Donnerstag, 10. Juli 2008
Mehr zum Einbürgerungstest
Aus gegeben Anlass ein paar Klarstellungen:
  • es ist im Interesse eines demokratischen Staates, dass ein möglichst großer Teil der Bevölkerung die vollen Rechte als BürgerInnen dieses Staates hat und damit sollte der demokratische Staat ein Interesse an möglichst vielen Einbürgerungen haben
  • die Frage nach Einbürgerung ergibt sich nach einem längeren Aufenthalt im Land, wenn bereits ein sicherer Aufenthaltsstatus erreicht wurde, es geht dabei nicht darum zu klären, wer ein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben sollte oder nicht
  • Staatsbürgerschaft ist in der Regel nicht an Wissen geknüpft, es gibt keinen Grund, warum neue StaatsbürgerInnen über ein Wissen verfügen müssen, das von geborene StaatsbürgerInnen nicht verlangt wird
  • eine restriktive Regelung von Einbürgerungen wirkt abschreckend und vermindert die Bereitschaft, sich einbürgern zu lassen
  • für Menschen, die sich mehreren natio-etnno-kulturellen Kontexten zugehörig fühlen, ist es schwierig, sich für nur eine Staatsbürgerschaft zu entscheiden
  • da es im Interesse des demokratischen Staates ist, dass möglichst die ganze Bevölkerung volle BürgerInnenrechte hat, muss der Staat die Hürden für Einbürgerungen abbauen und Einbürgerungen möglichst attraktiv und einfach machen
Der Fragenkatalog zum Einbürgerungstest fragt nicht Wissen über Deutschland ab. Er ist viel mehr eine interessante Konstruktion dessen, was die FragenkatalogerstellerInnen und ihre AuftraggeberInnen für deutsch halten wollen: Meinungsfreiheit, Relgionsfreiheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau, etc. Und was sie lieber verschweigen: z.B. den Holocaust. Er zeugt zudem von einem recht seltsamen Wissenschaftsverständnis, da er suggeriert, dass es auf Fragen eindeutige Antworten gibt und diese auch einfach formulierbar sind. Und er ist natürlich parteilich: So ist es z.B. absurd zu meinen, dass die europäische und deutsche Kultur nur vom Christentum geprägt seien. Auch die Betonung des Grundrechts auf Asyl ist fragwürdig, da es doch de facto weitgehend abgeschafft wurde.

Natürlich lassen sich die Antworten für einen solchen Test lernen. Insofern muss der Test kein Hindernis für eine Einbürgerung sein. Auch ich als kritische Wissenschaftlerin kann versuchen, mir zu merken, welche Antwort als die Richtige konstruiert wird. Das Testergebnis sagt dann aber nur was über meine unkritische Lernfähigkeit aus. Und ein Hindernis für Einbürgerungen ist der Test auf jeden Fall, denn er zeigt einmal mehr, dass Einbürgerungen nicht erwünscht sind. Das motiviert nicht gerade.

Mehr dazu hier.

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Zeuginnenausage
Ich war heute Zeugin eines Einbruchversuches und habe daher die Polizei gerufen. Bei der Beschreibung derer, die sich an der Tür zu schaffen gemacht haben, wurde ich dann gefragt, ob das Ausländer waren. Nun war ich bei dem Telefonat nicht gerade in der Stimmung, die rassistische Bedeutung des Begriffes 'Ausländer' genau in diesem Kontext, zu erläutern und hatte auch nicht das Gefühl, dass der Polizist einen solchen Exkurs gut aufnehmen würde. Ich habe es dann damit belassen, dass ich nicht sagen könne, ob es Ausländer wären, da ich ihre Staatsbürgerschaft nicht kennen würde, aber sie fielen vermutlich in die Kategorie von Menschen mit Migrationshintergrund. Er meinte dann, dass ich doch sagen können müsse, ob sie arabisch oder türkisch ausgesehen haben. Da ich Teil dieser Gesellschaft bin, weiß ich natürlich schon, welche physiognomische Merkmale diesen beiden Kategorien zugeschrieben werden, und diese Merkmale trafen auch auf die von mir beobachteten Männer zu. Also habe ich mich etwas auf seine Vorgaben eingelassen, auch wenn mir unwohl dabei war. Ich fand leider so schnell keinen besseren Weg, mit den Fragen umzugehen und die Männer zu beschreiben. Betont habe ich aber, dass zumindest der, der mit mir gesprochen hat, ein Deutsch gesprochen hat, das auf eine Sozialisation in Deutschland hinweist.

Die Kripobeamten, die dann später kamen, haben dann nach der Nationalität der Täter gefragt. Den Begriff habe ich zurückgewiesen, aber gesagt, dass sie vom Aussehen in unsere Bilder von Menschen mit arabischen oder türkischen Migrationshintergrund passen.

Mir ist es unangenehm, dass ich so in den Begriffskategorien drin stecke, dass sie auch für mich als die beste Beschreibung wirken.

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