Mittwoch, 6. September 2006
Männergewalt
Die taz hat die Berliner Polizistinnen Susanne Bauer und Martina Linke zu Personenschutz bei Familienkonflikten interviewt:

taz: "Die Präsidentin des Juristinnenbundes, Jutta Wagner, meint, die Gefährdung durch Männer aus Migrantenfamilien sei unter Umständen größer, weil Gewalt gegen Frauen in manchen Gesellschaften traditionell nicht geächtet sei. Kann es sein, dass die Polizei auf Migrantenmänner ein schärferes Auge haben sollte?

Bauer: Die Statistiken sprechen eine andere Sprache. Gewalt kommt in Migrantenfamilien nicht viel häufiger vor als in anderen Familien. Auch Tötungsdelikte an Frauen werden nicht vorrangig durch Migranten begangen.

Linke: Es gibt Indikatoren für die Einschätzung von Gefährdungslagen, und die sind für alle gleich: Etwa, ob der Täter sozial integriert ist oder allein. Ob er über seine Probleme sprechen kann oder nur mit Gewalt reagiert. Da kann der Migrationshintergrund eine Rolle spielen, er muss es aber nicht. "


Sehr gut, dass die Polizistinnen sich nicht auf einfache kulturalistische Ansäzte einlassen.

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Terror und Religion
"Denn in der Regel muss man wohl nicht besonders erwähnen, dass vermeintliche Al-Qaida-Sympathisanten dem muslimischen Glauben angehören und keine Buddhisten sind." schreibt Christian Rath in der taz über die 'Anti-Terror-Datei'.

Wenn das so ist, warum dann explizit die Religionszugehörigkeit aufnehmen? Wenn islamistische TerroristInnen entdeckt werden, ist es uninteressant, dass sie Muslime sind. Wenn tamilische TerroristInnen gefunden werden sollten ist es ziemlich sicher, dass es Hindus sind. Und Sinhala-TerroristInnen sind mit großer Sicherheit BuddhistInnen. Auf irgendeine Ideologie beziehen sich wohl alle TerroristInnen, aber interessant ist weniger die Ideologie als die jenigen, die Terror verbreiten wollen. Sie müssen gefunden werden.

Wenn nun die Religionszugehörigkeit gespeichert werden soll, liegt die Vermutung nahe, dass alle Muslime unter dem Generalverdacht des Terrorismus gestellt werden. Das ist aber ein verkehrter Umkehrschluss: Auch wenn wohl alle islamistischen TerroristInnen Muslime sind, sind nicht alle Muslime in der Gefahr islamistische TerroristInnen zu werden.

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Montag, 4. September 2006
Antisemitismus abschieben
Endlich haben 'wir' eine Lösung, wie 'wir' uns vom Antisemitimus reinwaschen können. 'Wir' machen ihn zum Problem der 'Muslime' und müssen 'uns' dann nicht mehr mit 'uns' selber beschäftigen. Dazu organisieren 'wir' Tagungen wie Strategien zur Bekämpfung von Antisemitismus bei Personen mit arabischem/islamischen Hintergrund.

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Keine Abschottung
""Die in der gesellschaftlichen Debatte verbreitete Annahme einer Rückzugs- und Abschottungstendenz unter Migranten kann wissenschaftlich nicht belegt werden", sagt Karen Schönwälder vom WZB der taz."

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Sonntag, 3. September 2006
Ates und die Frauenrechte
Seyran Ates, die immer wieder polarisierte, von ganz unterschiedlichen Seiten angegriffen und vereinnahmt wurde, gibt ihre Anwaltstätigkeit auf (siehe Bericht der taz. Ich gehöre eher zu denen, die argumentieren, dass Ates immer wieder den islamophoben Mainstream bedient hat. Das sie differenzierter ist (sein kann?), zeigt aber ein Auszug aus dem taz-Artikel:

Mit dem Islam habe das aber wenig zu tun, auch andere Religionen seien wenig frauenfreundlich. Eher seien soziale Frustrationen die Ursache. "Die Männer verlieren ihre Rolle als Ernährer, und sie müssen erleben, dass Frauen besser und erfolgreicher schon in der Schule sind. Die letzte Bastion der Männlichkeit ist Gewalt."

Einen solchen Schwerpunkt in der Analyse auf patriarchale Strukturen und soziale Misstände ist dringend notwendig.

Der Kommentar von Heide Oestreich zu Ates Schritt ist nachdenkenswert.

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Donnerstag, 24. August 2006
Lehre und Verfassungsschutz
In meinen Lehrveranstaltungen sind schon einige rassistische, sexistische und homophobe Äußerungen gefallen. Zum Teil aus klar religiöser Überzeugung, denn für einige KatholikInnen ist zum Beispiel Homosexualität etwas Unnatürliches, etwas zu Verurteilendes, etwas das keine Existenzberechtigung hat. Zum Teil aber auch aus der ganz allgemeinen Mehrheitsmeinung heraus, die subtile rassistische, sexistische und homophobe Äußerungen für völlig legitim hält. Ich vermute mal, dass in meinen Lehrveranstaltungen relativ wenige solche Äußerungen fallen, denn schliesslich geht es meistens um Rassismusforschung. Wenn sie denn fallen, dann versuche ich sie zu kontern, dann setze ich theoretische Diskurse dagegen oder verbitte mir auch mal zu diskriminierende Äußerungen. In versuche meine Lehre so zu gestalten, dass Diskriminierendes für die Mehrheit nicht akzeptabel ist, dass diskriminierendes Verhalten reflektiert wird und theoretische Konzepte erarbeitet werden, die dagegen stehen. Soweit kann ich gehen. Damit erreiche ich nicht alle. Aber soll ich die überzeugten RassistInnen, SexistInnen und Homophoben deswegen bei jemanden anzeigen?

In der Diskussion um den Kieler Verdächtigen fordern einige jetzt, dass Lehrende 'islamistische' Studierende beim Verfassungsschutz melden (siehe z.B. die Kommentare in der taz). Woher sollen Lehrende denn wissen, dass es sich bei den Studierenden um gewaltbereite potentielle TerroristInnen handelt? Wie soll bei einer solchen Forderung verhindert werden, dass 'muslimische' Studierende mit abweichenden Meinungen unter Generalverdacht gestellt und stigmatisiert werden?

Ich werde das Problem kaum haben. Meine Universität ist nahezu 'muslimfrei', es studieren da fast nur 'Weiße'. Und für deren rassistische, sexistische und homophoben Äußerungen interessiert sich der Verfassungsschutz nicht. Ein Generalverdacht bei ihnen wäre natürlich absurd.

Nachtrag 31.08.06: Nun fragt Christian Füller in der taz: Ist die Uni nur der ideale Parkplatz für "Ready to kill"-Studenten - oder ist sie gar deren Brutstätte? Was für eine Frage ist das? Ist das universitäre System nun am Terrorismus Schuld?

Universitäten regen zum Denken an, bringen junge engagierte Menschen zusammen, vermitteln Wissen. Unter den Studierenden waren schon immer auch Radikale, die sich zusammen taten, um das System zu verändern. Das ist nichts Neues. Die Frage ist doch nicht, ob an Unis auch Terroristen herangebildet werden, sondern warum Menschen zu Terroristen werden.

Nachtrag 14.03.07: Die MitarbeiterInnen der Münchner 'Eliteuni' werden per Email zum Verdächtigen und Denunzieren aufgerufen (yeahpope hat auch schon dazu gebloggt). Und das bayrische Inneministerium verteidigt das ganze laut taz auf gewohnt rassisitische, islamophobe und menschenrechtswidrige Art:

"Entsprechend verteidigt auch das bayerische Innenministerium solche generellen Warnhinweise. "Es geht dabei nicht um einen Generalverdacht gegenüber manchen Studierenden, etwa aus Problemstaaten", sagte Ministeriumssprecher Rainer Riedl der taz. "Aber es hat schon Fälle gegeben, bei denen Studierende an Anschlägen oder der Vorbereitung beteiligt waren." Für die Sicherheitsbehörden sei es nicht möglich, sämtliche weichen Ziele alleine zu kontrollieren, deswegen müsse man eine "Kultur des Hinschauens" entwickeln. "Das ist keine Denunziation, sondern staatsbürgerlicher Beitrag zur Gefahrenabwehr."

Gerade Hochschulen seien dabei ein wichtiger Partner, denn einer von wenigen legalen Aufenthaltsgründen für Studierende aus "Problemstaaten" sei der Aufenthalt zu Studienzwecken. "Deswegen muss man sich anschauen, wenn jemand von T-Shirt und Jeans plötzlich zu Bart und Kaftan wechselt", so Riedl. Das könnten "äußere Anzeichen einer inneren Radikalisierung" sein."

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Montag, 14. August 2006
"Die pakistanische Bombe"
überschrieb die taz am Wochenende einen Kommentar von Daniel Bax und reproduzierte damit die allgemeinen islamophoben Ressentiments gegenüber 'BritInnen', die als 'Pakistanis' bezeichnet werden. Wie auch in anderen Medien sind die 'Pakistanis' das Problem, müssen den Terrorismus bekämpfen, etc. Eine Analyse, warum junge 'BritInnen' zu potentiellen TerroristInnen werden, fehlt.

Daniel Bax schreibt u.a.: "Schon seit der Rushdie-Affäre von 1989 ist klar, dass Großbritannien ein ernsthaftes Problem mit radikalen Muslimen hat." Auch hier ganz klar: Die 'Muslime' sind das Problem.

Dazu ein Zitat aus Zadie Smiths (2000) "White Teeth":

"To be more precise, Millat hadn't read it. Millat knew nothing about the writer, nothing about the book; could not identify the book if it lay in a pile of other books; could not pick out the writer in a line-up of other writers ... But he knew other things. He knew that he, Millat, was a Paki no matter where he came from, that he smelt of curry; had no sexual identity; took other people's jobs; or had no job and bummed off the state; or gave all the jobs to his relatives; that he could be a dentist or a shop-owner or a curry-shifter, but no footballer or a film-maker; that he should go back to his own country; or stay here and earn his bloody keep; that he worshipped elephants and wore turbans; that no one who looked like Millat, or felt like Millat, was ever on the news unless they had recently been murdered. In short, he knew he had no face in this country, no voice in the country, until the week before last when suddenly people like Millat were on every channel and every radio and every newspaper and they were angry, and Millat recognized the anger, thought it recognized him, and grabbed it with both hands."

Millat ist kein 'radikaler Muslim', zumindest ist das nicht der Grund, warum er nach Bradford fährt und an der Buchverbrennung teilnimmt. Das hat nichts mit seiner sogenannten 'Kultur' oder zugeschriebenen Religion zu tun. Millat macht zu viele Diskriminierungserfahrungen, hat kaum eine Chance und reagiert damit mit Aggressivität. Das ist ein Problem Großbritanniens - aber keines mit 'radikalen Muslimen'.

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Freitag, 11. August 2006
Wahlkampf in Neukölln
Heute gesehen in Neukölln

Wahlkampf Neukölln 2006

und nochmal ein bisschen größer

NPD-Hetze in Neukölln 2006

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Donnerstag, 3. August 2006
Das Kopftuch und die 'deutschen' Gerichte
"Der Fall hatte im Februar 2004 bundesweit Aufsehen erregt. Frau Ö. saß auf einer Zuschauerbank im Amtsgericht Tiergarten. Vor Gericht stand ihr Sohn, sie wollte ihm beistehen. Doch der Jugendrichter forderte Frau Ö. auf, ihr Kopftuch abzulegen oder den Saal zu verlassen. Prinzipiell dulde er das Tragen von Kopfbedeckungen im Gerichtssaal nicht. Die Frau, die sich nach den Worten ihrer Anwältin Yosma Karagöz "schwer gedemütigt" fühlte, verließ daraufhin den Saal. Schließlich wollte sie ihrem Sohn nicht schaden."

berichtet die taz berlin anlässlich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über diesen Ausschluss:

"Zuschauerinnen eines Prozesses darf das Tragen eines Kopftuchs nicht pauschal verboten werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. ... In einem gestern bekanntgewordenen Beschluss erklärte eine mit drei Verfassungsrichtern besetzte Kammer, dass der Jugendrichter gegen das "Willkürverbot" des Grundgesetzes verstoßen hat. ...

Ein Richter sei zwar dafür zuständig, die "Würde des Prozesses" sicherzustellen, heißt es nun im Beschluss des Verfassungsgerichts. Allerdings sei "nicht in jedem Aufbehalten von Hüten oder Kopftüchern in geschlossenen Räumen eine Missachtungskundgebung gegenüber anderen anwesenden Personen" zu sehen. Wer aus religiösen Gründen ein Kopftuch trage, könne dieses aufbehalten, weil "kein ungebührliches Verhalten" und damit auch keine Störung der Sitzung vorliege."

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Mittwoch, 2. August 2006
Islamophobe Freude
Die taz berlin berichtet über einen umstrittenen Moscheebau:

"Die Baustadträtin des Bezirks, Stefanie Vogelsang (CDU), erklärte gestern vor der Presse, sie sei äußerst froh darüber, einen unlängst gestellten Bauantrag "aufgrund erheblicher planungsrechtlicher Bedenken" ablehnen zu können. ...

Die Freude der Stadträtin erklärt sich damit, dass sie das Projekt in erster Linie aus inhaltlichen Gründen ablehnt. "

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