Freitag, 4. Februar 2011
Burka in Hessen
Die letzten Tagen waren die Medien voll mit Berichten über eine Mitarbeiterin des Bürgeramts Frankfurt/Main, die nach ihrer Elternzeit in Burka zur Arbeit kommen wollte. Was genau da passiert, weiss ich nicht, denn dazu habe ich zu wenig Informationen. Daher will ich mich auch nicht mit dem Fall sondern mit der Berichterstattung und der politischen Reaktion beschäftigen.

Das Land Hessen hat die Gelegenheit ergriffen und die Burka im öffentlichen Dienst untersagt (siehe taz). Niedersachsen prüft wohl auch ein Burka-Verbot, ohne dass es dort einen konkreten Anlass gibt (siehe Zeit. Damit reihen sich die Länder in europaweite Kriminalisierungen der Buka bzw. des Phantoms der Burka ein.

Wenn ich es richtig sehe, dann werden zur Bebilderung der Berichte, keine Bilder aus Hessen oder Europa genommen, sondern aus Afghanistan. So erscheint es mir in der Print-taz sowie bei etlichen Filmen des Hessischen Rundfunks. Am krassesten war da ein Film vom Mittwoch, den ich jetzt nicht mehr online finde (hier war er). Zwischen die Berichterstattung aus Frankfurt/Main waren Bilder von Frauen in taubenblauen Burkas geschnitten, die mit größter Wahrscheinlichkeit aus Afghanistan stammen. Was sollen die Bilder aussagen? So ganz unkommentiert?

Getragen werden die Berichte von den üblichen Bildern des antimuslimischen Rassismus, wonach muslimische Frauen von unserer Gesellschaft ausgegrenzt werden müssten, weil sie vom Islam ausgegrenzt würden. Interesannterweise vermischt sich die Argumentation aber damit, dass die Frau 'uns' nur ausnehmen wolle. Denn es gehe ihr gar nicht um die Burka, sondern sie wolle nur eine hohe Abfindung erreichen. Spannend wie beide Argumentationslinien parallel geführt werden können.

Spannend auch noch ein Hinweis aus der taz:

"Allerdings könne es auch Ausnahmen geben, sagte Rhein. Gemeint sind offenbar Angestellte wie Reinigungskräfte, die zur Nachtzeit tätig sind. "

Das passt zu einer Aussage, die ich vor ein paar Tagen in einem Vortrag zu antimuslimischen Rassismus gehört habe: Das Kopftuch ist erst dann zum Problem in Deutschland geworden, als Frauen mit Kopftuch qualifizierte Stellen einnehmen wollten. Solange es sich um Reinigungskräfte dreht, interessiert das keine.

Nachtrag 05.02.11: Aus der taz:

"Der Personaldezernent der Stadt Frankfurt, Markus Frank (CDU), sprach von "wehrhafter Liberalität". ... dazu geführt habe, dass eine Ganzkörperschleier tragende städtische Angestellte am Donnerstagabend ihren Dienst quittierte."

Liberalität bedeutet also, wenn sich Frauen aus der Öffentichkeit zurückziehen.

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Montag, 10. Januar 2011
Brandanschläge auf Berliner Moscheen
Mindestens sechs Brandanschläge auf Berliner Moscheen hat es im letzten halben Jahr gegeben. Bis jetzt sind sie ohne größere Schäden erfolgt - und ohne größere öffentliche Aufmerksamkeit. Die taz spricht von einer "rätselhaften Serie von Brandanschlägen". Wobei mir nicht klar wird, warum sie rätselhaft ist.

"Handelt es sich um Rechtsextreme? Durch die Sarrazin-Debatte und das islamfeindliche Klima Aufgestachelte? Das vermuten Politiker von Grünen und der Linken, doch auch ein ganz anderer Hintergrund ist denkbar. So könnten die Zündler Verwirrte oder Trittbrettfahrer sein - oder gar innerislamische Gegner der betroffenen Gemeinden."

Interessant, dass hier ganz viele Gründe vermutet werden können. (Bei Anschlägen, die wir Muslim_innen zuschreiben, ist immer ganz klar, dass die auf Grund von Islamismus erfolgt sind.) Noch interessanter, dass wieder Muslim_innen als Täter_innen in Frage kommen. Hier meldet auch die taz Widersprüche an:

"Dagegen spricht, dass die angegriffenen Moscheen einen völlig unterschiedlichen Hintergrund haben. Viermal wurde versucht, die größte Berliner Moschee anzuzünden: die Sehitlik-Moschee des eng mit dem türkischen Staat verbandelten Dachverbands Ditib. Aber auch die salafistisch-fundamentalistisch geprägte Al-Nur-Moschee in Neukölln und die "Islamische Kulturgemeinde der Iraner" wurden attackiert; schließlich die Moschee der Ahmadiyya"

Nachtrag 26.01.11: Ein mutmasslicher Täter wurde nun festgenommen. Reflexhaft wird jeglicher rassistischer Hintergrund geleugnet. Die taz berlin berichtet:

"Bei dem mutmaßlichen Moscheen-Brandstifter von Berlin schließen die Ermittler ausländerfeindliche Motive aus. Es sei bislang eher davon auszugehen, dass der 30-Jährige die Taten beging, weil er nach Aufmerksamkeit suchte, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch"

Warum aber schliesst das rassistische Motive aus? Warum sucht sich der Täter gerade Moscheen aus? Er könnte ja auch Kirchen, Kitas, Schulen, Rathäuser, den Bundestag, etc. anzünden und würde Aufmerksamkeit erzielen. Wieso kann ausgeschlossen werden, dass der in den letzten Jahren immer offener artikultierte antimuslimische Rassismus in unserer Gesellschaft den Täter motiviert hat?

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Freitag, 31. Dezember 2010
Jahresabschluss von Hilal Sezgin
Muslim-Gen forever - Ein Jahr mit der Dauerschleife Thilo Sarrazin geht zu Ende

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Montag, 29. November 2010
Terror
Letzte Woche bei einem Seminar in einer ostdeutschen Stadt. Ein Teilnehmer erzählt, dass er am Tag zuvor am Bahnhof in einer Kontrolle geraten ist. Mehrere bewaffnete Polizisten haben ihn nach seinem Ausweis gefragt. (Ausser ihm wurde noch ein anderer nicht dominanzdeutsch aussehender Mensch kontrolliert.) Auf dem deutschen Personalausweis sahen die Polizisten einen Namen, der nicht dominanzdeutsch ist und fragten, ob er Muslim sei. Eine nicht ganz so einfache Frage. Sein Name ist tatsächlich muslimisch, seine Familie war es möglicherweise auch, er ist es nicht. Das den Polizisten klar zu machen, wäre aber zu kompliziert. Und das wollen sie wahrscheinlich auch gar nicht wissen. Der Einfachkeit halber (und weil der den Abend nicht auf der Polizeiwache verbringen will) sagt er, er sei Muslim. Da werden seine Daten zur Überprüfung irgendwohin geschickt. Seine Tasche wird gefilzt. Ganz so einfach will er das aber dann doch nicht so über sich ergehen lassen und sagt, dass er bei der Stadtverwaltung arbeitet. Irgendwann lassen die Polizisten von ihm ab. Sein deutscher Paß und die Arbeit in der Stadtverwahltung, vielleicht auch sein Alter, haben ihn wohl davor gerettet, noch schlechter behandelt zu werden.

Am Wochenende erzähle ich die Geschichte auf einem Familienfest. Ein Verwandter fängt dann an zu sagen, dass er auch der Meinung sei, dass hier keine Moscheen gebaut werden sollen. Andere stimmen darin mit ein. Mein Gegenhalten gegen diese antimuslimsichen Rassismen werden als aggressiv und gesprächsverweigernd klassifiziert. Der Terror ist am Kaffeetisch angekommen.

Mehr zum Thema heute in der taz.

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Montag, 15. November 2010
Ethnisierung von Kriminalität
In Neukölln gab es eine Schießerei. Es scheint um organisierte Kriminalität zu gehen. Aber die taz berichtet mal wieder mit Verweisen auf "arabische Clans" und "arabische Großfamilien". Die deutsche Polizeigewerkschaft ethnisiert die Kriminalität und reproduziert antimuslimischen Rassismus:

"Die kriminellen Familien bewiesen ständig, "dass ihnen deutsches Recht völlig egal ist". "

Kriminelle scherren sich in der Regel wenig um das Recht. Das hat nicht viel damit zu tun, dass das deutsch ist. Oder?

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Dienstag, 12. Oktober 2010
Rassismus zur Selbstversicherung
Stefan Reinecke argumentiert in der taz, dass die CDU gerade so offen für antimuslimischen Rassismus ist, weil sie sich nicht mehr sicher ist, wer sie ist:

"Die Zeiten, als der Feind im Osten stand und Regieren für die CDU eine Art Naturzustand war, sind vorbei. Jetzt schafft die CDU die Wehrpflicht ab. Und blonde Musliminnen klagen auf CDU-Veranstaltungen ihr Recht ein.
Die Frage, die im Raum stehen bleibt, ist: Wer ist wir?"


In jedem Fall ist antimuslimischer Rassismus bei den C-Parteien anschlussfähig. Seehofer ist jetzt auch mit auf den Zug aufgesprungen. Die taz titelt Seehofer macht den Sarrazin.

Nachtrag 14.10.10: Die taz sieht Seehofer auf Geisterjagd:

"Dass es nur sehr wenig Zuwanderung aus muslimischen Ländern nach Deutschland gibt, macht die Forderung aus Bayern nach einem Stopp noch merkwürdiger. Offenbar geht es nicht um konkrete politische Maßnahmen. Seehofer will sich nach dem Sarrazin-Hype und der von Bild hochgespielten Debatte um Christian Wulffs Integrationsrede als rechter Flügelmann in Migrationsfragen inszenieren. Auf Details wie die reale Zuwanderung kommt es dabei nicht so an."

Nachtrag 17.10.10: Auch Riem Spielhaus argumentiert in der taz, dass der antimuslimsiche Rassismus einer Selbstversicherung der Dominanzdeutschen dient:

"Nachdem verstärkt durch die Globalisierung ethnische sowie religiöse Pluralität im Alltag sichtbar und erlebbar geworden sind, stellt sich die Frage danach, was Deutschland im Kern ausmacht, neu. Und der Islam bildet derzeit die schillerndste Folie vom konträr "Anderen", vor dessen Hintergrund das "Wir" als entwickelt, aufgeklärt und geschlechtergerecht gezeichnet werden kann. Je brutaler, verbohrter und rückständiger die "fremde Religion" dabei gezeichnet werden kann, desto größer der Effekt für die Positionierung des eigenen Selbstverständnisses."

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Mittwoch, 6. Oktober 2010
Alltägliche Ausgrenzung
Muslima mit Kopftuch haben in Deutschland weiter miserable Chancen auf dem Arbeitsmarkt wie die taz berichtet. Als Lösung wird mal wieder Wissensvermittlung angeregt. Dabei hat rassistische Ausgrenzung nichts mit Unwissen zu tun.

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Wulff Superstar
Alle scheinen total begeistert von Wulffs Rede zum 3. Oktober (siehe z.B. die taz). Weil er gesagt hat, was sowieso nur Realitätsverweiger_innen leugnen können: Der Islam ist Teil Deutschlands. Es ist schon erschrecken, dass diese Aussage allein schon ausreicht, um gefeiert zu werden. Noch erschreckender ist, dass darüber ausgrenzende Aussagen ganz ignoriert werden:

"Die Integrationsverweigerer kamen in der Rede vor [...] Wulff nannte "Verharren in Staatshilfe, Kriminalitätsraten, Machogehabe, Bildungs- und Leistungsverweigerung", [...] So sei klar, dass Deutsch lernen und die Gesetze achten muss, wer hier lebt" (aus der taz)

Solche Aussagen scheinen niemanden zu stören.

Nachtrag 07.10.10: Mehr von tagesschau.de:

"Hinsichtlich der Kritik aus den Unionsparteien an Wulff betonte er: "Klar ist aber, und das hat der Bundespräsident auch gesagt: Deutschlands religiöse und kulturelle Wurzeln liegen im Christentum und im Judentum."

"Allerdings habe Wulff in der Rede auch deutlicher als seine Amtsvorgänger betont, dass hierzulande die deutsche Kultur gelte. Wer dauerhaft in Deutschland leben wolle, müsse sich den "erarbeiteten" Traditionen und Werten der Bundesrepublik unterordnen."

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Freitag, 1. Oktober 2010
Ausgrenzung
Laut taz hat eine Richterin eine Schülerin von einer Verhandlung als Zuschauerin ausgeschlossen, weil sie Kopftuch trägt und das "unhöflich" sei. Das war bestimmt eine total emanzipative Tat.

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Dienstag, 28. September 2010
Versicherungsschutz nicht für Muslime
"Muslimische Männer helfen nicht im Haushalt. Weil sie diese These vertritt, hat eine Angestellte der Gothaer Versicherung einem algerischem Rentner Zahlungen nach einem Unfall verweigert. Die Sachbearbeiterin verwies auf eine Sure im Koran und wies deswegen den Haushaltsführungsschaden ihres Kunden Herrn M. zurück. " berichtet die taz.

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