Dienstag, 13. Mai 2014
Aufenthalt nach Studium (zur Ausweisung von Simran Sodhi)
Nach dem Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet § 16 Absatz 4 gilt:

"(4) Nach erfolgreichem Abschluss des Studiums kann die Aufenthaltserlaubnis bis zu 18 Monaten zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes, sofern er nach den Bestimmungen der §§ 18, 19, 19a und 21 von Ausländern besetzt werden darf, verlängert werden. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt während dieses Zeitraums zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. § 9 findet keine Anwendung."

Die Universität Frankfur/Main führt in einem rechtlichen Leitfaden für ausländische Studierende aus, unter welchen Umständen nach diesen 18 Monaten ein Aufenthalt in Deutschland möglich ist. Dies geht mit der Blauen Karte EU, § 19a AufenthG. Dafür muss ein konkreter Arbeitsplatz mit ausreichendem Gehalt nachgewiesen werden:

"Das Mindesteinkommen beträgt Zwei Drittel der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (für 2012 West: 5.600 Euro, Ost: 4.800 Euro), derzeit sind also 3.733 Euro in den westlichen Bundesländern und 3.200 Euro in den östlichen Bundesländern als Einkommensschwelle vorgesehen (§ 41a BeschV)."

Weiter für die Uni Frankfurt aus, dass es noch eine Möglichkeit nach § 18 AufenthG (Sonstige Beschäftigung) gibt:

"Für die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis in einem (an der Hochschule) erlernten Beruf bedarf es der Zustimmung der Arbeitsagentur (§ 39 AufenthG). Sie wird ohne die Prüfung des Vorrangs sonstiger Arbeitskräfte erteilt (§ 27 Nr. 3 BeschV), allerdings darf weiter geprüft werden, ob die Arbeitsbedingungen (in sbesondere das Gehalt) den branchen- und ortsüblichen Standards entsprechen."

Das sind ganz eindeutig ausschliessende Regelungen, die verhindern sollen, dass ausländische Studierende nach ihrem Studium in Deutschland bleiben. Erwünscht sind nur jene, die ein hohes Einstiegsgehalt bekommen. Etwas das für Absolvent_innen von vielen gesellschafts- oder geisteswissenschaftlichen Studien illusorisch ist (ganz unabhängig von der Staatsbürger_innenschaft). Was aber selten skandalisiert wird.

Gerade aber hat es ein Einzelfall in die Medien geschafft. Das Zentrum für Demokratie Treptow-Köpenick hat öffentlich gemacht, dass die in Treptow-Köpenick angestellte Integrationslotsin Simran Sodhi keine Aufenthatls- und Arbeitsgenehmigung bekommt, da ihre Stelle als Integrationslotsin zu schlecht bezahlt wird (darüber berichtet haben unter anderem RBB, taz und Spiegel Online).

Ich bin mir sicher, dass die Integrationslots_innen zu schlecht bezahlt werden. Das ist ein Skandal und sollte geändert werden. Das betrifft aber nicht nur Simran Sodhi, sondern alle, die unter dem Programm angestellt werden. Es ist sicher kein Grund, warum Sodhi der Aufenthalt in Deutschland nicht verlängert werden soll. Immerhin hat sie eine Stelle gefunden und bekommen, die ihre Qualifikationen (aus)nutzt.

Jetzt versuchen verschiedene Inititiativen (unter anderem eine Petition) die Ausländerbehörde umzustimmen. Denn diese hat natürlich einen Ermessensspielraum und könnte argumentieren, dass es im öffentlichen Interesse ist, dass Sodhi in Deutschland bleibt. All die Inititiativen betonen daher, dass Sodhi eine wichtige Arbeit für die Integration in Deutschland macht und deswegen ihr Verbleib in Deutschland von öffentlichem Interesse ist.

Das ist eine strategisch sinnvolle Argumentation. Sie verbleibt aber leider im Einzelfall und kritisiert nicht grundsätzlich die ausgrenzende Gesetzeslage.

Vom Institut für europäische Ethnologie, an dem Sodhi studiert hat, wird immerhin darauf hingewiesen, dass das geforderte Mindesteinkommen für Absolvent_innen dieses Faches zu hoch angesetzt ist.

Die Forderung muss aber noch weitergehen: Aufenthaltsrecht ohne nachgewiesenen Arbeitsplatz und Mindesteinkommen!

Nachtrag: Aufgrund des großen öffentlichen Protests hat der Innensenator Henkel angkündigt, dass die Ausländerbehörde den Fall nochmal prüfen soll. Für Simran Sodhi ist das eine gute Nachricht. Henkels Pochen auf die rechtliche Lage bleibt aber ein schlechtes Zeichen.

Nachtrag 22.05.14: Im Tagesspiegel berichtet heute Mohamed Amjahid, dass auch ein Volontariatsgehalt nicht ausreichend für einen Aufenthalt ist. Durch Hartnäckigkeit hat er immerhin 18 Monate Aufenthalt bekommen, aber das reicht auch nicht für das gesamte Volontariat.

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