Mittwoch, 26. April 2006
Schirrmacher und der Islam
Heute in der taz:

Schirrmacher, Bestsellerautor und FAZ-Mitherausgeber, formuliert dies noch aggressiver als Strauß. "Was gegenwärtig bei uns abläuft", sagt er, "entspricht nicht nur der Veränderung in zwei Weltkriegen. Es entspricht vielmehr dem Schrumpfprozess im Dreißigjährigen Krieg, aber ohne Kriegshandlungen." Was Schirrmacher demografisch bedeutsamer als Drittes Reich und Zweiter Weltkrieg erscheint, ist die behauptete Islamisierung Europas durch den Zuzug kinderreicher muslimischer Familien. "Diese Gefahr ist real", bekräftigte er in verschiedenen Interviews. Denn: "Die Islamisierung ist nicht nur eine reale Gefahr. Sie ist sogar Programm. Es gibt in arabischen Staaten starke Kräfte, die eine Reconquista im Sinn haben und auch stark demografisch argumentieren. Noch haben wir viele Muslime, die zur Integration bereit sind. Aber mit jedem Jahr, das verstreicht, wird es schwieriger, weil die muslimischen Gemeinschaften rasant wachsen, während wir gleichzeitig immer nur älter, schwächer, ängstlicher, unsicherer werden, unfähig, zu sagen, wer wir sind."

Wo hat der Mann nur seine Ängste her?

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Donnerstag, 20. April 2006
Freiheit zum Verleumden
Bei annabexis gibt es mehr zum Missbrauch von 'Meinungsfreiheit'.

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Montag, 17. April 2006
Blasphemie
"Der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, verlangte, dass die "geschmacklose Sendung" abgesetzt wird.", berichtet die taz in einem Artikel über die TV-Serie Popetown. Offensichtlich gilt für Mißfelder die Pressefreiheit nicht für Sendungen, die sich über das Christentum lustig machen.

Nachtrag: Mehr zu Popetown und den Konservativen bei yeahpope.

Nachtrag 28.04.06:: Die UnionspolitikerInnen drehen weiter durch. Die taz hat einige ihrer Forderungen zusammengetragen. Auffallend ist, dass sämtliche Forderungen gestellt werden, ohne dass sie auch nur eine Folge von Popetown gesehen haben.

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Montag, 17. April 2006
Wie rechts können manche Menschen sein..
fragt eine Nutzerin im Reserve-Forum des Indernets. Sie bezieht sich dabei auf einen Artikel auf Spiegel Online. Dort wird über die Reaktionen von AnwohnerInnen auf einen geplannten Moscheebau in Heinersdorf berichtet. Besonders verweist die Nutzerin auf die Spiegel TV-Beiträge (Teil1 und Teil 2).

Und tatsächlich, wenn frau die schaut, wird ihr schlecht. Blanker Rassismus und Islamophobie schlägt einer entgegen. Einer spricht von den "ganzen Kameltreiber nach Pankow kommen ". Eine alte Frau sieht vorraus, dass "morgen die ganzen Türken hier, und die Russen, und alles andere". Ein dritter befürchtet, bald "sind wir die Ausländer oder was". Eine junge Schülerin fügt empört hinzu: "in den Ländern von den Muslimen haben wir ja auch keine Kirchen". Schliesslich stimmen die AnwohnerInnen in aggressive Sprechgesänge "Wir sind das Volk!" ein. Die Polizei bricht die Versammlung ab, weil sie nicht für die Sicherheit garantieren kann. In dem TV-Bericht spricht sich eine Anwohnerin gegen die rassistische Umdeutung des Spruchs der DDR-Opposition aus.

All die Kommentare zeigen, wie wenig die Protestierenden über die geplannte Moschee wissen. Die Ahmadiya-Gemeinde will sie bauen. Die Ahmadiyas sind eine islamische Gemeinde, die von den meisten anderen Muslimen nicht als islamisch anerkannt wird. In Pakistan dürfen Ahmadis ihre Religion nicht öffentlich ausüben, daher sind viele nach Deutschland geflüchtet und haben hier auch politisches Asyl bekommen. Es kommen also weder 'Russen' noch 'Türken' sondern wenn überhaupt dann 'Pakistani'. Kamele werden sie kaum treiben. Und in Pakistan gibt es auch Kirchen. Auch wenn Christen genauso wie Ahmadis dort nicht uneingeschränkte Religionsfreiheit geniessen.

Es geht aber auch nicht um die Details. Es geht darum, dass 'wir' keine Muslime wollen. Gegegebenenfalls wollen 'wir' auch keine Hindus (das war so beim Bau des Tempels in Hamm). Und überhaupt wollen 'wir' keine 'Ausländer' und können das auch schon wieder auf Zeitungen titeln: "Raus aus Deutschland" (Wenn ich mich recht erinnere, war es der Berliner Kurier, der gestern so titelte.)

Erschreckend ist, dass all dies so selbstverständlich gesagt und in den Medien verbreitet wird. Die Gesellschaft ist nicht nur rassistisch struktiert, es wird auch immer normaler Rassismen laut zu artikulieren. Mein Eindruck ist gerade, dass es immer schlimmer wird. Ich hoffe, der Eindruck trügt. Ich hoffe es sehr, glaube es aber immer weniger.

Nachtrag 20.04.06: Der CDU-Spitzenkandidat Friedbert Pflüger springt laut taz auf den rasisstischen und islamophoben Diskurs mit auf. Da er den Ahmadiya keinen Islamismus unterstellen kann, muss jetzt ihr 'missionarischer und fragwürdiger Charakter' herhalten. Unterstützt wird er von dem CDUler Ertan Taskiran, der zwar für Moscheebauten aber nicht für die Ahmadiya ist. Es gibt allerdings auch noch CDU-PolitikerInnen wie Barbara John, die zu mehr Besonnenheit aufrufen.

Nachtrag 27.04.06: Mehr zu Pflüger und dem wahren Islam sowie einem 'gemeinen' Kommentar.

Nachtrag 28.04.06: Vor zwei Tagen war noch ein längerer Artikel in der taz. Es ist schon bedenklich, wie normal Anfeindungen für Muslime in Deutschland sind und wie sie dann doch immer noch schlimmer kommen:

"Übrig blieb Heinersdorf: Der Preis stimmte, die Behörden hatten nichts dagegen. Und auch wenn die Ahmadis, die schon 30 Moscheen in Deutschland gebaut haben, wissen, dass es immer Anwohnerproteste gibt: Mit derart massivem Widerstand hatte keiner gerechnet."

Nachtrag 05.05.06: Neues gibt es hier.

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Samstag, 15. April 2006
Der Mord an Hatun Sürücü
Kaum war Hatun Sürücü ermordert worden, war sich die 'deutsche' Öffentlichkeit sicher, dass es ein 'Ehrenmord' war und dafür der Islam verantwortlich ist. Der Kultur- und Sozialantrophologe Werner Schiffauer hat von Anfang dagegen gewarnt, den Mord einfach mit dem Etikett 'Ehrenmord' zu versehen, da so die Gründe für diese grausame Tat nicht genauer analysiert werden können.

Am 17.10.05 gab Schiffauer der taz ein Interview, in dem er unter anderem sagte:

"Meines Erachtens klebt man mit dem Etikett Ehrenmord eine komplexe soziale Realität zu. Wenn man all diese komplizierten Eifersuchtsdramen und Vater-Tochter-Konflikte als Ehrenmorde zählt, kommt man an die eigentlichen Wurzeln der Konflikte nicht heran. Man muss stattdessen die jungen Frauen unterstützen. Und man muss dringend Männerforschung betreiben, denn es sind ja die Männer, die mit ihrer Situation nicht klarkommen, wenn sie gewalttätig werden. Was bedeutet es etwa für die Brüder Sürücü, wenn ihre Schwester eine Ausbildung macht, auf eigenen Füßen steht, quasi an ihnen vorbeizieht?"

Am 25.02.05 hatte Schiffauer schon in der Süddeutschen geschrieben:

"Die Gruppe, auf die sich für diese jungen Leute „Ehre“ bezieht, ist neben der Familie und der Gang jetzt auch die gesamte Gruppe der „deutschen Ausländer“.

All dies erklärt noch nicht die Ermordung einer jungen Frau, es zeigt aber den Zusammenhang, in dem eine Gruppe von Brüdern sich in einen Ehrwahn hineinsteigern kann. Anders als bei den dörflichen Ehrenmorden scheint die Initiative weniger von den Patriarchen auszugehen. Das Gewicht der Generationen hat sich verschoben.

Mit dem Islam hat dies nur insofern zu tun, als auch er als Versatzstück von diesen Jugendlichen benutzt wird: So wird das Kopftuch oder der Schlachtruf „Scheiß-Jesus“ zur Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft benutzt. Mit Islam hat beides nichts zu tun."


Wenn wir uns in dieser Weise differenziert mit dem grausamen Mord an Hatun Sürücü und der Motivation des Täters auseinandersetzen, dann können wir hoffentlich Wege finden, weitere Morde zu verhindern. Wenn wir einfach pauschal die Ausreise von 'nichtintegrierten' Muslimen fordern, dann werden wir nur das Othering und die Ausgrenzung verstärken.

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Mehr zum 'Ehrenmord'
"Berlins Innensenator Ehrhart Körting verwies auf das Grundprinzip eines Rechtsstaats, wonach nur derjenige verurteilt werden kann, dessen Schuld zweifelsfrei nachgewiesen ist. Er legte der Familie der Ermordeten allerdings die Ausreise nahe."
steht auf tagesschau.de

Was hat Körting denn für eine Vorstellung des Rechtsstaats? Wenn doch keine Schuld zweifelsfrei nachgewiesen ist, warum fordert er - als Staatsvertreter - eine Ausreise?

Und das auch noch mit der Begründung: "Der Prozess habe gezeigt, dass die Familie nur scheinintegriert und mit ihren Wertvorstellungen noch nicht in der Bundesrepublik angekommen sei".

Ein klares Zeichen dafür, wie islamophob und rechtsstaatswidrig diese ganze Integrationsdebatte ist.

Nachtrag: Auch Peter Nowak findet auf telepolis in seinem Artikel "Im Zweifel für die Angeklagten":

"Das hindert diverse Politiker nicht, den Mord an der jungen Frau zur eigenen Profilierung zu nutzen und dabei auch rechtsstaatliche Grundsätze zumindest zu ignorieren."

Nachtrag 20.04.06: Unter dem Titel Die Entsorgung der Familie Sürücü kommentiert Heide Oestreich in der taz die Angriffe auf den Rechtsstaat.

Nachtrag 24.04.06: Jony Eisenbergs macht heute juristische Betrachtungen zum Thema Ehrenmorde.

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Donnerstag, 13. April 2006
'Ehrenmorde'
Die PDS-Abgeordnete Evrim Baba hat der taz berlin ein Interview zum Prozes um den Tod von Htun Sürücü gegeben.

"Und daraufhin wurde der Mord begangen?

Ich glaube, dass das von der Familie entschieden wurde. Es gibt ein Familiengericht und da wurde beschlossen, dass einer der Brüder, in diesem Falle der jüngste, die Ehre der Familie retten muss."


Woher weiss sie das? War sie dabei?
Warum gilt bei muslimischen Tatverdächtigen eigentlich nicht der Grundsatz 'im Zweifel für den Angeklagten'?

Nachtrag 15.04.06: Ich scheine mal wieder nicht richtig zu verstehen. Es haben sich noch diverse andere so geäußert. Sie alle wissen, dass es keine Einzeltat war, dass es ein 'Ehrenmord' war. Woher wissen die das nur alle?

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Montag, 10. April 2006
Lieber 'Rechte' als 'Islamisten'
Heute in der taz berlin ein weiteres Beispiel wie die Islamophobie die deutsche Politik bestimmt:

"Brandenburger Projekten gegen Rechtsextremismus drohen einschneidende Mittelkürzungen. Hintergrund sind Ankündigungen des Bundesministeriums für Jugend und Familie, aktuelle Förderprogramme ab dem kommendem Jahr auch auf Islamismus und Linksextremismus auszudehnen - ohne die Gelder aufzustocken."

"Für Bernd Mones, den Geschäftsführer des Landesjugendrings, in dem 32 Jugendverbände organisiert sind, ist die Neuausrichtung ebenfalls unverständlich. "Es gibt in Brandenburg keinerlei Anzeichen für eine Problemlage Islamismus oder Linksextremismus. Dagegen ist der Rechtsextremismus in Ostdeutschland ein flächendeckendes Problem.""


Nachtrag 28.04.06: Mehr zur geplanten Mittelkürzung bei der taz.

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Verfassungstreue?
Die CSU profiliert sich weiter mit rassisitischen und islamophoben Äußerungen und Forderungen. In einem Bericht darüber schreibt die taz:

"So stellte die SPD bereits in Frage, ob die CSU selbst die Prinzipien der Verfassung kenne."

Das ist wirklich die Frage. Es sei nur an Stoibers Aschermittwochs Rede erinnert. Den Rechtsstaat würde die CSU wohl am liebsten sofort abschaffen.

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Freitag, 7. April 2006
Adam und Assma
Als Reaktion auf den 'Karrikaturenstreit' läuft im dänischen Fernsehen nun das Debattenprogramm "Adam und Asmaa". Asmaa Abdol-Hamid ist laut taz eine junge 'dänische' Sozialarbeiterin mit Kopftuch. Bei vielen scheinen die Debatten zwischen dem 'Atheisten' Adam Holm und der überzeugten Muslima gut anzukommen:

"Nun quillt ihr E-Mail-Briefkasten von vorwiegend positiven Kommentaren - "vor allem von ethnischen Dänen", wie sie betont - für ihre Fernsehauftritte über."

Aber nicht alle sind begeistert:

"Derweil sammeln Frauenorganisationen Unterschriften für die Absetzung der Sendung, da Asmaas Kopftuch für Frauenunterdrückung werbe."

So wie Asmaa Abdol-Hamid in der taz aber porträtiert wird, habe ich nicht das Gefühl, dass sie eine 'unterdrückte' Frau ist. Ja, sie hängt einigen 'muslimischen' Regeln an, denen ich nicht folgen möchte. Aber sie scheint selbstbewusst, tritt für ihre Rechte ein, tritt in die Öffentlichkeit, etc.

Ich verstehe nicht, warum sich viele 'FeministInnen' so vehement gegen das Kopftuch aussprechen. Selbst wenn frau akzeptiert, dass das Kopftuch aus einer patriarchalischen Struktur stammt, hilft es doch keiner Muslima, wenn kopftuchtragende Frauen aus der Öffentlichkeit verbannt werden, wenn sie keine öffentlichkeitswirksamen Auftritte haben können, wenn sie ihre Stimme nicht hören lassen können.

Ich verstehe sehr wohl, warum 'Schwarze' Frauen sich durch den 'Weißen' Feminismus nur zum Teil vertreten fühlen. Sie erfahren eine doppelte Marginalisierung.

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