Donnerstag, 6. Oktober 2011
Männer in Erziehungsberufe?
Schon länger wird gefordert, dass mehr Männer in den Kitas arbeiten sollen. Jetzt bringt die taz einen Artikel von Thomas Gesterkamp der mehr Männer als Lehrer in Grundschulen fordert:

"Jungen brauchen männliche Vorbilder und Identifikationsfiguren auch außerhalb der Familie. Mädchen brauchen Männer ebenso, als das andersgeschlechtliche Gegenüber. "

Das ist so zweigeschlechtlich festschreibend. Als ob alle, die als Jungen/Männer (Mädchen/ Frauen) definiert werden, gleich wären und das gleiche Gegenüber brauchen. Als Hosen tragendes, Fußball spielendes, Mathe liebendes Mädchen hätte ich wohl einen Rock tragenden, Seil springenden und Mathe hassenden Lehrer gebraucht? Mein bester Freund wiederum hätte eine Fußball spielende, Rock tragende und handwerklich talentierte Lehrerin gebraucht.

Welche Männer werden denn in den Kitas und Grundschulen gebraucht? Machos? Und warum werden eigentlich keine Butch-Lesben gebraucht?

Ich kann durchaus verstehen, dass Kinder mit unterschiedlichen Typen Erwachsenen zusammenkommen sollten, um so verschiedene Lebensformen kennenzulernen. Aber warum sollte dieses völlig ungenaue Konzept Mann dabei helfen. Es muss viel genauer geschaut werden: welche Männlichkeiten und Weiblichkeiten dominieren die Kitas und Grundschulen, welche fehlen für die Entwicklung der Kinder (und bei welchen ist es ganz gut, dass sie fehlen), wie kann dieses Fehlende hereingeholt werden, ohne dabei wieder Geschlechterrollen festzuschreiben?

Um mehr Diversität in Kitas und Grundschulen zu bekommen, wäre es sicherlich gut, wenn die Gehälter und Arbeitsbedingungen besser wären. Aber nicht, weil Männer mehr verdienen sollen, sondern weil diese Arbeit ordentlich bezahlt werden sollte und alle sich die Arbeit leisten können sollten (siehe dazu auch einen älteren Blogpost). Und wenn die Gehälter besser sind, muss auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass Frauen nicht aus dem Beruf gedrängt werden (denn das ist bisher die Marktlogik).

... comment

 
Sicher, der besagte taz-Artikel pauschalisiert und scheint mir ziemlich ahnungslos in Bezug auf Diversität von Geschlechterrollen. Aber gerade nicht in dem von Ihnen zitierten Satz.
Denn natürlich brauchen wir dringend mehr Männer in Kindergärten und an Grundschulen. Gerade weil Männer so verschieden sind! Wie soll denn ein Kind lernen, wie unterschiedlich Männeridentität funktionieren kann, wenn es nicht unterschiedliche Männer erlebt im realen Leben? ... Sie fragen, warum dort eigentlich keine Lesben gebraucht werden. Na, weil sie schon da sind: So viele Frauen, wie es in den Erziehungsberufen gibt - da sind natürlich auch Lesben dabei (z.B. war die Chefin des Kindergartens meines Sohnes lesbisch - und das war gut so, um mal mit Wowereit zu sprechen). Und jetzt finde ich eben, dass jetzt mindestens so viele Männer in die Erziehungsberufe müssen, dass rein durch statistischen Zufall auch ein paar Schwule darunter sind (von der ganzen Vielfalt anderer Männertypen mal ganz zu schweigen). Denn dass man so etwas von vornherein schon nach irgendeinem Proporz plant, das wollen Sie doch sicher auch nicht.

... link  

 
Ich habe bewusst von Butch-Lesben und nicht von Lesben geschrieben. Es ging mir dabei um eine bestimmte Ausprägung von etwas, was als Maskulinität beschrieben werden könnte.

Meine These ist: Die Forderung nach Männern in Kitas und Grundschulen bringt gar nichts. Sondern wir müssen uns anschauen, wie der Beruf der Erzieher_innen und Grundschullehrer_innen vergeschlechtlicht ist, was das für Konsequenzen hat, welche Konsequenzen gewollt und welche nicht gewollt sind. Auf Grundlage einer solchen Analyse können dann Defizite angegangen werden.

"irgendeinen Proporz" für Männer will ich tatsächlich nicht. Denn das wäre nur aus einer antifeministischer Perspektive sinnvoll.

... link  

 
Sorry. Die Anspielung mit den Butch-Lesben hatte ich gar nicht kapiert (vielleicht, weil ich bei Männern nicht unbedingt gleich an Maskulinität denke) ...

... link  

 
Worum geht es denn bei Männern? Es kann ja wohl nicht um das Tragen eines Penises gehen? Was die Erzieher_innen in der Hose haben, sollten die Kinder schliesslich nicht mitbekommen. Und auch den Chromosomensatz werden die Kinder nicht analysieren. Also, was ist mit Männern gemeint?

... link  

 
Na ja, was die ErzieherInnen in der Hose haben, das finden Kinder schon sehr spannend. Und ich glaube, dass diese Neugier nur zum kleineren Teil kulturell bedingt ist. Dass die Frage, ob Penis oder Scheide, letztendlich gar nicht so spannend ist, das ist doch die Sache, die die Kinder lernen sollten (weil über diese Erkenntnis der Weg zur individuellen Freiheit geht).
Aber dass ich nicht an Maskulinität gedacht habe, hat, glaube ich, eher private als ideologische Gründe: Ich nehm halt die meine nicht sehr stark wahr. (Und vielleicht ist das auch der Grund für meine nun wieder eher ideologische Überzeugung, dass wir eher "oversexed" sind und es manchmal besser ist, weniger über Geschlechtlichkeit nachzudenken - es sei denn, man beschäftigt sich wie Sie aus wissenschaftlichem Forschungsdrang und Spezialistentum mit diesem Gebiet.)

... link  

 
@Urmila:
Als ich vor Jahren während der Eingewöhnungszeit meiner Tochter knapp zwei Wochen lang den Kita-Alltag in der Gruppe begleitete (und als weiterer Erwachsener von den Kindern als zusätzliche Bezugsperson beansprucht wurde), meinte die Leiterin, hach, da sehe man, dass eine männliche Bezugsperson im Personal not täte. Ich meinte im Scherz, man könne ja über den Stundensatz reden. Aber was genau war nun gemeint? Um meinen Schniedel wirds nicht gegangen sein, eher um einen anderen Umgang mit den Kids, eine andere Art des Spielens, nehme ich an. Wenns tatsächlich interessiert, kann ich mal nachfragen, was man sich da in der Praxis erhoffen würde von mehr männlichen Erziehern in den Einrichtungen.

... link  


... comment


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.