Freitag, 9. Dezember 2011
Razans Anliegen


Die syrische Aktivistin Razan Ghazzawi ist verhaftet und in Gefahr, Menschen rund um die Welt treten für ihre Freilassung ein, auf Facebook gibt es die Seite Free Razan. Vor ein paar Tagen stand dort in einer Statusmeldung "how to spread Razan's cause even more". Für mich bedeutet das, sich nicht nur für ihre Freilassung einzusetzen sondern sich für ihr politisches Anliegen einzusetzen. Beides zu vereinbaren finde ich gar nicht so einfach.

Während des Young Media Summits im Frühsommer in Kairo hat sie immer wieder kritisiert, dass die wenigen Facebook-Aktivist_innen viel mehr Aufmerksamkeit bekommen als all die anderen Aktivist_innen und Gefangenen. Sie war dagegen die Aufmerksamkeit auf einzelne Bekannte zu richten. Rund um den Amina Hoax tweetete Razan:

"Back to real activists in danger: are you going to support them like you supported "Amina"? or they have to be gay and speak English first?"

Genau das ist jetzt auch zu fragen: Wer wird gehört? Im Gegensatz zu Amina ist Razan kein Hoax. Aber auch in ihrem Fall scheint international zu ziehen, dass sie sich nicht-heterosexuell definiert und versiert im Englischen ist. Die Lesbenkarte zu ziehen, kann erfolgreich sein, um internationale Unterstützung zu bekommen. Aber genau das ist etwas, dass Razan (soweit ich sie verstanden habe) nicht wollte. Sie hat sich überhaupt gegen die Vereinnahmung der arabischen LGBTIQ* durch Staaten des Nordens gewehrt .

Überhaupt habe ich Razan als eine ungewöhnliche Aktivistin erlebt. Engagiert im syrischen Widerstand hat sie sich klar gegen Nationalismus und seine Ausschlüsse ausgesprochen:

"I do not believe in a ‘national consciousness,’ I don’t believe in nationality, look how it is interpreted by those apologetic to Assad crimes, and those who’re fighting for their dignity and freedom, and they’re all “Syrians.”

So please, do not talk to me about being “Syrians."


und

"I don’t want to be a citizen when other citizens are prevented from getting their rights, I don’t want to be a Syrian when other Syrians cannot be one."

Diese Anliegen von ihr will ich mit unterstützen. Für ihre Freilassung will ich mich einsetzen. Vorallem natürlich weil ich sie kenne und ihr Fall mir sonst gar nicht so nahe käme (Syrien ist weit weg vom Schreibtisch in Berlin und kann gut ausgeblendet werden). Aber auch, weil sie eine besondere und wichtige Perspektive vertritt. Und so blogge ich jetzt schon zum zweitenmal über sie, was ich bei anderen Gefangenen nicht gemacht habe. Ihre internationale Bekanntheit bescherrt ihr mehr Aufmerksamkeit. Diese Form der Aufmerksamkeit hat sie kritisiert. Und doch ist sie nötig - mit all den damit verbundenen Widersprüchen.

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