Mittwoch, 19. Juli 2006
'Kultur' als Vorwand
Gestern berichtet die taz über Kindesmissbrauch unter Aborigines in Australien. Die 'Weißen' führen das Beobachtete auf die 'Kultur' der Aborigines zurück und nehmen das als Anlaß sie weiter zu unterdrücken:

" In den "Talkback"-Sendungen der kommerziellen Radiostationen liefen die Telefone heiß. Moderatoren und Hörer attackierten die rund 300.000 australischen Ureinwohner mit offen rassistischen Bemerkungen.

Schnell entwickelte sich die Debatte um mögliche Maßnahmen zu einem politischen Geplänkel zwischen der konservativen Bundesregierung und den sozialdemokratischen Landesregierungen. Der nationale Gesundheitsminister Tony Abbott schlug vor, nicht funktionierende Aboriginal-Gemeinden in Zukunft "paternalistisch" zu verwalten. Einzelheiten nannte er nicht, aber die Idee tönt sehr nach weißen Administratoren für schwarze Siedlungen. Die mehrheitlich regierungsfreundliche Presse jubelte."


Die Täter scheinen sich auch hinter 'Kultur' zu verstecken:

"...viele Verbrechen blieben nicht nur ungeahndet, sondern würden von den Tätern und Entscheidungsträgern in den Aboriginal-Gemeinden unter Hinweis auf "Traditionen der Männer" entschuldigt."

Dagegen aber wehren sich andere:

"Heftige Kritik aus den Reihen der Ureinwohner gab es gegen das Argument, Sex mit Kindern sei in Aboriginal-Gesellschaften Tradition und müsse deshalb toleriert werden. Oft seien die Täter Männer mit großer Autorität, die ihre Macht ausnutzten, so die Älteste eines Aboriginal-Dorfes in Zentralaustralien. "Sex mit Kindern war nie akzeptabel. Unter traditionellem Recht wäre eine solche Tat sofort mit dem Tod bestraft worden."

Die Gründe für das kriminelle Verhalten sind denn wohl auch eher woanders zu suchen:

"Fachleute sind der Meinung, der Grund liege vor allem beim Alkoholmissbrauch und der sozialen Verwahrlosung ganzer Gemeinden. Nicht selten sind in einer Familie Angehörige von drei Generationen konstant unter Alkohol- und Drogeneinfluss."

Das hört sich nicht nach 'Kultur' an, das hört sich eher nach den Folgen von Rassismus, Diskriminierung und Marginalisierung an. Aber wie in 'Deutschland' ist es auch in 'Australien' einfacher, die 'Kultur' der 'Anderen' als Sündenbock zu stilisieren als an die wirklichen Ursachen des Problems zu gehen.

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