Donnerstag, 16. Mai 2013
Erinnerung verhindern
Die taz berichtet darüber, dass es bei der Eröffnung einer Grundschule (laut Schulwebseite war das 1999) diskutiert wurde, ob sie nach Maria Theresa Lehmann benannt werden soll. Lehmann wurde als Kind gemeinsam mit ihrer Familie, weil sie Sinti waren, deportiert. Das wurde abgelehnt laut taz:

"Doch Eltern und Lehrerkollegium entschieden mehrheitlich, man dürfe Kinder nicht mit dem grauenvollen Schicksal des Mädchens belasten."

Ich frage mich, ob der Name die Kinder wirklich belastet hätte. Das zu beurteilen, fehlt mir die Kompetenz in Bezug auf die Entwicklung von Kindern. Mir erschliesst sich aber auf den ersten Blick nicht, wie es (bei kindgerechter Vermittlung) für die Kinder belastend wäre. Dass sich die Eltern und Lehrer_innen aber nicht damit belasten wollten, an die Ausgrenzung und Vernichtung von Sinti und Roma erinnert zu werden, kann ich mir leicht vorstellen.

Der taz-Artikel beschäftigt sich aber nicht damit, sondern damit, dass eine 2006 in der Schule eingeweihte Ausstellung zur Erinnerung an Maria Theresia Lehmann jetzt entfernt wurde und die Ausstellungsstücke verschwunden sind. Die Schule sagt laut taz:

"„Eine Gedenkstätte hat an der Krautgartenschule nie existiert“, heißt es per E-Mail."

Nachtrag 23.05.13: Die taz gibt weitere Informationen zum Ent-innern.

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Samstag, 23. März 2013
Berlin: Lüke zu Armutsmigration
Die taz berlin hat die neue Integrationsbeauftragte Monika Lüke zur Armutsmigration, insbesondere aus Bulgarien und Rumänien, interviewt. Mir gefällt, wie sie gleichzeitig zu vermeiden versucht, Armutsmigration mit Roma gleichzusetzen, und gleichzeitig betont, dass Roma besonders betroffen sind. Zudem gefällt mir, dass sie Armutsmigration für etwas gegegebenes hält, mit dem umzugehen ist (anstatt zu versuchen, sie zu verhindern), und das sie darauf hinweist, dass auch für arme Nicht-Migrant_innen ein Bedarf an bezahlbarem Wohnraum besteht. Das Interview macht den Eindruck, das Lüke Komplexität denken kann und damit umgehen will.

Nachtrag: Die taz berlin berichtet über Kritik an Lükes Plan eine Obdachlosenunterkunft zu eröffnen. Ihr Aussagen lassen sich offensichtlich unterschiedlich verstehen.

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Donnerstag, 7. März 2013
Offener Antiziganismus
Gerade wird die Zuwanderung von Roma aus Rumänien und Bulgarien als großes Problem für Städte in Deutschland konstruiert. Die taz zeigt im Artikel Noch ärmer als Hartz IV, wie dabei mit falschen Zahlen argumentiert wird.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma hat sich laut taz in diesem Kontext an den Bundespräsident gewandt, mit der Bitte mäßigend zu wirken. Dabei führt er auch aus:

"Roma würden als Folge dieser Diskussion bereits in ihren Herkunftsländern von Politikern und Medien zu Sündenböcken dafür gemacht, dass etwa Verhandlungen über die Erweiterung des Schengen-Abkommens stockten. Dadurch verschärfe sich die Lage der Volksgruppe dort weiter. "

Aussserdem hat die taz die Romni Diana S. porträtiert. In dem Protokoll führt Diana S. aus, wie sie in Deutschland verschweigt, Romni zu sein, um Anfeidungen zu vermeiden. Ihr Protokoll zeigt deutlich, wie sie trotzdem ständig mit Antiziganismus konfrontiert wird.

Ein Beispiel: Wenn sie in traditioneller Kleidung in Kaufhäuser geht, wird sie von Verkäufer_innen genau beobachtet bzw. es gibt Durchsagen, dass die Kund_innen auf ihre Taschen achten sollen. Um das zu vermeiden, trägt sie mittlerweile andere Kleidung, die sie nicht das Bild der Romni produzieren.

Nachtrag 08.03.13: Die taz berlin berichtet: Neukölln räumt mit Vorurteilen auf

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Donnerstag, 17. Januar 2013
Viele Stimmen
Alke Wierth hat für die taz berlin Vertreter_innen eines neuen Dachverbands von Roma-Selbstorganisationen 'Rromano-Bündnis' zu diesem Dachverband interviewt (online finde ich das Interview nicht).

Milan Pavlovic vom Rroma-Informations-Centrum sagt darin:

"Es nervt, dass die Mehrheitsgesellschaft immer erwartet, dass wir mit einer Stimem sprechen müssen, uns nicht streiten dürfen. Auch Geschwister streiten. Das ist naütrlich. Im deutschen Parlament streiten die Leute sich täglich [...] Streiten ist produktiv für die Zusammenarbeit."

Gut gesagt. Auch Ausgegrenzte haben Meinungsvielfalt!

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Donnerstag, 25. Oktober 2012
Genozid an Sinti und Roma
In der taz schreibt Wolfgang Benz über Ein Genozid, so systematisch wie der Judenmord (Titel des Print-Artikels).

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Dienstag, 23. Oktober 2012
Ferenc Snetberger
Ein taz-Interview mit dem Musiker Ferenc Snetberger über Musik und rassistische Ausgrenzung. Zu letzterer:

"Rassismus war immer da. Die meisten Leute sind dabei nicht bewusst rassistisch. Ihnen ist nicht klar, dass sie andere verletzen. Und wir anderen sind mit dem Wissen aufgewachsen, dass man uns nicht mag."

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Sonntag, 21. Oktober 2012
Krimi Grenzfall


Auf Basis der Recherchen zum Dokumentarfilm Revision hat Merle Kröger ihren dritten Krimi Grenzfall geschrieben. Hier führt sie die rassistischen Ausgrenzungen 1992 mit der rassistischen Realität 2012 zusammen (jeweils mit einem Schwerpunkt auf Antiziganismus). Dabei hat sie mehr Freiheit als im Dokumentarfilm, der sich an die belegbaren Vorgänge hält, und hat eine spannende Geschichte entwickelt (die auch viele Stränge aus den früheren Krimis Cut und Kyai! aufgreift).

Auf Perlentaucher gibt es eine Rezension.

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Donnerstag, 27. September 2012
Prekäre Verhältnisse in Berlin
Die taz berlin berichtet über die desolate Wohnsituation, die Ausbeutung und Ausgrenzung von Roma in Berlin sowie den darausfolgenden Konflikten: Fünf in einem Zimmer und Im Auto zu Hause.

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Donnerstag, 13. September 2012
Kinotipp: Revision


Der Film Revision läuft heute im Kino an (in Bautzen, Berlin, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt/Main, Freiburg, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Kiel, Köln, Leipzig, München, Münster, Nürnberg, Potsdam, Rostock, Tübingen und Weimar - Termine hier).

Ich habe ihn bei der Kinopremiere in Berlin heute zum zweitenmal gesehen und kann ihn nur empfehlen für alle, die sich interessieren für:

Strukturellen Rassismus, Antiziganimus, Festung Europa, Abschiebungen, illegalisierte Migration, Grenzen, den rassistischen deutschen Sommer 1992, Rostock Lichtenhagen, ...

Nicht verpassen! Am besten bei den Veranstaltungen mit dem Regisseur - da gibt es noch viele interessante Zusatzinformationen.

Nachtrag: Filmbesprechung heute in der taz.

Nachtrag: Die Kritiken des Filmes sind alle hervorragend, aber die Zuschauendenzahlen sind gering - Leute geht ins Kino! Unterstützt den politischen Dokumentarfilm!

Nachtrag 11.10.12: Ein Interview mit Philip Scheffner und Merle Kröger über Film und Buch.

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link


Freitag, 31. August 2012
Neu-Neuköllner
Die taz berlin interviewt die Bezirksstadträtin Franziska Giffey über eine Gruppe von Neu-Neuköllner_innen - über Roma, die aus Osteuropa zuwandern. Das Interview hat mich positiv überrascht:

"Aber erstens muss ich doch die Fakten akzeptieren: Roma sind EU-Bürger, sie genießen bald die volle Freizügigkeit. Es ist überhaupt keine Option, sie zurückzuschicken. Stattdessen halte ich es für besser, nicht die Fehler zu wiederholen, die wir bei früheren Einwanderern gemacht haben, und ihnen gleich gute Eingliederungshilfen zu bieten. Statt in 20 Jahren teuer dafür zu bezahlen, dass wir das nicht getan haben. Zum zweiten hat Deutschland auch eine besondere historische Verantwortung dieser europäischen Bevölkerungsgruppe gegenüber. Das verpflichtet uns zu humanistischem Handeln. "

Beim Vergleich zwischen den den neuen Zuwander_innengruppen in Neukölln den Spanier_innen und Griech_innen auf der einen und den Roma auf der anderen Seite wird klar, dass alle (auch) wirtschaftliche Gründe haben, weshalb sie kommen, und dass sie Deutsch erst lernen müssen. Das sind also nicht die Unterschiede. Die liegen hingegen darin, dass die Menschen aus neueren EU-Ländern nur eingeschränkte Freizügigkeitsrechte haben, dass Roma auch schon in ihrem Herkunftsland ausgegrenzt wurden und dort weniger Rechte hatten und dass sie nicht privilegierte Singles sind, die mal was Neues ausprobieren können.

Marginalisierung, fehlende Arbeitsplätze und fehlende Unterstüzung können tragische Folgen haben wie in Saarbrücken, wo einer Roma-Familie der Strom abgestellt worden war, weil sie die Rechnungen nicht bezahlt hatten, und bei einem durch Kerzen verursachten Wohnungsbrand vier Kinder starben (siehe taz). Das hätte möglicherweise durch mehr Unterstützung vorher vermieden werden können.

0 Kommentare in: antiziganismus   ... comment ... link