Montag, 25. Januar 2010
Entweder oder
In ihrem taz-Artikel Vietnamesen sollen "abgeschöpft" werden schreibt Marina Mai über das Interesse des vietnamesischen Staates an 'Vietnames_innen', die im Ausland leben, über staatliche Bemühungen, unliebsame Meinungsäußerungen zu unterbinden und Rücküberweisungen zu fördern.

Da passiert sicher viel problematisches. Vieles davon ist sicher nicht spezfisch für Vietnam. Die meisten Staaten werden versuchen, ihre Staatsbürger_innen im Ausland zu Botschafter_innen des sogenannten Herkunftslandes zu machen. Und all jene Staaten, die wirtschaftlich abhängig sind von Rücküberweisungen, müssen diese fördern. Das macht nicht nur Vietnam und die Türkei, die Mai auch erwähnt, sondern z.B. auch Indien. Auch 'Deutsche' sollen 'deutsche' Interessen in der ganzen Welt vertreten. Was immer das genau sein soll. Diese Vereinnahmung der Individuen durch den Staat ist ein Teil des Nationalgedankens und Nationalismuses.

Wie gesagt, da ist viel zu kritisieren. Mais Artikel vereinfacht aber unzulässig. Die zentrale Aussage ist, dass Vietnam die Integration von 'Vietnames_innen' in Deutschland unterbinden will (und damit Schuld an der fehlenden Integration ist), um die Bindung an Vietnam zu wahren. Damit reproduziert Mai die Logik der eindeutigen natio-ethno-kulturellen Zugehörigkeit, die sowohl Vietnam wie Deutschland befördern. Sie ignoriert, dass die Realität der meisten Mehrfachzugehörigen komplexer ist. Es geht nicht um Vietnam oder Deutschland. Es geht um die Gleichzeitigkeit einer Verbundenheit zu Vietnam und Deutschland (und vielleicht noch weiterer natio-ethno-kulturelle Kontexte). Diese Mehrfachzugehörigkeit wird Migrant_innen aber nicht gewehrt. Weder von den Staaten noch von dem Artikel. Und genau das ist das Problem.

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