Freitag, 8. März 2013
Podium: #aufschrei
urmila, 00:52h
Zum internationalen Frauentag hat die Friedrich Ebert Stiftung heute eine Veranstaltung unter dem Titel #aufschrei gemacht.
Hauptrednerin war die indische Feministin Urvashi Butalia. Sie hat einiges an deutschen Bildern über Indien (die auch bei der Veranstaltung geäußert wurden) gerade gerückt: Nein, die Demonstrationen im Dezember waren nicht die ersten in Indien gegen Gewalt an Frauen. Es gibt eine starke Frauenbewegung, die schon lange aktiv ist, auf die Straße geht und Forderungen aufstellt. Die indische Frauenbewegung braucht keine Unterstützung im Sinne des Wie-schlimm-es-in-Indien-ist. Aber ja, die Demonstrationen im Dezember waren anders als die vorigen, es waren andere Leute auf der Straße, es gab mehr Medieninteresse und mehr internationale Aufmerksamkeit. Butalia lieferte eine spannende Analyse der Ereignisse (wenn alles gut geht, interviewe ich sie morgen und kann die dann nochmal ausführlicher darstellen).
In der darauffolgenden Diskussion mit der britischen Bloggerin Laurie Penny und der deutschen Bloggerin Merle Ströver beeindruckte Butalia immer wieder durch ihre in 30 Jahren feministischen Aktivismus gewachsene Erfahrung und ihre analytische Schärfe. Klar grenzte sie sich von orientalistischen/ postkolonialen Zuschreibungen ab. So wiess sie klar die Aufforderung zurück, in Bezug auf Indien müsse sie doch über Religion reden. Klar zeigte sie auch Entwicklungen in der feministischen Bewegung auf - und konnte daraus Optimismus schöpfen.
Laurie Penny beeindruckte auch durch komplexe Denkansätze und Schlagfertigkeit, insbesondere als ein männlicher Zuhörer meinte seine Gefühle mitteilen zu müssen, die Analyse der drei kritisierte und ausserdem foderte über 'muslimische Frauengewalt' zu sprechen.
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Sonntag, 27. Januar 2013
Quote reicht nicht
urmila, 13:42h
Im Kontext der Herrenwitz/Brüderle-Affäre zitiert die taz die Jorunalistin Wibke Bruhns:
"Sie sagte der „Süddeutschen Zeitung“, früher hätten Journalistinnen solche Belästigungen nicht aufgeschrieben. „Man versuchte, sich subtil zu wehren- ohne es an die große Glocke zu hängen“. Belästigungen gehörten zu den „Widrigkeiten des Berufs“."
Das hört sich so an, dass wer Journalistin sein will, damit leben muss und es nicht anklagen darf. Krass. Kein Wunder, wenn der Anteil von Frauen unter Journalist_innen, die zu politischen Themen (und anderen Themen, bei denen Männer dominieren, die ihren Sexismus nicht kontrollieren können) schreiben, so klein ist. Quote alleine kann da nicht helfen, wenn die Arbeit mit der Abwertung der eigenen Person und der Aufforderung diese still hinzunehmen einhergeht.
"Sie sagte der „Süddeutschen Zeitung“, früher hätten Journalistinnen solche Belästigungen nicht aufgeschrieben. „Man versuchte, sich subtil zu wehren- ohne es an die große Glocke zu hängen“. Belästigungen gehörten zu den „Widrigkeiten des Berufs“."
Das hört sich so an, dass wer Journalistin sein will, damit leben muss und es nicht anklagen darf. Krass. Kein Wunder, wenn der Anteil von Frauen unter Journalist_innen, die zu politischen Themen (und anderen Themen, bei denen Männer dominieren, die ihren Sexismus nicht kontrollieren können) schreiben, so klein ist. Quote alleine kann da nicht helfen, wenn die Arbeit mit der Abwertung der eigenen Person und der Aufforderung diese still hinzunehmen einhergeht.
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Donnerstag, 24. Januar 2013
Aufdringliche alte Herren
urmila, 16:31h
die mit zunehmenden Alkohlgenuss immer mehr die Distanz zu jüngeren Frauen vermissen lassen, kenne ich auch. Und auch die Ohnmacht danach, wenn die meisten das Problem gar nicht sehen und die anderen vor der Macht des alten Herren Angst haben. Dann wird der Vorfall unter den Teppich gekehrt. Wenn das grinsende Gesicht des alten Herren mir dann aber aus der Zeitung entgegen strahlt oder ich ihn im Radio höre, wird mir ganz anders.
Ich kann mir also gut vorstellen, dass die Journalistin Laura Himmelreich das (siehe Stern) wirklich so erlebt hat und halte es auch nicht für überraschend, dass ein Jahr lang nicht darüber berichtet wurde.
Ich kann mir also gut vorstellen, dass die Journalistin Laura Himmelreich das (siehe Stern) wirklich so erlebt hat und halte es auch nicht für überraschend, dass ein Jahr lang nicht darüber berichtet wurde.
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Sonntag, 20. Januar 2013
Demonstration des Indischen Frauenvereins
urmila, 13:55h
Der Indische Frauenverein hatte letzten Freitag zu einer Demonstration zur Unterstützung der Proteste in Indien gegen Gewalt gegen Frauen aufgerufen. Soweit ich es verfolgen konnte, lief die Werbung einmal über Kontakte zu anderen indischen Vereinen und über die Facebook-Gruppe Berliner InderKinder (darüber habe ich davon mitbekommen). Um 10.00 Uhr früh versammelte sich dann aber nur eine kleine Gruppe von etwa 35 engagierten Demonstrierenden am Leipziger Platz. Dies waren überwiegend ältere indische Migrantinnen und Migranten und wenige jüngere. Sie zogen gemeinsam zur indischen Botschaft und skandierten dabei Slogans gegen Vergewaltigung und zum Schutz von Frauen.
An der Botschaft überreichten sie dann der Botschafterin eine Petition.
Mir waren die Forderungen der Petition und der Slogans zu wenig radikal bzw. zu sehr in der heteronormativen Ordnung verhaftet. Aber ich habe auch nicht ausprobiert, ob nicht radikalere Forderungen und Slogans wie "Down with patriarchy" Unterstützung gefunden hätten.
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Samstag, 21. Juli 2012
Für Männer
urmila, 23:36h
Mein Bioladen wirbt für Pflegeprodukte für Männer.
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Samstag, 7. Juli 2012
Freiwilliges Engagement
urmila, 01:29h
Meine berufliche Tätigkeit habe ich mit der Förderung freiwilligen Engagements begonnen. Und nach wie vor, finde ich es gut, wenn sich Menschen unentgeltlich für Andere einsetzen. Aber es gibt da so einige Fallstricke wie ein Artikel in der taz zeigt.
So wird da beschrieben, welche Aufgaben alle von unbezahlten Freiwilligen übernommen werden, die früher öffentlich finanziert wurden. Da ist es sicher gut, dass manche öffentliche Aufgaben so erhalten bleiben. Gleichzeitig kann es nicht sein, dass immer weniger Leute damit ihr Einkommen verdienen können. Die Gefahr das bezahlte Arbeit verdrängt wird, besteht immer.
Zudem ist die Frage, wer unbezahlt arbeitet und wie das mit ungleichen Machtverhältnissen zu tun hat. So schreibt die taz:
"Karin Stiefelhagen, stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, klagt, es werde immer schwieriger, Engagierte zu finden. Grund: Auch im Oberbergischen wandeln sich die traditionellen Familienstrukturen. Frauen, die bisherigen Stützen des sozialen und kulturellen Ehrenamts, sind häufiger berufstätig als früher, wenn auch oft nur in Teilzeit"
Das heisst ja, dass das freiwillige Engagement nicht unbedingt so freiwillig war. Es war vielmehr die einzige Möglichkeit für viele westdeutsche Frauen sich überhaupt ausserhalb des Hauses zu engagieren, weil ihnen aufgrund der heteronormativen Ordnung die Berufswelt verschlossen war.
So wird da beschrieben, welche Aufgaben alle von unbezahlten Freiwilligen übernommen werden, die früher öffentlich finanziert wurden. Da ist es sicher gut, dass manche öffentliche Aufgaben so erhalten bleiben. Gleichzeitig kann es nicht sein, dass immer weniger Leute damit ihr Einkommen verdienen können. Die Gefahr das bezahlte Arbeit verdrängt wird, besteht immer.
Zudem ist die Frage, wer unbezahlt arbeitet und wie das mit ungleichen Machtverhältnissen zu tun hat. So schreibt die taz:
"Karin Stiefelhagen, stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, klagt, es werde immer schwieriger, Engagierte zu finden. Grund: Auch im Oberbergischen wandeln sich die traditionellen Familienstrukturen. Frauen, die bisherigen Stützen des sozialen und kulturellen Ehrenamts, sind häufiger berufstätig als früher, wenn auch oft nur in Teilzeit"
Das heisst ja, dass das freiwillige Engagement nicht unbedingt so freiwillig war. Es war vielmehr die einzige Möglichkeit für viele westdeutsche Frauen sich überhaupt ausserhalb des Hauses zu engagieren, weil ihnen aufgrund der heteronormativen Ordnung die Berufswelt verschlossen war.
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Sonntag, 17. Juni 2012
Genderkritisches Kindererziehen
urmila, 13:50h
Im taz-Interview sprichte die Piratin Manuela Schauerhammer über die Schwierigkeiten Kinder nicht heteronormativitätsreproduzierend zu erziehen:
"Es ist wahnsinnig anstrengend. Ein besonders absurdes Beispiel, das mir kürzlich bei einer Recherche untergekommen ist, sind Windeln. Es gibt Windelslips - das sind quasi Windeln für Kinder, die nicht mehr ganz klein sind - inzwischen für Mädchen und Jungs. Ich dachte erst, vielleicht gäbe es dafür physiologische Gründe, dass die Windeln besser angepasst sind oder so. Aber die Herstellerfirma hat mir ausdrücklich versichert, dass ausschließlich das Design unterschiedlich ist. "
"Es ist wahnsinnig anstrengend. Ein besonders absurdes Beispiel, das mir kürzlich bei einer Recherche untergekommen ist, sind Windeln. Es gibt Windelslips - das sind quasi Windeln für Kinder, die nicht mehr ganz klein sind - inzwischen für Mädchen und Jungs. Ich dachte erst, vielleicht gäbe es dafür physiologische Gründe, dass die Windeln besser angepasst sind oder so. Aber die Herstellerfirma hat mir ausdrücklich versichert, dass ausschließlich das Design unterschiedlich ist. "
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Freitag, 1. Juni 2012
Topmodels
urmila, 20:15h
taz-Autorin Steffi Dobmeier schaut mit Ex-Model und Ex-Modelvermittlerin Rita Jaeger "Germany's Next Topmodel" und schreibt darüber in der taz. Jetzt stellt sich die Frage: Warum? Zu den Topmodels liessen sich sicher spannende Artikel (und viele nicht spannende) schreiben. Vielleicht sogar mit einem Bezug zu Rita Jaeger. Aber mit deren Aussagen gibt es im Artikel überhaupt keinen kritischen Umgang. Unkommentiert werden sexistische (und lookistische) Aussagen abgedruckt:
"Nee, die ist doch nicht hübsch. Die ist ja fast schon hässlich. Wobei, na ja, das wäre übertrieben. Mir ist sie einfach ein bisschen zu derb, aber das ist Geschmackssache. Sie hat auf jeden Fall eine ungünstige Kinnpartie. Das wird mal ein Doppelkinn, wenn sie nicht aufpasst. "
oder
"Diese Waden! Viel zu muskulös. Nein, das geht gar nicht. "
oder
"Models müssen weiblich sein und elegant. "
Für Analysen ist dieser Artikel echt spannend. Wie die eine Inszenierung die andere Inszenierung kommentiert. Was wie thematisiert wird und was nicht. Aber als Zeitungsartikel fehlt mir die kritische Distanz.
"Nee, die ist doch nicht hübsch. Die ist ja fast schon hässlich. Wobei, na ja, das wäre übertrieben. Mir ist sie einfach ein bisschen zu derb, aber das ist Geschmackssache. Sie hat auf jeden Fall eine ungünstige Kinnpartie. Das wird mal ein Doppelkinn, wenn sie nicht aufpasst. "
oder
"Diese Waden! Viel zu muskulös. Nein, das geht gar nicht. "
oder
"Models müssen weiblich sein und elegant. "
Für Analysen ist dieser Artikel echt spannend. Wie die eine Inszenierung die andere Inszenierung kommentiert. Was wie thematisiert wird und was nicht. Aber als Zeitungsartikel fehlt mir die kritische Distanz.
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Samstag, 12. Mai 2012
Not lespisch
urmila, 00:08h
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Sonntag, 1. April 2012
Macho o Macho!
urmila, 10:57h
Genderkritisches Theaterstück über tamilische Politik: Aanmaiyo Aannmai!:
In Gurgaon wurde ich zur Bollywood-Live-Show Zangoora mitgenommen. Auch wenn ich kein Hindi verstehe, war die Geschichte einfach genug zu verstehen: Prinz wird als Kleinkind versteckt und wird später wieder Prinz, bekommt die Prinzessin und lässt seine Freundin sitzen.
Gestern nun hatte ich die Gelegenheit eine Aufführung der Theatertruppe Marappachi aus Chennai von V. Geethas Theaterstück Aanmaiyo Aannmai! (Macho o Macho!) in Bangalore zu sehen.
Vorher hatte ich die Zusammenfassung des Stücks in Englisch bekommen und auch das Skript in Englisch. Und trotzdem war es schwierig für mich zu verstehen. Nicht nur, dass ich kein Tamil verstehe, ich kenne mich mit tamilischer Politik nicht aus. Das Stück nimmt eine genderkritische Perspektive auf tamilische Politik im 20. Jahrhundert und betrachtet dabei auch die Frage von Kaste. Sehr politisch und sehr komplex. Heute morgen habe ich das Skript nochmal gelesen und verstehe etwas mehr.
Das ich viel weniger verstanden habe als in Gurgaon halte ich für ein Qualitätszeichen. Und es zeigt natürlich auch, dass ich nicht sehr theatererfahren bin und die Performance nicht so gut entschlüsseln kann.
Nachtrag 02.04.12: und über die tägliche Anmache im öffentlichen Raum:
Sich als Frau im öffentlichen Raum in Indien zu bewegen, ist in meiner Beobachtung kein Spaß. Männer nehmen keinerlei Rücksicht. Respekt gegenüber Frauen scheint - wenn überhaupt - auf den privaten Raum, dort wo Frauen laut heteronormativer Gesellschaftsordnung hingehören, beschränkt. Wenn sich Frauen öffentlich bewegen, dann scheint mann ihnen keinen Respekt entgegen bringen zu müssen. Dann muss auch keine körperliche Distanz gewahrt werden.
Die Steigerung des fehlenden Respekts ist der tatsächliche Übergriff durch Worte, Blicke und auch körperlich. Wahrscheinlich weil ich Ausländerin und ziemlich groß bin, passiert mir nicht ganz so viel. Vor ein paar Tagen habe ich einen Typen auf Deutsch beschimpft, weil er eine Freundin von mir einfach angerempelt hat.
Gestern habe ich mich dann mit einigen von der genderkritischen Theatertruppe Marappachi über die alltäglichen männlichen Übergriffe und was dagegen zu machen sei unterhalten. Eine meinte, dass sie eine zeitlang alles bei der Polizei angezeigt habe. Das aber nicht sehr erfolgreich gewesen sei, weil die Polizei den Frauen tendentiell die Schuld gebe. Eine andere meine, dass sie vor ein paar Tagen einen Typen geschlagen habe. In der Regel aber würden sie nichts machen. Die eine meinte: Frau kann nicht zehnmal am Tag einen Mann anschreien, sich wehren, etc. Da es vorallem auch nichts helfen würde, da die Männer dadurch nicht vor weiteren Übergriffen abgeschreckt würden. Frauen müssten mit ihrer Energie haushalten.
Um so wichtiger ist das feministische Engagement der Truppe.
Nachtrag 08.04.12: Und zum Abschluss noch was über das westliche Interesse an queeren Aktivist_innen:
Eine Freundin hat sich bei mir beschwert, dass immer mehr Westler_innen kommen und queere Aktivist_innen in Indien befragen wollen. Sie meinte, sie hat dafür keine Zeit. Ausserdem brauche sie deren Rat nicht. Den Down Read der Section 377 haben die Queer Natives in Indien selber geschafft, dazu brauchen sie keine Westler_innen. Und von einer 22jährigen will sie sich mit 47 Jahren auch nicht sagen lassen, wie sie richtig queer zu sein hat und wie ihr Engagement auszusehen hat.
Als ich 2004 eine Recherchereise zu lesbischen Aktivistinnen in Indien gemacht habe, habe ich schon gemerkt, dass sich die Westler_innen die Tür in die Hand geben und alle meine Interviewpartnerinnen schon mehrfach die Fragen beantwortet haben. Ich habe gemerkt, dass meine Reise viel mehr mit mir zu tun hat, als mit den Leuten hier. Ich habe davon profitiert und ganz viel dazu gelernt - und gemerkt, dass die Aktivist_innen hier mich nicht brauchen.
Seit dem Downread 2009 scheint das Interesse der Westler_innen noch mehr gestiegen zu sein. Das Interesse der queeren Aktivist_innen an den Westler_innen ist aber eher zurück gegangen.
In Gurgaon wurde ich zur Bollywood-Live-Show Zangoora mitgenommen. Auch wenn ich kein Hindi verstehe, war die Geschichte einfach genug zu verstehen: Prinz wird als Kleinkind versteckt und wird später wieder Prinz, bekommt die Prinzessin und lässt seine Freundin sitzen.
Gestern nun hatte ich die Gelegenheit eine Aufführung der Theatertruppe Marappachi aus Chennai von V. Geethas Theaterstück Aanmaiyo Aannmai! (Macho o Macho!) in Bangalore zu sehen.
Vorher hatte ich die Zusammenfassung des Stücks in Englisch bekommen und auch das Skript in Englisch. Und trotzdem war es schwierig für mich zu verstehen. Nicht nur, dass ich kein Tamil verstehe, ich kenne mich mit tamilischer Politik nicht aus. Das Stück nimmt eine genderkritische Perspektive auf tamilische Politik im 20. Jahrhundert und betrachtet dabei auch die Frage von Kaste. Sehr politisch und sehr komplex. Heute morgen habe ich das Skript nochmal gelesen und verstehe etwas mehr.
Das ich viel weniger verstanden habe als in Gurgaon halte ich für ein Qualitätszeichen. Und es zeigt natürlich auch, dass ich nicht sehr theatererfahren bin und die Performance nicht so gut entschlüsseln kann.
Nachtrag 02.04.12: und über die tägliche Anmache im öffentlichen Raum:
Sich als Frau im öffentlichen Raum in Indien zu bewegen, ist in meiner Beobachtung kein Spaß. Männer nehmen keinerlei Rücksicht. Respekt gegenüber Frauen scheint - wenn überhaupt - auf den privaten Raum, dort wo Frauen laut heteronormativer Gesellschaftsordnung hingehören, beschränkt. Wenn sich Frauen öffentlich bewegen, dann scheint mann ihnen keinen Respekt entgegen bringen zu müssen. Dann muss auch keine körperliche Distanz gewahrt werden.
Die Steigerung des fehlenden Respekts ist der tatsächliche Übergriff durch Worte, Blicke und auch körperlich. Wahrscheinlich weil ich Ausländerin und ziemlich groß bin, passiert mir nicht ganz so viel. Vor ein paar Tagen habe ich einen Typen auf Deutsch beschimpft, weil er eine Freundin von mir einfach angerempelt hat.
Gestern habe ich mich dann mit einigen von der genderkritischen Theatertruppe Marappachi über die alltäglichen männlichen Übergriffe und was dagegen zu machen sei unterhalten. Eine meinte, dass sie eine zeitlang alles bei der Polizei angezeigt habe. Das aber nicht sehr erfolgreich gewesen sei, weil die Polizei den Frauen tendentiell die Schuld gebe. Eine andere meine, dass sie vor ein paar Tagen einen Typen geschlagen habe. In der Regel aber würden sie nichts machen. Die eine meinte: Frau kann nicht zehnmal am Tag einen Mann anschreien, sich wehren, etc. Da es vorallem auch nichts helfen würde, da die Männer dadurch nicht vor weiteren Übergriffen abgeschreckt würden. Frauen müssten mit ihrer Energie haushalten.
Um so wichtiger ist das feministische Engagement der Truppe.
Nachtrag 08.04.12: Und zum Abschluss noch was über das westliche Interesse an queeren Aktivist_innen:
Eine Freundin hat sich bei mir beschwert, dass immer mehr Westler_innen kommen und queere Aktivist_innen in Indien befragen wollen. Sie meinte, sie hat dafür keine Zeit. Ausserdem brauche sie deren Rat nicht. Den Down Read der Section 377 haben die Queer Natives in Indien selber geschafft, dazu brauchen sie keine Westler_innen. Und von einer 22jährigen will sie sich mit 47 Jahren auch nicht sagen lassen, wie sie richtig queer zu sein hat und wie ihr Engagement auszusehen hat.
Als ich 2004 eine Recherchereise zu lesbischen Aktivistinnen in Indien gemacht habe, habe ich schon gemerkt, dass sich die Westler_innen die Tür in die Hand geben und alle meine Interviewpartnerinnen schon mehrfach die Fragen beantwortet haben. Ich habe gemerkt, dass meine Reise viel mehr mit mir zu tun hat, als mit den Leuten hier. Ich habe davon profitiert und ganz viel dazu gelernt - und gemerkt, dass die Aktivist_innen hier mich nicht brauchen.
Seit dem Downread 2009 scheint das Interesse der Westler_innen noch mehr gestiegen zu sein. Das Interesse der queeren Aktivist_innen an den Westler_innen ist aber eher zurück gegangen.
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