Montag, 20. Februar 2012
Nicht verstehen
Für einen Lehrauftrag bin ich zwei Wochen an der Universität von Olomouc in Tschechien. Dabei mache ich mal wieder die Erfahrung, wie das so ist, wenn ich nichts verstehe. Gestern schon auf der Zugfahrt hierher, waren die Durchsagen für mich komplett unverständlich. Ich verstehe kein Wort Tschechisch, ich kenne tschechische Ortsnamen nicht und so habe ich die Durchsagen an mir vorbeirauschen lassen (in der Hoffnung, dass es schon nichts wichtiges für mich ist). Wenn mich jemand anspricht auf der Straße, weiss ich nicht warum (will die Person mir was verkaufen, schnorren, mich nach der Uhrzeit fragen oder mir sagen, dass ich was verloren habe). Vermutlich wirke ich auf meine Umwelt hier eher arrogant, denn auf das Nichtverstehen im öffentlichen Raum reagiere ich einfach mit Nichtbeachtung (alles verstehen zu wollen, wäre viel zu aufwendig).

Um zu kommunizieren, versuche ich es mit Englisch (in der Annahme, dass sei die internationale Verkehrssprache). Das klappt häufig, aber nicht immer. Die IT-Fachfrau, die gerade Einstellungen an meinem Computer gemacht hat, fühlte sich nicht wirklich sicher mit Englisch. Als dann mein Computer mit ihr Deutsch gesprochen hat, hat sie das auch mit mir. Deutsch kann sie besser als Englisch. Vielleicht bringt mich das auch mit anderen Personen weiter.

Danke sagen kann ich in Tschechisch inzwischen. Ich befürchte allerdings, dass ich nicht viel mehr lernen werde, denn meine Sprachlernfähigkeit ist leider sehr eingeschränkt.

Nachtrag 26.02.12: Diese Woche war voll von Gelegenheiten Situationen des Nicht-Verstehens zu erkunden und auch zu merken, wie Verstehen sich teilweise einstellt. So kann ich inzwischen besser Läden (Bäckereien, Supermärkte, etc.) finden, da ich weiss, nach was ich suchen kann. Mittlerweile habe ich auch schon kleine Routinen entwickelt, um meinen Alltag zu gestalten. Erfahrungswissen hilft mir mich zurecht zu finden.

Und es gibt auch nette Erlebnisse des Verstehens ohne gesprochene Sprache: In einem kleinen Laden konnte ich mich verbal nicht verständlich machen und auch die Verkäuferin beim Sprechen nicht verstehen. So hat sie sich darauf verlegt mir mit Gesten ihre Fragen zu verdeutlichen (z.B. geschnittenes Brot oder ungeschnitten) und das funktionierte gut.

Ich merke aber, wie ich immer noch weghöre, wenn etwas in Tschechisch passiert (weil ich es einfach nicht verstehe). So gab es z.B. in meiner Lehrveranstaltung auf einmal eine Durchsage, die ich einfach ignoriert habe, während die Studierenden versuchten sie zu verstehen.

Spannend die verschiedenen Ebenen des (Nicht-)Verstehens und seiner Konsequenzen.

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