Freitag, 23. Dezember 2016
Probleme abschieben
Gerade kocht wieder die Abschiebediskussion hoch. Wie schon nach anderen Verbrechen/ Anschlägen, die von Nicht-Bio-Deutschen begangen wurden.

Aber was soll das helfen? Wären die Täter der Silversternach in Köln abgeschoben worden, würden sie Frauen an anderen Orten sexualisiert angreifen. Wäre der vermutliche Attentäter vom Breidscheidplatz vorher abgeschoben worden, hätte er woanders ein Attentat geplant. Der vermutliche Vergewaltiger und Mörder von Freiburg konnte in Deutschland Verbrechen begehen, weil er nicht in Griechenland festgehalten wurde.

Abschiebung ist kein Mittel gegen Verbrechen und Terror. Sie kann maximal Verbrechen und Terror an andere Orte verschieben. Ist das wirlich, was gefordert wird? Wollen wir wirklich nur, dass das nicht in Deutschland passiert? Ist ein deutsches Menschenleben mehr Wert als andere?

Und vor allem: Abschiebung betrifft vor allem Menschen, die weder Verbrechen begehen noch Terrorist_innen sind. Abschiebungen sind kein adquates politisches Mittel.

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Sicher ist Abschiebung nur ein Herumdoktern an Symptomen, aber andererseits ist für mich überhaupt nicht einzusehen, warum Deutschland Straftäter aus aller Herren Ländern alimentieren sollte.

Was mich wirklich stört an dem Thema ist der Aktionismus, dass vielfach Leute abgeschoben werden, die sich nichts zuschulden kommen ließen und sich um Integration bemüht haben - und solche wandelnden Zeitbomben wie den jungen Mann aus Freiburg/Afghanistan und unser tunesischer Hilfskraftfahrer können hier schalten und walten wie sie wollen.

Wenn es die richtigen betrifft, bin ich sehr dafür, abzuschieben. Auch auf die Gefahr hin, dass die Betreffenden dann andernorts straffällig werden. Besser dort als hier, was ist daran nicht zu verstehen? Es ist nicht die Frage, ob ein Menschenleben mehr oder weniger wert ist, es ist die Frage, ob die unnötige Anwesenheit solcher Gestalten das Risiko erhöht, selber zum Opfer von Straftaten zu werden oder nicht, und da wüsste ich jetzt nicht, warum mich die Bedrohung von irgendwelchen Frauen in Nordafrika durch irgendwelche Spackos von dort mehr bekümmern sollte als das konkrete Risiko von meiner Frau und meiner Tochter.

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Verstehe ich nicht
bzw. verstehe ich schon: als nationalistisch.

Ich war auch schon in Tunesien, Ägypten, Frankreich, Belgien, Italien, Pakistan, fast in Afghanistan und nirgendwo dort hätte ich Opfer von sexualisierter Gewalt oder Terror werden wollen. In vielen Ländern dieser Welt habe ich auch Verwandte, Freund_innen, Kolleg_innen und Bekannte - und die sind mir nicht ferner als jene, die in Deutschland wohnen. Ich habe gemerkt, dass mir der Breitscheidplatz in Berlin nicht viel näher ist als der Connaught Place in Delhi, an beiden Orten bin ich selten, aber an beiden Orten können Menschen sein, die ich kenne. Und Leute, die ich nicht kenne, stehen mir nicht näher, nur weil sie im gleichen Land wohnen wie ich.

Ich bleibe dabei: Abschiebung schützt nicht vor Terror oder Verbrechen! Abschiebung produziert aber viel Leid und Gefahr für Menschen, die abgeschoben werden.

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"Nationalistisch" trifft es nicht so ganz, denn Paris steht mir da sicherlich genauso nah wie Berlin, wenn nicht noch näher.

Dass Abschiebung kein Kindergeburtgstag ist und oft genug auch die Falschen trifft, so weit gehe ich mit. Aber bei Mehrfachstraftätern hält sich mein Mitleid (und das mit ihren Herkunftsländern) dann doch sehr in Grenzen.

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Trifft dann eurozentrisch oder rassistisch besser? Warum sind französiche Frauen eher zu schützen als nordafrikanische?

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Eurozentrisch trifft es definitiv besser. Den Rassisten-Schuh ziehe ich mir nicht an (allenfalls einen gemäßigten Kulturalismus).

Warum sollte sich eine Gesellschaft zu ihrem eigenen Sexismus-Problem noch zusätzliche Sextäter aus anderern Kulturkreisen aufhalsen? Es ist nicht unsere Aufgabe, nordafrikanische Geschlechterverhältnisse zu ändern. Der Staat hat in erster Linie die Sicherheit seiner eigenen Bürger zu gewährleisten, und wenn er das aus irgendwelchen Gründen (und seien sie noch so gut gemeint) nicht mehr geregelt bekommt, spielt er mit seiner Legitimität.

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Der Staat gewährleistet die Sicherheit seiner Bürger am besten, wenn solche Verbrecher eingesperrt anstatt abgeschoben werden.

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Eurozentrisch ist in einer postkolonialen Weltordnung kaum von Rassismus zu trennen. Denn Eurozentrismus will die durch koloniale Ausbeutung entstandene Ungleichheiten in der Welt weiter beibehalten und nicht für einen globalen Ausgleich und Miteinander sorgen.

Und Kulturalismus ist die Grundlage des Kulturrassismuses nach Balibar. Heute wird kaum noch mit Rassen wohl aber mit Kulturen argumentiert. Die Logiken sind die gleichen.

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Wenn die Ablehnung von Ehrenmorden, Mädchenbeschneidungen, Witwenverbrennungen und ähnlichen Praktiken einen zum Kultur-Rassisten stempelt, dann werde ich mit diesem Label wohl leben müssen.

@birgit: Meist läuft es ja erst mal auf Bewährungsstrafe hinaus, und dann sind die Haftstrafen auch nicht so üppig lang, dass damit eine dauerhafte Sicherheit gewährleistet wäre.

Und wenn schon die Verteidigung darauf abhebt, dass man den anderen Kulturkreis des Täters berücksichtigen müsse, sind das dann auch Kultur-Rassisten?

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Eine dauerhafte Sicherheit wird nie gewährleistet sein, denn nächstes Mal ist es vielleicht der deutsche Nachbar, der ein Kind umbringt. Wohin sollen wir den denn abschieben?

Verbrecher gehören abgeurteilt, und zwar unter dem Recht des Landes, in dem sie sich schuldig gemacht haben. Wenn ich mir in der Türkei z. B. etwas zu Schulden kommen lasse, werde ich nach türkischem Recht behandelt und niemand berücksichtigt meinen kulturellen Hintergrund. Ich würde das auch gar nicht erwarten.

Ihren letzten Satz verstehe ich nicht. Aber die Kultur-Rassismus-Diskussion ist sowieso nicht mein Anliegen.

Andere Menschen zu töten ist in meinen Augen ein Verbrechen, es sei denn in Selbstverteidigung. Ebenso sehe ich es als ein Verbrechen an, andere Menschen gegen ihren Willen zu verstümmeln, besonders Kinder, die sich nicht wehren können.
Ich lebe in einem relativ freien Land, wo Frauen sich Rechte erkämpft haben, die sie begreiflicherweise nicht wieder aufgeben wollen. Wenn dann jemand davon redet, in Dänemark Sharia einzuführen, hört bei mir der Spass auf. Das gehört hier nicht her. Hier gelten die dänischen Gesetze, und zwar für alle, die dort wohnen, und diesen Gesetzen hat man sich zu fügen. Oder man geht eben woanders hin. Menschen, die Recht sprechen hinter dem Rücken des offiziellen Rechtssystems, machen sich eines Verbrechens schuldig.

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