Freitag, 30. September 2011
Diesmal Cousinenehe
"Cousin und Cousine dürfen laut deutschem Gesetz heiraten" fängt Cigdem Akyols Artikel in der taz an. Der Artikel kritisiert dies, argumentiert, das Wissenschaftler_innen nachgewiesen hätten, dass Kinder aus solchen Beziehungen eine weit höhere Wahrscheinlichkeit von 'Behinderungen' hätten. Akyol beschreibt eine Familie, mit mehreren behinderten Kindern und wie sich die Mutter aufopferungsvoll um diese kümmert. Allerdings würdigt Akyol dies nicht, wie es sonst in Artikeln über kümmernde Mütter getan wird, sondern klagt die Mutter an, da sie nicht einsieht etwas falsches gemacht zu haben, als sie ihren Cousin geheiratet habe. Der Tenor des Artikels wirkt sehr als ob 'behindertes' Leben als generell unwert und auf jeden Fall zu verhindern angesehen wird. Etwas mehr Ausgewogenheit und die ethische Frage danach, wer entscheiden kann, welches Leben es wert ist geboren zu werden, wäre hier angebracht gewesen.

In dem Artikel scheint es allerdings auch noch um etwas anderes zu gehen. Akyol schreibt:

"Natürlich heiraten auch Deutsche untereinander, doch mehrheitlich seien es Migranten. Ob die Paare nicht vorher über die Risiken Bescheid wüssten. "Genetik ist für die meisten etwas sehr Abstraktes", so Hennermann. "

An anderer Stelle werden diese 'Migrant_innen' mit 'Muslim_innen' gleichgesetzt und ihnen pauschal Rückständigkeit unterstellt. Die Konstruktion der problematischen 'Migrant_innen'/ 'Muslim_innen' geht weiter:

"Die Familie bewegt sich in einem Milieu, in dem sich Nachbarn morgens zum türkischen Mitfühlfernsehen verabreden, wo wenige arbeiten, nicht selten vom Staat leben, Menschen mit vielen Kindern und schlechten Perspektiven. Mit einem Wort: Parallelgesellschaft."

Akyol wehrt sich zum Ende des Artikels dann auch schon mal präventiv gegen den Vorwurf, in ihrer Darstellung Rassismus zu reproduzieren:

"Aber auch von Kollegen deutscher Herkunft bekomme sie zu hören, sie würde Migranten stigmatisieren. Es ist ein politisch unkorrektes Thema, vor dem sich die Öffentlichkeit fürchtet. Zu rasch kann hier angeblicher Rassismus angeführt werden."

Weniger Verallgemeinerung, weniger pauschale Verurteilung einer Bevölkerungsgruppe und ein differenzierteren Blick auf ein (mögliches) gesellschaftliches Problem und seinen (möglichen) ethischen Dilemmata wären produktiver gewesen.

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