Mittwoch, 29. März 2006
Strukturelle Diskriminierung
Sicher, in diesem Beitrag geht es um eine andere Form der Diskriminerung als sonst in diesem Blog. Diesmal geht es um Diskriminierung aufgrund von Verhalten und nicht von zugeschriebener 'Essenz'. Der geschichtliche Hintergrund ist ein anderer, und die verschiedenen Formen lassen sich nicht gleichsetzen. Aber es geht auch um strukturelle Diskriminierung, und deshalb dieser kurze Exkurs:

Fahrradfahren in Berlin ist gefährlich. Die Verkehrsführung ist auf AutofahrerInnen ausgerichtet. Die Ampeln sind für sie geschaltet. Die Radwege sollen ihnen den Weg freihalten (und nicht die Fahrradfahrerinnen schützen oder gar ihnen einen schnelleren Weg bieten). Viele Auto-, Taxi-, Bus- und LKW-FahrerInnen scheinen die RadfahrerInnen, primär als Hindernis zu verstehen. Sie ignorieren, übersehen, schneiden sie. Gefährden sie immer wieder. Und machen sie auch gerne auf Regelüberschreitungen (sprich Missachtung der eingebauten Vorfahrt der Autos) aufmerksam.

Heute wurde ich wieder diverse male von Taxis und Bussen geschnitten, Autos standen im Weg rum, die Ampeln hatten rote Welle für mich. FussgängerInnen liefen auf den Radwegen rum. Und dann radelte ich in eine Polizeikontrolle hinein. Ich war ein kurzes Stück auf dem Fussweg (der an dieser Stelle ein weiter offener Platz ist) gefahren. Da ist eine Verwarnung fällig. Eine Regelübertretung habe ich begangen, und daher zahle ich auch die Verwarngebühr. Aber es leuchtet mir nicht ein, warum fünf PolizistInnen mit drei Wagen diese Kontrolle an dieser Stelle durchführen. Das konnte mir der nette Polizist, der meine Daten aufnahm, auch nicht erklären. Nein, hier sei kein besonderer Unfallschwerpunkt. Aber Regel ist Regel.

Da die Regeln aber ausschliesslich auf AutofahrerInnen ausgelegt sind, die Bedürfnisse von RadfahrerInnen so gut wie gar nicht berücksichtigen, kommt die Radfahrerin, die das Fahrrad als Verkehrsmittel benutzt und von einem Ort an den anderen muss, kaum drumrum immer wieder diese Regeln zu übertreten. Da stimmt etwas strukturell in der Strassenverkehrsordnung und in der Stadtplannung nicht.

PS: Für eine nachhaltigere und gerechtere Verkehrspolitik setzt sich zum Beispiel der Verkehrsclub Deutschland ein. Mehrere Jahre war ich da aktiv, und habe mich dort für Vielfalt im Verkehr eingesetzt.

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