortlicher beim SBBF"

Das Mädchen ist übrigens muslimisch.

2 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Donnerstag, 29. April 2010
Poly
Einem Mann soll die Staatsbürgerschaft abererkannt werden, weil er gleichzeitig mehrere Beziehungen mit Frauen hat, diese vier Frauen alle Kinder von ihm haben und als Alleinerziehende Sozialhilfe beziehen.

Wenn alle Männer, die mehrere Beziehungen gleichzeitig haben, ausgebürgert würden, wären nicht mehr viele Männer mit Staatsbürgerschaft übrig. Wenn alle Männer, die nicht für die von ihnen gezeugten Kindern aufkommen, ausgebürgert werden sollten, dann wären das auch erhebliche Zahlen.

Aber es geht ja nicht um alle Männer, es geht wie die taz berichtet, um "um einen besonders strenggläubigen Algerier" in Frankreich und strenggläubig ist immer dann ein Problem, wenn es muslimisch ist. Da kann schon mal überlegt werden "ob in diesem Fall nicht sogar die Einbürgerung des Ehemanns von 1999 für ungültig erklärt werden könne, wie dies das französische Gesetz etwa bei Verbrechen oder Vergehen, die die fundamentalen Interessen Frankreichs berühren, vorsieht".

Wie ist das, gab es nicht Gerüchte, dass Sarkozy fremd geht? Ist das dann auch Polygamie? Denn die Ehen des "Algeriers" sind nach französischem Recht sicher auch nicht legal und damit juristisch nicht von fremdgehen zu unterscheiden.

Der Fall kam übrigens ins Rollen, weil eine der Frauen, für ihre Rechte eingetreten ist und sich gegen rassisstische Diskriminierung durch die Polizei gewehrt hat:

"Eine 31-jährige Französin, die Anfang April in Nantes wegen ihres Niqabs am Steuer bei einer Routinekontrolle von der Polizei angehalten und zur Strafe 22 Euro Bußgeld zahlen musste, protestierte auf einer Pressekonferenz gegen diese ihrer Ansicht nach willkürliche und diskriminierende Interpretation der Straßenverkehrsgesetze. "

Selbstbewusste Muslima kann der Staat natürlich nicht dulden.

0 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link


Mittwoch, 21. April 2010
Preise gegen die Anderen
"Für seinen "Mut zu Veränderungen, aber auch Mut zu Widerspruch" hat die Bundes-SPD den Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) mit dem Gustav-Heinemann-Bürgerpreis 2010 ausgezeichnet." berichtet die taz. Der SPD-Parteichef Gabriel sagt: "Heinz Buschkowsky ist ein Berliner Sozialdemokrat, auf den wir stolz sind".
Hier eine kleine Sammlung, worauf die SPD da stolz ist.

Ausserdem hat auch die 'Islamkritikerin' Claudia Dantschke einen Preis bekommen. Die taz hat ein Interview mit ihr geführt. Immerhin sagt auch sie, dass sich Sarrazin klar rassistisch geäußert hat. Andererseits sagt sie auch:

"der Hang, die Verantwortung für Negatives immer bei anderen zu suchen, der zu Verschwörungstheorien führt."

Das lässt sich in verschiedene Richtungen interpretieren. Und ich kann da schon auch einiges nachvollziehen. Ich sehe diese Aussage aber auch als Abwehr gegen die Analyse, dass wir in Deutschland antimuslimischen Rassismus haben.

Nachtrag 29.04.10: Die taz hat über die Vergabe des Deutschen Filmpreises berichtet und sich gefragt, warum bestimmte Preise vergeben wurden. So hat der Film "Das weiße Band" sehr viele Preise bekommen,a ber nicth den für die beste weibliche Hauptrolle:

"Warum nun ausgerechnet Susanne Lothar, die Hauptdarstellerin bei Haneke, keine Auszeichnung bekam? Ihr Auftritt als gedemütigte Haushälterin und Geliebte des Dorfarztes war nun wirklich preiswürdig. "

Der Preis ging stattdessen an Sibel Kekilli (wunderbare Hauptdarstellerin in Gegen die Wand) für ihre Hauptrolle in Die Fremde. Christina Nord von der taz vermutet:

"Vielleicht wollten die Akademiemitglieder wenigstens in einer der wichtigen Kategorien für Abwechslung sorgen, vielleicht lag es auch daran, dass "Die Fremde" von der Unterdrückung und Bedrohung einer jungen Deutschtürkin durch ihre eigene, traditionsverhaftete Familie erzählt. Der Film greift ein Thema auf, das als gesellschaftlich relevant gilt, und gehört zu jenem vordergründig politischen Kino, das weniger Zweifel denn Gewissheit stiftet: Die anderen sind rückständig und gewalttätig, wir, die wir den Film sehen, bekommen das gute Gefühl, liberal und fortschrittlich zu sein. "

13 Kommentare in: islamophobie   ... comment ... link