Samstag, 1. Januar 2011
Ferien vom Elfenbeinturm
Weihnachten bei meinen Eltern - eine Woche Zeit das Fernsehprogramm teilnehmend zu beobachten. Häufig an der Schmerzgrenze oder auch drüber. Was mich an der taz immer mal wieder stört, ist lächerlich gegenüber dem was mich hier täglich anäzt. Humor scheint am besten zu funktionieren, wenn er gegen Schwächere geht. Heterosexismus ist absolute Normalität. Über Schlaglöcher, die Autofahrten ungemütlicher machen, wird ausführlichst berichtet, dass es auf Fuss- und Radwegen zum Teil gar nicht mehr weiter geht, ist kein Thema (eine Ausnahme in der Berliner Zeitung). Was bin ich froh, wenn ich in meinen Elfenbeiturm zurück kann.

Frohes neues Jahr!

Nachtrag 21.01.11: Beim Fernsehen hatte ich mich vorallem bei Nuhr gegruselt, Mittelschicht in ihrer nicht-widerständigen Haltung bestätigen, Sexismen und Rassismen bestätigend, grauselig. Jetzt widmet die taz ihm ein völlig unkritisches Interview. Ganz offensichtlich hat er kein Problem mit offenem Sexismus, er nennt ihn 'einfachen Humor':

"Ich mag an Mario Barth, dass er 70.000 Leute in einem Stadion zum Lachen bringt. Wenn jemand so etwas schafft, dann sage ich zu allererst: Respekt. Warum man das immer diskreditieren muss, verstehe ich nicht. Natürlich sind das großteils Witze, die eher Menschen ansprechen, die vielleicht einen einfacheren Humor haben. Aber das ist ja nichts Schlimmes."

Ansonsten verschwendet die taz gerade Zeitungsplatz für Kommentare der 'Haremsdamen' zum 'Dschungelcamp'. taz-Leser_innen und -Redakteur_innen sehen offensichtlich auch noch die dümmsten Fernsehsendungen.

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ja, so ist das eben mit dem Prollfernsehen, gut, dass es noch Medien gibt die sich des Leides der Gutverdienenden und 'Bildungsbuerger' gebuehrend annehmen:

http://www.taz.de/1/debatte/kommentar/artikel/1/rechtens-aber-ungerecht/

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Was heisst Prollfernsehen?
Erschreckend fand ich die Sendungen, die sich an die gut etablierte Mittelschicht wandten und ihre eigenen Privilegien humoristisch (oder so) verteidigten. Sexismus, Rassismus und Klassismus kamen da zusammen, um die eigene Saturiertheit und Bequemlichkeit zu legitimieren.

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nun ja, als 'Bildungsbuerger' die taz gegen den 'Abgrund' des Fernsehens anzufuehren, ist trotzdem ziemlich misleading, dass man bei der taz i.a. dank 'Klasse' weiss wie man sich zu verhalten hat, macht den Tenor vieler Kommentare dort eher schlimmer als all den 'dirt' den man im Fernsehen auf die eine oder andere Art bekanntermassen vorfindet, vieles in Fernsehen relativiert sich durch den Schundcharakter seiner Darstellung, deshalb ist ein Sarrazin dort auch gewissermassen goldrichtig, der Bias der taz aber ist der, 'righteous', links und 'intellektuell' sein zu wollen, das macht deren implizite Parteinahmen deutlich schlimmer, aus meiner Sicht.

Daher das obige Beispiel: man fuehrt pflichtschuldig den 30-Jahre-Maloche-Facharbeiter an, der durch HartzIV diskriminiert wird und parallelelisiert das mit dem Gutverdiener, der eben AUCH diskriminiert werde, so macht das uebrigens die extreme Rechte auch: man fuehrt Diskurse an, die die Linke so auch fuehrt und 'verschmilzt' sie mit Diskursen, die NUR die extreme Rechte bisher so fuehrte und gewinnt damit TATSAECHLICH Symphatisanten im linken Lager, so wie die taz umgekehrt diese rechten Diskurse mit Artikeln wie dem von mir zitierten in linkes Terrain einfuehrt. Die taz ist kein vertrauenswuerdiges Informationsmedium fuer irgendwie geartete Linke mehr, seit langem nicht mehr.

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Was mir noch bewusster geworden ist,
als ich länger vor dem Fernseher gehangen habe, ist: die Normalität von rassistischen, sexistischen, klassistischen und anderen Ausgrenzungen sowie die Normalität von (angeblichem) Nicht-Politischen. In den verschiedensten Sendungen (die sich durchaus intellektuellen Anspruch gegeben haben) wurde die saturierte Mittelschicht in ihrer Saturiertheit mittels selbstverständlichen Klassismus, Heterosexismus und Rassismus bestärkt (sicher auch durch Ableism und andere Machtverhältnisse, die ich weniger im Blick habe). (Angebliches) Nicht-Politisch-Sein wurde als überlegene Position dargestellt. Diese Herstellung von Normalität und Stabilisierung von Machtverhältnissen musste ich mir nochmal bewusst machen, da das Fernsehen viele Menschen in Deutschland prägt und ich davon nicht mehr viel mitbekomme.

Die taz reproduziert auch eine ganze Reihe von Machtverhältnissen (was ich in diesem Blog auch immer mal wieder problematisiere). Und das aus der Attitüde der Gutmenschenposition, die sich überlegen wähnt. Das stabilisiert diese überhebliche Gutmenschenposition und ist höchst problematisch. Die taz hat aber auch noch Autor_innen die Machtverhältnisse tatsächlich kritisch hinterfragen, sie bietet noch Raum für Gesellschaftskritik und kann an Stellen kritisches Denken unterstützen. Deshalb lese ich sie, auch wenn ich mich täglich über sie ärgere.

In meiner Kritik (an zum Beispiel der taz, aber auch am Fernsehprogramm) begebe ich mich dann in die Position der Besserwisser_in und komme in die Gefahr überheblich zu werden/wirken. Ein schwieriger Grad zwischen Kritik und Selbstgefälligkeit, den wir alle versuchen zu gehen.

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Sicherlich, die Normalisierung der rassistischen etc. Verhaeltnisse durch das normgebende Fernsehen, das streite ich ja alles nicht ab, aber man muss auch sehen, dass diese Fernsehkonsumenten mitunter eine ganz andere Realitaet leben, es ist schwer sich in Weddings Hinterhoefen abseits der ueblichen Nazis auch nur einen Sarrazin-Verehrer vorzustellen, in den Kreuzberger oder Prenzlberger taz-dominierten Hinterhoefen sieht das ganz anders aus, Oeko-Elitismus und Sarrazin passen allerdings ziemlich gut zusammen.

Zudem ist die Adaption linker Diskurse erklaertes Ziel neurechter Stroemungen, davon ist etwa die Junge Freiheit voll, man findet dort seit Jahren auffaellig viele Artikel, die 'linke' Konsumkritik, 'linken' Antiamerikanismus, 'linke' Materialismuskritik mit rechtsextremen und nationalen Motiven vereinen und Interviews, in denen ganz selbsverstaendlich die Probleme der 'Vertriebenen' und die der Ossis mit denen der Muslime in Deutschland gleichgesetzt werden, ohne dass diese Gleichsetzungen Gegenstand auch nur einer Diskussion sind, sind ohne weiteres Junge Freiheit-kompatibel. Die Strategie der taz unter Ines Pohl ist doch GERADE, die 'anderen' im Sinne eines Alibis als 'Gastkommentatoren' aufzufuehren, das Steinbachinterview war dafuer wie erwaehnt paradigmatisch, dieses Alibi ist wasserdicht und vollstaendig analog, gewissermassen dual, zum Alibi der rechtsextremen Adaption linker Diskurse.

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