Samstag, 29. März 2008
Weder inhaltlich noch ästhetisch
In einem Kommentar zum Wilders-Film schreibt Peter Heilbrunner vom SWR-Hörfunkstudio Brüssel auf tagesschau.de:

"Und dennoch: Es bleibt einer schaler Beigeschmack. Zum einen, weil der Film unter normalen Umständen wahrscheinlich kaum wahrgenommen worden wäre - allein unter künstlerischen Gesichtspunkten hätte ihn am Ende keine TV-Anstalt ausgestrahlt. ... Nun aber kommt dem Pamphlet eine Bedeutung zu, die ihm weder inhaltlich noch ästhetisch zukommen dürfte. Und das ist das eigentlich bittere an der Geschichte. Hätte es nicht diesen Hype im Vorfeld gegeben, wäre der Film in den tiefen des Internets einfach verloren gegangen - allenfalls ein paar Rechtspopulisten hätten sich daran nicht satt sehen können."

Was sind normale Umstände? Ich vermute mal, das Ziel von Wilders war, möglichst viel Aufmerksamkeit auf seinen Film zu lenken. Deswegen hat er ihn frühzeitig ins Gerede gebracht. Es ging ihm nicht primär um den Inhalt oder die Ästhetik (dann hätte er da mehr Arbeit reingesteckt), sondern um den Hype. Daher hat er den Hype gezielt angestachelt. Ich glaube nicht, dass dieser Film jemals eine Chance hatte, in den Tiefen des Internets verloren zu gehen.

Heilbrunner kommt allerdings zu einem anderen Schluss als ich:

"Und was lehrt uns das? Wir müssen gelassener werden im Umgang mit Islam-Kritik. Meinungsfreiheit ist eine der größten Errungenschaften der freien Welt und die sollten wir nicht übervorsichtig opfern aus Angst vor erbosten Reaktionen. Mit Selbstzensur jedenfalls stellen wir das Licht unser westlichen Tradition unter den Scheffel - einen Dialog der Kulturen muss man offen führen können und ohne vorauseilenden Gehorsam."

Ich verstehe nicht, warum Heilbrunner hier zum Thema Selbstzensur schwenkt. Das Problem hier erscheint doch eher, dass ein Film produziert wurde bzw. über die Produktion eines Filmes geredet wurde, der als alleiniges Ziel hat, eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu verunglimpfen und zu provozieren. Der Film ist inhaltlich und filmisch schlecht gemacht. Ginge es um irgendein anderes Thema (oder hätte Wilders nicht vorher für ausreichend Öffentlichkeit gesorgt), würde niemand auf die Idee kommen einen solchen Film zu zeigen (und keiner sagen, dass es eine Verletzung der Meinungsfreiheit ist, ihn nicht zu zeigen). Aber da Wilders den (geplanten) Film geschickt als eine Verteidigung der Meinungsfreiheit lanziert hat, wird die Idee des Films zu einem Symbol der Verteidigung 'unserer' Werte und das (mögliche) Nichtzeigen zu einer unzumutbaren Selbstzensur. Eine äußert clevere PR-Strategie.

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