... newer stories
Freitag, 3. April 2020
Handreichungen zum Erfolg
urmila, 01:44h
Meine Fakultät stellt mir Handreichungen zur digitalen Lehre zur Verfügung. Das ist gut und ich bedanke mich dafür. Digitale Lehre macht sich nicht von alleine und muss gut durchdacht sein. Die Diskussionen an unserem Institut finde ich produktiv.
Die offizielle Form des Umgangs mit der Krise stört mich aber nach wie vor. Daher ein paar Kommentare zu den Handreichungen:
"In Übereinstimmung mit der Landesrektorenkonferenz und der Hochschulrektorenkonferenz des Bundes spricht sich die Präsidentin gegen die Initiative eines sog. „Nicht-Semesters“ aus, das zwar durchgeführt, aber nicht gewertet werden soll. Ich schließe mich dieser Auffassung an. Selbstverständlich sollen Studierende keine Nachteile durch digitale Lehrformate erleiden. Selbstverständlich soll den besonderen Schwierigkeiten von Lehrenden, z. B. schulpflichtige Kinder betreuen und zu Hause beschulen zu müssen, Rechnung getragen werden."
Das Bashen der Initiative Nicht-Semester ist nervig, vor allem da die Forderungen ziemlich verzerrend dargestellt werden. Die taz hatte gestern ein gutes Interview mit einer der Initiatorinnen (Andrea Geier) und auch einen ganz guten differenzierenden Artikel. Aber zurück zur Handreichung:
[Die Präsidentin] ermutigt die Lehrenden dieser Universität zu einem „Flexi- und Experimentier-Semester“. Sie wirbt dafür, zu erproben und auszuprobieren,was digital geht.
Das mache ich schon seit Jahren. Ich finde digitale Lehre spannend und habe schon verschiedenes ausprobiert, möchte gerne noch mehr ausprobieren und lernen. Aber die Rahmenbedingungen sind gerade für Lehrende und Studierende aus diversen Gründen miserabel (nicht zuletzt weil wir eine Krisensituation haben, die Energie in Anspruch nimmt).
Zum Beispiel brauchen wir alle die adequate technische Ausstattung:
"Die Vizepräsidentin für Lehre [...] hat in einem Rundschreiben vom 24.3.20 darauf hingewiesen, dass die Lehrenden Headsets und Kameras für die Aufzeichnung von Lehrvideos erhalten werden."
Das ist gut. Seit ein paar Jahren habe ich für die digitale Lehre eine gute Webcam vom Institut und seit dieser Woche ein gutes Headset. Das macht alles leichter. Wenn mein Dienst-Notebook allerdings schon bei Thunderbird, Firefox und Word im Normalbetrieb Probleme bekommt, weil vermutlich der Speicher zu klein ist, dann helfen Kamera und Headset nur bedingt weiter. Ein ordentliches Notebook wäre hilfreich.
Die Uni macht sich auch Gedanken über die Studierenden:
"Wir empfehlen, Studierende, die aus technischen Gründen am Online-Studium gehindert sind, über die Fachschaftsinitiativen der Institute einzubinden und individuell nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen."
Gut, dass diejenigen mitgedacht werden, die nicht über die technische Ausstattung verfügen (und das sind weit mehr als man bei der Generation digital natives glauben mag). Mir ist nur nicht so klar, wie die von den Fachschaftsinitiativen gefunden werden sollen. Ausserdem bedeuten diese individuellen Lösungen, dass die anderen zur Norm erklärt werden und die mit den individuellen Lösungen diese nicht erreichen können werden. Die soziale Scherre geht so weiter auf.
Meine Fakultät ist aber ganz zuversichtlich, dass das alles ganz toll wird:
"Wenn wir das Sommersemester 2020 gut improvisieren, unsere hochschuldidaktischen Portfolios erweitern und eine Vorstellung davon bekommen, wie ertragreich digitale Lehre sein kann, wird die Philosophische Fakultät gestärkt aus dieser Krise hervorgehen."
Die Krise ist eine Chance. Wir werden sie super meistern und stärker sein (ausser natürlich denen die auf der Strecke bleiben, aber das ist dann wohl Survival of the fittest).
Ich fände es besser, wenn wir zusammen zugeben würden, dass wir in einer Krise sind, dass wir alle (Studierende, Lehrende, Verwaltung, Hochschulleitungen) in Vielerlei Hinsicht überfordert sind und dass wir uns sehr dafür engagieren müssen, ein ordentliches abgespecktes Semester hinzulegen. Das fände ich ehrlicher und dafür möchte ich mich gerne einsetzen. Mich dieses Semester selbstauszubeuten, um danach von der Leitung zu hören, dass wir das doch toll geschafft haben und jetzt stärker sind, motiviert mich überhaupt nicht.
Die offizielle Form des Umgangs mit der Krise stört mich aber nach wie vor. Daher ein paar Kommentare zu den Handreichungen:
"In Übereinstimmung mit der Landesrektorenkonferenz und der Hochschulrektorenkonferenz des Bundes spricht sich die Präsidentin gegen die Initiative eines sog. „Nicht-Semesters“ aus, das zwar durchgeführt, aber nicht gewertet werden soll. Ich schließe mich dieser Auffassung an. Selbstverständlich sollen Studierende keine Nachteile durch digitale Lehrformate erleiden. Selbstverständlich soll den besonderen Schwierigkeiten von Lehrenden, z. B. schulpflichtige Kinder betreuen und zu Hause beschulen zu müssen, Rechnung getragen werden."
Das Bashen der Initiative Nicht-Semester ist nervig, vor allem da die Forderungen ziemlich verzerrend dargestellt werden. Die taz hatte gestern ein gutes Interview mit einer der Initiatorinnen (Andrea Geier) und auch einen ganz guten differenzierenden Artikel. Aber zurück zur Handreichung:
[Die Präsidentin] ermutigt die Lehrenden dieser Universität zu einem „Flexi- und Experimentier-Semester“. Sie wirbt dafür, zu erproben und auszuprobieren,was digital geht.
Das mache ich schon seit Jahren. Ich finde digitale Lehre spannend und habe schon verschiedenes ausprobiert, möchte gerne noch mehr ausprobieren und lernen. Aber die Rahmenbedingungen sind gerade für Lehrende und Studierende aus diversen Gründen miserabel (nicht zuletzt weil wir eine Krisensituation haben, die Energie in Anspruch nimmt).
Zum Beispiel brauchen wir alle die adequate technische Ausstattung:
"Die Vizepräsidentin für Lehre [...] hat in einem Rundschreiben vom 24.3.20 darauf hingewiesen, dass die Lehrenden Headsets und Kameras für die Aufzeichnung von Lehrvideos erhalten werden."
Das ist gut. Seit ein paar Jahren habe ich für die digitale Lehre eine gute Webcam vom Institut und seit dieser Woche ein gutes Headset. Das macht alles leichter. Wenn mein Dienst-Notebook allerdings schon bei Thunderbird, Firefox und Word im Normalbetrieb Probleme bekommt, weil vermutlich der Speicher zu klein ist, dann helfen Kamera und Headset nur bedingt weiter. Ein ordentliches Notebook wäre hilfreich.
Die Uni macht sich auch Gedanken über die Studierenden:
"Wir empfehlen, Studierende, die aus technischen Gründen am Online-Studium gehindert sind, über die Fachschaftsinitiativen der Institute einzubinden und individuell nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen."
Gut, dass diejenigen mitgedacht werden, die nicht über die technische Ausstattung verfügen (und das sind weit mehr als man bei der Generation digital natives glauben mag). Mir ist nur nicht so klar, wie die von den Fachschaftsinitiativen gefunden werden sollen. Ausserdem bedeuten diese individuellen Lösungen, dass die anderen zur Norm erklärt werden und die mit den individuellen Lösungen diese nicht erreichen können werden. Die soziale Scherre geht so weiter auf.
Meine Fakultät ist aber ganz zuversichtlich, dass das alles ganz toll wird:
"Wenn wir das Sommersemester 2020 gut improvisieren, unsere hochschuldidaktischen Portfolios erweitern und eine Vorstellung davon bekommen, wie ertragreich digitale Lehre sein kann, wird die Philosophische Fakultät gestärkt aus dieser Krise hervorgehen."
Die Krise ist eine Chance. Wir werden sie super meistern und stärker sein (ausser natürlich denen die auf der Strecke bleiben, aber das ist dann wohl Survival of the fittest).
Ich fände es besser, wenn wir zusammen zugeben würden, dass wir in einer Krise sind, dass wir alle (Studierende, Lehrende, Verwaltung, Hochschulleitungen) in Vielerlei Hinsicht überfordert sind und dass wir uns sehr dafür engagieren müssen, ein ordentliches abgespecktes Semester hinzulegen. Das fände ich ehrlicher und dafür möchte ich mich gerne einsetzen. Mich dieses Semester selbstauszubeuten, um danach von der Leitung zu hören, dass wir das doch toll geschafft haben und jetzt stärker sind, motiviert mich überhaupt nicht.
0 Kommentare in: corona ... comment ... link
... older stories