Freitag, 3. August 2012
Olympia und Nation
Die Mainstream Medien in Deutschland sind hauptsächlich daran interessiert, was mit den 'deutschen' Sportler_innen so ist, was 'wir' gewinnen und wo die Sportler_innen versagen. Die 'deutschen indischen' Medien, die ich verfolge, sind hauptsächlich daran interessiert, wie Indien/ 'wir' stehen. (Dass 'Indien' die erste Medaille vor 'Deutschlands' erster hatte, wurde gefeiert.) Es geht also wieder um Nation.

Dabei ist die Nation im Kontext von Olympia eine interessante Konstruktion, wie ein taz-Artikel über "Plastik-Briten" vor zehn Tagen zeigte:

"„Plastik-Briten“ hat die Zeitung Daily Mail Athleten wie Aldama getauft, „künstliche Briten“. Gemeint sind Sportler, die angeblich aus dem einzigen Grund eingebürgert wurden, Großbritanniens Ruhm bei den Spielen zu Hause zu mehren. So entstand in London eine hässliche, nahe am Fremdenhass geführte, aber moralisch spannende Debatte über die Frage, ob Sportler ihre Nation wie einen Klub wechseln dürfen."

Die Nationenkonstruktion hat hier verschiedene Ebenenen:
  • die Motivation der Sportler_innen, sich einer Nation anzuschliessen
  • die Motivation der Verantwortlichen, den Sportler_innen die Staatsbürger_innenschaft zu geben und sie in die Mannschaft aufzunehmen
  • wie geht die öffentliche Meinung damit um, wann ist Rassismus dominant, wann wird ein_e eingebürgte Sportler_in zum 'wir' gezählt und wann fliegt sie_r wieder raus?
Die Motivation der Verantwortlichen ist wohl vorallem ein hoher Platz im Medaillenspiegel. Bei den Sportler_innen gibt es ganz unterschiedliche Motivationen, wie der taz-Artikel zeigt:

Es gibt jene Sportler_innen, die es nicht in das Team des Landes geschafft haben, dessen Staatsbürger_innenschaft sie haben und sich da an ihren britischen Elternteil erinnert haben - wobei es da sowohl den Fall gibt, dass sie "lebenslanger Brite"n aus dem Team verdrängen sowie dass sie es überhaupt erst ermöglichen ein Team aufzubauen (im Fall von Handball). Dann gibt es zumindest eine Sportlerin, die nicht mehr für das Land, aus dem sie kommt (Kuba) antreten darf, weil sie einen Schotten geheiratet hat und nach London zog, und sich daher ein neues Land suchen musste.

Die taz schliesst daraus:

"Ukrainische Ringer und schwedische Handballer werden in London Briten sein, doch jeder dieser Fälle ist unterschiedlich. In manch einem lässt sich durchaus pures Söldnertum vermuten. Doch wer legt fest, dass es für Menschen nur eine Heimat geben darf?"

Und ich frage mich, warum überhaupt diese Zuordnung immer so wichtig sein muss? (Das ist eine rhetorische Frage, klar, denn natürlich geht es um Nationenbildung und so.)

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