Freitag, 19. September 2014
Marsch gegen die Selbstbestimmung
Tagung zu Anti-Feminismus in der FES


Gestern fand in der Friedrich-Ebert-Stiftung eine Tagung Zur Stimmungsmache gegen Feminismus, Vielfalt und reproduktive Rechte in Europa statt. Es war höchst spannend (und alamierend). [Nachtrag: Video-Aufzeichnung online]

Es gibt auch eine Reihe von Studien zum Thema. So zum Beispiel von der Heinrich-Böll-Stiftung herausgegeben eine zu Gender, Wissenschaftlichkeit und Ideologie: Argumente im Streit um Geschlechterverhältnisse.

Ein Freundin schrieb auf Facebook worum es diesen rechten antifeministischen homophoben rassistischen etc. Bewegungen geht: "es geht um bevölkerungspolitik aus einer konservativ/ fundamentalistisch/national-völkischen perspektive. es geht darum, einfluss darauf zu nehmen wer sich wie (nicht) fortpflanzen darf und soll, ob und welche formen von verhütung praktiziert werden dürfen, wie über sexualität und geschlecht geredet, gelehrt und geforscht werden darf."

Morgen (Samstag) findet von diesen Bewegungen organisiert der jährliche sogenannte 'Marsch für das Leben' in Berlin statt. Es gibt auch Proteste dagegen. Die sind wichtig!

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Antiziganismus auf Bundesebene
Der Bundesrat hat laut Tagesspiegel beschlossen, dass Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina sichere Herkunftsstaaten seien. Der Beschluss war nur möglich, weil das Grünregierte Baden-Württemberg zugestimmt hat. Laut tagesschau.de wollten sich mehrere Grünmitregierte Bundesländer nur enthalten und nicht dagegen stimmen.

Der Flüchtlingsrat hatte zur Demonstration gegen die Asylrechtsänderung aufgerufen:

"Für viele Minderheitenangehörige und homo- oder transsexuelle Menschen ist die Situation in den Ländern des Westbalkans alles andere als sicher. Sie sind massiven Diskriminierungen ausgesetzt und Ziel von Übergriffen. Für Roma ist eine menschenwürdige Existenz dort oftmals nicht möglich."

Auf der Demonstration war ich nicht, habe aber gehört, dass dort Vertreter_innen des Flüchtlingsrat und die Rechtsanwältin Berenice Böhlau überzeugend vorgetragten haben, wie die Gesetzesänderung die Situation gerade für Roma verschlechtere und dass die angeblichen Verbesserungen im Gesetz keine wirklichen Verbesserungen seien. Auf der Seite des Flüchtlingsrats werden dazu sicher noch weitere Materialien hochgeladen.

Laut tagesschau.de begründet der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine Zustimmung auch nicht mit den angeblichen Verbesserungen an anderer Stelle im Gesetz, sondern mit Populismus:

"Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann begründete seine Zustimmung als Maßnahme für den gesellschaftlichen Frieden. "Die Bereitschaft in der Bevölkerung, Flüchtlinge aufzunehmen ist sehr groß", sagte Kretschmann vor der Abstimmung im Bundesrat. Diese Haltung der Bürger könne sich aber ändern, wenn die Probleme, die durch den großen Zustrom von Asylbewerbern entstanden seien, nicht gelöst würden."

Das soll grüne Politik sein? Weil die Mehrheit etwas nicht will, Grundrechte/ Menschenrechte aushöhlen? Grüne in Regierungsverantwortung scheinen von Menschenrechten nicht viel zu halten (siehe auch Kreuzberg). Da hilft es auch nicht, wenn andere Grüne (die gerade nicht in Regierungsverantwortung sind) echte Bestürzung über die baden-württembergische Entscheidung zeigen.

Antiziganismus hat in Deutschland viel zu viel - auch institutionelle - Unterstützung.

Nachtrag: Georg Classen vom Flüchtlingsrat Berlin hat Informationen zu Ausländer- und asylrechtliche Gesetzgebung 2014 zusammengestellt.

Nachtrag 22.09.14: Die taz hält die Gesetzesänderung für symbolisch:

"Was also soll das Gesetz überhaupt? Das BAMF hofft auf einen „Signaleffekt“. Das abschreckend klingende Gesetz über sichere Herkunftsstaaten soll die Zahl der Asylbewerber vom Westbalkan spürbar verringern. Doch schon bisher dürften die minimalen Erfolgsaussichten bekannt sein. Vermutlich geht es der Bundesregierung eher um die innenpolitische Wirkung. Statt den Kommunen materiell bei der Versorgung der Flüchtlinge zu helfen, sollen Städte und Gemeinden mit einem symbolischen Gesetz beruhigt werden."

Diese symbolische Abschreckung ist wirkmächtig. Unter anderem stärkt sie Antiziganismus.

Nachtrag 26.09.14: Hans-Christian Ströbele benennt im taz-Interview den Antiziganismus und betont, dass Deutschland mehr Asylbewerbende aufnehmen könnte, wenn der politische Wille da wäre.

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Kreuzberger Antiziganismus
Der grünregierte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat laut taz berlin wohnungslosen Roma gedroht, ihre Kinder weg zu nehmen, wenn die Familien für diese keine Unterkunft finden.

Was meint der Bezirk? Dass die Familien die Möglichkeit hätten, eine Unterkunft zu finden, diese aber lieber nicht annehmen?

Es wird den Familien kollektiv unterstellt, dass sie sich nicht um ihre Kinder kümmern. Solche kollektiven Unterstellungen sind Zeichen für Antiziganismus. Verbunden wird die antiziganistische Unterstellung mit unterbliebener behördlicher Hilfe wie taz berlin berichtet:

"Der Bezirk ist nicht nur gesetzlich verpflichtet, auf das Kindeswohl zu achten. Er muss für Obdachlose wie die Roma auch Unterkünfte stellen. In dem Brief des Jugendamts heißt es jedoch: „Wir wissen, dass Sie für sich und Ihre Kinder dringend eine Wohnung brauchen. Aber wir können keine Wohnung für Sie beschaffen.“ Herrmann erklärt, Friedrichshain-Kreuzberg verfüge schlicht nicht über mehr Unterkünfte. Sie räumt ein: „In erster Linie haben wir ein Wohnungsproblem.“ "

Der Bezirk hat ein Wohnungsproblem und kann das nicht lösen. Die wohnungslosen Roma haben da bessere Möglichkeiten? Und wenn nicht, werden ihnen die Kinder weggenommen? Sollen sie so vertrieben werden?

Nachtrag 22.09.14: In der taz am Wochenendene (habe ich online nicht gefunden) schreibt Susanne Memarnia:

"Während die Politik das beliebte Verantwortungspingpong spielt, wird den Betroffenen nicht geholfen: Sie werden in Angst und Schrecken versetzt. Viellticht gehört genau das zum Kalkül: dass die Familien lieber unterauchen als auf den nächsten Besuch des Jugendamts warten. Wen kümmert's schon, dass der nächste Unterschlupf für die Kinder kaum besser sein wird als dieser. Hauptsache, sie sind weg."

Nachtrag 22.09.14 abends: Die taz berlin hat einige der wohnungslosen Roma interviewt.

Nachtrag 07.10.14: Die taz berlin berichtet, dass die Drohung erfolgreich war:

"Sechs von sieben Familien seien aus Angst vor dem Amt aus dem Park verschwunden, sagte am Montag Anna Schmitt von der Hilfsorganisation Amaro Foro. "Einige haben sich auf den Weg nach Rumänien gemacht, andere sind in Berlin untergetaucht." Das Jugendamt stattete dem Park bislang zwar keinen weiteren Besuch ab. Die Drohung der Inobhutnahme habe aber schon gereicht, um die Familien zu vertreiben, berichtete Schmitt."

Für die Kinder verbessert sich die Situation so natürlich nicht. Aber keine_r muss mehr ihr Elend im Görlitzer Park sehen.

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