Freitag, 28. Dezember 2007
Anti-Rassismus schief gegangen
Ich habe den Tatort "Wem Ehre gebührt" nicht gesehen und kann also nichts über ihn sagen. Ich habe aber etliche andere Filme von Angelina Maccarone gesehen ("Alles wird gut", "Fremde Haut", "Kommt Mausi raus"), die sich klar gegen Rassismus und Homophobie wenden. Zudem habe ich u.a. ein Interview in der L-mag mit ihr gelesen, in dem die Interviewerin zwar miserabel war, Maccarone aber sehr gute kritische anti-rassistische Antworten gegeben hat. Auf dieser Basis vermute ich, dass Maccarone auch mit diesem Tatort gegen Rassismus argumentieren wollte. Ihre Recherchen scheinen aber nicht gut genug gewesen zu sein, denn mit dem (vermutlich unbewussten) Bedienen eines ausgrenzenden Vorurteils ist ein anti-rassistisches Statement nur schwer zu transportieren.

Die FAZ hat Maccarone interviewt.

Nachtrag 14.01.08: Österreicher RassistInnen nutzen Kindesmissbrauch als Pauschalvorwurf gegen Muslime (siehe tagesschau.de). In diesem Kontext ist der Plot eines Inzests tatsächlich problematisch.

Nachtrag 21.01.08: Erschreckenderweise durfte die "Soziologin, Islamkritikerin und Migrationsforscherin" Necla Kelek heute in der taz behaupten:

"Der Vorwurf, Inzest und Inzucht seien unter den Aleviten verbreitet, hat neben der diffamierenden Seite ganz reale Ursachen, die nicht nur im religiösen Bereich zu suchen sind, sondern auch mit der besonderen Situation als Minderheit zu tun haben."

Sie führt aus, dass die AlevitInnen gegen den Tatort protestieren, weil: "Sie wollen, dass Berichte über ihre Art zu leben weiterhin tabu bleiben."

Warum darf sie solche rassistischen/islamophoben Aussagen in der taz machen?

Ich habe mittlerweile den Tatort gesehen und bin mir sicher, dass Maccarone nicht sagen wollte, dass der Inzest die Art der AlevitInnen ist. So wie ich den Tatort lese, will sie den Generalverdacht Ehrenmord, der durch Leute wie Kelek genährt wird, als Ausdruck von Islamophobie darstellen. UnterstützerInnen wie Kelek braucht sie dabei sicher nicht.

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Kinder retten
Im tagesschau.de-Artikel kommt die Frau eines der zu Zwangsarbeit verurteilten Arche-de-Zoe-Mitarbeiter, die die Ungerechtigkeit gegenüber den 'weißen' HelferInnen beklagt, ausführlich zu Wort. Der Kommentar des Staatsanwalts, der das Urteil als ein Zeichen gegen die Sklaverei sieht, hingegen ist nur im Videoausschnitt zu sehen.

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Dienstag, 25. Dezember 2007
Besinnlicher Advent
in Deutschland.

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Freitag, 21. Dezember 2007
Studie zeigt ... was?
tagesschau.de berichtet (wie viele andere Medien, unter anderem auch die hochalarmierte Bild) über eine neue Studie, die angeblich zeigt, dass die Muslime ganz besonders gewaltbereit sind.

Andere Medien gehen mit der Studie etwas anders um: Der tagesspiegel überschreibt seinen Artikel "Schäuble schürt Vorurteile gegen Muslime". Focus überschreibt seinen Artikel "Nichts als Panikmache" und interviewt unter anderem Werner Schiffauer:

"Der Kulturwissenschaftler und ausgewiesene Islamexperte Werner Schiffauer hält die Schlussfolgerungen Schäubles für überzogen. „Ich habe den Eindruck, dass das Bundesinnenministerium die Ergebnisse der Studie stark verzerrt wiedergibt“, sagt der Professor an der Viadrina-Universität in Frankfurt/Oder im Gespräch mit FOCUS Online. Im Prinzip sei das Panikmache, weil sich der Minister mit seinem Resümee von den Kernaussagen der 500-Seiten-Untersuchung entferne.

Wie Schiffauer betont, ist eine zentrale Aussage eben nicht, dass viele in Deutschland lebende Muslime zu Gewalt gegen Andersgläubige bereit seien. ...

Den Autoren der Studie ist deshalb aber kein Vorwurf zu machen. Sie behaupten nicht, was nicht ist. Sie stellen auch den Gewaltaspekt nicht in den Vordergrund. Das machen die Rezipienten – allen voran Innenminister Schäuble. Und die Medien, die in ihrer Darstellung der Untersuchungsergebnisse entscheidende Passagen unerwähnt lassen oder Schlüsse ziehen, die durch die Studie nicht gedeckt sind."


Auch die Frankfurter Rundschau veröffentlicht ein Interview mit Schiffauer, in dem er sehr differenziert über die Gewaltbereitschaft von jungen Muslimen in Deutschland spricht.

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Donnerstag, 20. Dezember 2007
Beauftragte zur Vertretung der CDU-Interessen gegenüber den AusländerInnen
Die Ausländerbeauftragten des Bundes haben sich früher als Verteidigerinnen der Interessen der 'AusländerInnen' verstanden. Das hatte sicher etwas bevormundendes (und war auch sonst unvollkommen), aber es war zumindest gut gemeint und hat auch immer mal wieder geholfen Interessen zu verteidigen.

Seit der letzten Bundestagswahl gibt es nun eine Staatsministerin für Integration (anders deutsch berichtete diverse male). Seither stehen die Interessen der CDU vor jenen der 'AusländerInnen', die jetzt zumeist MmM heissen. Die taz schreibt in einem Porträt über die Integrationsministerin:

"Dabei ließ Böhmer von Anfang an erkennen, dass sie sich - anders als die früheren Ausländerbeauftragten - nicht als Anwältin der Migranten versteht."

Das wird in einem längeren taz-Artikel über die Verschärfungen des Zuwanderungsrechts gleich bestätigt:

""Mit dem frühen Spracherwerb im Herkunftsland sorgen wir dafür, dass sich nachziehende Ehegatten von Anfang an besser bei uns zurechtfinden können", lobte die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des aktuellen Ausländerberichts nochmals das Gesetz."

Derweil kommt von anderer Seite massive Kritik an den Neuregelungen, z.B.:

"Juristen haben wegen Fällen wie diesen Bauchschmerzen mit dem Gesetz. "Für einige Familien werden unzumutbar hohe Hürden aufgebaut", sagt der Rechtswissenschaftler Thomas Groß von der Universität Gießen. Das Gesetz steht seiner Meinung nach mit dem vom Grundgesetz garantierten Schutz von Ehe und Familie im Konflikt."

Aber der Schutz von Ehe und Familie scheint die CDU nur dann zu interessieren, wenn dadurch der 'weiße' deutsche heterosexuelle Mann seine 'weiße' deutsche Ehefrau als Hausfrau und Mutter bewahren kann.

Die MmMs stören vor allem. Deren Ehen und Familien sollen nicht geschützt werden. Sie sollen auch am besten gar nicht mehr einwandern. Und dafür taugt der Ausgrenzungsbegriff Integration am besten. Das taz-Porträt endet mit:

"Auf Linie blieb Böhmer auch am Mittwoch, als ihr die Frage gestellt wurde: "Ist Deutschland ein Einwanderungsland?" Böhmers überlegte kurz - und antwortete ausweichend: "Deutschland ist Integrationsland." Genau so steht es im CDU-Programm."

Nachtrag 20.09.09: ... noch ein taz-Kommentar zu Böhmers Umwidmung des Amtes: "Wir hatten noch nie eine so schlechte Beauftragte."

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Rettet deutsche Autos
"Ausgerechnet Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), der sich in Bali so medienwirksam für mehr Klimaschutz eingesetzt hatte, sprach gestern von einem "Wettbewerbskrieg gegen deutsche Autohersteller"." schreibt die taz.

Das Auto als des Deutschen liebstes Kind.

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Dienstag, 18. Dezember 2007
Die Bedeutung der ethnischen Herkunft an der Hauptschule
In der taz schreibt ein ehemaliger Hauptschullehrer über die Probleme im Bildungssystem und an der Hauptschule im Speziellen. Unter anderem schreibt er:

" Auch die ethnische Herkunft spielt eine entscheidende Rolle. Türkischstämmige Einwanderer stellen einen großen Teil der Unterschicht. ... Dann machten sich an den Hauptschulen schnell die Fehler der deutschen Einwanderungspolitik bemerkbar. Nach Berlin kamen viele bildungsferne, anatolische Bauern, wenig türkischer Mittelstand."

Wie kommt er dazu der ethnischen Herkunft eine entscheidende Rolle zuzuweisen? Er argumentiert doch eher, dass die Probleme an den Schulen das Ergebnis der sozialen, ökonomischen und rechtlichen Marginalisierung sind. Die erfolgt zwar auf ethnisierter Basis. Aber das heißt doch nicht, dass die ethnische Herkunft das Problem ist, sondern dass sie zu einem gemacht wird.

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Montag, 17. Dezember 2007
1001
In der Online-Ausgabe des taz-Artikels "Schmachtsongs im Neonlicht" fehlt der Zwischentitel aus der Printausgabe: "Alltag in Tausendundeiner Nacht." Das ist gut so. Leider verhindert diese Auslassung aber nicht, dass der Artikel etliche Orientalismen reproduziert.

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Sonntag, 16. Dezember 2007
In dubio pro reo
Es gibt auch noch Fälle, wo die Regel "im Zweifel für den Angeklagten" gilt. Besonders dann wenn der Angeklagte, unser aller Junge ist. Wenn er in der Türkei im Gefängnis sass (und das für uns natürlich eine Zumutung ist, denn wie die Türkei ist, wissen wir ja). Wenn die Klägerin eine Ausländerin ist (und der nicht geglaubt werden kann, wie Frauen bei sexualisierter Gewalt eh nicht geglaubt werden kann). Und wenn deutsche Weihnachten gefeiert werden. Dann wird das schon mal zur Nachricht des Tages. Und dann kann man den möglicherweise unschuldigen und auch möglicherweisen schuldigen Jugendlichen schon mal feiern wie einen Helden.

In dubio contra reo gilt für andere.

Nachtrag 17.12.07: Jürgen Gottschlich schreibt in der taz dazu:

"Einmal unterstellt, Marco hätte nicht in der Türkei, sondern in England in U-Haft gesessen, das Gericht hätte geschlampt, das Verfahren sich in die Länge gezogen. Wäre der Marco-Rummel in diesem Fall vorstellbar? Natürlich nicht. Nur der Umstand, dass der Schüler in der Türkei im Knast saß, kann die Metamorphose eines der versuchten Vergewaltigung angeklagten Jugendlichen zum quasi politischen Gefangenen in Feindesland erklären. Ein Opfer der feindlichen islamischen Justiz, die unseren christlichen Jungen festhält."

PS: Gottschlich zufolge gab es in Uelzen einen "Autokorso mit Deutschlandfahnen".

Nachtrag 27.12.07: "Der griechische Täter Spiridon ist genauso alt wie Marco - "unser" 17-jähriger "Schüler", der "ganz normale deutsche Junge", der, so die deutsche Volksmeinung, zu Unrecht der sexuellen Belästigung beschuldigt wird, das "halbe Kind", das im türkischen Kerker saß und nach Hause zurückkehren durfte." schreibt Dilek Zaptcioglu in der taz in einem Kommentar über die Schläger aus München.

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