Montag, 13. Februar 2006
Identifizierung mit 'unseren' Werten
Gut, dass ich schon eingebürgert wurde. Ich will mich nicht mit 'unseren' Werten identifizieren. Ich bin gegen die Diskriminierung von Minderheiten, gegen Homophobie und Sexismus. Das sind alles 'Werte', die ich auf keinen Fall teilen kann. Natürlich muss ich die Meinungsfreiheit von CDUlerInnen akzeptieren, ihre Meinung teilen, muss ich aber glücklicherweise nicht. Denn ich bin schon deutsche Staatsbürgerin. Noch wird ja die allgemeine Ausbürgerung von StaatsbürgerInnen, die die Werte der CDU nicht teilen, nicht diskutiert. Oder doch?

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Freitag, 10. Februar 2006
Was macht Deutsche eigentlich zu Deutschen?
fragt Bettina Gaus angesichts der aktuellen Einbürgerungsdiskussionen heute in der taz und schreibt weiter: "Jede Diskussion über Einbürgerung ist zunächst einmal eine Diskussion über die eigene Identität."

Ist es das? Geht es bei der Einbürgerung um Identität? Bedeutet die deutsche Staatsbürgerschaft, dass frau 'Deutsche' ist?

Zwischen deutschen StaatsbürgerInnen und 'Deutschen' gibt es ziemliche Unterschiede. Nicht die Staatsbürgerschaft macht 'Deutsche' zu 'Deutschen' sondern so wie Mecheril sagt, die ausreichende Übereinstimmung mit einem fiktiven 'Standard-Deutschen'. 'Weißsein' ist dabei ein wichtiges Kriterium. Die Sprache spielt sicher auch eine Rolle, wie Gaus richtig feststellt, wenn sie auch in keiner weise hinreichend ist. Hautfarbe ist immer noch wichtiger.

Die Staatsbürgerschaft aber ermöglicht aktive Teilhabe am deutschen Staat. Darum geht es bei der Einbürgerung. Um das Recht sich politisch einmischen zu können.

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Dienstag, 7. Februar 2006
StaatsbürgerInnen 2. Klasse
Es galt einmal in Deutschland, dass die deutsche Staatsbürgerschaft nicht entzogen werden kann. Damit sollte verhindert werden, dass wieder wie im Nationalsozialismus Menschen staatenlos gemacht werden. Noch heute steht das im Grundgesetz. Aber es gilt nicht mehr. Denn wer sich durch 'Täuschung' die deutsche Staatsbürgerschaft 'erschlichen' hat, dem kann sie entzogen werden. In 84 Fällen war dies zwischen 2002 und 2005 der Fall, z.B. weil die Mitgliedschaft in einem von Verfassungsschutz beobachteten Verein (man beachte: beobachtet, nicht als verfassungswidrig eingestuft) verschwiegen wurde Der Muslimtest soll dazu jetzt noch mehr Möglichkeiten geben. Die Antworten werden bis zum Lebensende aufbewahrt und können jederzeit gegen die Eingebürgerte verwendet werden. Ein Willkürakt sondergleichen. Der 'Leitfaden' fragt kein 'Wissen' ab sondern diffuse Einstellungen. Es kann keine 'objektiven' Kriterien geben, die Antworten zu beurteilen. Damit kann jede als 'Täuschung' interpretiert werden, wenn es denn opportun erscheint.

Soll das Integration sein? StaatsbürgerIn auf Widerruf? Die Aufgabe von Rechtsstaatlichkeit?

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Montag, 6. Februar 2006
Abschieben statt Einbürgerung
Der baden-württembergische Europaminister Willi Stächele hat inzwischen klar gemacht, dass es in der Debatte tatsächlich nicht um Einbürgerung geht. Er will 21% der 'Muslime' eine Fahrkarte (vermutlich 'nach hause') geben.

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Freitag, 3. Februar 2006
Wieder Post von der Integrationsbeauftragen
Heute begrüßt die Integrationsbeauftragte den Vorschlag der Unionsinneminister (das sind bestimmt nur Männer), die Einbürgerungsregelungen zu verschärfen. Die Zeiten als die Beauftragte sich auch mal quer gestellt hat, in denen sie sich für MigrantInnen eingesetzt hat, scheinen endgültig vorbei. Wozu braucht man sie dann noch?

Ach ja, die Unionsinnenminister wollen übrigens Einbürgerungstourismus vermeiden. Standortwettbewerb bei Menschenrechten soll es nicht geben.

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Dienstag, 31. Januar 2006
Prima integriert
titelt die taz heute in den Leibesübungen, und schreibt in dem Artikel über einen 'unserer' Handballnationalspieler:

"Mag sein, dass Klimovets in Weissrussland geboren und aufgewachsen ist, jetzt aber zerreißt er sich für Deutschland. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Auch ein Anbruch des rechten Fersenbeins im Dezember, eine Naht unterhalb des Auges und ein abgebrochener Zahn .... sowie 'ein bissschen Blut' aus der Nase ... kann ihn nicht aus der Fassung bringen."

Bei diesem Blutsbeweis kein Wunder, dass der frühere weissrussische Nationalspieler Klimovets im September letzten Jahres eingebürgert wurde.

Pech für Zeynettin Er, über den die taz in der Rubrik 'inland' schreibt, dass er kein Sporttalent ist - und auch kein Blut vergiesen will. Der türkische Kriegsdienstverweiger soll abgeschoben werden. Auch wenn er damit rechnen muss, in der Türkei sofort verhaftet zu werden.

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Montag, 30. Januar 2006
Feddersen zu Islamo- und Homophobie
Jan Feddersen darf heute in der taz mal wieder gegen die "Multikulturalisten" ins Feld ziehen. Dabei lässt er - wie er es so gerne tut - Islamo- und Homophobie gegeneinander antreten. Wenn ich ihn richtig verstehe, geht seine Argumentation in etwa so: Da es homophobe 'Muslime' gibt, darf man 'Muslime' pauschal der Homophobie verdächtigen wie dies im Muslimtest geschieht und ist damit noch lange nicht islamophob.

Er spielt verschiedene marginalisierte Gruppen gegeneinander aus, und merkt nicht wie Islamo- und Homophobie nach den gleichen Mustern laufen. Er hat Recht, wenn er feststellt, dass es keine Solidarität zwischen Minderheiten gibt. Seine Artikel sind das beste Beispiel dafür. JedeR ist sich selbst am nähsten, und die anderen sind die Bösen. Ob wir damit aber weiterkommen ist sehr fraglich. Zum Kampf gegen Islamo- und Homophobie müssen deren Strukturen verstanden werden.

Feddersens polemische Zusammenfassung der Kritik am Muslimtest: "Na, das geht doch wirklich nicht, dass Menschen, die den deutschen Reisepass haben möchten, derartig unappetitlich ausgehorcht werden." ist zutiefst problematisch. Als ob die 'AusländerInnen', die sich einbürgern lassen wollen, nur den Reisepass haben wollen. Sie wollen gleichberechtigte BürgerInnen dieses Staates werden, sie wollen das Recht auf politische Teilhabe an ihrem Wohnort haben. Wahrscheinlich ist genau das das Problem.

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Was hat das mit der Einbürgerung zu tun?
Seyran Ates sagt heute in einer Diskussion zum Muslimtest in der taz: "Ich finde es absolut legitim, Menschen, die sich einbürgern lassen wollen, mit diesen Fragen zu konfrontieren."

Ich verstehe das nicht. Was haben Sexismus und Homophobie mit der Einbürgerung zu tun? Anspruch auf Einbürgerung hat laut Staatsangehörigkeitsgesetz nur ein "Ausländer", der "seit acht Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat". Es geht also um Menschen, die sowieso schon in Deutschland leben, einen gesichterten Aufenthaltsstatus haben und hier bleiben werden. Wenn sie sexisitisch und homophob sind, dann sind sie es, unabhängig davon ob sie eingebürgert werden oder nicht. Der Kampf gegen Sexismus und Homophobie - die auch beide unter deutschen StaatsbürgerInnen sehr verbreitet sind - muss also an anderen Orten geschehen.

Es geht hier um etwas anderes. Einbürgerung wird nach wie vor als ein Gnadenakt verstanden und soll möglichst restriktiv vergeben werden. Über die deutsche Staatsbürgerschaft definieren wir 'uns' und die 'Anderen'. Es geht um Zugehörigkeit und die Verweigerung der Zugehörigkeit. Kein Wunder, wenn sich da einige der von uns definierten 'Anderen' gegen 'uns' wenden.

Ein historisches Beispiel über die Veweigerung einer Einbürgerung gibt es auf urmila.de.

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Sozialminister Ba-Wüs ausgebürgert
Des Ländles Sozialminister Andreas Renner ist zurückgetreten.

Er hatte die Schirmherrschaft für den Christopher Street Day in Stuttgart übernommen. Was der katholischen Kirche nicht gefiel. Woraufhin Renner ziemlich undiplomatisch auf die Kritik reagierte. Und nun zurücktreten musste.

Homosexualität ist ein Reizthema in Baden-Württemberg. Homophobie, nicht nur in der Kirche, die Norm. Eigentlich müssten sich die baden-württembergischen Konservativen mit jenen 'Muslimen', die homophob sind, recht gut verstehen. Warum nur tun sie im Muslimtest so, als ob sie ein Problem damit haben?

Nachtrag 06.06.07: Die Fragen zur Homophobie sind jetzt gestrichen. Warum?

Nachtrag 27.03.11: Die taz berichtet, dass Baden-Württemberg in Deutschland das Schlusslicht bei der Umsetzung der Gleichstellung von Homosexuellen ist.

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Montag, 23. Januar 2006
Menschwerdung
Heute vor 31 Jahren wurde ich Mensch!

'Inderin' war ich schon voher. Aber damit war ich 'Ausländerin' und also nicht Mensch. Zumindest nicht in Deutschland, wo ich seltsamerweise einige Jahre vorher geboren wurde.

1975 aber hatte sich der deutsche Gesetzgeber (männlich) überlegt, dass auch Frauen - nur die 'deutschen' natürlich - Menschen sein könnten. Oder er war dazu gezwungen worden, was wahrscheinlicher ist. Also galt ab sofort das ius sanguinis auch für die Kinder 'deutscher' Frauen, die 'Ausländer' geheiratet hatten. Auch ich hatte nun 'deutsches' Blut in mir und Anrecht auf einen ebensolchen Pass.

mensch

Die letzten 31 Jahre habe ich sträflich vernachlässigt, diesen eigentlichen Geburtstag, meine 'Deutschwerdung' zu feiern. Das will ich nun hier nachholen. Vielleicht sollte ich rückwirkend noch den Muslimtest machen? Der soll inzwischen schliesslich für alle gelten. Und ich bin aus dem Ländle. Nicht dass die mich damals fälschlicherweise eingebürgert haben.

Mehr zum Thema auf urmila.de. Ist aber schon ein bisschen älter.

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