Mittwoch, 4. März 2015
Vergewaltigungskultur
Auf dem Blog von suedasien.info habe ich über Kontroversen rund um den Film 'India's Daugther' geschrieben. Es geht um Vergewaltigung(skultur), der Blick auf Indien, internationale Solidarität, verschiedene Männlichkeiten und auch um Dominique Strauss-Khan:

tageschau.de berichtet , dass der Dokumentarfilm 'India's Daughter' der Filmemacherin Leslee Udwin in Indien (erstmal) nicht gezeigt werden darf. Wenn ich es richtig verstehe, geht Udwin in dem Film, der international bekannt gewordenen Gruppenvergewaltigung einer jungen Frau in Delhi im Dezember 2012 nach. Unter anderem interviewt sie einen der Vergewaltiger, der dem Opfer die Schuld an seiner Vergewaltigung gibt.

Dass die Motivation der Behörden, den Film nicht zu zeigen, problematisch ist, glaube ich sofort. Allerdings kommt auch aus feministischer Perspektive in Indien Kritik an dem Film. So hat Kavita Krishnan schon vor dem Verbot einen kritischen Artikel zum Film verfasst. Darin kritisiert sie unter anderem, die patriarchale Verwendung des Begriffes Tochter, die Fokussierung auf den Einzelfall, den (orientalistischen) Fokus auf Indien und das Ignorieren von feministischen Stimmen in Indien (ähnliche Kritik wurde 2013 auch von Urvashi Butalia im Interview mit suedasien.info forumuliert). In einem weiteren Artikel kritisiert Krishnan den Umgang mit dem Vergewaltiger, der weiterer öffentlichen Verurteilung (und Rufen nach Todesstrafe bzw. Selbstjustiz) ausgesetzt wird während noch ein Berufungsverfahren läuft. Krishan argumentiert, dass die Interviews unter zweifelhaften Rahmenbedingungen entstanden sind und dass der Film nicht vor Beendigung des Verfahrens gezeigt werden sollte.

Sie betont auch (in beiden Artikeln), dass das Problem nicht nur die individuelle Vergewaltigung ist, sondern die Vergewaltigungskultur (rape cultre - also die gesellschaftliche Rechtfertigung von sexualisierter Gewalt) in Indien und dem Rest der Welt.Daher sollte der Fokus nicht auf den einen indischen Täter aus der Unterschicht gelegt werden, sondern auf die Verhältnisse, die ihn und andere Männer dazu bringen, selbstverständlich zu vergewaltigen.

Dafür verweist Krishnan auch auf Ingrid Therwaths Artikel im Hindu zu Dominique Strauss-Kahn. Therwath arbeitet dort heraus, wie privilegierte Männer wie Strauss-KahnVergewaltigungsanschuldigungen entgehen. Anders als der indische Täter haben sie teure Anwälte und gute Kontakte. Zudem profitierten sie davon, dass die Vergewaltigungskultur privilegierten Männern erlaubt ihnen untergebene Frauen auszunutzen und dass Sexarbeiter_innen kein Schutz vor Vergewaltigung zugestanden wird.

Udwins Dokumentarfilm habe ich nicht gesehen, kann ihn daher nicht beurteilen. In jedem Fall aber sprechen Krishnan und Therwath wichtige Themen an. Es geht nicht darum indische Töchter zu retten, sondern die Vergewaltigungskultur in allen Ländern und allen Schichten zu bekämpfen und zu verunmöglichen.

Verfasst von: urmila am 05. März 2015 um 10 Uhr 00

Der Film kann jetzt online angesehen werden. Und im Guardian ist auch eine Kritik am Film erschienen.

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